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Urheberrechtsdebatte: Offener Brief von Mark Chung an Berthold Seliger

Jetzt wird’s etwas schwierig. Mein Tipp: Wer sich als schnelle Leserin oder schneller Leser nicht mindestens eine halbe Stunde mit den folgenden Inhalten auseinandersetzen kann oder will, wird an diesem Eintrag vermutlich scheitern. Zum Hintergrund:

Für die November-Ausgabe der Zeitschrift KONKRET verfasste der Berliner Konzertveranstalter und Autor Berthold Seliger einen Text mit dem Titel „Die Leistungsschutzgelderpresser – Wie die Kulturindustrie am altbackenen Urheberrecht festhält, um es zu ihren Gunsten auszuschlachten“. Die Kenntnis dieses Textes ist zwingend notwendig, um die weiteren Zeilen verstehen zu können.

Seliger schreibt des Öfteren und durchaus lesenwert über Musik und den Kulturbetrieb in Deutschland (hier eine Auswahl seiner weiteren Texte), im Konkret-Text vertritt er eine Position, die man so oder ähnlich häufiger im Netz lesen kann.

Auf Seligers Text reagierte der Vorsitzende des „Verbands unabhängiger Musikunternehmen e.V.“ (VUT), Mark Chung, mit einem äußerst detaillierten offenen Brief, der zunächst über einen Newsletter-Verteiler die Runde machte und den wir nachfolgend mit Genehmigung auch hier veröffentlichen.

Vorweg sei der Transparenz halber noch angemerkt: Ich kenne Mark Chung seit Jahrzehnten persönlich und habe schon oft mit ihm über die angesprochenen Fragen gestritten diskutiert, in seinem Verlag „Freibank“ sind außerdem Songs des früheren Spreeblick-Videocasters Toni Mahoni verlegt. Die Veröffentlichung von Chungs Brief findet jedoch nicht statt, weil ich ihn kenne und auch nicht, weil ich seinem Brief komplett zustimmen würde – Mark kritisiert in seinem Brief auch einige mir bekannte andere Personen und zwischen den Zeilen auch Blogger wie mich, wenn auch mit versöhnlichem Ton. Ich halte die Lektüre des Briefes nach dem Lesen von Seligers Artikel aber wirklich hilfreich für alle, die sich mit der Debatte ernsthaft auseinandersetzen möchten und die wissen: Es ist alles leider nicht ganz so einfach, wie man es gerne hätte. Viele von Mark Chung angesprochene Punkte sind mindestens weiteres Nachdenken wert und liefern so einen wichtigen Beitrag zur Diskussion.

OFFENER BRIEF

An: Berthold Seliger

Betr.: KONKRET 11/2011 Berthold Seliger

Lieber Berthold Seliger,

Anmerkungen und Korrekturen zu Deinem Artikel in der KONKRET.

Es besteht in der Tat Diskussionsbedarf – über die Auswirkungen aktueller  technologischer Entwicklungen, nicht nur auf die Produktion kultureller Güter und die Situation insbesondere junger Künstler, sondern auf uns alle, über das Urheberrecht, über Interessenkonflikte zwischen Teilen der Technologiebranche einerseits, Künstlern und Produzenten von Inhalten andererseits.

Dein Artikel ist in diesem Zusammenhang ärgerlich, weil

– Du die politischen und ökonomischen Zusammenhänge der derzeitigen Urheberrechtsdiskussion entweder nicht verstanden hast oder verschweigst;

– Du schlecht recherchierst und der Artikel deshalb zahlreiche schlicht falsche Informationen ungeprüft weiterverbreitet;

– Der Artikel nicht einen einzigen erkennbaren Lösungsansatz enthält, sondern sich vollständig auf Polemik beschränkt.

KONKRET ist die einzige linke Publikumszeitschrift Deutschlands. KONKRET Autoren sollten in der Lage sein, ökonomische Hintergründe gesellschaftlicher Konflikte zu erkennen.

Neben vielen sachlich falschen Darstellungen auf die ich später eingehe, gibst Du auch meine persönliche Meinung falsch wieder. Ich stelle deshalb richtig:

1. Worin besteht der zentrale Interessenkonflikt hinter der Urheberrechtsdebatte?

Der grundlegende und offensichtliche Interessenkonflikt besteht seit einigen Jahren zwischen Technologiekonzernen, die von der Verbreitung von Inhalten profitieren OHNE in Künstler oder die Produktion neuer Inhalte zu investieren einerseits und Medienunternehmen und Künstlern, die diese Inhalte produzieren, andererseits.

Es liegt im einfach nachzuvollziehenden Profitinteresse von Konzernen wie

– Google, die substantielle Werbeeinahmen aus der Verwertung von Inhalten generieren,

– Telekommunikationskonzernen, Accessprovidern etc., deren Breitbandverkäufe seit vielen Jahren von der leichten Zugänglichkeit zu unvergüteten Inhalten profitieren [1],

– Online Plattformen wie Megaupload, Rapidshare, kino.to etc., deren Geschäftsmodelle ganz oder fast ausschließlich  auf der technischen Ermöglichung massenhafter Urheberrechtsverletzungen beruhen u.a.,

nichts oder möglichst wenig für Inhalte zu vergüten und möglichst geringen Aufwand mit dem Einholen von Freigaben etc. zu haben.

Dem gegenüber stehen logischerweise die Interessen der Produzenten von Inhalten – also der Medienunternehmen und der Künstler, die hieraus ihren Lebensunterhalt bestreiten, in die Produktion und Vermarktung von Inhalten investieren und ebenfalls versuchen – zumindest im Erfolgsfall – Profite zu erwirtschaften.

Man muss diesen Konflikt nicht ideologisieren, aber ein paar Fakten sind festzuhalten:

I. Es ist völlig legitim zu diskutieren, ob Medienunternehmen Künstler angemessen vergüten – diese Interessenkonflikte sind so alt wie die Produktion kultureller Güter. Neu ist hingegen, dass die oben genannten „neuen Verwerter“ vom Vertrieb von Inhalten profitieren OHNE in Künstler und die Entwicklung neuer Inhalte zu investieren.

II. Die Produktion kultureller Güter ist schon immer ein hochriskantes Geschäft gewesen und erfordert selbstverständlich Investitionen. Auch wenn technologischer Fortschritt erfreulicherweise einige der Produktions- und vor allem Vertriebskosten gesenkt hat, müssen, beispielsweise, Künstler ihren Lebensunterhalt bestreiten (was offensichtlich nicht günstiger geworden ist) und die Kosten, eine Band von Berlin auf eine Bühne in Hannover zu bringen, sind auch nicht wesentlich gesunken.

Wir sollten alle mit plumpen Analogien vorsichtig sein, aber um das derzeitige Problem der Produzenten von Inhalten am Beispiel des altbekannten Geschäftsmodells von TV Sendern zu erläutern: Wenn die Unternehmen, die Vertrieb und Verbreitung von TV Inhalten leisten – bei uns also beispielsweise Kabel Deutschland und die Betreiber des Astra Satelliten – die Werbeeinnahmen erheben und größtenteils behalten würden, hätten rtl, Sat 1, der WDR etc. innerhalb kurzer Zeit Probleme, das Programm zu produzieren und würden sich weigern, es weiter einzuspeisen. (Mit Dir kann man wahrschlich lange diskutieren ob das ein Verlust wäre, aber das ist hier nicht der Punkt.)

2. Warum müssen wir Lösungen finden?

Das Kernproblem besteht darin, dass die Produktion interessanter neuer Inhalte ohne eine Lösung des oben genannten Interessenkonflikts zunehmend gefährdet ist.

Beispiel Musik: Die Situation von – auf Grund früherer Millioneninvestitionen – bekannten Künstlern ist nicht problematisch: Die Rolling Stones werden Konzertkarten verkaufen solange sie auf Tour gehen, Bob Dylan und Mark Knopfler auch weiterhin die Konzertumsätze insgesamt stabilisieren. Für bereits etablierte Künstlern wie Radiohead und NIN stellt der technologische Fortschritt vor allem fantastische neue Werkzeuge zur Verfügung.

Als Veranstalter von Konzerten könnte Dir allerdings aufgefallen sein, dass das Durchschnittsalter der 50 erfolgreichsten Live-Künstler 2010 mittlerweile 46 Jahre beträgt, mit mehr Künstlern in ihren 60ern als in ihren 20ern [2]. Und dass nur 2 der 10 erfolgreichsten Livekünstler 2010 in den letzten 20 Jahren populär geworden sind (Lady Gaga und Michael Buble) [3].

Die DSDS Produkte von Dieter Bohlen werden weiterhin auf den Markt kommen – das sind wegen monatelanger TV Präsenz vergleichsweise sichere, wenn auch kurzlebige  Wetten. Solange Johnny Depp mitmacht, werden auch „Pirates of the Caribean“ 7, 8 und 9 in die Kinos kommen. Und Millionen von Menschen werden weiterhin Werke unterschiedlichster Qualität auf ihren Laptops erzeugen und ins Internet stellen (wo es allerdings in den meisten Fällen kaum noch von jemandem wahrgenommen wird, aber auch das ist ein anderes Thema.)

Aber jeder, der heutzutage erwägt in junge Musiker zu investieren, jeder der darüber nachdenkt, den Job aufzugeben um sich der Musik mit aller Kraft und Energie zu widmen – in meiner Welt fast immer eine Voraussetzung für Weiterentwicklung und herausragende Ergebnisse – jeder, der  versucht die Finanzierung für einen etwas ungewöhnlichen oder bahnbrechenden Film zusammenzubekommen und Augen, Ohren und ein Hirn dazwischen hat, weiß, dass hier massive Probleme entstanden sind, die wir lösen müssen.

Und nein, das hat nichts mit Mangel an neuen Geschäftsmodellen zu tun (von denen es bereits mehr gibt als Du weißt, aber die wir natürlich auch weiterhin entwickeln müssen), es liegt ökonomisch vor allem daran, dass immer mehr der Einnahmen aus der Verwertung von Inhalten an Konzerne fließen, die Künstlern bestenfalls Almosen anbieten und selbst kreative Inhalte weder produzieren wollen noch können.

3. Propaganda und Wirklichkeit

Es braucht nicht viel Recherche um festzustellen, dass über diesen – eigentlich offensichtlichen und leicht nachvollziehbaren – zentralen Interessenkonflikt im Netz erstaunlich wenig gesprochen wird.

Die Darstellung der Situation in zahllosen Blogs, Foren und auch traditionellen Medien verschleiert die ökonomischen Hintergründe: Hier werden die Interessen hochprofitabler, monopolistischer Internetkonzerne, deren Profitmaximierung das Urheberrecht häufig im Weg steht, komplett ausgeblendet. Diskutiert werden sollen stattdessen ausschließlich:

a) Ein Konflikt zwischen einer „Rechteverwerterindustrie“ und „Nutzern“ bzw. „der Gesellschaft“.

b) Die Schwächen des Urheberrechts.

Die PR Strategie der Technologiekonzerne ist einfach:

a) Stelle Deine Interessen als öffentliche Interessen dar.

Der von Dir mit „Die Demokratie und das menschliche Recht auf Kommunikationsfreiheit und auf Teilhabe am kulturellen Leben sind in Gefahr“ zitierte Joost Smiers liefert ein typisches Beispiel.

Diese PR Strategie ist nicht neu: “„You always want to say what you are doing is in the public interest and not your own mercenary interests. So (the fair use ideologues) were very helpful for the technology companies.” Later, technology companies would return the favor with significant funding” [4]

Google spielt in diesem Zusammenhang eine prominente Rolle. Der Konzern nutzt einen Teil seiner riesigen Profite um Organisationen und Instituten, die in seinem Interesse argumentieren und arbeiten, Finanzierung zur Verfügung zu stellen. Manche Spenden sind frei verwendbar, andere zweckgebunden. Manche Organisationen kontrolliert Google, andere finanziert es nur indirekt und tritt kaum in Erscheinung.

Die Liste der Empfänger ist lang und selten publiziert. Dazu gehören beispielsweise Lobbyorganisationen wie die New America Foundation (Spende 2008: $1.000.000, von Google Executive Chairman und ex-CEO Eric Schmidt – er wurde im selben Jahr Chairman of the Board) PublicKnowledge.org, das Berliner Internet und Gesellschaft Co:llaboratory; Creative Commons (2008: $1.500.000, 2009: $ 500.000, letztere privat von Google Co-Gründer Sergey Brin, Brins Schwiegermutter Esther Wojcicki war bis September 2010 Chairman of the Board, jetzt Vice Chair); Institute wie das Stanford Center for Internet and Society (2006: $2.000.000), das Berkman Center for Internet and Society ($280.000, $500.000) und, aktuell in Deutschland, das neugegründete Berliner Institut für Internet und Gesellschaft (2011: EUR 4.500.000); zukünftige online Aktivisten werden mittels des „Google Policy Fellowship“ Programms, das mehr als einem Duzend Studenten $7,500 gibt um einen Sommer lang bei solchen Organisationen zu arbeiten, entwickelt. In Deutschland recherchieren unabhängige Journalisten bisher nicht einmal, woher beispielsweise die Finanzierung von irights.info und netzpolitik.org kommt.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Viele dieser Organisationen machen auch sinnvolle und nützliche Arbeit, aber man müsste schon sehr naiv sein um zu glauben, solche Geldsummen würden interessen- und einflussfrei fließen. Zu kritisieren ist die weitgehende Intransparenz wessen Interessen von diesen Organisationen vertreten werden. Denn die Interessen von NutzerInnen werden hier häufig vorgeschoben.

Google hat andere Interessen. Der Konzern wird wissen, warum es sein ursprüngliches Credo „don’t be evil“ hierzulande kaum noch benutzt, das aktuelle Mantra „Der Nutzer steht für uns immer im Vordergrund“ ist zutreffender – allerdings nicht so wie es die meisten verstehen. Denn Nutzer sind nicht die Kunden von Google – sie sind das Produkt das Google seinen Werbekunden verkauft. Deshalb haben Internetkonzerne kein Interesse an Privatsphäre, Datenschutz, informationeller Selbstbestimmung und derartigen Bürgerrechten. Unternehmen wie BlueKai und Acxiom haben Daten über 96% aller US BürgerInnen – durchschnittlich 1.500 Daten pro Person, die unkontrolliert ge- und verkauft werden. Das ist die Ware.

Die objektiven Interessen der Künstler und Produzenten sind ebenfalls offensichtlich: Für die Nutzung der von Ihnen hergestellten Inhalte eine angemessene Vergütung zu erhalten und – im Erfolgsfall – Profite zu erzielen. Künstler und Medienunternehmen sind Nutzer und Lieferanten von Inhalten des Internets wie alle anderen inklusive derjenigen, die hieraus eine Weltanschauung machen. Aus objektiver Sicht gibt es kein spezifisches Interesse von Künstlern oder Musikunternehmen, bürgerliche Freiheiten einzuschränken. Ihr Interesse besteht darin, für die Nutzung ihrer Werke Vergütungen zu erhalten. Hier gilt es Lösungen zu finden.

b) Vermeide die Diskussion um die Durchsetzung von Urheberrechten  – sprich stattdessen von den Schwächen des Urheberrechts.

Selbstverständlich muss das Urheberrecht einfacher verständlich und nutzerfreundlicher werden. Aber in einer Zeit, in der es offensichtliche Probleme mit der Um- und Durchsetzung gibt, ist es zynisch die Probleme zu ignorieren und stattdessen ausschließlich darüber zu sprechen, was einem am UrHR nicht gefällt. Benötigt wird eine Diskussion über BEIDES –Anpassungen und demokratisch akzeptable Formen, geltendes Recht auch durchzusetzen. Dies ist der Kompromiss der aus gesellschaftlicher Sicht erarbeitet werden muss.

Diskussionsbeiträge, die ausschließlich die PR Strategie der Technologiekonzerne so  kenntnisfrei und unreflektiert umsetzen wie Dein Artikel sind mittlerweile glücklicherweise eher selten.

4. Desinformation

Wir beobachten täglich wie massenhaft teils absurde und abwegige Fehlinformationen gestreut und weiterverbreitet werden – vor allem online, in Blogs und Foren (wobei sich dort mittlerweile zunehmend qualifiziertere Stimmen zu Wort melden die sich, im Gegensatz zu den früheren Jahren, nicht mehr von anonymen Lynchmobs unsachlich niederbrüllen lassen) und vor allem von selbsternannten „Internet-Evangelisten“ von Beckedahl bis Kreuzer, aber auch in traditionellen Medien.

Das Prinzip von Propaganda hat sich nicht verändert – man muss Dinge vor allem oft genug wiederholen, dann glaubt die Mehrheit der Bevölkerung sie irgendwann – unabhängig vom Wahrheitsgehalt.

Auch hier fügt sich Dein Artikel nahtlos ein. Eine Handvoll von zahllosen Beispielen:

(1) „Das sogenannte Urheberrecht dient nämlich keineswegs (…) den Kreativen, sondern es dient als Schutzrecht der Entertainment- und Verlagswirtschaft fast ausschließlich den Interessen der Kulturindustrie.“

Fakten:

a) Urheberrechte von Musikautoren

Die GEMA nimmt in Deutschland bekanntermaßen die allermeisten musikalischen Urheberrechte wahr.  Niemand muss ihr beitreten und sie damit beauftragen. Sie ist ein Verein, dessen oberstes Organ die Versammlung ihrer Mitglieder – Komponisten, Textautoren und Verleger – ist. (Autoren haben in dieser übrigens die Mehrheit gegenüber den Verlegern.)

Man kann und sollte viele Dinge an der Arbeit der GEMA kritisieren,  m.E. konstruktiv, d.h. dann auch mit umsetzbaren Verbesserungsvorschlägen, denn es gibt weder für Nutzer von Musik noch für Urheber und insbes. kleine, unabhängige Musikunternehmen eine bessere und realistische Alternative zu kollektiver Wahrnehmung. Deshalb sollten die Mitglieder der GEMA dafür sorgen, dass sie auch in der digitalen Welt funktioniert – und wir sind uns wahrscheinlich sogar darüber einig, dass dies noch nicht der Fall ist.

Der sog. „Verteilungsplan“, der die Verteilung der Einnahmen aus urheberrechtlichen Vergütungen regelt, mag Dir zu kompliziert erscheinen (vielen Mitgliedern einschließlich mir übrigens auch) ABER die wichtigsten Fakten sind dann doch einfach:

Urheber erhalten 60% aller Einnahmen aus „Vervielfältigungen“ (=Tonträgerverkäufen, Downloads etc.) und 66,66% aller Einnahmen aus Sendung und Aufführung (TV, Radio, streaming etc.). (Ja, nach Abzug der Kosten der GEMA (lagen 2010 bei 14,2%[5]). Diese 60% bzw. 66,66% sind Mindestbeteiligungen. Erfolgreiche Autoren verhandeln häufig höhere Beteiligungen, gründen ihre eigenen Verlage etc..

b) Rechte an Musikaufnahmen

Auch die GvL, die Verwertungsgesellschaft für Leistungsschutzrechte verteilt Einnahmen in etwa zu gleichen Teilen zwischen Künstlern und Labels.

Du hast es wahrscheinlich noch nicht bemerkt: Die Musikwirtschaft ist schon seit Jahren überwiegend „independent“ geprägt. Der Forschungsbericht des BMWi hat bereits 2009 [6] bei der Analyse der 2006er Zahlen festgestellt, dass

– weit mehr als 60% aller Unternehmensumsätze der Musikwirtschaft von kleinen, mittleren und Kleinstunternehmen erzielt werden;

– 95% der 3.884 damals tätigen Musikunternehmen weniger als 2 Mio. Euro Umsatz erzielten;

– es nur 9 Unternehmen gab die mehr als 50 Mio. Euro Umsatz erzielten – darunter die vier (bald wohl nur noch 3) Majors – die in Deutschland nun auch eher mittelständische Größenordnungen haben.

Die von Dir pauschal als „Verwerterindustrie“ verunglimpfte Branche besteht im Musikbereich aus Menschen, die überwiegend in kleinen, mittelständischen, Tausenden von Kleinstunternehmen oder selbstständig ihren Lebensunterhalt versuchen zu verdienen. Viele davon sind Künstler, die sich selbst vermarkten – teils bereits bekannte, die kleine Unternehmen betreiben in denen die Arbeit getan wird, die traditionell von Labels übernommen wurde, teils die wachsende Anzahl junger Künstler, die einfach niemanden mehr finden, der in ihre Karrieren investieren könnte oder wollte. Die von Dir versuchte Spaltung von Künstlern und „Verwerterindustrie“ ist – vor allem im independent Bereich – ein längst überholtes Klischee aus den 80er Jahren.

Und der häufigste Deal zwischen Künstlern und independents ist? Der sog. „klassische Indiedeal“: Alle Einnahmen werden nach Abzug der Kosten 50/50 geteilt.

Das ist heutzutage alles Basiswissen jedes Berufsanfängers in der Musikwirtschaft. Dass Du 2011 einen Artikel veröffentlichst und trotz dieser leicht recherchierbaren Fakten behauptest, Urheberrechte dienten „fast ausschließlich den Interessen der Kulturindustrie“ belegt vor allem Deine frappierende Unkenntnis.

c) Beispiel: Film

Wenn Du Dich für qualifiziert genug hältst, Vorschläge zur Ausgestaltung des Urheberrechts zu machen, solltest Du bedenken, dass Deine Aussagen die Lebensumstände aller betreffen, die kreative Güter produzieren. In Deutschland sind das mehr als 1 Mio. Menschen [7].

Auch als Konzertveranstalter könntest Du am Abspann bemerkt haben, dass hunderte von Mitwirkenden an der Entstehung von Filmen arbeiten. Filme werden hochgradig arbeitsteilig erstellt, benötigen umfangreiche Vorfinanzierung, Planung, und nach Fertigstellung leistungsfähige Vermarktung wenn sie erfolgreich werden sollen.  Sie sind nicht das Produkt einzelner, selbstfinanzierter Urheber. Der urheberrechtliche Schutz des fertigen Films sichert nicht nur den Lebensunterhalt der Drehbuchautoren und anderen beteiligten Urheber, sondern auch den der Kameraleute, Beleuchter, Schauspieler, Maskenbildner, Cutter, Cateringunternehmen, Regisseure, Produzenten und aller anderen Mitwirkenden.

Wie eingangs erwähnt, sind in Deinem Artikel nicht einmal im Ansatz Lösungsvorschläge erkennbar. Willst Du ernsthaft behaupten, die Bezahlung aller Mitwirkenden wäre auf Dauer ohne urheberrechtlichen Schutz des Films finanzierbar? Mit oder trotz zunehmender Kino.to und torrent Nutzungen?

