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Keine Lieder über Leder

Dass die Fußballsprache unumfassend sei und langweilig und überhaupt arg begrenzt, konnte man an dieser Stelle schon das eine oder andere Mal lesen: dass es anders noch schlechter geht, sei auch erwähnt. Rilke, den Oliver Kahn in die Riege fußballrelevanter Dichter erhob, hat sich damals mal am Ball vergriffen. Und das Ergebnis ist derart niederschmetternd hervorragend, Quatsch: hervorragend niederschmetternd, es darf nicht in Büchern verstauben, sondern muss dringend ins Netz:

Der Ball

Du Runder, der das Warme aus zwei Händen
im Fliegen, oben, fortgiebt, sorglos wie
sein Eigenes; was in den Gegenständen
nicht bleiben kann, zu unbeschwert für sie,

zu wenig Ding und doch noch Ding genug,
um nicht aus allem draußen Aufgereihten
unsichtbar plötzlich in uns einzugleiten:
das glitt in dich, du zwischen Fall und Flug

noch Unentschlossener: der, wenn er steigt,
als hätte er ihn mit hinaufgehoben,
den Wurfentführt und freilässt -, und sich neigt
und einhält und den Spielenden von oben
auf einmal eine neue Stelle zeigt,
sie ordnend wie zu einer Tanzfigur,

um dann, erwartend und erwünscht von allen,
rasch, einfach, kunstlos, ganz Natur,
dem Becher hoher Hände zuzufallen.

Für alle, die noch rätseln, was das hier soll: Es handelt sich hier um eine Beschreibung eines Torwartabwurfs, den die Spieler notfalls per Hand annehmen würden. Schauderhaft schön. Quatsch: Schön schauderhaft. Vielleicht liest der Enke mir das ja mal vor, ich geh mal fragen.

Keine Kommentare

  1. 01

    wenn der enke das vorliest: da möchte ich bitte dabei sein.

  2. 02

    Mensch Fred, ich möchte ja fast behaupten du wärst hier noch der größere Poet.

    …der Ball muss ins Netz…

    So schlicht und einfach, ganz groß. Schön das du wieder da bist. ;)

  3. 03

    @Tobias K.
    *tiefer Diener*