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Dieser Artikel ist ein Leserbeitrag im Rahmen der Open-Spreeblick-Aktion.

Ein ganz normaler Samstag

1990 oder so. Jedenfalls noch vor dem Internet. Wie war das toll, an einem Samstagmorgen mindestens drei Stunden durch die CD Abteilung des Drogeriemarkt Müller oder Media Markt zu schleichen. Das waren nämlich die zwei Läden mit der größten Auswahl an Silberlingen.

Am Schildchen „Alternative“ oder „Independent“ angekommen, arbeitete man sich mit einem ausgeklügelten Zweifingersystem (FlappFlappFlapp) durch das ganze Alphabet.  Bei „F“ angekommen, wurde erst mal ein Stopp eingelegt und der angehäufte Stapel  zur Anhörstation geschleppt. Diese waren meist mit zehn Abspielgeräten  und einem „Human CD Wechsler“ ausgestattet . Nicht so unpersönliche Strichcodepieper. Den netten Mann mit den langen dünnen Haaren und der engen Hose, der das gehortete Silber in den Player schob, kannte man zwar schon, traute sich aber auf kein Gespräch. Außerdem hat man keine Zeit  – der angesammelte Stapel musste jetzt durchgezappt werden. Da stand man dann mit den verranzten Kopfhörern und das rote Skip-Knöpfen im Anschlag. Peinlich wurde es, wenn der Gegenüber unbemerkt zum Singen anfing. Lustig.

Manche Cover waren ganz schön fies. Hörte sich keineswegs so an, wie es aussah. Verrückt. Die wurden dann gleich mal auf den Stapel „Zurück ins Regal“ gelegt. Nachdem das Duzend durch den Gehörgang gejagt wurde, wurden meist ein/zwei Alben auf Option gelegt. Der Rest wurde entweder beim langhaarigen abgeben oder selbst wieder einsortiert. Kam auf den Zeitdruck an. Da noch G bis Z offen war, ging die Jagd weiter. Und zwar im Schnelldurchlauf, denn bei der ersten Fuhre wurde wieder mal getrödelt und die Läden hatten samstags nur bis 13 Uhr offen. Damals halt.

Nachdem an der Kasse die kleinen Erfolgserlebnisse bezahlt wurden, ging es nach Hause und lies die neuen Teile im Player rotieren. Bis zum nächsten Samstag – denn da ging es wieder auf die Jagd.