(2) „Das Urheberrecht soll eigentlich die Leistungen von Kreativschaffenden schützen. (…)sie sollen an jeder wirtschaftlich relevanten Nutzung ihrer Werke finanziell beteiligt werden.“ Absolut richtig. Aber dann: „In der Praxis lassen sich Verwerter wie Plattenfirmen oder Verlage jedoch meist sehr weitgehende oder ausschließliche Nutzungsrechte übertragen. Oft darf der Urheber danach sein eigenes Werk nicht mehr nutzen.“

Wie bitte? „Oft“ darf der Urheber sein Werk nicht mehr nutzen wenn er einem Verlag eine Beteiligung an Nutzungsrechten verkauft oder übertragen hat (was der Kern deutscher Verlagsverträge ist)?  Wofür nutzt ein Urheber sein Werk denn „meist“? Wenn er auch Interpret ist, zumeist doch wohl für

– Konzerte – willst Du jemandem weismachen Urheber dürften ihre Werke dann „oft“ nicht mehr spielen? Unsinn.

– Musikaufnahmen – soll das heißen er kann die Werke dann nicht mehr aufnehmen? Sie nicht auf Tonträgern, bei itunes, simfy, emusic, etc. selbst oder von einem (selbst gewählten) Labelpartner veröffentlichen lassen? Ebenfalls Unsinn.

– Sendungen – dürfen Urheber ihre Werke nach Veräußerung einer Beteiligung an Nutzungsrechten „oft“ nicht mehr beim rbb oder auf byte.fm spielen lassen? Kompletter Unsinn.

Wovon sprichst Du? Ich kann nur raten welche seltenen Situationen Du hier versuchst zu verallgemeinern. Wenn Urheber sich – selbstverständlich freiwillig – entscheiden, Beteiligungen an Nutzungsrechten zu veräußern, müssen sich die Geschäftspartner natürlich in der Folge bei einigen (aus Sicht der meisten Autoren viel zu selten stattfindenden) Nutzungen abstimmen. Will man die Musik für die nächste Coca Cola Kampagne sein und wenn ja, was soll man dafür verlangen etc.. Auch dabei entscheidet – zumindest bei uns und den Verlagen mit denen wir arbeiten – letztlich immer der Urheber.

Und natürlich gibt es aus offensichtlichen Gründen für Interpreten zeitlich begrenzte sog. „re-recording restrictions“ – für Urheber, wie Du zu behaupten scheinst, ist das abwegig.

Schließlich bedeutet – auch wenn sich „Plattenfirmen oder Verlage jedoch meist sehr weitgehende oder ausschließliche Nutzungsrechte übertragen“ lassen, dies keinesfalls, dass Kreative nicht „an der wirtschaftlich Nutzung ihrer Werke finanziell beteiligt werden“. Wie jeder der auch Künstler vertritt, streite ich mit Labels gern für höhere Beteiligung der Künstler – das liegt in der Natur der Geschäftsbeziehung. Aber es gibt Gesetze, Verträge und notfalls Gerichte um solche Konflikte zu lösen. Und diese Konflikte sind bisher alle gelöst worden, ohne dass das Urheberrecht dem im Wege gestanden hätte – im Gegenteil.

Dagegen ist 100% sichergestellt, dass Künstler ÜBERHAUPT KEINE Beteiligung erhalten, wenn Unternehmen wie Rapidshare, Megaupload (aber auch Google [8]) unlizensiert substantielle Beträge mit ihren Werken verdienen.

(3) „Ist es richtig(…) daß ein Künstler bei jeder Kopie den Urheber um Einverständnis bitten muß, wie es in Europa gang und gäbe ist?“

Nein, es ist nicht richtig und deshalb auch nicht „gang und gäbe“ bei jeder „Kopie“ (Du musst „Coverversion“ meinen, sonst macht der Satz überhaupt keinen Sinn) den Urheber um Einverständnis zu bitten.

Für Coverversionen müssen Künstler keine Genehmigungen einholen. Nur bei substantieller Veränderung und auch nur wenn man das substantiell veränderte Werk kommerziell veröffentlichen will, ist die Einwilligung des Urhebers zur Werkveränderung nötig. Darüber was eine substantielle Veränderung darstellt kann man in der Tat streiten und der VUT spricht sich für eine Überarbeitung des Zitat- und Bearbeitungsrechts aus um der Realität zu entsprechen, dass viel mehr Nutzer als früher Werke zu ihrem Vergnügen oder auch kommerziellen Zwecken verändern.

Ob deshalb jeder Nationalsozialist ohne zu fragen Dein Werk mit neuem Text versehen können sollte ist die zu Recht häufig gestellte, weiterhin zu beantwortende Frage.

(4) „Ein Ammenmärchen der Kulturindustrie besagt, illegale Downloads seien schuld daran, daß Künstler nicht mehr von ihrer Kunst leben können.“

Die Auswirkungen unvergüteter Musiknutzungen wurden seit Jahren in unabhängigen wissenschaftlichen Studien untersucht und dokumentiert. Alle nachstehend genannten Untersuchungen sind nach wissenschaftlichen Richtlinien entstanden und von anerkannten Fachzeitschriften mit peer review publiziert worden.

Die negativen Auswirkungen von unvergüteten Musiknutzungen auf Musikverkäufe wurden in folgenden Studien nachgewiesen und veröffentlicht:

Liebowitz „Creative Destruction or just Plain Destruction“ (2004a, 2006a, Theorie), Liebowitz „Testing File-Sharing’s Impact on Music Sales in Cities“ (2008a, Pure Survey Based Approach, Secondary Data), Zentner „Measuring the Effect of File Sharing on Music Purchases“ (2006, Pure Survey Based Approach, Secondary Data), Rob und Waldfogel “Music Downloading, Sales Displacement and Social Welfare” (2006, Pure Survey Based Approach, Primary Data), Lee “The Effect of File Sharing on Consumers Purchasing Patterns” (2006, Pure Survey Based Approach, Primary Data), Leung “Should the Music Industry Sue Its Own Customers?” (2008, Pure Survey Based Approach, Primary Data), Huygen et al. “Ups And Downs. Economic And Cultural Effects Of File Sharing On Music, Film And Games“ (2009, Pure Survey Based Approach, Primary Data), Michel “The Impact of File Sharing On The Music Industry” (2005, Theory and Survey Based Approach), Hong “Measuring the Effect of Napster on Recorded Music Sales” (2009, Theory and Survey Based Approach), Peitz und Walbroeck “The Effect of Internet Piracy on Music Sales” (2003,2004, Theory and Survey Based Approach).

Spezifische Schäden durch File Sharing, etwa in Bezug auf ihre Verursachung durch bestimmte Konsumentengruppen oder in Bezug auf den Bekanntheitsgrad der betroffenen Künstler oder auch in Bezug auf zu definierende (theoretische) Umstände unter denen die (von keinem der u.g. Autoren  geleugneten Schäden) theoretisch ausgeglichen werden könnten  wurden durch die folgenden Untersuchungen dokumentiert:

Curien und Moreau „The Music Industry in the Digital Era“ (2005, Theorie), Bayaan „Technology and the Music Industry” (2004, Theorie), Peitz und Walbroeck “Why the Music Industry may gain from free Downloading” (2006, Theorie), Boorstin “Music Sales in the Age of File Sharing” (2004, Pure Survey Based Approach, Secondary Data), Mortimer und Sorensen “Supply Responses to Digital Distribution: Recorded Music and Live Performances” (2005, Pure Survey Based Approach, Secondary Data), Bounie et al. (2005, Pure Survey Based Approach), Gopal et al. “Do Artists Benefit from Online Music Sharing” (2006, Theorie und Survey Based Approach), Bhattacharjee et al. “The Effect of Digital Sharing Technologies on Music Markets. A Survival Analysis of Albums on Ranking Charts” (2007, Approach Based on Empirical Data from P2P File Sharing Usage), Blackburn “On-line Piracy and Recorded Music Sales” (2004, Approach Based on Empirical Data from P2P File Sharing Usage).

Im Februar 2011 wurde der BASCAP-Report „Estimating the global economic and social impacts of counterfeiting and piracy” der Internationalen Handelskammer veröffentlicht. Die Befunde dieses Reports dokumentieren ebenfalls das Ausmaß der Schäden die durch unlizensierte Musiknutzungen entstanden sind. Da die Autoren Befunde aus der wissenschaftlich anerkannten Literatur nutzen um die aus Marktdaten gewonnenen Ergebnisse nach unten zu korrigieren, Schäden durch Streaming noch nicht mit einbezogen wurden und jeder Download als Single (nicht als Album) gewertet wurde können ihre Daten als relativ zuverlässige Einschätzung der unteren Grenze betrachtet werden; auch wurde durch die Auswertung der Daten von weltweit 19 verschiedenen Instituten in 16 Ländern sichergestellt, dass eine manipulative oder tendenzöse Befragung oder Auswertung sehr schwierig durchführbar gewesen wäre. Eine weitere Stärke des Reports besteht in einer klaren Abgrenzung des „commercial value“ von digitaler Musik-Piraterie von den tatsächlich aufgetretenen „business losses“, d.h. der BASCAP-Report schließt Überschätzungen der Verluste durch fälschliche Interpretationen der Downloads als 1:1 Kaufverluste konsequent aus.

Bislang liegen nur zwei Veröffentlichungen vor, die zu dem Ergebnis kamen File Sharing würde die Musikverkäufe positiv beeinflussen: Chi (2008) kam zu diesem Befund in dem Kirchenbesuche und Strafzettel als proxy für File Sharing genutzt wurden, ihr lagen keine (!) Daten zum tatsächlichen File Sharing Verhalten der Befragten vor. Andersen und Frenz (2007) kamen zu ihrem Befund durch eine methodische Vorgehensweise die es ausschloss, dass der Zusammenhang zwischen File Sharing und Musikverkäufen durch eine dritte Variable hätte beeinflusst werden können, daher wurden die Autorinnen bereits frühzeitig in Bezug auf ihre Methodik kritisiert. Eine Re-Evaluation ihres Datensatzes durch Barker (2011) ergab aber sogar darüber hinaus schwerwiegende neue Erkenntnisse: Andersen und Frenz hatten bereits herausgefunden, dass bei Abwesenheit von P2P Netzwerken 75% der umsonst konsumierten Musik gekauft worden wäre. Diese Information lag den Autorinnen also bereits 2007 vor, sie zogen es jedoch vor, diese Befunde nicht zu veröffentlichen.

Weitere zwei Studien kamen zu dem Schluss, dass File Sharing und Musikverkäufe voneinander unabhängig sind. Tanaka (2004) erzeugt diesen Befund durch den Einsatz einer dummy Variable nach der vorherige Albenverkäufe eines Künstlers nicht vorliegen; das hierdurch gewonnene Ergebnis ist natürlich nicht haltbar – entsprach aber vermutlich den Wünschen des japanischen Mobile-Konzerns der das Institut finanziert. Oberholzer-Gee und Strumpf (2007) kamen zu ihrem Ergebnis auf bisher nicht nachvollziehbare Weise da die Autoren sich bis heute mit verschiedenen Begründungen weigern ihre Rohdaten einer erneuten Analyse zur Verfügung zu stellen. Liebowitz (2010) wies jedoch ausführlich auf die gravierenden Unstimmigkeiten der statistischen Auswertungen hin: So müsste nach den Befunden von Oberholzer-Gee nämlich ein Erliegen des amerikanischen Download-Verhaltens außerhalb der deutschen Schulferien (!) eintreten bzw. sogar ein Abrutschen des Download Verhaltens in einen Minusbereich: Der von Oberholzer-Gee präsentierte Regressionskoeffizient  betrug das Dreifache der Standardabweichung. Da inhaltlich eine Download-Tätigkeit im Minusbereich keinen Sinn ergibt, wurde eine Überprüfung der Rohdaten angestrebt um die Fehler in der Datenerhebung bzw. Datenauswertung nachzuweisen – dies ist durch die Weigerung Oberholzer-Gees bis heute nicht möglich.

Zusammenfassung:

Obwohl an vier dieser Studien Kritik geäußert werden muss, sollten sie doch abgegrenzt werden von selbsterstellten Tabellen auf Blogs, Diplomarbeiten ohne korrespondierende peer review Veröffentlichungen, emotional gefärbten Ansichten auf eigenen Homepages oder auch gezielt als PR eingeschleusten Werken.

Man kann davon ausgehen, dass es wie immer multiple Ursachen für Umsatzrückgänge gibt, nur wurden andere Faktoren bisher nicht zuverlässig identifiziert und nachgewiesen. Der gegenwärtige Stand der Forschung spricht dafür, dass unlizensierte Musiknutzungen den größten bisher bekannten Anteil an den Schäden und Einkommensminderungen verursacht haben.

Du hältst Dich als Konzertveranstalter für qualifiziert die vorliegenden Forschungsergebnisse als „Ammenmärchen“ abzutun und ohne eigene methodische Kenntnisse die einzige Dir wohl vorgelegene  Studie mit der geborgten Meinung zweier Journalisten zu beurteilen?

Dein Mangel an Kompetenz wird nur von Deiner Überheblichkeit übertroffen. Das ist so ärgerlich, dass hier ein paar klare Worte nötig sind: Minimalvoraussetzung für eine qualifizierte Auseinandersetzung mit den vorliegenden Befunden ist Methodikwissen und Sicherheit im Umgang mit statistischen Methoden.  Du bist nicht in der Lage festzustellen ob die in der FAZ genannten Befunde aus einer wissenschaftlichen Untersuchung stammen oder der Feder eines Lobbyisten. Du bist nicht kompetent genug um einzuschätzen wie die  Ergebnisse entstanden sind und wie sie interpretiert werden sollten. Unstimmigkeiten in der Analyse wie auch Interpretation der Befunde würden Dir entgehen und Du wärest deshalb auch nicht qualifiziert die Arbeit der SPIEGEL- oder FAZ-Journalisten zu beurteilen. Du würdest nicht einmal bemerken, wenn der FAZ-Autor oder der SPIEGEL-Autor die zugrundeliegenden Daten verändert oder falsch dargestellt hätten.

Ich erzähle Dir mal ein echtes Ammenmärchen:

„Die Norwegische Studie“

Im Frühjahr 2009 kam Rabea Weiser in der ZEIT in ihrer Darstellung einer „norwegischen Studie“ zu dem Schluss, diese Studie hätte herausgefunden „Musikpiraten…sind die größte Kundengruppe der legalen Download-Plattformen“. Sie formulierte ihren Artikel auf der Grundlage einer Pressemitteilung, dabei übernahm sie nicht nur unkritisch die darin enthaltenen Zahlen, sondern fügte (unglücklich) noch eigenständig weitere Fehlinformationen hinzu. So bezogen sich die Autoren der Pressemitteilung z.B. noch auf einen kleinen Ausschnitt ihrer gesamten Stichprobe, nämlich die Gruppe der 15-20 Jährigen. Rabea Weiser formulierte diesen Befund jedoch schon in der Überschrift als generellen Befund bezüglich aller „Musikpiraten“. Sie sprach von 2000 befragten Nutzern, tatsächlich bezogen sich die Ergebnisse nur auf die Aussagen von 323 Personen etc. Eine genauere Betrachtung der „Studie“ ergab, dass die Zahlen der Pressemitteilung derart erhebliche Lücken aufwiesen dass eine Einordnung der Befunde unmöglich war. Stattdessen ergab die triviale Methodik (soweit erkennbar) auch nur triviale Befunde: So waren etwa Personen die sich gar nicht für Musik interessierten auch (erwartungsgemäß) kaum Nutzer illegaler Tauschbörsen.

Nachfragen bei den Autoren der angeblichen „norwegischen Studie“  um diese und andere Probleme der Untersuchung anzusprechen ergab dann überraschenderweise Folgendes: Nach Auskunft des Ko-Autoren Molde an der BI Norwegian School of Management  am 22. 06.2009 handelte es sich bei den Darstellungen auf der institutseigenen Homepage nur um eine „Pressemitteilung“ und eine veröffentlichte Studie gäbe es noch gar nicht. Die einer Telefonbefragung entnommenen Befunde hatten also bisher weder einer unabhängigen Prüfung standgehalten noch war die Studie abgeschlossen. Es hatte keine methodische Überprüfung der Untersuchung gegeben. Es lagen keine Signifikanzprüfungen vor, Angaben zur Literatur fehlten ebenso wie eine Einordnung der Befunde in Bezug auf andere Studien.

Die Hintergründe der an dieser Untersuchung beteiligten Institutionen ließen allerdings einen Blick „hinter die Kulissen“ zu. Es stellte sich ja die Frage, wie es dazu kommen konnte einige so zweifelhafte und wenig aussagefähige Unterbefunde einer noch nicht abgeschlossenen Telefonbefragung  als Ergebnisse einer „wissenschaftlichen  Studie“ zu präsentieren.

Die verantwortliche Prof. Gran war neben ihrer Tätigkeit an der BI Norwegian School of Management auch Partner und Senior Advisor der PR-Firma Perduco Kultur, eine Tochterfirma der PR- und Lobbyfirma Perduco AS, die, wie sich herausstellte, auch mit der eigentlichen Durchführung und Auswertung der Untersuchung beauftragt war. Perduco AS ist nach eigenen Aussagen spezialisiert auf „strategic communication“ durch Forschungsprojekte die von ihren Kunden in Auftrag gegeben wurden. Für die anspruchsvollen Kunden („demanding clients“) im privaten und öffentlichen Sektor werden Forschungsprojekte gezielt entworfen, durchgeführt und ausgewertet. Perduco führt jährlich ca. 20.000 Interviews durch. Zu den Spezialgebieten der Perduco AS zählen laut ihrer Eigendarstellung u.a. „Meinungsbildung“ und „reputation building“. Perduco verspricht, zu diesem Zweck die geeigneten „Kommunikationsstrategien“, Texte und Pressemitteilungen zu entwerfen. Auf der Firmen Webpage wird nicht ohne Stolz auf mehr als 1600 „media stories“ hingewiesen die allein im Jahr 2008 aufgrund der von Perduco erstellten Studien und Berichte in 185 verschiedenen Medien erschienen seien. Die Auftraggeber werden auf Perducos Webseite übrigens in keinem Fall genannt.

Die von Perduco erzeugten Ergebnisse der angeblichen „norwegischen Studie“ konnten erfolgreich in folgenden Medien lanciert werden: Guardian (UK), El Pais (Spanien), AFP, der Freitag, London Daily News, Music Week, Le Monde (Frankreich), Hip Hop Law (USA), Politiken (Dänemark), Die Zeit (Deutschland). Die Pressemitteilung zur „norwegischen Studie“ wurde am 22.04.2009 lanciert – das Urteil im vielbeachteten Verfahren gegen die Pirate Bay Betreiber erging am 17.04.2009.

Lobbyfirmen wie die o.g Perduco AS versuchen meist nach dem gleichen Prinzip passende „wissenschaftliche Befunde“ zu lancieren. Das Strickmuster für die Erzeugung dieses „Befundes“  ist denkbar einfach  – meist handelt es sich um einen Vergleich der Gruppe A (mögen keine Musik/Filme/Bücher) und der Gruppe B (mögen Musik/Filme/Bücher). Dann wird verglichen in welcher der beiden Gruppen mehr Käufer sind (Oh, Überraschung, Gruppe B) und in welcher Gruppe mehr Nutzer illegaler Downloads oder Streaming Seiten sind (Oh, Überraschung, Gruppe B). Voila – Piraten sind die besten Kunden. Dich hat das offensichtlich überzeugt.

Es gibt Variationen dieses Grundmusters und meist wird ausgiebig mit zusätzlichen Auswertungen die alles etwas kompliziert machen und das Grundmuster etwas verstecken sollen garniert. Wissenschaftlich ist dieses Konstrukt natürlich leicht angreifbar, wird aber vom interessierten  Laienpublikum, zu dem auch die Journalisten gehören, selten in Frage gestellt.

Gut möglich, dass auch in der Kreativwirtschaft jemand glaubt es sei sinnvoll Gefälligkeitsstudien in Auftrag zu geben. Ernstzunehmender Journalismus setzt jedoch fachlich qualifizierte Auseinandersetzung mit der Originalliteratur voraus. Mit dem ungeprüften Abschreiben von anderen Journalisten ist es nicht getan.

5. Zum VUT

Schließlich Deine Äußerungen zum VUT und mir persönlich. Sie haben dasselbe Muster wie der Rest Deines Artikels – schlecht recherchiert, unreflektiert und ausschließlich polemisch.

Meine persönliche Sichtweise zu den angesprochenen Themen habe ich oben dargelegt. Wenn Du glaubst sie mit „eisernem  Verfechten knallharter Law-and-Order Positionen“ treffend zusammengefasst zu haben, habe ich dem nichts hinzuzufügen [9]. Meine persönliche Meinung ist für die Arbeit des VUT ohnehin nicht relevanter als die der anderen Vorstände und Mitarbeiter.

Wir sprechen und ringen im VUT um die richtigen Antworten und gehören nicht zu denjenigen, die behaupten alle zu kennen. Wir haben zu vielen Themen sehr unterschiedliche Meinungen und das ist, wie man in Berlin gern sagt, gut so. Wir arbeiten transparent, wenn wir uns auf etwas verständigen können, veröffentlichen wir es. Wenn nicht, dann nicht. Alles was wir beschließen ist öffentlich zugänglich.

Zu den Mindestanforderungen an jemanden, der sich qualifiziert zu Positionen des Verbandes äußern will, gehört die öffentlich zugänglichen Dokumente zum Thema zu lesen. Wir wissen nicht, worauf Du Dich mit „komischen Vorlagen“ beziehst, aber falls Du etwas Strukturiertes sagen möchtest solltest Du Dich mit den veröffentlichten Texten auseinandersetzen.

Wir haben wenig zum Urheberrrecht veröffentlicht, die Stellungnahme zu den Fragen der Enquete Kommission Internet und digitale Gesellschaft zum Urheberrecht, die mittlerweile seit fast einem Jahr online steht [10], ist eines der wenigen ausführlicheren Dokumente.  Weil die Dinge sich in diesem Bereich schnell entwickeln ist sie aus unserer Sicht teilweise schon wieder überholt, aber falls Du an einer ernsthaften Auseinandersetzung statt selbstgefälliger Polemik interessiert gewesen wärest, wäre das ein Ausgangspunkt gewesen.

