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Utopia London

Der Filmemacher Tom Cordell ist in London aufgewachsen und hat eine Faszination für die Gebäude der Nachkriegszeit entwickelt, genau jene hässlichen Betonbauten, die wir auch in Deutschland kennen und die heutzutage entweder kurz vor dem Abriss stehen oder schon verschwunden sind. Als sich Cordell mit den damaligen Architektinnen und Architekten traf, um mit ihnen über ihre frühere Arbeit zu sprechen, stellte er fest: Die Gebäude, die an vielen Orten noch immer das Bild Londons zeichnen und die viele so hassen, entstanden aus der Vision einer fairen und offenen Gesellschaft heraus.

Und so ließ er die Architekten vor der Kamera und vor den von ihnen kreierten Gebäuden sprechen. Das Ergebnis nennt sich „Utopia London“ und ist auf DVD in zwei Versionen erhältlich, auch auf der Website gibt es aber noch viel mehr Videomaterial, Interviews und Information (das Blog hingegen ist noch nicht fertig). Nach dem Klick: Der Trailer zu einem ungewöhnlichen Film.

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9 Kommentare

  1. 01

    Sehr spannend. Die graubraunen Häuslein haben es mir seltsamerweise auch angetan.

  2. 02

    Vielleicht nicht unbedingt eine faire und offene Gesellschaft, aber zumindest bessere Lebensbedingungen waren ja auch das Ziel der inzwischen eher beruechtigten Red Road Flats in Glasgow. Aehnliche Geschichten duerfte man zu vielen Orten finden.

  3. 03
    anonym

    „Nachkriegszeit“ ist in diesem Zusammenhang natürlich ein recht dehnbarer Begriff (auch schon unter Berücksichtigung des obigen Bildes, die Gebäude würde ich als 60er- oder 70er-Jahre Bauten ansehen). Ich kann überhaupt nicht finden, daß diese Häuser in Deutschland verschwunden sind oder vor dem Abriß stehen. Wenn man nur bedenkt, daß ja die ganzen DDR-Neubaugebiete (vorrangig 70er und 80er Jahre) im wesentlichen noch existieren. Abrisse sind da eher die Ausnahme, einen gewissen Rückbau gab und gibt es. Und wenn man z. B. West-Berlin betrachtet, da findet man doch genug Bauten aus dieser Ära; ich bezweifle, daß davon bereits viel abgerissen wurde.

    Es ist für mich nicht überraschend, daß die Architekten Ambitionen hatten, die ihnen hinterher keiner zutraute. (Warum sollten auch Architekten eine Berufsgruppe sein, die von vornherein besonders menschenfeindliche Ziele haben?) In der Tat haben alle diese Projekte auf Hoffnungen gefußt, die sich hinterher bedauerlicherweise dauerhaft nicht erfüllen konnten; das gilt m. E. für die Plattenbaugebiete in Berlin-Marzahn und -Hellersdorf, in Leipzig-Grünau, in Dresden-Gorbitz genauso wie für die Taylor Homes in Chicago und ganz ähnliche Bauten in britischen Städten.

    Interessant ist hier aber auch, wie sich unser Blick auf Architektur verändert. Bereits innerhalb weniger Jahre sieht man dieselben Bauten mit anderen Augen. Die Blickweise scheint sich rasant zu verändern.

  4. 04
    Floda Nashir

    Ich dachte eigentlich auch, dass sei Allgemeinbildung, dass die damals solche Siedlungen nicht zum Demütigen der Unterschichten gebaut haben, sondern sogar gegenteiliges im Sinn hatten. Trotzdem natürlich immer wieder interessant. Auch, dass ich trotzdem nicht in solchen Dingern wohnen will.

  5. 05
    subsi

    Bezüglich Glasgow gibt es schon seit einigen Jahren ein nettes Doku-Projekt: http://www.bestlaidschemes.com/
    In den letzten 120 Jahren wurden dort die Slums mehrfach zugunsten der jeweils angesagten Wohnutopie abgerissen und wieder aufgebaut. Auch einzelne Blöcke der Red Road Flats – einstmals die höchsten Wohnhochhäuser Europas – sind schon weg, weitere werden folgen.

    Hier ein Bericht aus dem Jahr 1978 über das Leben in den Hulme Crescents, Manchester (in den 60ern überschüttet mit Architekturpreisen, mittlerweile auch teilweise abgerissen):
    http://www.youtube.com/watch?v=nSReSn1WLV0

    Es ist zu bezweifeln, dass Architekten und Stadtplaner mit Visionen einen echten Beitrag zur Lösung der sozialen Probleme einer Gesellschaft leisten können. Ein echtes Problem ist, dass sie uns glauben machen, sie täten es. Egal ob 1960 oder 2010.

  6. 06
    Hanoi

    Im Endeffekt ja alle schon 40 Jahre zuvor von der Idee des Bauhaus‘ ausgestochen, die das selbe durchdachter propagierten.