Wenn Du Dich weitergehend informiert hättest, wüsstest Du, dass der VUT sich FÜR eine Anpassung des Urheberrechts an die digitale Welt ausspricht – beispielsweise für eine Reform des Bearbeitungs- und Zitatrechts und grundsätzlich für Vereinfachungen des Urheberrechts und des Umgangs damit – weil es auch aus unserer Sicht zutrifft, dass jetzt mehr nicht-professionelle Nutzer damit zu tun haben. Wir unterstützen non-invasive Vorschläge zur Überarbeitung der Haftungsprivilegierung bei gewerblich betriebenen Urheberrechtsverletzungen. Und ja, auch aus unserer Sicht gibt es kontraproduktive Auslegungen des Urheberrechts, die auf den Prüfstand gehören.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum es problematisch sein sollte wenn Dich ein VUT Vorstandsmitglied nach Deiner Meinung fragt. Alle Vorstände tauschen Gedanken mit anderen zu diesen Themen aus – auch und gerade mit Menschen, die abweichende Meinungen haben. Es gibt schon genug die glauben, das algorithmisierte Ergebnis Ihrer Google Suche gäbe tatsächlich das Wissen der Menschheit objektiv wieder [11].  In Anbetracht Deiner oben aufgezeigten Informationslücken bezüglich des Urheberrechts stellt sich allerdings die Frage ob eine Unterhaltung gerade mit Dir zu diesem Thema sinnvoll ist.

Die Behauptung, der VUT würde „hierzulande“ Forderungen „durchwinken“, soll offensichtlich suggerieren, dass independents in anderen Ländern andere Positionen vertreten. Auch hier muss ich Dich auffordern, Deine Hausaufgaben zu machen wenn Du ernst genommen werden willst. Die Stellungnahmen unserer internationalen Schwesterorganisationen sind online zugänglich, Positionen  der englischen AIM [12], wie die der amerikanischen independents A2IM [13] (auch zur freiwilligen Vereinbarung zwischen ISPs und Inhalteproduzenten – einem Konzept für das wir uns in der Tat auch hierzulande ausgesprochen haben) und zum Protect IP Act der Obama Administration, der über das hinausgeht, was wir gefordert haben. Ditto die diversen Stellungnahmen unserer europäischen IMPALA Organisation.

Du zitierst Don Henley, den Mitbegründer der Recording Artists Coalition mit »Die Musikindustrie hat Unmengen von Geld mit diesen Masterbändern verdient, viel mehr als die Künstler«. Dann unterschlage doch nicht was er noch zum Thema Deines Artikels sagt: „Today, I would say that I find the huge internet companies to be more of a threat. I am still not a fan of the large record companies, but on this issue of copyright and protection of creative works, I find myself on the same side of the table with them”.

Du solltest Dich fragen warum Künstler, die sich, wie unabhängige Musikunternehmen auch, über alle möglichen Dinge mit Majors streiten, im zentralen Interessenkonflikt gemeinsam mit allen anderen, die kulturelle Güter produzieren und intelligent genug sind Propaganda zu erkennen  und Zusammenhänge zu verstehen, gegen die einseitige Durchsetzung der Interessen von Technologieunternehmen aussprechen.

Und Vorsicht mit der unreflektierten Verwendung von „reaktionär“. Nicht alles was den Interessen von Technologiefirmen dient ist automatisch progressiv. Wir wissen spätestens seit den 70er Jahren, dass Technologie nicht in sich emanzipatorisch ist, sondern ein Werkzeug – wie ein Schraubenschlüssel, mit dem man Sinnvolles, Progressives und auch Reaktionäres tun kann. Frag den iranischen Geheimdienst – oder die Tor-Entwickler beim amerikanischen.

Wenn Du intelligentere Lösungsvorschläge als eine Kulturflatrate hast, kannst Du Dich gern zurückmelden. Ansonsten kann die Welt m.E. auf Deine Stammtisch Beiträge verzichten.

Mit besten Grüßen,
Mark Chung

An die KONKRET Redaktion:

Als ehemaliger Leser der KONKRET, die zu Recht stolz ist, Vertreter der politischen und literarischen Intelligenz zu ihren Autoren zu zählen, sei mir eine Anmerkung erlaubt.

Von KONKRET wäre eine intelligente Analyse politischer und ökonomischer Zusammenhänge der aktuellen Debatte zum Urheberrecht von einer linken Perspektive begrüßenswert gewesen.

Ein so schlecht recherchierter, ausschließlich polemischer Artikel, der unreflektiert, einseitig und fehlerhaft die PR Strategie monopolistischer Großkonzerne wiederkäut hätte einer redaktionellen Überprüfung des Inhalts von Beiträgen m.E. nicht standhalten sollen.

Ich kann nur hoffen, dass KONKRET – trotz der kostenlosen online Verfügbarkeit der Inhalte – über ausreichende Mittel verfügt, um Beiträge redaktionell zu bearbeiten.



[1] “P2P system applications (…) are one of the major reasons cited by Internet users for upgrading their Internet access to broadband”  (T. Mennecke “DSL Broadband Providers perform Balancing Act” zitiert nach Vinay Aggarval, Anja Feldmann, Christian Scheideler: “Enabling Co-Operation between ISPs and P2P systems” Technical Report  No.2, Deutsche Telekom Laboratories (3/2007))

[2] http://digitalmusicnews.com/stories/112910averageage

[3] http://www.pollstar.com/blogs/news/archive/2010/12/29/751701.aspx

[4] Lobbyist J. Band, zit. n. Levine, Levine “Free Ride” S.27 Random House London 2011

[5] GEMA Geschäftsbericht 2010 , S.6

[6] Forschungsbericht Gesamtwirtschaftliche Perspektiven der Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland,  Anhang, Statistische Daten, 9. Umsatzgrößenklassen der Kultur- und Kreativwirtschaft 2006,  S.24  BMWi (2/2009)

[7] ebd.

[8]http://www.digitalmusicnews.com/stories/102411adwords?utm_source=twitterfeed&utm_medium=facebook

[9] Deine Implikation, ich könne 1.300 VUT Mitglieder durch Androhen von Prügel auf Kurs halten ist so abstrus, dass sie zumindest für Heiterkeit und Scherze im VUT sorgt, vielen Dank. Träfe sie zu, müsstest Du ja geradezu darauf aus sein.

[10] http://vut-online.de/cms/index.php?s=stellungnahme+zu+Fragen+Enquete

[11] Google hat seit Dezember 2009 die Algorithmen seiner Suchmaschine verändert. Suchanfragen werden entsprechend sozioökonomischem Status des Nutzers, Wohnort, Freunden, Geodaten / Streetview, vorherigen Suchanfragen etc. beantwortet. Kognitive Dissonanzen, etwa durch abweichende Meinungen werden zugunsten effizienterer Werbung ausgeblendet,  d.h. es gibt keine gemeinsamen Suchergebnisse für dieselben Fragen mehr. Stattdessen werden zunehmend bereits bestehende Ansichten und Vorurteile verstärkt. Der Vorgang ist für Nutzer komplett intransparent – sie bemerken den Unterschied in aller Regel gar nicht. Veränderung / Differenzierung / opt-out sind unmöglich.

[12] Beispiel:  zu DEA und Hargreaves Report:http://www.musicindie.com/search?keywords=DEA&x=21&y=11

[13] Beispiel Press release zu stop online piracy act http://a2im.org/2011/10/27/a2im-press-release-a2im-applauds-the-u-s-house-of-representatives-house-proposed-stop-online-piracy-act-legislation/

UPDATE Der Brief ist als PDF auch auf dem Server des VUT zu finden.

UPDATE Hier gibt es eine Literaturliste zu den angesprochenen Themen.

215 Kommentare

  1. 01
    Markus

    Als ich das letzte Mal mit Chung auf einem Panel sass, warf er mir vor, ein Lügner zu sein (Weil ich Zahlen aus Pressemitteilungen der Musikindustrie korrekt zitierte, die er falsch im Kopf hatte. Das konnte ich aber durch Vorlesen im Anschluß beweisen) und dann warf er mir vor, meine Meinung sei von Google gekauft. Das wurde dann ganz wirr, irgendwas mit der Mutter eines Google-Gründers, die Creative Commos in den USA Geld gespendet hat und weil ich mich ehrenamtlich in Deutschland für die Förderung von Creative Commons einsetzte, muss ich auch gekauft sein.

    Ich hab selten mit jemanden diskutiert, der innerhalb kurzer Zeit mehrere Versuche machte, unter die Gürtellinie zu schlagen, offensichtlich weil ihm die Argumente ausgingen.

  2. 02
    Maiklonthenet

    Beide Artikel gelesen und gelernt, dass wenn ich mir eine Meinung erlaube, die nur von Seiten des Konsumenten (also mir) die Sachlage betrachtet, ich zu denen gehöre, die sich quasi hirnlos von großen Technologiekonzernen manipulieren lassen.
    Auch scheine ich als Konsument sowieso nix in der Diskussion verloren zu haben, denn ich habe ja keine Ahnung, welche der vielen hier zitierten Studien eigentlich wichtig und richtig sind, von den generellen Kenntnissen in BWL und Jura die zum Verständniss nötig sind mal ganz abgesehen.

    Ich konsumiere also weiterhin Musik, Bücher und Filme. Und zwar so, wie es mir am leichtesten fällt. Wer will, dass ich sein „Gut“ konsumiere, muss attraktiv für mich sein.
    Wer lieber den Gesetzgeber bemüht, mich zu einer gewissen Art und Weise meines Konsums zu „motivieren“ ist das nicht.

  3. 03
    Thomas

    Ganz ehrlich, ich konnte Chungs offenen Brief nicht vollständig lesen. Ich bin schon darüber gestolpert, dass er Google vorgeworfen hat Geld verdienen zu wollen.

    Der Satz, der mich aber endgültig davon abhielt auch nur noch einen Satz weiterzulesen ist dieser: „Es ist völlig legitim zu diskutieren, ob Medienunternehmen Künstler angemessen vergüten“

    Solange wir überhaupt darüber diskutieren, ist für mich jede Diskussion überflüssig. Solange Labels sich als „Arbeitgeber“ oder „Auftraggeber“ sehen die einen Künstler eine Vergütung bezahlen und nicht als Dienstleister ist jede weitere Diskussion zweck- und sinnlos.

    Edit: Ich habe doch weitergelesen, ein Fehler. Habe bei der Stelle aufgehört, wo Chung aufzählt an wen Google Geld bezahlt. WTF? Wenn Seliger aufgezählt hätte an welche Organisation die MI überall Geld gibt, wäre Chung sicherlich sauer geworden.

    Auch sein Google-Vergleich hinkt m.E. extrem. Richtig ist, dass Google ja Künstler bei z.B. YouTube an den Werbeerlösen beteiligt. Gleichzeitig ist es richtig, dass Google sämtliche Dienstleistungen kostenlos anbietet. Die Künstler bekommen dafür Werbung und einen Ort an dem man sie kennenlernen (YouTube) oder überhaupt finden kann. Dies mag aus meiner Sicht naiv sein aber ich kaufe grundsätzlich eher Musik die ich kenne und gern häufiger höre als mir völlig unbekannte Musik.

  4. 04

    Ich wollte mich eigentlich weitgehend raushalten, weil ich keine Lust habe (und weil es Quatsch wäre), den Brief von Mark Chung stellvertretend zu erklären (vielleicht findet er ja selbst die Zeit dazu), aber es macht mich halt doch neugierig:

    @#795477: Ich habe das so nicht herauslesen können. Soweit ich es verstehe, wirft Chung keineswegs dir oder mir als Konsumenten mangelnde Sachkenntnis vor, sondern dem Autor des Artikels, auf den er reagiert. Und: Was ist denn deine Meinung? :) Hier ist ja Platz dafür, der Brief steht ja genau für die Debatte online.

    @#795479: Auch das verstehe ich sehr anders: Der Vorwurf an Google ist nicht, dass sie Geld verdienen. Sondern dass sie, wenn sie dieses Geld mit den Inhalten Dritter verdienen, Urheber nicht daran beteiligen.

    Ich stimme dir zu, dass man die Frage vielleicht besser umgekehrt stellen müsste: Nämlich ob die Künstler ihre Dienstleister (Labels etc.) zu hoch vergüten. Man müsste den Urheber in die Auftraggeber-Position setzen. Die grundsätzlichen Fragen bleiben doch aber die gleichen, oder?

    Edit: Nun ja… Google/YouTube beteiligt dich, wenn du Werbung schaltest. Willst du das als Künstler nicht (bist aber u.U. trotzdem ein Zugpferd), dann gibt’s auch nix. Und dass andere Unternehmen wie z.B. Filehoster ebenfalls Urheber beteiligen, ist mir neu …

  5. 05
    Georg

    Lieber Markus…
    Bei der Gelegenheit würde ich gern von dir wissen welche Firmen und Intitutionen deine digitale Gesellschaft unterstützen. Bei deinem permanenten Sermon über Transparenz ist das sicherlich kein Problem für dich.
    Oder hast du dich mit deinem selbsterklärten Alleinvertretungsanspruch für Internetdeutschland mittlerweile so lächerlich gemacht, dass selbst Google dir keine Landschaftspflege mehr zukommen lässt?

  6. 06
    Markus

    @Georg: Einfach zu beantworten: Meine Firma newthinking stellt dem Digitale Gesellschaft e.V. einen Briefkasten. Sonst unterstützt uns kein Unternehmen.

  7. 07
    Georg

    @markus
    Also die Firma die erst vor zwei Wochen einen äußerst lukrativen Auftrag von Google erhalten hat? Dabei muss man wissen, dass sowohl das HIIG als auch dessen erstes Symposium von der Public Affairs Abteilung von Google Deutschland finanziert und organisatorisch unterstützt wird.

    http://www.newthinking.de/2011/10/23/drei-internationale-projekte-in-einer-woche/

  8. 08

    Also ich hab jetzt zum zweiten Mal angesetzt und muss gestehen, mir vergeht immer wieder die Lust am Lesen. Drei Sachen fallen mir besonders auf:

    1.) Der unsachliche Tonfall. Das ganze ist ein reiner Rant gegen Berthold Seliger. Wenn ich in dessen Position wäre, würde ich über den Brief lachen und weiter meiner Arbeit nachgehen.

    2.) Dieser „Google verdient mein Geld“-Mimimi. Genauso so schlimm wie bei den Verlagen mit ihrem Leistungsschutzrecht. Das ist eine sinnlose Neiddebatte.

    3.) Die unbelegten Quellen: Wenn man schon Studien zitiert, wäre ein Literaturverzeichnis sinnvoll. „Andersen und Frenzy 2007“ finde ich noch einfach (und kenne ich sowieso), aber „Barker 2011“ ist recht neu und da find ich nix. Die Unzulänglichkeiten der Empirie sollten auch jedem bekannt sein. Unkritisiert einen Stapel Studien anzuführen, die file sharing verteufeln sollen (und die z.T. schon im Abstract das genaue Gegenteil tun, unter anderem sagt die erste Studie schon, dass die veralteten Geschäftsmodelle das Problem sind, nicht das Filesharing) um dann bei den andern mehr oder weniger auf den grundsätzlichen Unzulänglichkeiten der Empirie herumzureiten, halte ich jetzt auch nicht für produktiv.

    Ich halte den Beitrag alles in allem in der Debatte für wenig zielführend. Dennoch danke für die Übersicht der Studien, da sind ein paar mir noch nicht bekannte dabei.

  9. 09
    Mark Chung

    Erstmal – freue mich das mal diskutieren zu können, weil ich glaube dass der Austausch von Informationen uns allen gut tut – auch und gerade die, die man sonst nicht hört. Der Brief ist eine Meinungsäußerung – natürlich weiß ich nicht alles zu diesen komplexen Fragen. Ich stehe zum Inhalt aber wenn mir jemand nachvollziehbar aufzeigt wo ich falsch liege, ändere ich auch gern meine Meinung und habe was gelernt.

    @Markus Hoffe das ist nicht unter der Gürtelliinie, aber Dein Kommentar lässt nur den Schluss zu, dass Du Dir gar nicht erst die Mühe gemacht hast den Text zu lesen.

    Was Finanzierung betrifft: Mir geht es nur um eines: Transparenz. Ich finde man sollte in dieser Debatte wissen wer spricht und wer ihn oder sie bezahlt. Ich will gar nichts unterstellen, ich finde nur wir sollten es wissen, weil es auch um Interessen geht. Ich gehe gern mit gutem Beispiel voran: Ich arbeite ehrenamtlich und komplett unbezahlt für den VUT (leider!). Der VUT wird von (niedrig dreistelligen) Beiträgen seiner Mitglieder finanziert. Ich arbeite auch als Musikverleger und habe auch selbst ein paar Werke geschrieben – was natürlich meine Sicht der Dinge beeinflusst. Wenn Du willst, sag doch wie es bei Dir ist. Wenn Du das nicht sagen willst, auch OK. Ich lese nur: Die digitale gesellschaft hat gerade „die ersten Fördergelder bekommen. 9.500 Euro“ (WIRED Deutschland 11-01 S.81) Ja, sag doch einfach von wem, dann wissen wir wer Eure Kampagne für Netzneutralität finanziert und können uns ein Urteil erlauben. Wird ja nicht aus Drogenhandel oder Abo Abzocke stammen.

    @Thomas Ich glaube es tut uns allen gut zumindest manchmal Informationen aufzunehmen, die dem eigenen Bild der Welt nicht entsprechen. Ist es wirklich „ein Fehler“ weiterzulesen weil Du an eine Stelle kommst mit der Du nicht einverstanden bist? Wenn Du keine Lust hast, Dich mit dem Thema zu beschäftigen, OK. Aber willst Du wirklich NUR Sachen lesen, die bestätigen was Du sowieso schon denkst? Ich halte das für nicht für eine gute Strategie mit der Welt umzugehen und auch keine gute Basis für Demokratie und die Forderung nach Teilhabe. Demokratie funktioniert imho nur, wenn man auch die Positionen der anderen zumindest verstehen kann. Und nein, ich würde mich nicht aufregen wenn jemand uns sagt wen die „MI“ finanziert. Sag es uns doch.

    Wenn Du nicht solche schweren Probleme gehabt hättest weiterzulesen, hättest Du lesen können wer diese „MI“ ist wenn man etwas genauer hinsieht. Ich habe auch nichts von „Arbeitgeber“ oder „Auftraggeber“ gesagt. Ich betreibe ein „Muskunternehmen“. Ich arbeite mit ziemlich vielen Künstlern. In unserem Sprachgebrauch sind wir Partner und die Natur und der Grund für die – beiderseits freiwillige – Zusammenarbeit ist, dass Musik zu produzieren, zu veröffentlichen, bekannt zu machen, Konzerte zu veranstalten, sie in Spielen, Filmen, etc zu platzieren und daran zu arbeiten, dass Vergütungen reinkommen dafür ein hochgradig arbeitsteiliger Prozess ist – bei Filmen, um die es ja auch geht, übrigens noch mehr. In den meisten Fällen fällt den Musikunternehmen in dieser Partnerschaft der Job zu, die „Vergütungen einzusammeln“ und sie dann, entsprechend der Vereinbarungen miteinander, aufzuteilen. Darum habe ich gesagt „vergüten“. Mag besere Worte geben, hat aber alles NICHTS mit „Arbeitgeber“ oder „Auftraggeber“ zu tun. Ich kann keinen einzigen „Auftrag“ erinnern den ich in diesem Leben einem Künstler erteilt hätte und ausgeführt worden wären solche Aufträge schon gar nicht. Schliesslich, und auch das hättest Du gelesen (Du bist wahrscheinlich längst nicht mehr dabei….) gibt es keinen einzigen Fall, in dem ein Künstler von uns weniger als 50% von dem erhalten hätte, was wir an „Vergütungen“ erhalten haben , es ist fast immer deutlich mehr.

    PS Muss jetzt arbeiten gehen kann deshalb erst morgen wieder was schreiben….

  10. 10
    Maiklonthenet

    Wenn ich schonmal um eine Meinung als Konsument gebeten werde:
    Statt kreative Energie in offene Briefe zu stecken, die letztlich eh nur beweisen sollen, dass man es besser weis (bzw. der Gegenüber wenig Ahnung hat), sollte man sich mal Gedanken machen, wie man Vermarktungsmodelle entwickelt, die einen Mehrwert für den Konsumenten darstellen.
    Möglicherweise könnte auch das Geld, dass momentan in Richtung sinnfreier DRM-Mechanismen und auch in die Politik fliesst helfen.
    Wenn die Lage wirklich so finster ist und so viele Schicksale davon abhängen, dann müsste man ja entsprechend motiviert sein.

  11. 11
    T3o

    Ist es für die Herren vielleicht vorstellbar, dass nach Jahren des Drangsalierens dem Konsumenten egal ist OB irgendjemand noch Geld verdient?

    Alle Musik die ich höre ist von Künstlern geschaffen, die größtensteils schon nicht mehr „arbeiten“ (tot sind, aufgelöst). Mir ist es Jacke ob einer auf beiden Seiten einen Job hat. Sowohl Google wie Sony (als Stellvertreter) können von meiner Warte aus untergehen. Alle hier diskutierten Parteien leisten aus meiner Sicht keine notwendigen Beitrag zur menschlichen Gesellschaft.

    Ich will nur noch meine Ruhe und nehme jedweden Zugriff auf Informationen und Daten (das schließt auch Musik und Kultur-
    Geschissel ein) an legal, fair, bezahlt, nachhaltig oder halt irgendwas anderes…oder auch nichts von alle dem.

    Ich bin Wissenschaftler. Information muss verfügbar sein. Punkt. Wenn einer Kunst machen will soll er es tun, wenn nicht hören wir halt alle die Rolling Stones bis zum Ende aller Tage. Scheißegal. Habt ihr euch mal gefragt was passiert wäre, wenn Leute wie Heisenberg oder Lord Kelvin Urheberrechte beantragen würden….

    Als das BWLer-Geschwätz…geht sterben…echt jetzt….

  12. 12
    Georg

    @Maiklonthenet
    Der Artikel von Seliger war aber auch so dermaßen schlecht und unfair, dass man das auch mal gerade rücken durfte. Sonst plappern so Leute wie du weiterhin unreflektiert die gequirlte Unangemessenheit solcher radikalen (und schlecht informierten) Netzjünger nach.
    Es hätte dir nebenbei auffallen können, dass DRM seit Jahren nicht mehr bei Musik angewandt wird…
    Darüber hinaus ist es vielleicht manchmal einfacher ist das Phantom einer alles rettenden, hypothetischen, noch zu findenden Geschäftsidee in den Raum zu stellen, als sich mit der realen Härte der Gegenwart zu befassen…. Aber im Reich der Demagogie ist alles denkbar…

  13. 13
    Mark Chung

    @andi Literaturliste schicke ich Dir gern (lässt sich nicht reinkopieren, ist bischen lang zum abtippen). email? oder über spreeblick?

    @Maiklonthenet Danke für den gutgemeinten Rat. Was hältst Du von Simfy? (Im Ernst, interessiert mich)

  14. 14
    Georg

    @#795493:
    Und für solche Aussagen fütter ich deinen Arsch mit meinen Steuergeldern durch..? Was auch immer DU forschst ist mir scheißegal, aber ich hab wenigstens den Anstand mein Leben nicht dem Fiskus in Rechnung zu stellen und gleichzeitig Leuten in der freien Wirtschaft den Tod nahe zu legen…
    Öffentlicher-Dienst-Schwachsinn

  15. 15
    T3o

    @Georg
    LOL Steuergelder… du bist witzig. Kann nicht jeder ständig mit der Kanzlerin Schnittchen essen und deshalb hintenrum gehoben werden.

    Das das was geforscht wird DIR egal ist, ist bei solchen Debatten offensichtlich.

    Denk mal lieber drüber nach warum du deine Sülze hier auf einem Stück Plastik in den Äther hacken darfst…
    Bis jetzt hat zu jedem Rollkragen noch immer ein Techniker gehört.

    Innovation braucht kein Produkt aber Produkte brauchen Innovation…

    EDIT: typo + redundanz

  16. 16
    Markus

    @Georg: Ich weiß ja nicht, was für Dich ein äußerst lukrativer Auftrag ist, aber mit dem Bauen einer fast schon standardmäßigen Webseite (http://www.berlinsymposium.org/) verdient man kein Vermögen. Außerdem kam der Kontakt über das Berliner Institut für Internet und Gesellschaft, die uns beauftragt haben, aber da die Institutsgründung noch lief und Google kein Geld überwiesen hatte, wurde das Geld dann von Google anstatt vom Institut überwiesen.

    @Mark Chung: Ich hab den Artikel gelesen, keine Sorge. Das ändert nicht mein Eindruck, dass Ihr Diskussionsstil auf der Bühne auf mich befremdlich wirkte.

    Der Digitale Gesellschaft e.V. hat 9.500 Euro Fördergelder von der stiftung bridge erhalten. Steht auf der Webseite: http://digitalegesellschaft.de/2011/07/9-500-euro-forderung-fur-netzneutralitats-kampagne/

    Im übrigen dürfte das Thema Netzneutralität auch im Sinne des VUT sein, wenn schon dem Phonoverband das Thema und unsere Positon wichtig ist.

  17. 17
    Georg

    @#795499:
    Das ist doch bloßes Technokratengeblubber…
    Nimm deine gesellschaftliche Rolle mal nicht zu wichtig. Dich braucht man genauso wenig wie Literatur, Musik, Tanz, Film oder womit auch immer du dir dein Hirn durchspülst…
    Oder könnte es sein, dass Innovation nicht immer technisch ist? Dass wir nicht für Produkte, sondern für ein gutes Leben in einer guten Gesellschaft leben? Dass Kultur tatsächlich der Sinn des Ganzen ist?

  18. 18
    Georg

    @#795500:
    Die Stiftung Bridge kenne ich. Leider gehen die wiederum nicht besonders transparent mit der Herkunft ihrer Gelder um…
    Solche Konstruktionen sind schon interessant, um nicht zu sagen…
    Mal anders gefragt: Erhält die Digitale Gesellschaft oder du persönlich direkt oder indirekt Geld von Unternehmen oder Personen, die mit Unternehmen assoziiert sind? In welcher Höhe? Welche Unternehmen sind das?

  19. 19
    T3o

    Ne, mein Sinn ist Neugier und Erkenntnis. Was du machst ist im Grunde deine Sache.
    Aber ich lass mir ungern Steine in den Weg legen. Und die Debatte bindet Kräfte.

    Und es ist einfach NICHT die Aufgabe der Gesellschaft eurer Geschäft zu sichern. Euere Freiheit der Berufswahl vielleicht, aber nicht euer Geschäft…deal with it.

  20. 20
    Markus

    @Georg Lesen bildet. Die Antwort auf den Digitale Gesellschaft e.V. hab ich schon oben gegeben.

  21. 21
    Peter

    Ich finde es sehr interessant, diese Diskussion mal aus einer anderen Sicht zu sehen. In meinem Dunstkreis habe ich dieses Vergnügen höchst selten, da die Blogs und die Twitternachrichten etc., die ich so lese, eher meine eigene Meinung so mehr oder weniger wiederspiegeln. Auf gut argumentierte und gar belegte Texte, die andere Sichten aufzeigen, stoße ich so gut wie gar nicht und umso mehr freut es mich, hier einen solchen Text zu sehen. Danke dafür :)

  22. 22

    Meine Güte, wie viel Zeit wurde jetzt bitte in diesen Brief gesteckt? Und wie viel Zeit in die dazugehörigen Recherchen? Wieso wurde diese Zeit nicht dafür genutzt, mal etwas zu bewegen und tatsächlich neue Verwertungsmodelle zu entwickeln? In diesem Brief steht dazu irgendwie gar nichts. Es wird zwar erwähnt, dass da ganz viele existieren, aber keine werden genannt. Lieber wird auf irgendwelchen finanziellen Verbindungen herumgeritten, die scheinbar für das ganze Elend verantwortlich sind.

    Der Brief erinnert mich fatal an die gesamte Leistungsschutzdebatte, in der plötzlich böse Internetunternehmen an der ganzen Misere Schuld sein sollen. Hier ist ein kurzer Hinweis: Google ist genauso wenig schuld wie die Telekom. Da könnte man nach einem Einbruch ja gleich den Staat verklagen, weil er die Straßen gebaut hat, über die die Einbrecher gefahren sind. Einzige Ausnahme bildet da vielleicht YouTube, aber bis auf nervige Gema-Meldungen sehe ich da sowieso nicht mehr viel an Inhalten.

    Statt also offene Briefe mit technisch teils fragwürdigem Inhalt (also bitte ein Anfängerbuch über die Funktionsweise des Internet lesen!) zu schreiben, wäre es mal nicht schlecht diejenigen zu fragen, von denen Euer Überleben abhängt: die Konsumenten. Entwickelt doch mit uns gemeinsam ein Online-Angebot, das so gut ist, dass jeder ohne groß nachzudenken sagt: bin dabei und bezahle. Dann können wir die ganze Diskussion über das Urheberrecht und dieses selbst in die Tonne treten (bzw. etwas genauer das Verwertungsrecht).

  23. 23

    Hm, irgendwie mag mich das Antworten-Feature nicht… egal

    @Mark Chung: Ja, über die Literaturliste würde ich mich durchaus freuen. Am besten einfach an andreas.popp(-ät-)piratenpartei-bayern.de – Danke dir

  24. 24

    Vielleicht stehe ich da in dieser Diskussion alleine, aber unabhängig vom für meine Ohren etwas zu aggressiven Tonfall (kenne allerdings den Artikel von Herrn Seliger nicht…) kann ich den Brief von Mark nur unterschreiben. Es findet anscheinend keine wirkliche Diskussion um Urheberrechtsverletzungen mehr statt, alle scheinen den Status Quo zu aktzeptieren. Umsatzrückgänge von etwa 80% unseres seit 1979 exitierenden Indie-Labels in den letzten 5 Jahren haben nicht nur mit der Qualität der Produkte zu tun – wo ich mich auch umhöre, überall die gleiche Situation.

  25. 25
    DieterK

    „Die Darstellung der Situation in zahllosen Blogs, Foren und auch traditionellen Medien verschleiert die ökonomischen Hintergründe: Hier werden die Interessen hochprofitabler, monopolistischer Internetkonzerne, deren Profitmaximierung das Urheberrecht häufig im Weg steht, komplett ausgeblendet.“

    Das ist zweifelslos richtig. Und leider hat sich daran in den letzten Jahren, trotz der tollen Informationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, und dem Auftauchen der Piratenpartei, nicht das geringste geändert. Selbst bei auf Netzpolitik, Urheberrecht, Musikindustrie usw. spezialisierten Blogs wird zum großen Teil Unsinn verbreitet: Falls noch jemand an die „Weisheit der Masse“ glaubt, der lese mal Blogbeiträge und Kommentare zum Thema GEMA. (Aktuell geistert gerade die Falschmeldung, dass CD-Fabriken nur Musik von bei der GEMA registrierten Komponisten auf CDs pressen, durch die Blogospähre. Das könnte ein Klassiker werden wie „im Radio darf nur GEMA-Musik gespielt werden“.)

    Profitinteressen vertreten aber nicht nur die monopolistischen Internetkonzerne, sondern auch die globalen Musikkonzerne, die schon seit Jahrzehnten ein weltmarktbeherrschendes (informelles, aber effektives) Kartell bilden und die Gesetzgebung maßgeblich gestalten. Hier ist die Kritik von Seliger (Verlängerung der Schutzfristen, miserable Vertragskonditionen für die Interpreten) im Kern berechtigt.

    Allerdings macht er dabei den Standardfehler und wirft die GEMA mit den Majors in einen Topf. Dabei gibt es gravierende prinzipielle Unterschiede zwischen einer kollektiven Rechtewahrnehmungsgesellschaft und kommerziellen Rechteverwertern. Weil die Urheber durch ihren Verein GEMA eine (im Vergleich zu den Interpreten, die individuell mit Labels/Produzenten verhandeln müssen) über eine effektive kollektive Rechtevertretung verfügen, versuchen die Musikkonzerne (obwohl sie selbst als Besitzer von Musikverlagen profitieren), die Rechte der Urheber zu beschneiden. Da werden dann zum Beispiel von Sony Music und der Universal Music Group Videos bei VEVO/YouTube gesperrt und die Schuld der GEMA gegeben, um so Druck bei den Verhandlungen über die Lizenzierung der von der GEMA wahrgenommenen Rechte zu machen.

    Zu „unabhängigen“ Labels und ihrem Verhältnis zu den Künstlern: Eine Verteilung 50 zu 50 „nach Abzug der Kosten“ klingt ja erstmal ganz toll, aber schaut man genauer hin, dann kommt es darauf an, wie die Kosten definiert werden und was am Ende tatsächlich für die Interpreten übrig bleibt. Vielleicht haben sich die Verhältnisse in den letzten Jahren dramatisch verändert, aber nach meinen Erfahrungen aus den 70er, 80er und 90er Jahren waren kleine Labels von ihren Vertriebspartnern abhängig und verdienten so wenig, dass sie den Künstlern kaum etwas zahlen konnten, selbst wenn sie wollten. Jedenfalls wechselten die allermeisten Interpreten sofort zu einem „bösen“ Major, wenn sich die Chance bot (BAP und Fehlfarben zum Beispiel zu EMI). Oder sie waren so schlau wie die Toten Hosen, machten ein eigenes Label auf und vergaben die Vertriebsrechte zeitlich befristet an einen Konzern.

    Zu den File-Sharing-Studien: Ganz so eindeutig, wie dargestellt, ist die Lage nicht (vgl. CAMMAERTS / MENG 2011 http://www.scribd.com/doc/51217629/LSE-MPPbrief1-creative-destruction-and-copyright-protection).

    „Das Kernproblem besteht darin, dass die Produktion interessanter neuer Inhalte ohne eine Lösung des oben genannten Interessenkonflikts zunehmend gefährdet ist.“

    Die Produktion ist gefährdet? Ist nicht eher das Gegenteil der Fall: Es wird viel zu viel produziert? Wird der Markt nicht überschwemmt? Gefährdet sind in erster Linie die herkömmlichen Verwertungsmodelle (der globalen Konzerne, die mit „Millioneninvestitionen“ ganz tolle Sachen und jede Menge Dreck in den Markt drücken). Richtig ist aber, dass sich neue Geschäftsmodelle ohne einen effektiven Schutz der Urheber- und Leistungsschutzrechte nicht (oder nur sehr schwer) entwickeln können. Mindestens genauso wichtig sind aber effektive Filter, die die Gatekeeper-Funktion übernehmen, die früher zum Beispiel Radio & TV hatten.

    „Aber jeder, der heutzutage erwägt in junge Musiker zu investieren, jeder der darüber nachdenkt, den Job aufzugeben um sich der Musik mit aller Kraft und Energie zu widmen – in meiner Welt fast immer eine Voraussetzung für Weiterentwicklung und herausragende Ergebnisse – jeder, der versucht die Finanzierung für einen etwas ungewöhnlichen oder bahnbrechenden Film zusammenzubekommen und Augen, Ohren und ein Hirn dazwischen hat, weiß, dass hier massive Probleme entstanden sind, die wir lösen müssen.“

    War das früher anders? Waren die Erfolgschancen (für Musiker, für Labels, für Musikverlage) früher tatsächlich größer als heute? Wird heute weniger Musik als früher veröffentlicht? Platzieren sich heute pro Jahr mehr oder weniger Interpreten in den Charts?

    Angesichts des Booms der sich selbst als „unabhängig“ einstufenden Labels, die zum Beispiel in Amerika für sich einen Marktanteil von 30 Prozent reklamieren, und der noch immer zweistelligen Umsatzrenditen der globalen Musikkonzerne erscheinen mir die von Gorny & Co. verbreiteten Horrorszenarien reichlich übertrieben: Selbst wenn die bösen, bösen monopolistischen Internet- und Technolgiekonzerne in ihre Portokassen greifen und UMG, SME, WMG und EMI kaufen, wird weiter Musik produziert werden.

  26. 26
    bee

    neulich verkündete mir mein neuer freund ganz stolz und freudig, dass er sich die von mir empfohlenen alben meiner lieblingsbands heruntergeladen hat. „die sind echt gut!“, sagte er. ich fragte ihn, ob er denn nicht dafür zahlen wolle. „eher würde sie wieder löschen als dafür zu bezahlen.“, sagte er. daraufhin habe ich mich von ihm getrennt. das hat mit geld und urheberrecht erstmal wenig zu tun, sondern mit respekt.

    ich geh doch auch nicht beim obsthändler klauen, nur weil die leckeren äpfel draussen auf der strasse stehen. erst recht nicht mit der begründung, dass die apfelbaumzüchter ja ohnehin nichts daran verdienen sondern die bösen händler und zwischenhändler sich daran bereichern. entweder ich kaufe die äpfel, ich baue selber welche an oder ich esse eben keine. ja ja, so vergleiche hinken eh, aber trotzdem..

    »wer Filme herunterlädt, geht öfter ins Kino«, an dieser stelle musste ich tatsächlich laut lachen. buy one, get ten free? :)

  27. 27

    @T30:

    Also wenn du dich schon als wissenschaftler siehst, dann sollte dir klar sein, dass Urheberrecht keine Informationen schützt, sondern kreative Leistungen. Der Informationsbegriff in der Wissenschaft ist zwar heikel, aber wir können uns alle darauf einigen, dass Informationen falsch, richtig, irreführend, unvollständig oder belanglos sind.

    Urheberrecht und Leistungsschutzrecht schützt dagegen eine kreative LEistung, also eine ausgestaltung eines Textes.

    Das hat ungefähr soviel miteinander zu tun wie Syntax mit Semantik. es rhut zwar beides innerhalb der Sprache, sind aber komplett unterschiedliche dimensionen. Soviel sollte ein Wissenschaftler schon durchdrungen haben. Den Rest deiner Einalssungen finde ich dafür ehrlich gesagt ziemlich schwach.

    @MArkus:
    Nun gut, wir haben mittlerweile verstanden, dass du dich von Mark Chung in einem irgendeinem Diskussionsforum blöde angegangen fühltest. Hast du jetzt noch was ZUM THEMA zu melden?

    @Joohnny Hauesler: Schön, das Spreeblick hier mal die Eier hat, eine für die Netzöffentlichkeit abweichende Meinung zu veröffentlichen. Geschieht sehr selten, da schwimmt sehr viel im eigenen Saft. Auch wenn der Text von Chung sehr lang ist, so hat seine Argumentation trotzdem eine gewisse qualität. Das kann man von Seligers flacher Polemik leider kaum behaupten.

    @Peter: +1. So eine Einsicht ist selten.

    @Pyrolator: You are not alone.

  28. 28
    arne

    ob herr chung, herr seliger oder herr beckedahl sich mögen oder wer am ende recht hat, wer geld vom wem bekommt und wer wo pr plaziert, ist mir erst mal latte. schön finde ich die diskussion über neue verwertungsmodelle. die treibt mich auch schon länger um. t30 hat es etwas überspitzt, aber im prinzip hat er recht. wissenschaft und kunst ging in der vergangenheit nie ohne gönner. plato und archimedes, kelvin, bach, michelangelo, dante und shakespeare. zumindest bezahlen wir jetzt die griechen nachträglich für die basis unseres staatswesens . und auch heute braucht es geld. hartzIV, aufstocken, subventionen, grundeinkommen, kulturflatrate, finanzierung aus eigener kraft über umsätze. selbst als bwler muss ich sagen, dass das argument, was sich nicht verkauft auch nicht produziert werden soll, etwas dümmlich ist. erstens fehlt diese transparenz und was t30 nicht mag, mag vielleicht t40. was dabei raus kommt, wenn das produziert wird, was sich verkauft, kann man im fernsehen bestaunen. und trotzdem will ich, dass t30 weiter rumforscht. der wird ja auch von uns bezahlt. entweder über steuern oder über produktverkäufe, die sich auf seine grundlagenforschung stützen. labels, promoter, publisher, content provider und netzbetreiber etc. sind dienstleister, die der künstler nutzen kann, nicht muss. jetzt haben wir die ganze tolle technik und sind am jammern, dass es immer mehr leute gibt, die immer mehr musik hören, dabei aber immer weniger geld rumkommt. das internet eliminiert handelsstufen, es fügt keine neuen futternäpfe hinzu. der hörer entscheidet, nicht google. mit google werde ich nicht verhandeln. es muss möglich sein, als künstler mit den neuen möglichkeiten viel mehr zu erreichen. und die gema ist für mich auch nicht nützlich, meine songs sind nicht auf tonträgern, nicht im fernsehen und nicht im radio. das gema-all-or-nothin-lizenzmodell ist auch nicht mehr zeitgemäß. ich will selbst entscheiden, welche rechte für welche titel die für mich wahrnehmen sollen (besser: managen im sinne von vermarkten), kann ich aber nicht. viele dienstleister werden gehen müssen, wie die tante emma läden in den 70ern.
    wenn du ein totes pferd reitest, steig ab.
    wie könnte der neue gaul aussehen?

  29. 29
    boRp

    Mein Cent dazu ist, dass das „neue Geschäftsmodell“, dass alle suchen, Künstler- statt Label-/Verlag-/Verwertungsorientiert ist. Künstler schreibt Lied, Künstler [bezahlt einen Produzenten, mietet sich ein Studio und] nimmt sein Lied auf, Künstler [engagiert eine Werbeagentur/Plattenlabel/Whatever; dieses] vermarktet das Lied. Und ja, für sehr erfolgreiche Künstler ist youtube eine ausreichende Einnahmenquelle. Und die nicht sehr sondern nur ein wenig erfolgreichen Künstler werden weiterhin mehr Konzerte in kleinen Hallen spielen müssen, um von ihrer Kunst zu leben – so wie das schon immer war.

    Als Berliner wird mir natürlich die Musikindustrie á la 20. Jahrhundert fehlen. Wie schön waren noch die Tage, an denen man eine ganze Popkomm lang umsonst gegessen und getrunken hat, finanziert von den CD-Käufern. Wie schön ist es jetzt noch, dass man immer mal wieder große Kunst für umme sieht, weil halt n Kumpel bei Label XY arbeitet… Ein Label, dass ob des geschäftlichen Erfolges seinen Mitarbeitern zu Weihnachten einen €250-Gutschein für ein großes Warenhaus schenkte. Bei meiner Arbeit gab’s Schnitzel…

    Zur Politik: Die einen schnorcheln die Daten selber, die anderen wollen sie durch die Kriminalitätsbekämpfer abschnorcheln lassen… muss ich da sagen, wen ich besser finde? Nur zur Sicherheit: Es ist die Lösung, bei der die Polizei gegen Verbrecher ermittelt und sie jagt; nicht die, bei der ich unter Kinderpornoverdacht meine gesamten Bewegungsdaten von den wohl inkompetentesten Datenverwaltern des Landes speichern lasse.

    Geehrter Herr Chung, Sie sehen: Ich teile Ihre Meinung höchstens bedingt. Aber ich habe die größte Hochachtung, dass hier endlich eine Debatte auf Augenhöhe zwischen Usern und Labels angestoßen wird. Das ist seitens der „Netzgemeinde“ immernoch der größte Stein des Anstoßes: Statt einer direkten Ansprache wird geurteilt. Kein Wunder, dass „wir“ lieber auf Google hören, die unser Netz so gestalten wollen wie wir auch, statt auf die CDU, die am liebsten das Netz depubliziert sähe.

    Die wenigsten Künstler machen es für’s Geld. Nur die Profis, geschätzte 0,5% aller Musiker. Und genau deshalb wird die Kunst weiterbestehen, egal, wie dieser Konflikt hier ausgeht. Ich fände es nur persönlich angenehm, wenn ich in diesem Konflikt nicht – „hart aber gerecht“ – im Knast lande…

    Ein jeder sei herzlich eingeladen, mir zu widersprechen.

    -boRp

    so, jetzt aber los los Studien en masse lesen ;)

  30. 30

    Schön wie Chung Seligers Rant auseinandernimmt. Und auch schön zu sehen, wie in den Comments die klassischen Beissreflexe auftreten. Chung als Vertreter der „Industrie“ (auch wenn er bei keinem Major ist, aber er ist ja offensichtlich ein Labelmann und kein Künstler), der doch gefälligst Lösungen finden soll, anstatt offene Briefe zu schreiben. Aber niemand sagt Seliger, das er doch mal gefälligst recherchieren sollte, wenn er so einen allumfassenden Artikel schreibt (oder meint, den zu schreiben).

    Damit sind wir dann endgültig beim so gern zitierten, klassischen Bildzeitungs-Leser angekommen: Wenn du schreibst was mir gefällt, dann hast du Recht. Wenn du das kritisierst, dann mach doch bitte mal was ordentliches oder mach es doch besser. Ehrlich, reaktionärer als „hat hier die Zeit offene Briefe zu schreiben“ geht ja wohl gar nicht mehr. Als wenn man sich als Mensch, der im administrativen Teil der Musikindustrie arbeitet (und ja, stellt euch mal vor, Künstler haben keinen Bock auf diese ganze Lizensierungsscheisse), es gefälligst gefallen lassen muss, sich andauernd mit Scheisse bewerfen zu lassen. Und wenn man dann sogar argumentativ die Scheisse zurückschlägt, dann heisst es, was einem denn bitte schön einfällt, jetzt auch noch substantiell zu antworten!

    Ihr seid wirklich unglaublich bigott.

    Ich unterschreibe wirklich nicht alles, was Chung hier schreibt, aber deswegen lass ich mich noch lange nicht von Seliger vor den Karren spannen. Seit Jahren versuche ich in dieser anstrengenden Diskussion eine Position zu finden und das ist nicht leicht. Weil ich eben auch die Seite als Künstler kenne (und auch wenn ich kein aktiver Musiker mehr bin, im Sinne von verdienen durch Musik, habe ich viele Freunde die versuchen, von der Musik zu leben – die meisten mehr schlecht als recht, aber nur ein Bruchteil davon „leidet“ unter illegalen Downloads). Und da habe ich von einigen Urheberrecht-„Gegnern“ schon oft genug das Argument: „Man soll kreativ sein, weil man es will, nicht um damit Geld zu verdienen!“ gehört. Brrrrr. Das ist die Standardantwort, wenn man versucht zu erklären, das nicht jeder Musiker gleich auf Tournee gehen und T-Shirts verkaufen kann oder will. Das haut irgendwie alles nicht hin.

    Die Musikindustrie hat unglaublich viele Fehler in den letzten Jahren gemacht. Und sind dafür, zu Recht, ordentlich auf die Fresse gefallen. Das die Dekadenz der Jahrzehnte zuvor (ich spreche hier hauptsächlich von Majors!) nicht aufrecht zu halten sein würde, war abzusehen. Nur die wollten das nicht wahr haben. Bäng, da ham sie den Salat.

    Aber das die Netzgemeinde, zu der ich mich ja auch irgendwie zähle, sich jetzt hinstellt und auch den Künstler bevormunden will – natürlich nur zu seinem Besten – das stinkt mir irgendwie auch.

    Gut, ich habe in diesem Kommentar ebenfalls keinen einzigen Lösungsvorschlag, weil ich noch keine Lösung für das Problem hab. Aber ich weiss, das wir irgendwie versuchen sollten einen Dialog zu führen und an einem Strang zu ziehen, anstatt uns immer den gleichen Dreck gegenseitig vorzuwerfen, dann könnte auch mal etwas Bewegung in die ganze Diskussion kommen. Tim Renner fällt mir da als Beispiel ein für jemanden, der beide Seiten gut kennt und jetzt versucht, da irgendwie Brücken zu schlagen. Deswegen muss ich nicht mit allem einverstanden sein, was er sagt. Aber ich sehe da einen deutlich konstruktiveren Ansatz, als bei Seliger.

    Das Chungs offener Brief kein konstruktives Lösungswerk ist – geschenkt. Man muss halt manchmal auch aus vollen Rohren zurückfeuern, wenn einer so viel Zeug unbesehen nachplappert. Insofern: Seliger pwned. ;)

  31. 31

    UPDATE: Hier ist eine Literaturliste für alle Interessierten, ich schätze, der öffentliche Weg ist der einfachste, über Ergänzungen freuen wir uns!

  32. 32

    @boRp:
    „Und ja, für sehr erfolgreiche Künstler ist youtube eine ausreichende Einnahmenquelle“

    *kicher*

    Quelle?

    Gruß,

    Stefan

  33. 33
    arne

    @johnny

    stichwort piratenpartei. eine interessante bewegung, ohne frage. habe ich mir neulich bei einem parteitag einmal aus der nähe angesehen und auch mit einem bundesvorstandsmitglied gesprochen. thema urheberrecht und gema war von einer geradezu unglaublichen ahnungslosigkeit und auch dreistheit der piraten geprägt, s.a. website und programm der piraten. ich habe es so verstanden: information soll frei, also kostenlos sein, da die gesellschaft ja bereits für schule und studium bezahlt. auf die nachfrage hin, wie wir in einer geldbasierten wirtschaft dann unsere wissenschaftler, künstler oder alle wissensarbeiter bezahlen wollen, keine antworten. muss erarbeitet werden, in arbeitsgruppen. oh, well. da gibt es leute bei den piraten die das bge wollen, andere wieder nicht. alles noch etwas halbgar. obwohl ich sagen muss, dass sie frischen wind bringen. altmaier twittert jetzt. ist das der fortschritt?

  34. 34
    Björn Grau

    Es ist auf den ersten Blick mehr als redlich, wie Chung mit riesigen Belegmengen die Thesen von Seliger zu Profit oder Schaden der Digitalisierung zu widerlegen versucht. Und ohne tagelanges Nachlesen dieser Belege ist es unendlich schwer zu entscheiden, welche der von beiden Seiten angeführten Statistiken jetzt von wem gefälscht wurde.

    Aber am Ende ist Chungs Brief mindestens so einseitig interessensgeleitet wie der Artikel von Seliger. Das zeigt sich daran, dass Chung trotz der immensen Länge seines Briefs eben nicht auf alle wichtigen Argumente Seligers eingeht.

    Er verhält sich nicht zu der Frage der Schutzfristverkürzung. Hier geht es weniger um Statistiken, sondern um die politisch-philosophische Frage, wer wie lang warum das Recht haben kann und soll, die Verbreitung von Kunst/Information/Wissen zu kontrollieren. Braucht es die Kontrolle fürs Geldverdienen? Muss das Kontrollrecht ein Erbrecht sein für die Urenkel der Urheber? (70 Jahre nach dem Tod des Autors?) Etc. pp. Interessiert offenbar nicht.

    Auch die Replik auf Seligers Vorwürfe, er sei für Leistungsschutzrechte und ähnliches ist denkbar dürftig. Ist Chung das? Warum? Mir fehlt die Antwort.

    Einerseits sich beschweren, dass Google Unwahrheiten über das Verhältnis Musiker-Musikindustrie verbreitet. Andererseits pauschal behaupten, Google wolle kostenlos an die Werke der Künstler, um damit fett Kohle zu machen, während Google (nach zähen Kämpfen) in anderen Ländern sehr wohl (zu geringe?) Vergütungen zahlt. Da gäbe es noch genug zu kritisieren, würde er differenziert argumentieren. Macht er aber nicht, lieber wird pauschaler Quatsch behauptet. Ist auch nicht die feine Art.

    Klar kann ein Lobbyist mit solchen Mitteln kämpfen. Passt ja auch zu den letzens öffentlich gewordenen Mails von VUT-Leuten, die versuchen, bei den Grünen die Netzpolitiker auszubremsen: http://pastebin.com/ChRWCms4 Auch dort übrigens reichlich Unhöflichkeiten gegen Markus Beckedahl oder auch Jeanette Hofmann und Till Kreutzer. Den anderen immer erstmal vorwerfen gekauft zu sein (Was gerade diese anderen im Gegenzug nicht machen), auch so eine eklige Unart.

    Vielleicht hilft es ja doch irgendwie, den wichtigen Fragen auszuweichen und nur da draufzuhauen, wo der Gegner Schwächen hat. Glaube ich aber nicht. Wenn es Chung und VUT wirklich auch um eine moderne, urheberfreundliche Ausrichtung eines Immaterialgüterrechts geht, wäre ein umfassendes Ernstnehmen der Kritiker wesentlich hilfreicher als der mit Nebelkerzen arbeitende Rant-Modus.

  35. 35

    @Björn Grau:

    „Vielleicht hilft es ja doch irgendwie, den wichtigen Fragen auszuweichen und nur da draufzuhauen, wo der Gegner Schwächen hat.“

    Was für ein bemerkenswerter Rabulismus! Weil genau das nämlich ihre Verfahrensweise ist. Sie schiffen zielsicher um alle Argumente Chungs herum, nehmen sich dann die zehn % des Textes die sie unzureichend belegt sehen und schließen dann daraus, dass dort „pauschaler Quatsch“ behauptet wird. Das projezieren sie dann zurück auf den gesamten Text.

    Es wäre legitim, hier weiterführende Informationen zu verlangen. Aber die wollen sie garnicht sehen. Anstattdessen hören Sie lieber auf die deutlich extrem pauschalisierten Argumente der Gegenseite.

    Das hat mit einem irgendwie gearteten konstrukitven Diskurs absolut nichts mehr zu tun. Darüber hinaus noch eine kleine Anmerkung: anderen Personen vorzuwerfen, gekauft zu sein ist keine „eklige Unart“, wenn sich die Vorwürfe doch als stichhaltig erweisen sollten.

    Aber es gibt Leute, die Transparenz nur dann gut finden, wenn es ihr Lager nicht betrifft.

    Wie gesagt, was für ein bemerkenswerter Rabulismus!

  36. 36
    Lukas Schneider

    @#795544:
    Schön, dass du nochmal auf die eklige Unart hinweist interne Mailinglisten zu veröffentlichen und sich noch nicht einmal dazu zu bekennen…
    Wie auch immer….
    Ich glaube nicht, dass ich Markus „beleidigt“ habe indem ich seine Aussagen, die er als bekennender Lobbyist trifft, als tendenziös bezeichnet habe. Wenn das nicht so wäre, würde er seinen verdammten Job nicht machen. Den er auch bitte machen soll, denn – sehen wir mal von meinen Differenzen mit ihm, das Urheberrecht betreffend ab – setzt er sich ja auch für gute Sachen ein. Open Data, Netzneutralität, Transparenz um nur einige zu nennen.

  37. 37

    @#795544: Lieber Björn Grau, Du beziehst Dich auf einen Text von mir und zwar den unten nochmals Folgenden, der von mir unterschrieben wurde mit voller Signatur, damit von jedem Beteiligten eindeutig zuzuordnen ist wer ihn geschrieben hat.

    Der-, oder sollte ich besser Diejenige sagen, die den Text dann geleakt hat, hatte entweder den Mut oder das Wissen nicht, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten, Antworten an denen nicht nur ich interessiert bin und auf die nicht nur ich warte.

    Ich habe manchmal den Eindruck, dass über solche Taschenspielertricks eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den beispielhaft aufgeworfenen Problemen bewusst vermieden werden soll.

    Dann noch einige Fragen zu Deinem Kommentar:

    Frage 1: An welcher Stelle war ich unhöflich?
    Frage 2: An welcher Stelle sind die von Dir zitierten Unhöflichkeiten gegen einzelne Personen zu finden?
    Frage 3: An welcher Stelle behaupte ich, dass jemand gekauft ist?
    Frage 4: Nenne mir eine Frage (!), die ich in dem Text aufwerfe, die unlauter ist oder von der Du denkst, dass wir sie als gesamte Gesellschaft NICHT zu beantworten hätten.
    Frage 5: Wo ist Deine substantielle Kritik, mit der wir uns auseinandersetzen könnten?

    Die einzige von Dir aufgeworfene Frage, die ich erkennen kann ist die nach der Länge von Schutzfristen.

    Die Länge von Schutzfristen hängt direkt davon ab, wie wir als (in einer Marktwirtschaft organisierten) Gesellschaft die in meiner Mail aufgeführten ethisch-moralischen Fragen beantworten, die zusammenfassend dargestellt lauten:

    Geben wir Künstlern Raum und Zeit, ihre Ideen zu entwickeln und von den Resultaten eventuell (z.B. wenn viele Leute seine Ideen mögen, nutzen und weiterverbreiten) zu leben oder nicht?

    Wenn wir ihnen Raum und Zeit geben wollen, dann müssen sie wenigstens die Möglichkeit haben, von dem zu Leben was sie erschaffen. Dann gilt es das System des Urheberrechts anzupassen an die Bedürfnisse der modernen Zeit, aber nicht mehr, seine Funktionalität grundsätzlich in Frage zu stellen. Dann gilt es auch, die Erfahrungen derjeinigen einzubeziehen, die dieses Recht bisher anwenden. Dann gilt es, ein Recht zu entwickeln, das wenn nötig auch durchsetzbar ist, vor Allem auch für den einzelnen Künstler.

    Wir befinden uns bezüglich dieser Fragen mitten im Diskussionsprozess, in dem die wirklich wichtigen Argumente leider viel zu selten auf den Tisch kommen. So drehen wir uns in dieser Thematik im Kreis. Solange das so ist, hat es keinen Sinn, über konkrete Schutzlängen zu sprechen.

    Wenn wir als Gesellschaft uns aber dafür entscheiden, dass wir weiterhin lebbare Schutzfristen festsetzen, was ich natürlich prinzipiell befürworte, weil wir eben in einer Marktwirtschaft leben, von deren Zwängen auch die Künstler nicht ausgenommen sind, dann muss definiert sein, was und wer geschützt ist und wie aus dem Schutzversprechen auch ein reales Schutzschild werden kann.

    Nur um das klarzustellen: wir reden hier über die Existenzgrundlage von Künstlern, nicht über goldene Türklinken.

    Hier nochmal der Text:
    Derweil die Piraten noch über Freiheit des Netzes und Teilhabe reden, ziehen ein paar (amerikanische) Konzerne mit genau dem gleichen Argument auf der Überholspur an jeglichen demokratischen Errungenschaften vorbei: Informationelle Selbstbestimmung, Recht auf Privatheit, Recht auf Gleichbehandlung, Persönlichkeits- und Urheberrechte, Informationsfreiheit etc.
    >>
    Was wir im Netz eigentlich brauchen ist doch vielmehr Orientierung, Grundregeln des Umgangs miteinander und eine Antwort darauf, wo die Grenze zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, Kommerz und Gemeinschaft zu ziehen ist – und zwar für uns alle – nicht für eine Teilöffentlichkeit.
    >>
    >> Viele der Themen sind in anderem Zusammenhang doch von den Grünen bereits vor 20 Jahren und bis heute benannt worden, natürlich teils durch die Erfahrung der politischen und gesellschaftlichen Realität abgeschwächt oder relativiert – aber das ist doch auch gut so, es geht ja nicht darum, allen grüne Politik aufzuzwingen, aber doch den Konsens in der Gesellschaft zu finden, der die Republik so grün wie möglich macht.
    >>
    >> Ich glaube, dass einige der THEMEN der Piraten richtig sind, aber die (bisherigen) LÖSUNGSWEGE nicht gesamtgesellschaftlich gedacht sind, sondern aus dem Blickwinkel eines Teils eines Teils der Gesellschaft, der Piraten eben (nur weil man digital native ist und sich mit dem Internet beschäftigt, ist man noch lange kein Pirat).
    >>
    >> Diese Themen ernst- und aufzunehmen, aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und für alle funktionierende Lösungen zu finden ist die Aufgabe der erfahreneren Partei(en), die sich m.E. aber nicht durch eine Debatte auf einer Mailingliste erschöpfend erledigen lässt. Den grünen Aspekt an den Themen herauszuarbeiten ist Aufgabe der Grünen. Der Gesichtspunkt der „Grünen Nachhaltigkeit“ lässt sich hier meines Erachtens wunderbar platzieren und ist bisher im Meinungskanon nicht hinreichend berücksichtigt worden.

    Ein Beispiel: die Frage nach dem Grundeinkommen wäre doch auch Grün zu beantworten, wenn man schmerzhafte Fragen diese schöne Idee betreffend anspricht und Lösungsvorschläge erarbeitet: macht es wirklich Sinn, ein ausgeklügeltes, wenn auch im Detail manchmal ungerechtes Solidarprinzip auszuhebeln und alle – monetär – gleich zu behandeln? Behandelt man dann wirklich alle gerechter? Gäbe es nicht auch in diesem System Verlierer? Was ist mit den Wehrlosen und Kranken, den Arbeitsunfähigen und schlecht Ausgebildeten, die nun mal mehr Geld und Hilfe brauchen als die Gesunden und gut Ausgebildeten? Wie liesse sich im System Grundeinkommen diese Ungerechtigkeit beseitigen? Beim Grundeinkommen geht es um ein System, dass kurzfristig Druck von den Schultern der „Arbeitsfähigen Bevölkerung“ nimmt, aber was passiert mit der nicht arbeitsfähigen Bevölkerung? Ist das Konzept nachhaltig? Lassen wir die ganzen Integrations- und Bildungsversuche fahren, weil ja alle mit 900€ grundversorgt sind, bzw. wie kann man die Idee ergänzen um weitere Aspekte, die bisher nicht berücksichtigt wurden?

    Wie steht es mit Antworten auf die schöne Idee des freien Zugangs zu Informationen bei den Grünen? Die Frage ist: wie weit reicht diese Idee? Ist sie nachhaltig? Können wir als Gesellschaft uns das leisten? Und wenn freier Zugang zu Wissenschaft und Kultur und allen staatlichen Vorgängen und Informationen gegeben wird, wie weit ist es dann dahin, dass jegliche Information, die bisher als Leistung angeboten wird, frei sein muss? Anwaltliche Beratung? Managertätigkeit? Journalismus? Erfindertum? Telefonauskunft? Politiker? Lehrer?

    >> Immerhin geht wie bei einer Kopie einer Datei bei keiner dieser Tätigkeiten die ursprüngliche Information/das urspüngliche Wissen verloren, kostet doch den Auskunftsgeber/Akteur nichts – oder doch?

    >> Gibt es einen Unterschied zwischen professionellen Angeboten/Informationen/Werken und Amateur Angeboten/Informationen/Werken? Wie gehen wir im Internet damit um? Wie vergüten wir den zeitlichen Einsatz, der geleistet werden musste, um einen inhaltlichen Wert zu erschaffen, den wir dort umsonst nutzen? Ja, Wissen gehört uns allen, aber manche Menschen nutzen ihre Zeit, um das Wissen aufzunehmen und weiterzuentwickeln, tragen etwas bei, andere be-nutzen es nur. Das ist doch ein Unterschied, der auch mit geleistetem Zeitaufwand, Erfahrungen und dem Vermögen und Drang einen neuen Zusammenhang zu finden, denken und erschaffen zu tun hat!

    >> Und wie reagieren wir auf die Trittbrettfahrer des Freien Zugangs? Die Datensammler und Onlinewerber, die Webspaceverkäufer und Dropboxvermieter? Nicht zuletzt befinden sich wegen des Freien Zugangs zu geheimen Dokumenten, den Wikileaks geschaffen hat, gerade mehrere 100 Personen (Whistleblower) in Lebensgefahr.

    >> Alles bisher nicht beantwortete Fragen auf das Thema „Freier Zugang“.
    >>
    >> Die Piraten werden die neue FDP. Sie wollen für sich persönlich so viel Freiheit und Zugang wie möglich, dafür darf die Gesellschaft dann auch gerne mal zahlen, wahlweise werden auch ganze Berufszweige dem persönlichen Vorteil, der Bequemlichkeit des Augenblicks geopfert oder eben mal eine neue Zwangsabgabe (jeder zahlt 23€ im Monat für die UBahn) eingeführt. Langfristig könnten solche kurzfristigen positiven Effekte sich in einen negativen Effekt verwandeln, siehe Garrett Hardings Essay „Die Tragik der Allmende“, das sollte man zumindest in die Überlegungen einbeziehen.*
    >>
    >> Die Piratenthemen gehen in der Tat weit über den Kontext Netzpolitik hinaus, sie betreffen alle Bereiche der Gesellschaft, auch Offline! Als Grüne sollte man solche Themen ganz und gar nicht den Piraten überlassen, sondern aus der Vielfalt der Grünen Meinungen die Kraft schöpfen, eine interne und später externe Debatte anzustrengen und Lösungen für die benannten Themen zu finden, die vielleicht auch für eine ganze Gesellschaft funktionieren können.

    >> Wenn Bärbel Höhn Internet „schaut“, finde ich das übrigens interessanter als wenn sie „nur“ surfen würde;-) Und Renate Künasts Wahlplakate waren wirklich eigenartig. Die waren im wahrsten Sinne des Wortes nicht grün (sondern grau, ich habs gesehen)
    >>
    >>
    >> * Garrett Hardin zufolge werde, wenn eine Ressource uneingeschränkt allen Menschen zur Verfügung steht, jeder versuchen, für sich so viel Ertrag wie möglich zu erwirtschaften. Das funktioniere, solange nur so viele Menschen das Gut (etwa eine Weide, auf der Hirten ihr Vieh grasen lassen) ausbeuten, dass das Gut nicht erschöpft wird. Sobald jedoch die Zahl der Nutzer über ein bestimmtes Maß hinaus ansteigt, greife die Tragik der Allmende: Jeder versuche nach wie vor, seinen Gewinn zu maximieren. Nun reiche das Gut aber nicht mehr für alle. Die Kosten, die durch den Raubbau entstünden, trage die Gemeinschaft. Für den Einzelnen sei der augenblickliche Gewinn wesentlich höher als die erst langfristig spürbaren Kosten. Doch letztlich trage jeder sowohl zum eigenen als auch zum Ruin der Gemeinschaft bei (“freedom in the commons brings ruin to all”)[6], so Hardins Schlussfolgerung.
    >>
    >> Hier der gesamte Artikel dazu: http://www.sciencemag.org/content/162/3859/1243.full
    >>
    >> Beste Grüße,
    >>
    >> Eva Kiltz

    Eva Kiltz
    >> Geschäftsführung
    >> VUT – Verband unabhängiger Musikunternehmen e.V.
    >>
    >>
    >> !Neu! VUT Rechtsberatung: Montag – Freitag von 17h – 18h: Telefon: 030/200057475 !Neu!
    >>
    >> VUT is a member of IMPALA (www.impalasite.org)
    >>

  38. 38
    Björn Grau

    @#795547: Ich lasse offen, ob Chungs oder Seligers Sichtweise auf die Downloads passender ist und weise dann darauf hin, dass Chung nur auf 1,5 (Downloads und seine eigene Haltung) von mindestens vier Punkten aus dem Seliger-Artikel eingeht und damit die für ihn kritischen Punkte geschickt umschifft.
    Wenn es einem wirklich an einem offenen Austausch glegen ist und an einer Reform, wünsche ich mir mehr Aufeinanderzugehen statt Gerante und argumentatives Versteckspiel. Stellungskriege funktionieren nicht. Und Stellungskriege hinter „Wir würden ja gern auf die anderen zugehen, aber…“ zu verstecken, hilft auch nicht.

    In Absatz vier meines Kommentars frage ich ansonsten beispielhaft nach weiterführenden Informationen.

    Ich sehe in dem ganzen Fall drei Akteure (die untereinander durchaus Schnittmengen haben können) und einen Strukturwandel. Urheber, Nutzer und Vermittler (alt wie neu) und den Umstand, dass die Rolle der alten Werkmittler strukturell schwächer wird. Das führt dazu dass alte Werkmittler auf neue Werkmittler eindreschen und neue Werkmittler ihre Geschäftsinteressen als Nutzerinteressen tarnen. Und beide Seiten werfen sich vor, Urheber und Nutzer zu vereinnahmen und kaufen.

    Herzlichen Glückwunsch.

  39. 39
    Björn Grau

    @#795550: Liebe Eva,

    Zur Intention der oder des Leakenden kann ich nichts sagen. Ich bin nicht bei den Grünen Parteimitglied oder assoziiert und kenne Euren Mailverkehr durch Twitter.

    Zu Deinen Fragen 1 und 2: Das bezieht sich auf die ebenfalls dokumentierte Mail von Lukas, nicht auf Dich. Ich störe mich an „tendenziöse Berichterstattung“ und lese das auch im Kontext von öffentlichen Äußerungen von Lukas, die ebenfalls gern auf Angriff gebürstet sind.

    Zur Frage 3: Du behauptest das nicht. Das klingt in Chungs Brief mit und wird von Stefan Herwig in seiner Replik auf mich hier im Kommentarthread bestätigt. Der entsprechende Absatz in meinem Kommentar ist wohl etwas zu verkürzt, als das das klar wird, dass ich da schon wieder auf Chung eingehe. Mein Fehler.

    Frage 4: „Unlauter“ habe ich als Wort nicht gebraucht. Noch nicht mal für Chungs Brief.
    Problematisch an Deiner Mail finde ich aber Punkte wie die meiner Meinung nach reichlich verkürzte Frage, wie schnell freier Zugang zu Wissen zu einem Zwang, Wissensvermittlung frei anzubieten führe. Erstens werden hier Freiheit und Umsonstmentalität unnötig nahe gebracht, zweitens gibt es gerade durch den freien Zugang ein derartiges Überangebot, dass Wissensvermittlung, die Wissen vertrauensvoll und nützlich vorsortiert, eher kostbarer macht. Auch Dienste wie Dropbox als „Trittbrettfahrer“ zu marginalisieren ist wenig hilfreich. Für derlei Dienste gibt es unzählige spannende Nutzungsmöglichkeiten, die null und gar nichts mit Fragen der Vergütung professioneller Künstler zu tun haben. Und Wikileaks undifferenziert als lebensbedrohliche Gefahr für Whistleblower hinzustellen, ist bei aller ernsten Problematik, die der Kleinkrieg ziwschen Julian und Daniel mit sich brachte, eben dann doch die pechschwarz angemalte Spitze auf eine Kiste kritische Fragen, die alle im Grunde ihre Berechtigung haben, durch Verkürzungen und Pauschalisierungen aber doch zum Schwarzmalen neigen. Nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem ersten Absatz Deiner Mail, den Du oben leider nicht mitdokumentierst:

    Also wirklich –
    >>
    >> da melden sich ein paar junge Männer – zugegeben mit einem eindrucksvollen Wahlergebnis – zu Wort, Mitte 20, die die Welt verbessern wollen und alles, was einem als Student so zur Weltverbesserung einfällt, in ein Parteiprogramm fliessen lassen. Dabei dreht sich alles um den romantischen Wunsch: alle sollen alles haben, jeder soll mitreden dürfen (sofern er einen Internetzugang hat jedenfalls), keiner ist der Chef und das Netz kann alles das liefern. Hört sich für mich nach Antiautortärer Erziehung an, so neu ist das doch alles gar nicht.“

    Da schwingt für mich schon ein wenig Geringschätzung mit, die dann auch auf diejenigen zurückfällt, deren politische Agenda Du innerhalb der Grünen kritisierst.

    5. Substantielle Kritik: Es gibt diverse Player, die Reformvortschläge gemacht haben. Juristen wie Thomas Hoeren oder Retho Hilty. irights.info, die grünen Netzpolitiker, die Euer Mailverkehr trifft. Die Linke im Bundestag. Ja, auch das Google-Collaboratory (inklusive Dissenting Opinion). Und weitere. Chung behauptet, auch Euch sein an einer Reform gelgen. Wo ist der Vorschlag?

    Ich frage konkret nach Schutzfristen. Du sagst, es ist noch zu früh um über konkrete zahlen zu sprechen. Sehe ich anders. Ein Rechtssystem, dass es Urhebern ermöglicht(!), von ihrer Arbeit zu leben, will ich auch. Ich würde nur gern darüber reden können, ob dieses Modell dringend Verbreitungsbeschränkungen braucht oder ob nicht beispielsweise eine durchsetzungsstarke Vergütungspflicht bei kommerzieller Nutzung ausreicht. Und wenn es Verbreitungsbeschränkungen braucht, wie lang sollen die sein? Profitieren davon wirklich die Künstler? Und nochmal: Urheber sollen davon leben. Ja. Aber ihre Urenkel? Dazu könntet ihr konkrete Aussagen machen.

    Und falls es Euch um Ausgleich gehen sollte: Wie steht ihr dazu, dass das Urheberrecht für Nutzer in der digitalen Welt in den vergangenen Novellen schlechter wurde? Einschränkung der Privatkopie im Netz, Schrankenprivilegien für Nutzer gelten nur, wenn dadurch keine technischen Sperrmaßnahmen gebrochen werden.
    Und wie steht ihr dazu, dass Nutzer Platten und CD’s kaufen können, für MP3 und Co oft nur Hörerlaubnis-, also Nutzungslizenzgebühren bezahlen (ohne das zu kapieren in vielen Fällen?). Und warum musste die Schutzfrist für Tonaufnahmen nochmal deutlich verlängert werden?
    Haben all die Urheberrechtsverschärfungen der vergangenen 120 Jahre dazu geführt, dass mehr Künstler besser leben konnten?

    Vielleicht reicht das fürs erste an substantiellen Fragen.

  40. 40

    @ Björn Grau
    Ich lasse offen, ob Chungs oder Seligers Sichtweise auf die Downloads passender ist und weise dann darauf hin, dass Chung nur auf 1,5 (Downloads und seine eigene Haltung) von mindestens vier Punkten aus dem Seliger-Artikel eingeht und damit die für ihn kritischen Punkte geschickt umschifft.

    Ich musste Seeligers Artikel nochmal lesen, weil ich beim erstmaligen Lesen des Artikels der Meinung war, dass Chung schon zu viel beantwortet hatte, und viel ausführlicher auch Sachverhalte eingeht als Seeliger. Ich kann keine 2,5 Punkte sehen, die Seeliger macht, die Chung hier ignoriert haben soll. Welche waren das nach deiner MEinung nochmal?

    „Wenn es einem wirklich an einem offenen Austausch glegen ist und an einer Reform, wünsche ich mir mehr Aufeinanderzugehen statt Gerante und argumentatives Versteckspiel.“

    Du meinst wirklich,md ass der Seeliger Text eine gute Basis ist, die einen „offenen Austausch“ bewirkt. Sorry, das ist ein völlig merkbefreiter Rant bar jeden konstruktiven Ansatzes, den Seeliger hier liefert garnicht mit subjektiv zusammengeklaubten Anekdoten, halb- und Viertelinformationen. Auseinandersetzeung gerne, aber dafür hat Seliger hier eine denkbar schlechte Basis geschaffen. Chungs Antwort liegt vom argumentativen Niveau drei bis vier Klassen darüber, ohne Ad Hominem-Tiefschläge wie seeliger sie in seinem Text zuhauf verteilt. Und du wirfst dann chung vor, dass er nicht konstruktiv sei?

    „In Absatz vier meines Kommentars frage ich ansonsten beispielhaft nach weiterführenden Informationen.“

    Das ist insbesondere beispielhaft, weil du vorher den Text bereits als „pauschalen Quatsch“ zerrissen hast. Damit hast du eigentlich nur noch gezeigt, dass du nicht wirklich an einer neutralen Rezeption interessiert bist. Darüber hinaus hast du wahrscheinlich nicht begriffen, dass im Rrahmen dieses Textes weniger von Presseleistungsschutzrechten die Rede ist, sondern von Leistungsschutzrechten die andere Kreative wie Musiker darstellende Künstler oder Photographen und Designer bereits seit Dekaden innehaben. Im Rahmen dieses Textes muss Chung weder begründen, noch erklären was das ist und wieso er das gut findet, weil diese Rechte schon lange ausgewertet derden. Ich rate dir aber mal bei Wikipedia das Wort „Leistungsschutzrecht“ einzugeben, dann wirst du schnell schlauer.

    „Ich sehe in dem ganzen Fall drei Akteure (die untereinander durchaus Schnittmengen haben können) und einen Strukturwandel. Urheber, Nutzer und Vermittler (alt wie neu) und den Umstand, dass die Rolle der alten Werkmittler strukturell schwächer wird. Das führt dazu dass alte Werkmittler auf neue Werkmittler eindreschen und neue Werkmittler ihre Geschäftsinteressen als Nutzerinteressen tarnen. Und beide Seiten werfen sich vor, Urheber und Nutzer zu vereinnahmen und kaufen.“

    Und ich sehe jemanden, der Kreativwirtschaft nicht begriffen hat, die Aufgabe der Verwerter nicht verstanden, den Künstlern deutlich mehr zutraut als sie selber oranisatorisch inder Lage sind zu leisten.

    Und woher die Schwäche der „alten Werkvermittler“ stammt, hat Chung m.E. ziemlich eindrucksvoll hergeleitet.

  41. 41
    Mark Chung

    @björn grau – ich hätte selbstverständlich noch mehr schreiben können, mir schien das einfach ohnehin schon zu lang zu werden…wie schon von mir und anderen gesagt hat wohl keiner von uns hier finale Antworten auf alle Fragen.

    Aber in aller Kürze zu den beiden von Dir angesprochenen Punkten: Zu Schutzfristen und Leistungsschutzrechten habe ich vor allem deshalb nichts gesagt, weil wir doch nur Maiklonthenet und T30 Kommentare hier lesen müssen um zu sehen, dass die derzeitige Realität ist, dass sich der urheberrechtliche Schutz gar nicht durchsetzen lässt.

    Wenn sich Schutz nicht durchsetzen lässt ist es doch völlig wurst ob er sich 10, 50, 70 oder 90 Jahre nicht durchsetzen lässt. Auf dem Hintergrund, dass es gar keine Durchsetzbarkeit gibt, finde ich es eher zynisch jetzt erst mal NUR drüber zu diskutieren, ob wir sie nicht verkürzen sollten. Zumindest ist es Zeitverschwendung. Angebot: Wenn wir wissen wir wir um- und durchsetzen können, können wir auch gern über die richtige Länge reden. Ich will mich auch gar nicht verstecken: Ich glaube wir werden auch dann verschiedener Meinung sein.

  42. 42
    Mark Chung

    @björn grau ach ja zu „Andererseits pauschal behaupten, Google wolle kostenlos an die Werke der Künstler, um damit fett Kohle zu machen, während Google (nach zähen Kämpfen) in anderen Ländern sehr wohl (zu geringe?) Vergütungen zahlt. Da gäbe es noch genug zu kritisieren, würde er differenziert argumentieren. Macht er aber nicht, lieber wird pauschaler Quatsch behauptet.“

    Nein, das können wir sehr gern differenziert argumentieren. Ich muss jetzt weg aber morgen poste ich mal was Urheber von der SACEM (der französischen Schwester der GEMA, die einen Deal mit Googletube gemacht hat) für youtube Nutzungen erhalten – das ist vielleicht ein Ausgangspunkt. Was fändest Du denn angemesen – sagen wir pro stream?

    Ansonsten verberge ich meine Interssen nicht. Allerdings gehört dazu auch einen Ausgleich mit den Interessen anderer zu finden.

    Dem letzten Absatz Deines Komentars (38) stimme ich übrigens zu.

  43. 43
    tokmitstock

    Vorneweg, ich finde es grundsätzlich gut, dass dieser Brief hier veröffentlicht wurde und einige der Argumente habe ich so noch nicht gehört und die sind ja auch durchaus legitim.
    Aber ich finde es ganz schön zynisch, dass mit dem Satz „Aus objektiver Sicht gibt es kein spezifisches Interesse von Künstlern oder Musikunternehmen, bürgerliche Freiheiten einzuschränken“ einfach mal ebenso die Realität beiseite gewischt wird. Auf Betreiben der Musikindustrie wurden die Rechte der Verwerter und Urheber in den letzten Jahren massiv ausgeweitet und dadurch gleichzeitig die Rechte der Nutzer eingeschränkt (und dabei geht es auch nicht nur um Bürgerrechte). Das fängt beim Abmahnunwesen an, geht weiter über die Kriminalisierung der Umgehung von Kopierschutz (der Knackpunkt ist dabei die Umgehung des Kopierschutzes, wenn man das Werk legal erworben hat), Einschränkung des Rechts auf Privatkopie, Einschränkungen des Rechts auf Kopieen zum Zweck der Lehre etc. und Enden tut es bei Sachen wie der Vorratsdatenspeicherung und Netzsperren, die jeweils von Vertretern der Musikindustrie ausdrücklich begrüßt wurden.
    Das alles zählt also nicht, weil die Verwerter- und Urheberechtslobby objektiv eigentlich keinen Grund hat das zu fordern?
    Ich würde jetzt gerne ein Beispiel hören, wo Google in Deutschand durch Lobbying und andere Einflüsse auf die Gesetzgebung den Nutzern Schaden zugefügt hat, um für sich selbst einen Vorteil zu erreichen. Sonst scheitert nämlich die ganze Argumentation von den bösen Technologiekonzernen an der Realität.
    Datenschutzgesetze wurden meines Wissens eigentlich nur verschärft, wenn man mal vom Adresshandel absieht, der ja wohl auch eher den Zeitungsverlagen zu Gute kommt, weil Google nicht mit Addressen handelt.

    Und auf die Frage nach den Schutzzeiten nicht einzugehen, weil „man das ja sowieso nicht durchsetzen kann“ finde ich nicht besonders konstruktiv, wenn man gleichzeitig jammert, dass junge Künstler keine Chance mehr haben. Ein Problem für junge Künstler ist ja wohl das sie durch die langen Schutzzeiten in Konkurrenz zu allen Kulturschaffenden aus den letzten 100 Jahren antreten müssen. Wen die Menge an geschüzten Werken geringer ist wird sich auch das Geld was für Kulturgüter ausgegeben wird (z.B. auch die Einnahmen der GEMA) auf weniger Leute verteilen und jüngere, aktive Künstler haben mehr Chancen. Insbesondere können sich dann auch Verwerter nicht auf das X. BestOf-Album verlassen, sondern müssen den Nachwuchs besser fördern.

  44. 44

    Ach du meine Güte, so geht ihr also alle mittlerweile miteinander um? Auch wenn ihr alle, alles hinter wohlfeilen Worten versteckt, geht euch mal den Mund auswaschen!

    Wisstihr, was ich hier immer nur raushöre? Profite und Zahlen, Zahlen, Zahlen. Komisch nur, dass mich das in meiner sehr langen, sehr aktiven Zeit als Mitglied in einer Band am allerwenigsten interessiert hat. vielleicht waren wir alle zu naiv in unseren Zwanzigern, aber uns ging es nur darum, dass sich die Musik so eben von selbst getragen hat. Das mag idealistisch gewesen sein, aber es hat funktioniert. ( Nicht verschwiegen werden sollte hier, dass eben diese Einstellung auf unserer Seite dazu geführt hat, dass dies gnadenlos auch von den Indies ausgenutzt wurde)

    Und ja, alle 5 Bandmitglieder haben sich nebenher mit ebenso kreativen Jobs ihr restliches Leben finanziert. Das erforderte zwar gute Strukturierung, aber es hat geklappt.

    Halt, Stopp, jetzt mische ich mich ja doch ein und versuche mich da mit einzubringen.

    Also dann, macht mal weiter im Text und vergesst mal nicht worum es wirklich geht. Die Musik, die Künstler und die Hörer. Alles andere ist nämlich nur Marktgefeilsche und Kuchenverteilung.

  45. 45

    Nee, einen muss ich doch noch einbringen: Ich schlage vor, dass auch die Musikzeitschriften und ihre Schreiber eine gewissen Anteil ihrer Werbeinnahmen in Online- und Offline-Publikationen und einen Teil ihres Verkaufserlöses bitte direkt an eine Verwertungsgesellschaft überweist. Schliesslich verdienen die auch spätestens online mit eingebunden Clips und Snippets mit der Ware Musik ihr Geld. Zwar nur sehr mittelbar, aber das ist ja kein Kriterium mehr in der dieser Debatten-Schlacht. Ich verlange, dass JEDER der auch nur ansatzweise einen wirtschftlichen Nutzen aus der Beschäftigung mit Musik zieht, sofort irgendeinen Betrag an irgendeinen Organisation überweisen muss.

    Und wo wir gerade dabei sind: Ich lese Spreeblick auch deswegen, weil hier oft über Musik geschrieben wird und da auch direkt Videos mit dabei sind. Mal ehrlich, wenn Youtube schon zahlen soll, dann bitte aber auch Spreeblick. Die verdienen ja auch deswegen an der Werbung, weil ich hier wegen der Musik aufschlage. Kann ja nich angehen sowas…

    Und, wo wir jetzt schon dabei sind: da es sich ja bei den veroffentlichten Datenträgern nur um eine Lizenzerteilung handelt, warum nimmt man sich nicht ein Beispiel an der Software-Industrie und versucht den Handel aka unberechtigte Lizenzveräusserung an Dritte über Gebraucht-Plattenläden nicht auch direkt zu unterbinden? Wo wir doch schon einmal dabei sind, nur noch über solche Dinge zu reden, machen wir doch direkt ein richtiges Fass auf.
    Die ganze Diskussion versteht eh kein ’normaler‘ Mensch mehr in ihrere ganzen verschlungenen Pracht, da macht das auch keinen Unterschied mehr, was ich noch fordere.

    Ironie und Polemik aus. Ich widme mich jetzt wieder meinem Samstag.

  46. 46

    Man sollte jeden Tag üben. Und zwar nicht nur ein bisschen. Denn, obwohl Mark Chung in vielen Punkten bei mir Bauchgrummeln verursacht hat er in diesem einen Punkt wohl sehr recht: Richtig gut wird man nur, wenn man nichts anderes mehr macht.

    Selbst in meiner ziemlich unwichtigen kleinen Coverband verbringe ich fast so viel Zeit mit „managen“ wie mit Üben. Das macht keinen Spaß, das geht von meiner eh schon knappen Zeit ab, wie schön wäre es, wenn wir uns jemanden leisten könnten, der das für uns erledigt. Ich hänge am Telefon, schreibe Mails, verschicke CDs, mache die Pressemitteilungen, etc. ppp. – alles Dinge, an die keiner unserer „Kunden“ denkt, wenn er beim Konzert eine gute Zeit hat.

    Da passt es eigentlich ganz gut ins Konzept, dass es nun vermehrt Musikhochschulen gibt, die nicht mehr auf Klassik aufbauen, z.B. die Popakademie. Ein Studium ist die Zeit im Leben, in der man sich wirklich mal ganz einem Fach widmen kann. Deswegen vermute ich mal, dass die DIY-Musiker in Zukunft noch mehr an einen gläsernen Deckel stoßen werden. Das Musikmachen auch in der Populärmusik wird sich noch mehr professionalisieren müssen.

    Ob für Leute, die nicht so professionell sind, aber dennoch fantatische Ideen haben – das gibt es ja immer wieder, wenn auch nicht zu häufig – wird dann vermutlich kein Platz mehr sein. Die sind mit Taxifahren, Webdesignen, oder auf dem Bau arbeiten zu sehr ausgelastet.

    Damit die per Ausbildung professionellen Musiker nicht auch noch den Taxifahrern die Kohle streitig machen, muss aber Musik wieder mehr bezahlt werden. Vielleicht fehlt bei all dem auch das Bewusstsein der Konsumenten: Die haben keinerlei Gefühl dafür, wie viel Arbeit und Lebensleistung in einem guten Album stecken. Aufklärung statt Verbote? Ich weiß nicht, ob es helfen würde, aber eine Idee wäre es mal.

  47. 47

    Lieber Wonko,

    tut mir leid, dass diese Diskussion dich jetzt ein bisschen desillusioniert hat.

    Aber die Wahrheit an der Sache ist, dass es auch bei kreativem Schaffen eine Grenze gibt, jenseits von der man leider nicht mit reiner Kostendeckung oder aus Idealismus arbeiten kann. Das wissen vielleicht einige der hier versammelten Blogger auch aus eigener Perspektive.

    Das wird meistens jedem in der Kohlenstoffwelt bewusst, wenn er bei Mami und Papi auszieht und das Bafög ausläuft: Irgendwann braucht man Kohle. Natürlich kann man sich auch als talentierter Künstler entscheiden, sein Geld mit Taxifahren zu verdienen und die Musik als Hobby zu betrachten, aber die Künstler, die die mutige Entscheidung fällen von ihrem Talent leben zu wollen, die brauchen eine BAsis für eine faire Entlohnung. Und sie brauchen Partner, die sie dabei unterstützen. Und ich sage dir, dass YouTube so ein Partner nicht sein kann und will.

    Wenn Gewerkschaften mit Arbeitgebern verhandeln dann geht es auch nicht um den Spass an der Arbeit und indivudelle Selbsterfüllung und Selbstfindung im Job, sondern knallharrt um Kohle und die flankierenden Arbeitsbedingungen wie Urlaub, Boni, etc.

    Das heisst im Umkehrschluss aber nicht, dass sich jeder, der sich an dieser Debatte beteiligt, automatisch davon verabschiedet hat, in Musik ein höchst idealistisches, faszinierendes Kultugut zu sehen, an dem man leidenschaftlich arbeitet. Bei mir ist das zumindest noch der Fall.

    Ich finde es eher ein Stück weit ungerecht, dass Du, der du für dich damals die Entscheidung getroffen hattest von deinem Hobby(?) lediglich eine Kostendeckung zu erwarten anderen Leuten absprichst, sich für bessere Rahmenbedingungen für Kreative und ihre Partner einzusetzen.

    Das ist – so sehr es auch Aussenstehende verwundert – leider auch ein wichtiger Teil „des Jobs“, wenn man nicht binnen weniger Jahre als Hartz 4-Empfänger allen auf Tasche liegen will. „Peace, Love & Happyness“ zu rufen mag zwar für den Augenblick charmant sein, aber hilft in dieser Situation nicht weiter.

    Gruß,

    Stefan

  48. 48

    @stefan Ich bin nicht durch die Debatte desillusioniert. Keine Sorge ;-)

    Mir geht es nur auf die Senkel, wie hier alle miteinander umgehen und sich mit Marginalien und Persönlichem bewerfen. Wieso mal nicht Love, Peace and Hamony? Die ganzen Streitereien und offenen Briefe bringen uns ja anscheinend auch nicht weiter. Mir bleibt der Fortschritt in der Diskussion jedenfalls verborgen, stattdessen verschanzt sich jeder in seinen Linien und am Ende gewinnt der, der die beste Lobbyarbeit gemacht hat.

    Aber interessant ist, das bisher jeder einem Amateurhaftigkeit unterstellt, wenn man idealistisch an Musik herangeht.

    Wenn die meisten nicht mehr für Musik bezahlen wollen, dann bekomnen sie irgndwann nichts mehr an Musik geliefert. Mir echt egal, so ist es eben. Es gibt kein Grundrecht auf Musik und auch kein Grundrecht von Musik alleinig leben zu können.

    So, jetzt aber…. Es ist Samstag und schönes Wetter, ich geh mal raus und beschäftige mich mit Schönerem.

  49. 49

    Schon Glen Branca vermeldete vor ein paar Jahren in seinem Artikel in der NYT „The End Of Music“, dass es nicht darum geht, ob die Musik „geliefert“ wird, oder nicht. Sie wird immer weiter existieren, in Supermärkten, Casting-Shows und subventionierten Theatern.
    Es geht darum, dass sich der Komponist des 21.Jahrhunderts sich ein Leben als solcher nur noch bis nach dem Studium wird leisten können, und so wird die Musikwelt von jungen Bands und Komponisten auch weiterhin beglückt werden. Erst wenn es darum geht sich darüber hinaus als Beruf mit Musik zu beschäftigen wird es eng, bzw. wird die Musik zu einer Art reinem Gebrauchsgegenstand: Werbemusiken, Auftragsarbeiten ect.
    So wird man als Komponist bezahlt, wie zu Zeiten Mozarts: Einmal und nie wieder.

  50. 50

    Was mich an dem Artikel stört, ist die leichte Google-PR-Paranoia. Nicht weil ich sie pauschal für unberechtigt erklären will – das kann ich nicht wissen. Aber Paranoia und Verschwörungsthesen wirken immer ein wenig panisch und unsouverän.

    Im Grunde ist auch nicht die Frage, ob sich jemand aus finanziellem Interesse oder aus anderen Gründen (unbewusst) vor den PR-Karren Googles spannen lässt. Dass die Interessen einer Milliarden-Industrie konsequent ausgeblendet werden, und die Medienkonzerne daneben immer als böse Groß-Kapitalisten zur Begründung von Einschnitten in ein Recht herangezogen werden, dass noch viel mehr Menschen als die Macher bei Sony, BMG und Vivendi interessiert und schützt, ist eine erstaunliche Tatsache, die mich schon seit langem umtreibt.

    In die gleiche Stoßrichtung wie der hier vorliegende Text geht auch dieser Text von mir aus der internen Debatte grüner Urheberrechtspolitik.
    http://www.zeichenlese.de/2011/11/urheberrecht/

  51. 51
    Mark Chung

    @ DieterK. Ich möchte noch auf Deinen Kommentar und Link „Ganz so eindeutig, wie dargestellt, ist die Lage nicht (vgl. CAMMAERTS / MENG 2011 http://www.scribd.com/doc/51217629/LSE-MPPbrief1-creative-destruction-and-copyright-protection)“ eingehen, weil es keinen Sinn macht sich hier immer wieder im Kreis zu drehen.

    Peer review ist kein perfektes Verfahren, aber zumindest werden Studien mit offensichtlichen Mängeln vor Veröffentlichung mit der Bitte um Korrektur zurückgewiesen. Inhaltliche Kritik wird – ebenfalls nach Prüfung auf offensichtliche Mängel – am gleichen Ort veröffentlicht, so dass ein fachlicher Austausch ermöglicht wird. Wir sind alle gut beraten uns auf der Suche nach Wahrheiten auf Studien zu konzentrieren, die zumindest auf offensichtliche Mängel überprüft worden sind. Sonst werfen wir uns in 10 Jahren immer noch mit PR Produkten, Diplomarbeiten und selbstgebastelten Tabellen zu.

    Soweit aus Deinem Link ersichtlich, ist CAMMAERTS / MENG 2011 ein „policy brief“ der über die LSE auf scribd veröffentlicht wurde. Auf scribd kann jeder alles veröffentlichen, es erzielt Verbreitung und liefert „Argumente“ für Diskussionen wie unsere OHNE dass eine wissenschaftliche Qualitätsprüfung stattgefunden hätte.

    Wir können diese Prüfung hier nicht ersetzen, aber beispielhaft belegen was solche „policy papers“ mit „Key Messages“ von wissenschaftlichen Arbeiten unterscheidet:

    So wird schlicht BEHAUPTET: „Claims about piracy and revenue losses are often based on the wishful thinking of rights holders. They assume that most unauthorized copies would be replaced by the sale of a legitimate product if file-sharing was effectively controlled. However, as Oberholzer-Gee and Strumpf (2007) point out…“

    In einer wissenschaftlichen Veröffentlichung müsste belegt werden WO dieses „Wunschdenken“ der Rechteinhaber publiziert ist und WARUM die Annahmen falsch sind.

    Die Autoren zitieren zur Auswirkung von file sharing ganze DREI Studien: Oberholzer-Gee & Strumpf (2007), Andersen & Frenz (2007) und Rob & Waldfogel (2006). Sie ignorieren im Frühjahr 2011 also ALLE ANDEREN vorliegenden Untersuchungen (s. Literaturliste).

    Weiterhin ignorieren sie die ebenfalls bekannten, gravierenden Probleme in den Arbeiten von Oberholzer-Gee und Strumpf sowie Andersen und Frenz. (siehe Liebowitz, 2010 und Barker 2011: Bis zum heutigen Tage verschwundene Rohdaten; Berechnungen, nach denen filesharing in den USA zum Erliegen kommen müsste wenn die deutschen Schulferien zuende gehen (sic); Unterschlagen des wohl wichtigsten Befundes etc.)

    Wir haben im Moment nur Zugang zu Rob und Waldfogels 2004 erschienenen Working Paper „Music Downloading, Sales Displacement and Social Welfare“ (auf dem die 2006 erschienene Publikation mit demselben Titel basiert) in dem die Autoren allerdings schrieben: „…downloading reduces music purchases, by roughly one fifth of a scale for each recent download and possibly much more.“ In der pauschalen Darstellung von Cammaerts und Meng werden aus den zusätzlich möglichen Faktoren ausschließlich andere Faktoren.

    Fazit: Die Arbeitsweise der Autoren legt leider den Schluss nahe dass sie tendenziös arbeiten. Der Stand der Forschung wird in weiten Teilen ignoriert, stattdessen werden nur DREI Studien, deren Ergebnis zu ihren „Key Messages“ passte, ausgewählt. Hierbei ignorieren sie die bekannte, substantielle Kritik an zweien hiervon und scheinen die Dritte unzutreffend wiederzugeben.

    Diese Form eines „wissenschaftlich“ erscheinenden Textes kann zwar (erfolgreich!) zur Meinungsbildung von Bevölkerung und Politikern eingesetzt werden, dient aber wohl bewusst nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn.

    Wollen wir uns nicht den wichtigeren Fragen zuwenden als weiterhin so zu tun als sei TOTAL UNKLAR ob unvergütete Nutzungen etwas mit rückläufigen Verkäufen zu tun haben? Wenn wirklich neue, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse gewonnen werden, können wir das gern noch mal diskutieren, aber bitte nicht bei jedem neuen, offensichtlich tendenziösen „Policy Paper“. Die Flut davon wird auf absehbare Zeit nicht abreissen.

  52. 52
    Mark Chung

    @björn grau – zur eingeforderten differenzierten Diskussion (die bei Google angebracht ist): Die angesproche SACEM youtube Abrechnung ist als link leider nur für Mitglieder zugänglich. Ich habe ein pdf, bitte Johnny gern das hochzuladen wenn Du das wirklich hier erörtern möchtest. Du hast die Frage was denn Deiner Ansicht nach als Vergütung für Urheber angemessen wäre aber gar nicht beantwortet. Wenn Dich das doch nicht interessiert, will ich das hier nicht unnötig ausweiten. Deshalb bitte kurz Bescheid ob noch benötigt – oder ob wir es vielleicht woanders besprechen sollten.

    @maiklonthenet (u.a.) die mehr oder lieber oder nur über „Vermarktungsmodelle“ sprechen wollen. Würde sehr gern mehr dazu hören / auch gern etwas hierzu organisieren wenn Interesse besteht. Glaube ich habe bereits gesagt, dass wir auch aus meiner Sicht weiterhin, mehr und nutzerfreundlichere Angebote brauchen. Spotify / Simfy in Deutschland sind wohl die im Moment aktuellsten Angebote. Du hast die Frage nicht beantwortet – was an Simfy ist für Dich verkehrt? Das wäre hilfreich zu wissen.

    @Peter Danke. Im Ernst.

    @bee R.E.S.P.E.C.T.

    @Markus – wie könnte ich die Frage sanfter formulieren: Nicht ein einziges Argument zur Sache?

  53. 53

    Danke für die Veröffentlichung. Ich habe beide Artikel gelesen.

    Wir benötigen wirklich dringend eine Lösung! Ich möchte als User gerne auf Youtoube Musik-Videos ohne Urheberrechtsverletzung erleben… ich möchte bei Flickr Fotos und Bilder sehen… ich möchte auf Internet-Portalen Bücher online lesen und wenn ich lust habe die Bilder von Museen ansehen.

    Und wenn mir etwas gefällt möchte ich die Erfahrung, das Erlebnis teilen. Und dies ohne Urheberrechtsverletzung.

    Hier benötigen wir für alle Beteiligten ein bezahlbares, faires Vergütungsmodell.

    Ich z.B. würde gerne eine Dokumentation über Velvet Underground auf meiner Hoempage zeigen. Doch leider nimmt der „Urheber“ die Dokumentation vom Netz… anstelle mir diese Nutzung für einen Obolus anzubieten. Diese Verhalten der Verwerter nervt… Meiner Meinung nach sind die typischen Verwerter (z.b. Gema) das Problem.

  54. 54

    Danke an alle für die spannende und insgesamt recht sachliche Diskussion – das ist schwer bei einem so emotionalen Thema.

    Was uns immer noch fehlt, sind Lösungsansätze. Und ich wundere mich, dass der Begriff „Kulturflatrate“ noch nicht genannt wurde, die ich lange für irrsinnig hielt, weil eine Auswertung meines Erachtens einen Apparat bräuchte, gegen den die GEMA ein Kegelverein wäre. Aber vielleicht ist sie (die Flatrate) doch der einzig gangbare Weg? Was sagt denn der VUT zu dem Ansatz?

  55. 55

    Auch wenn ich hier momentan nur sehr interessiert mitlese:

    @#795593: Die Flatrate hatte Chung selbst in seinem offenen Brief schon „aus der Diskussion genommen“:

    Wenn Du intelligentere Lösungsvorschläge als eine Kulturflatrate hast, kannst Du Dich gern zurückmelden.

    Die Art der Abfertigung (auch in Kombination mit seinem Folgesatz) hat eventuell nicht gerade dazu ermuntert, das Stichwort hier erneut fallen zu lassen ;)

    (Ich teile btw. Deine Bedenken bezüglich der Abrechnung/Verteilung. In dem Kontext denke ich schon allein mit Schrecken an die Problematik bei der Künstlersozialkasse: wer darf überhaupt rein? Bessere Idee habe ich aber leider bisher auch keine.)

  56. 56
    Mark Chung

    @Johnny

    Zu Kulturflatrate hat der VUT sich natürlich qualifizierter geäußert als ich in meinem bösen Brief an Berthold.

    Grundsätzlich ist unsere derzeitige Sicht, dass freiwillige, marktbasierte Angebote Lösungen vorzuziehen sind, die der gesamten Bevölkerung eine weitere GEZ / steuerartige Abgabe aufzwingen.

    Wir denken, dass es für Musik mit spotify und simfy in Deutschland mittlerweile Modelle gibt, die einer flatrate Lösung nahekommen. Wer Musik auf einer flatrate Basis haben möchte, kann das dort zu Preisen von umsonst (mit Werbung und Obergrenzen) über € 4.99 bis € 9.99 im Monat, wenn ich das Preisgefüge richtig erinnere. (Vielleicht sehen wir das ja falsch – darum wollte ich von maikonthenet ja so gern wissen was für ihn an simfy inakzeptabel ist. Bearbeiten kann man die streams z.B. nicht ohne Weiteres)

    Wir haben die Gespräche über eine flatrate Lösung nie abgebrochen, aber schon darauf hingewiesen, dass es nach derzeitigem Kenntnisstand schwerwiegende offene Fragen gibt, die gelöst werden müssen bevor so ein Ansatz eine Lösung darstellen kann, u.a.:

    a) Wieviel? Uns ist noch kein konkreter Vorschlag bekannt, wie hoch eine solche Kulturflatrate sein sollte.

    b) Für wen? Befürworter des Modells haben u.W. auch noch keinen Vorschlag erarbeitet, wie die Einnahmen zwischen Film-, Buch-, Musik-, Games-, TV-Wirtschaft, Softwareproduzenten, Sportrechten (Champions League z.B.) etc., noch innerhalb dieser Branchen verteilt werden sollten.

    c) Die Möglichkeiten des Missbrauchs, z.B. durch automatisierte Abrufe, sind so vielfältig, dass abgesehen vom erheblichen bürokratischen Aufwand für eine Verteilung wohl auch eine massive Überwachung und Analyse des Internetverkehrs nötig wäre um Missbrauch aufzudecken und Verteilungsgerechtigkeit zu gewährleisten.

    d) Bereits funktionierende legale Angebote von itunes über emusic bis Simfy wären in Ihrer Existenz bedroht weil Nutzer entweder doppelt bezahlen oder stattdessen auf die bisher illegalen Angebote von Tauschbörsen, sharehostern etc. zurückgreifen müssten.

    e) Die Intensität von Musiknutzung schwankt sehr stark. Während sie insgesamt stark zugenommen hat, sind beispielsweise derzeit nur etwa 40% (GfK Panel Services (2010)) der Bevölkerung regelmäßig aktive Käufer von Musikaufnahmen. Eine pauschale Abgabe wäre zwar für die Minderheit intensiver Nutzer dann nicht mehr illegaler Angebote attraktiv, würde aber nachvollziehbar von großen Teilen der Bevölkerung als ungerecht empfunden werden.

    f) Die unweigerlich folgenden Versuche, Verteilungskosten durch Vereinfachung zu reduzieren haben bisher historisch immer zur massiven Benachteiligung junger Künstler und kleinerer Unternehmen geführt – zu Gunsten von weitverbreiteten Künstlern wie, nur beispielsweise, Dieter Bohlen, die unaufwändig erfasst werden. Ist ja einer der großen Kritikpunkte an der GEMA (wobei die erheblichen Aufwand betreibt um möglichst genau zuzuordenen). Hier könnte smarte Technologie vielleicht helfen.

    Wenn jemand Antworten auf diese (und leider noch ein paar andere inklusive einiger komplexer juristischer) Fragen hat, wäre das natürlich trotzdem eine Option. Aus unserer Sicht unakzeptabel ist, den Schutz der Künstler und Produzenten mit der Begründung abzubauen dass sie im Gegenzug eine Kulturflatrate erhalten werden OHNE Antworten auf die offenen Fragen zu haben – wie es grüne Netzpolitiker derzeit leider tun.

  57. 57
    Björn Grau

    @#795589: Die SACEM-Zahlen interessieren mich, ich war nur im Familienwochenende, sorry.
    Mir fällt es schwer, eine fixe Zahl für eine Vergütung pro Streaming zu benennen. Ist es clever ein Fixum zu bestimmen oder wie wär’s mit einem prozentualen Anteil an den Einnahmen, die Youtube und Co. machen. Was habt Ihr denn mit Vimeo oder tape.tv ausgehandelt? Ich würde mich, glaube ich, zunächst mal an den Zahlungen orientieren, die mit dem Rundfunk ausgemacht sind.
    Ich glaube aber auch, dass wir an diesem einen konkreten Punkt, der Vergütung für Videostreaming nicht so weit auseinander sind.

    Wie ich oben bereits mehrfach schrieb, interessieren mich übergeordnetere Punkte, siehe dazu meinen längere Replik auf Eva Kiltz (derzeit Kommentar 39). Und beim ein oder anderen Punkt (Schutzfrist bspw.) hast Du ja schon angedeutet, dass wir da kaum zusammenkommen.

    Noch ein Frage oben drauf:
    Ist es wirklich so, dass das Urheberrecht derzeit nicht durchsetzungsfähig ist? Und wenn ja, ist das schlimm? Wenn selbst die DCN-Studie einen Rückgang illegaler Downloads konstatiert (wobei dort „illegal“ SEHR weit gefasst wurde) und gleichzeitig immer mehr Umsatz mit legalem Musikgenuss im Netz gemacht wird (bspw. aktuelle Gartner-Studie), ist dann das dem Strukturwandel geschuldete Tal nicht langsam durchschritten?

  58. 58

    @#795597: Deine Bedenken zur Flatrate teile ich, besonders, weil ich auch kein Freund von weiteren Zwangsabgaben bin. Zudem wäre sie möglicherweise sehr ungerecht. Mir fällt aber nicht viel ein, das man als „besser“ bezeichnen könnte.

    Ich denke, man braucht als Konsument zunächst eine Rechtssicherheit. Ich kann nicht von jedem Kind (und eigentlich auch nicht von Erwachsenen) erwarten, dass es sich mit dem Urheberecht beschäftigt, bevor es einen Song auf sein Handy lädt.

    Ich hatte mir vor fast genau vier Jahren hier mal Gedanken darum gemacht, was ich von einer modernen „Musikindustrie“ erwarten würde. Das geht über Lösungen wie Simfy weit hinaus, denn am Ende sind Simfy etc. auch nur ins digitale übertragene Lösungen aus der nicht-digitalen Welt, durchaus auch kommerziell nutzbare Errungenschaften wie Weiterverbreitung, Sharing, ggf. sogar Affiliate-Modelle bleiben außen vor. Ich bin nicht mehr nur Konsument, ich bin (wie jeder Musikhörer, der online aktiv ist) u.U. auch Journalist, Händler und Vertrieb. Diese Tatsachen möchte ich in einem modernen Service reflektiert sehen, nicht nur den Verkauf (oder die Miete) von Musik – bei iTunes geht mir das übrigens genauso. Auch, dass in einer weltweit vernetzten Welt immer noch länderspezifische Lizenzen eine Rolle spielen, nervt. Die Tatsache, dass ich bestimmte Alben in Deutschland nicht legal erwerben kann, in den USA aber sehr wohl, ist einfach albern (gleiches gilt für die Filmindustrie). Zudem ist mir immer noch nicht klar, warum Simfy hierzulande okay ist, Spotify aber nicht.

    Schon klar: Viele Probleme haben ihre Ursache in alten Verträgen und in bestehenden Lizenzunterschieden zwischen den einzelnen Regionen, doch das zu lösen kann nicht Aufgabe der Konsumenten sein und sie sollten auch nicht darunter leiden müssen. Ich kann in Berlin einen Artikel in der NYT lesen, dass es mir also nicht möglich sein soll, eine britische TV-Serie legal sehen zu können, ist irrsinnig.

    Das Ziel sollte ein weltweit zugängliches Netzwerk mit sämtlichen vorhandenen Unterhaltungsangeboten sein, eines, auf das neue Service-Leistungen aufbauen können (d.h. die Datenbank wird von der Industrie bereit gestellt, doch jeder kann gegen eine Gebühr darauf zugreifen und ein eigenes Portal darüber bauen, auf dem er sich als Händler engagiert: So sind spezielle Jazz-Angebote ebenso möglich wie Mainstream-Kram und finanziell gewinnen wird derjenige, der das interessanteste Angebot und den besten Service hat. Das Ganze gespickt mit Möglichkeiten für kleinere Blog- oder andere Website-Betreiber, Bürokratie wie GEMA und GVL sind durch kleine, enthaltene Gebühren erledigt usw. usf.

    Einfach gesagt, schwer umzusetzen, ich weiß. Doch allein die Kommunikation eines solchen Ziels wäre Gold wert und ich behaupte, dass eine solche Rechtssicherheit für alle Beteiligten völlig neue, kleine wie große Geschäftskonzepte lostreten würde.

    Die Frage, die nach dem Tod von kino.to doch viele Nutzer stellten, bleibt berechtigt: Wenn die Betreiber so viel Geld mit einem illegalen Portal verdient haben: Wieso macht es dann niemand auf die legale Tour? Die Gewinne wären vlt. nicht ganz so hoch, da man die Urheber vergüten würde, doch bei den vielen Millionen bliebe noch genug übrig.

    Gebt uns das, was wir offensichtlich wollen (nämlich möglichst uneingeschränkten Zugriff auf möglichst alles), aber in legaler Form. Dann wird das Geld auch wieder von euch verdient, dessen bin ich mir sicher.

  59. 59
    Björn Grau

    @#795593: Fehlen Lösungsansätze wirklich?
    Hadopi ist einer (den ich nicht will). Es gibt verschiedene in der Diksussion befindliche Kulturflatratemodelle, es gibt die in verschiedene Wege ausdifferenzierbare Kulutruwertmark des CCC. Es gibt verschiedene Ideen, Kulturförderung wie sie in der Bildenden Kunst oder beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk seit langem funktioniert, auf digitale Werke allgemein auszuweiten (bspw. die Digiges mit der Idee, einen Teil der GEZ-Gebühren fürs Netz zu verwenden). Es gibt andere Länder und andere Akteure, die längst Verrgütungen für Videostreaming im Netz ausgehandelt haben. Der Trend zu Abo- und Streamingdiensten scheint momentan Geld in die Musikindustrie zu pumpen. Usw.

    Manches passiert einfach und verändert das Feld, während alle noch in den Debatten von gestern stecken. Anderes sollte einfach mal ausprobiert werden (wie es Volker Grassmuck unlängst auf Netzpolitik für Kulturflatrate und Kulturwertmark forderte). Macht aber niemand. Lieber werden Fronten verhärtet (nicht von Dir, insgesamt in der Debatte scheint mir das der Trend). Schade.

  60. 60

    @#795557: Danke für Deine Antwort und Deine Fragen. Das sind in der Tat substantielle Fragen und davon gleich eine Menge. Ich will versuchen, sie verständlich zu beantworten, benötige aber ein wenig Zeit. Da ich heute eine wichtige Sitzung für morgen vorbereiten muss, kann es mit der Antwort bis Mittwoch dauern, vielleicht schaffe ich es aber auch morgen Abend schon. Mit Bitte um Verständnis dafür.

    Eins vorweg: aus meiner Sicht sind manche dieser Fragen (noch) nicht zu beantworten. Ich plädiere schon länger dafür, abseits der Polemik gemeinsam Antworten darauf zu suchen.

    Leider sind bisher alle konstruktiven Ansätze immer wieder abgeglitten in den mittlerweile altbekannten Stellungskrieg. Man kann das live bei den öffentlichen Sitzungen der Enquete Kommission Internet und digitale Gesellschaft beobachten, aber auch im Collaboratory fand die Diskussion von Anfang an nicht auf neutralem Boden statt.

    Mit „wir hier“ und „Ihr dort“ kommen wir aber in der Tat keinen Schritt weiter und drehen uns im Kreis.

    Beste Grüße, Eva Kiltz

  61. 61

    @ Björn Grau: 59:

    Ich glaube wir müssen realisieren, dass es zwei Problemekreise gibt, über die wir sprechen. Einmal gibt es natürlich das Problem der Urheberrechtsduurchsetzung und der grassierenden Piraterie. Ich glaube Hadopi ist hier keine wirkliche Lösung, weil in dDutschland P2P schon lange nicht mehr das Zentrum von urheberrechtsverletzenden Plattformen ist. Hadopi würde in diesme Falle nur wenig lösen, aber einen hohen Kollateralschaden an Datenschutz und Privatsphäre mit sich bringen. Ist deswegen – vor allem für Deutschland – mit seiner hohen Sensibilität an Deátenschutz und Privatsphäre – eher unverhältnismässig. Die Piraterieplatztformen die für uns relevant sind, sind schon längst nicht mehr P2P basiert.

    Darüber hinaus gibt es aber einen komplett anderen Problemkreis, nämlich den der Digitalisierung an sich. Angenommen es gäbe kein Piraterieproblem, dann müssten natürlich trptzdem neue Geschäftsmodelle gefunden werden, damit sich Kreativwirtschaftsbereiche auf Digitalisierung optimal ausrichten kann. Ich glaube spotify und Simfy sind (noch) keine optimalen Modelle, weil Spotify Musik zu billig macht, und zwar so billig, dass weder Künstler noch Verwerter dauerhaft von den Erlösen leben können. Darüber hinaus de-evaluierne sie Musik ausserordentlich.

    In Schweden hat Spotify zui einer problematischen Kannibalisierung des physischen Marktes geführt – den es in Deutschland aber immer noch gibt. (In Deutschland besteht der Markt dagegen immer noch zu 3/4 aus Tonträgerverkäufen. Nur 1/4 der Sales ist digital.)

    Die Frage ist, was der wirkliche technische fortschritt von digitalisierung für Musikwirtschaft und für den Kuden ist ist. Ich glaube näömlich nicht, dass die Ermöglichung von Urheberrechtsverletzungen im Internet ersthaft ein technischer Fortschritt ist. Die digitale Weiterleitung von individualiserten Musikempfehlung dagegen schon. Dagegen hat auch niemand etwas, weder Künstler noch Label. Ich betriebe ein Label und finde Mixtapes gut. Eine 1:1 digitale Kopie eines unserer Alben auf CD-R dagegen finde ich scheisse.

    Es gibt aber noch andere technische Fortschritte: Die Tatsache, dass digitale Distribution deutlich günstiger und liestungsfähiger sein kann als physische Distribution, DAS ist ein technischer Fortschritt. Die Tatsache, dass wir uns (theoretisch) viel besser über Musik informiieren können, dass es (theoeretisch) hervorragende Empfehlungssysteme auf digitaler Basis und im Rahmen von sozialen Netzwerken geben könnte, das wäre ein technischer fortschritt. Das Problem ist, dass die bisher erfolgreichen Empfehlungssysteme wie P2P gleichzeitig den Kauf substituierten.

    Wir kölnnten Kaufunsicherheit bei Musik beseitigen, und gleichzeitig den Verkaufspreis senken. Das würde vor allem Newcomern immens helfen. Wir könnten Vorabangebote schaffen, die VOR einem Kauf (egal ob digital oder physisch) liegen, im Sinne einer abgestuften Wertschöpfungskette.

    Es geht nämlich lange nicht mehr darum, Zugriff auf *irgendwelche* Musik zu haben, sondern Zugriff auf die für mich individuell abgestimmte *richtige* Musik, die mir wirklich gefällt. Kaufempfehlungen, die weit über das hinausgehen, was Amazon und Last.fm uns anbieten, etc.

    Ich glaube niemand kann ernsthaft verlangen, dass teuer produzierte Musik umsonst sein muss. Aber wir können verlangen, für irgendwelche Musik die wir nicht kennen, nicht 15€ ausgeben zu müssen, ohne dass wir uns vorher informiert haben, ob das Album unserem Geschmack entspricht. Wir können verlangen dass uns die deigitaliserung die heisse australische Newcomerband empfiehlt,. die genau den Sound hat, den wir schon seit JAhren suchen, der aber im deutschen Radio *natürlich nicht* läuft.

    Nie wqieder Fehlkäufe, und pro Woche drei bis vier Musikempfehlungen die mir GARANTIERT GEFALLEN, das wäre ein schönes Geschäftsmodell. Dazu braucht es keiner Kulturflatrate (Die keine dieser Probleme löst) und auch keinje Kulturwertmark, die davon ausgeht, dass sich Verwerter aus der Wertschöpfungskette herausdiviveren lassen. Das ist auch eijne Fehlannahme.

    Ich glaube der Beitrag von Ralf (Nr 53) zeigt uns grob, in welche Richtung es gehen müsste. Danke dafür! Eine Möglichkeit Musik zu „Sharen“ ohne andererseits den Kauf mit zu substituieren. Prinzipiell ist das möglich. Ein Urheberrecht, welches lizeniserung von Inhalten, wie der Velvet Underground Doku ermöglicht, so dass sie auch ein Privatmann in 15 Minuten erledigen könnte. Das Urheberrecht erlaubt nämlich lizensierungen solcher Inhalte durchaus, sie sind nur für den Privatmann derzeit kaum durchzuführen.

    Die Digitalisierung gibt uns aber die Möglichkeiten dazu, die Aquise solcher Rechte so einfach zu gestalten, dass es selbst ein 12-Jähriger leisten könnte. Wenn wir MAxdome und Hulu aufsetzen können, können wir auch andere Probleme erledigen.

    Dafür ist das Urheberrecht aber FORMAL derzeit nicht ausgerichtet. Konzeptionell dagegen eigentlich schon.

    Wieder zurück zum anderen Problemkreis: Ich glaube wir müssen realisieren, dass eine gewisse Interdependenz zwischen beiden Problemkreisen herrscht, und dass wir das eine Problem nicht losgelöst vom anderen Problem beseitigen können., sondern dass es nur zusammen geht: Die Tatsache dass wir neue GEschäftsmodelle schaffen müssen, befreit uns nicht von der Tatsache, dass wir einen Rechtsrahmen schaffen müssen, der stumpfen Urheberrechtsverletzungen vorbeugt. Die Tatsache dass wir das Piraterieproblem lösen müssen, befreit uns aber andererseits nicht von der Pflicht, neue Geschäftsmodelle zu suchen, die die Wertschöpfungsoptionen der Digitalöisierung *wirklich* ausreizen.

    Können wir uns darauf einigen? Dann wären wir nämlich ein ganzes Stück weiter….

    Gruß,

    Stefan

  62. 62

    @Johnny:
    „Die Frage, die nach dem Tod von kino.to doch viele Nutzer stellten, bleibt berechtigt: Wenn die Betreiber so viel Geld mit einem illegalen Portal verdient haben: Wieso macht es dann niemand auf die legale Tour? Die Gewinne wären vlt. nicht ganz so hoch, da man die Urheber vergüten würde, doch bei den vielen Millionen bliebe noch genug übrig.“

    Sorry, aber genau da versagt das nämlich. Kino.to hiess im Prinzip Kinofilme zum Kinostart zum Quasi-Nulltarif zuhause Streamen zu können. Es wurden jede Menge unseriöse Abomodelle dazwischen geschaltet, aber Kino.to selbst war dieses „Modell“. das kann man nicht replizieren, ohne der filmindustrie und ihren über Jahrzehnten gewachsenen verwertzungsketten EMPFINDLICHEN Schaden zuzufügen.

    Wenn du Kino.to als „Geschäftsmodell“ anders verstehst, dann bitte info.

    Gruß,

    Stefan

  63. 63

    @#795629: Ich verstehe deine Frage nicht… ein legales Portal, auf dem man fast alle TV-Serien oder Filme als Stream sehen kann, verdient das Geld quasi im Schlaf. Hier und da ein kurzer Werbeclip vorweg, Werbung drumrum, Premium-Accounts für bessere Qualität oder Downloads oder wasweißich.

    Das ist eines Probleme in D, finde ich: Die fehlende Weitsicht, der fehlende Mut.

    Beweise? Gerne:

    Als YouTube startete – und noch mehr, als es dann von Google gekauft wurde – da lachten viele, gerade hierzulande. Google wurde u.a. von Branchenkennern dafür ausgelacht, so viel Geld für YT zu bezahlen. Niemand hat geglaubt, dass man mit einem für den Nutzer kostenfreien Videoportal im Netz Geld verdienen kann. Und heute ereifern sich u.a. auch diese Branchenkenner darüber, dass Google von den Millionen, die sie mit YouTube verdienen, nichts an die Urheber abgeben. Da stimmt etwas nicht, oder?

    Das viele Reden hilft nicht: Man muss Dinge tun, und zwar cool und auf die Zwölf und volle Pulle, nicht wieder solche halbherzigen Quatsch-Projekte wie vor 10 Jahren von Universal und SONY und wie sie alle heißen.

    Apple und Google haben sich Teile der Einnahmen der Branche geschnappt. Die hätte die Branche selbst haben können, sie jetzt zurückzuholen, wird schwieriger.

  64. 64
    phranc

    @ Johnny, Genau :
    Google und Apple haben sich Teile des Marktes
    geschnappt, für den Künstler bedeutet dieser Umstand bisher leider
    monetär Zero Verbesserung.
    Das Schicksal der „Industry formally known as Music Industry“ ist
    mir persönlich nicht ganz so wichtig aber die in der digitalen
    Welt (in der auch ich tätig bin) gebetsmühlenartig wiederholte
    Schandtaten eben dieser Industrie als Reaktion auf die sinnfreie Kriminalisierung der P2P-User und vor allem als Legitimation für fehlende Zahlungsbereitschaft wirft die Musikwelt insgesamt zurück .
    Anders als in den Anfängen der Plattenindustrie – als die
    Hollywood Studios Universal, Columbia und Warner Bros, ihre Labels
    installierten um die Wertschöpfungskette via Mehrfachverwertung
    zu optimieren – oder sagen wir besser gnadenlos auszubeuten
    ( „Exploitation“ ist hier als Ausdruck absolut richtig) – baut You Tube auf User Generated Content und Apple auf das kreative und
    finanzielle Investment anderer – das geht solange gut bis nichts neues mehr entsteht und ganz ehrlich…. man merkt es bereits am Produktionslevel.

    @DieterK
    Über Seeligers tendenziösem Rundumschlag möchte ich nur so viel loswerden.
    Auch ich glaube persönlich nicht, dass ein Mann wie Dieter Gorny welcher vor langer Zeit mit hinterfragbaren Methoden ein deutschsprachiges Musikprogramm politisch durchgesetzt
    hat als Sprachrohr geeignet ist um digitale Verwertungsmodelle zu entwickeln….aber das müssen diejenigen , die ihn als Kuh durchs Dorf jagen ggf. ändern, schließlich haben die ja auch Stein und Gebhardt ertragen oder gar überlebt :-) Chung gehört aber definitiv nicht in die gleiche verstaubte Kategorie.

    Peace!

  65. 65

    @Johnny:

    „@Stefan: Ich verstehe deine Frage nicht… ein legales Portal, auf dem man fast alle TV-Serien oder Filme als Stream sehen kann, verdient das Geld quasi im Schlaf. Hier und da ein kurzer Werbeclip vorweg, Werbung drumrum, Premium-Accounts für bessere Qualität oder Downloads oder wasweißich.“

    Also es ist ja berichtet worden, dass kinto.to mit seinen fast 4 Millionen Usern dem Geschäftsführer in sienem knapp 3-Jährigen Bestehen irgendwas um die 9 Millionen Profit beschert hatte. dazu gehörten Einnahmen durch Werbung, Browsergames, Abofallen, Scareware, etc.

    Natürlich kann ein legales Portal eine deutlich höhere Reichweite haben, aber selbst wenn Kino.To zehnmal den Umsatz gemacht hat, der zum Schluss als Profit herauskam, so würde es bei weitem nicht den verlust gegenfinanzieren, den die filmfirmen machen würden, weil nun kaum jemand mehr ins Kino geht.

    Die tatsache dass Filmstudios mal eben einen dreistelligen Millionenbetrag in irgendwelche Blockbuster investieren resultiert ja nicht zuletzt in der Tatsache, dass sie mehrere Verwertungsfenster aufbauen können, erst Kino, dann DVD (Verleih/Verkauf) dann TV. Mittlerweile kommt noch Maxdome/Hulu wasweissich dazu. Aber alle diese Sachen können nur dann existieren, wenn Verwertungsfenster aufgebaut werden, die diese extrem teuren Produktionen gegenfinanzieren. Da ist es mal eben mit einem Werbeclip davor und einem hinterher nicht getan. das finanziert diese filme nicht gegen.

    In den USA gibt es mit Hulu ein Potal, auf dem TV serien angeschaut werdne können, aber die gleiche Initiative von RTL und Pro7/Sat1 Gruppe ist soeben vom Bundeskartellamt eingestampft worden (wegen bedenken hinsichtlich Medienkonzentrationsrecht). Das wären aber nur TV Serien gewesen. Filmportale kannst du nur dann durchführen, wenn die Möglichkeit besteht, die Produktionen durch mehrere Auswertungsfenster gegenzufinanzieren.

    Die andere Lösung: wir leben alle mit kinofilmen, die ein Produktionsniveau haben, wie wir es aus den 60ern gewohnt sind, oder die so aussehen wie unsere ZDF-Fernsehspielfilme heute. (würg, kotz)

    Wollen wir das wirklich?

    Der einzige Grund, weswegen Kino.to funktionieren konnte war derjenige, dass die Betreiber für den kostsüpieligen „Content“ nix bezahlen mussten, keine steuern zahlten und ausser ihren zwei Dutzend Mitarbeitern niemaqnden entlohnt haben.
    Natürlich, wenn man Autoradios klaut und dann in irgendeiner Seitengasse feilbietet, kann man jeden legalen Händler unterbieten. das würd eich aber nicht „Geschäftsmodell“ nennen.

    Ein Geschäftsmodell, welches die aktuellen Verwertungsfenster so dermaßen zerstört, wird am ganzen Filmbetrieb zu erheblichen Finanzierungsproblemen bei zuküpnftigen Filmen führen. Das kann es doch nicht sein. Dass sich aufwneidige produktionen gegenfinanzieren müssen, ist doch evident.

    Darüber hinaus noch ein Wort zu youTube: YouTube (und auch andere Streamingplattformen) bezahlen gerade so extrem wenig für Content, dass den Künstlern die gerade ihre ersten Abrechnungen bekommen die Kinnlade herunterfällt, wie wneig da ausgeschüttet wird. Aktuell wird hinter vorgehaltener Hand von 0,02 cent pro Stream gesprochen. Das heisst für 4000 Streams gibt es 80 cents, also eine Packung Wrigleys Spearmint – für die Label und Künstler, die sich das dann noch teilen müssen (5 Kaugummis du, 5 ich). Für die Urheber soll es nochmal bedeutend weniger geben, und da hat die GEMA eben „nein“ gesagt.

    Und last not least: Youtube schreibt in Deutschland immer noch rote Zahlen. So ein Riesen-Geschäftsmodell ist das also noch garnicht. Füp google vielleicht, aber weder für LAbel noch Künjstler, und das kann es ja wohl nicht sein, eine ganze Kultursparte an einen Monopolisten zu verhöckern,und dann zuzuschauen, wie Künstler, Label und anhängige Musiksezenen kollektiv den Bach runtergehen.

    Nochmal zurück zum „konstruktiven Ansatz“: Ein Filmportal wie Kino.to wäre dann möglich, wenn es die Auswertungsfenster nicht zerstört, also Filme zum oder kurz nach dem DVD Start anbietet, und Fernsehsendungen vielleicht zwei tage nach der ersten Ausstrahlung. Dann müsste das ding aber immer noch bezahlt werden – zumindest für Filme.

    Drei Filme Pro woche = 10 € oder sowas. und da bist du kostentechnisch schon fast wieder bei Premiere/Sky. Da ssoll nicht heissen, dass so ein Modell nicht nachdenkenswert ist. Ich ziehe aber da die a la Carte Services, die es jetzt bereits gibt (iTunes, Zune, Videocity) vor.

    Gruß,

    Stefan

  66. 66

    @#795765: Danke für die Ausführungen (auch vorher schon), ich versuche ja oft, die Sache von vielen Seiten zu beleuchten und bin keineswegs blind pro Google (siehe hier und auch dort).

    Trotzdem kann ich deinem Schluss, man könne teure Filme nur produzieren, wenn die bestehende Verwertungskette bestehen bliebe, nur bedingt folgen und die Fragen, wieso zwar Simfy, aber nicht Spotify in D möglich ist, oder wieso es Hulu und Netflix hierzulande nicht gibt, unbeantwortet.

    Es ist doch mindestens ebenso evident, dass die bisherigen Modelle (zeitverzögerte Releases, länderspezifische Lizenzen, Einzelportale wie von RTL und Pro7/Sat1 angedacht etc.) einfach tot sind, egal, ob man das toll findet oder nicht. Das bedeutet, dass man gar nicht anders kann, als neu zu denken. Und wenn die Einnahmen gerade im Filmbereich seit vielen Jahren in den Keller gehen, wie kommt es dann, dass Blockbuster-Produktionen immer teurer, immer aufwändiger werden?

    Es stimmt sicherlich: Ein Film oder eine Band spielt heute (vielleicht oder in den allermeisten Fällen, die Topseller sind ja immer Ausnahmen) weniger ein als früher, als die Vertriebsmittel kontrollierter waren, man haptische Datenträger brauchte und es schwer war, an eine VHS-Kassette oder eine DVD aus einem anderen Land zu kommen. Dann könnte das aber auch bedeuten, dass Blockbuster-Schauspieler keine Millionen mehr pro Film verdienen können, dass ein gut laufender Künstler vielleicht nicht Millionen, sondern nur Hunderttausende verdienen wird. Dem ist aber nicht so. Es gibt fünf Folgen von Filmen wie „Fast and Furious“, bei denen die Kohle sicher nicht in den Plot geflossen ist und deren Klientel vermutlich besser mit Heimkino-Equipment und Highspeed-Netz ausgestattet ist als viele andere – hättest du Recht, wäre es unmöglich, davon auch nur zwei Teile zu produzieren. Und auf der anderen Seite sind Produktionsmittel so unfassbar viel günstiger geworden, dass selbstausbeuterische Kurzfilme als Erstwerke heute nicht mehr 100.000 (wie vor 15 Jahren), sondern nur 10.000 Euro brauchen, der Einstieg ist also viel leichter geworden, inklusive Vertrieb/ PR übers Netz.

    Das Netz verändert Branchen an allen möglichen Ecken und Enden (Fotografie, Logistik, Kartografie, Marketing/PR) nicht nur im Entertainment-Bereich, der allerdings gemeinsam mit den Zeitungsverlegern am lautesten darüber klagt und auch gerne mal nach staatlicher Einmischung ruft, damit das alte Modell so lange wie möglich bestehen bleibt. Dieses Model ist aber bereits tot, es gibt nichts zu halten oder wieder zu beleben. Es ist vorbei.

    Und statt darüber zu jubeln, wie grandios es ist, dass Ländercodes und Sendezeiten und dieser ganze andere Unfug passé sind, soll es nur dadurch möglich sein, Filme oder Musik zu produzieren? Sorry – ich bin bei jedem Künstler, der von seiner Arbeit gut und von mir aus auch sehr, sehr gut leben kann, glücklich – aber das ist Quatsch.

    Ich kann jeden Film aus dem Netz haben, den ich will, und ich gehe trotzdem gerne ins Kino (was mich mit zwei Kindern und zwei Erwachsenen inkl. Popcorn und Drinks gerne mal 50 Euro kostet), das Erlebnis ist einfach ein anderes, dafür zahle ich, nicht für den Film. Und auch bei der Musik habe ich für etwas anderes gezahlt als für die reine Musik (ich habe das vor drei Jahren hier mal aufgeschrieben), ich zahle immer für Erlebnisse, Einfachheit, Zugänglichkeit, Möglichkeiten.

    Es gibt keinen Weg daran vorbei, die Unterhaltungsbranche muss sich zusammen tun und einen ganzheitlichen Weg finden, anders wird es nicht gehen. Ländercodes und zeitversetzte Releases: Weg damit.

    Es gibt so viele Möglichkeiten, aber sie werden nicht genutzt. Handy-Hersteller haben ihre Geräte jahrelang quasi an den Kunden verschenkt, weil sie über die Tarife subventioniert waren, bis der Markt gesättigt war, danach musste man sich neue Modelle und neue Geräte ausdenken. Print-Verleger experimentieren mit Paid Content oder zu bezahlenden Apps, Online-Portale lassen sich bestimmte Leistungen bezahlen (ich habe einen flickr-Pro-Account, nutze das Projektmanagement-Tool Basecamp gegen Gebühr, bezahle Amazon für schnellere Lieferung, gebe Geld bei Google aus für Firmenservices, herrje, ich hatte sogar mal einen Xing-Premium-Account! Ich gebe also massig Geld im Netz aus!).

    Es ist nicht so, dass gar nichts passiert, iTunes macht es vor, und auch der Vorwurf, die würden nichts zurückgeben, wird sich in den nächsten Jahren verändern müssen, denn so etwas wie die Live-Sessions zeigt ja schon, dass es durchaus Möglichkeiten gibt. Oder denk mal an Amazon in Sachen Büchern: Die sind jetzt plötzlich Verlag und zahlen sogar Vorschüsse an einige Autoren (und bessere Beteiligungen als die klassischen Buchverlage…).

    Nee, nee. Es kann nicht darum gehen, dass alles so bleiben muss, wie es war. Ganz im Gegenteil.

  67. 67
    arne

    Das ist der Grund, warum ich Spreeblick lese. Hier gibt es ein paar Leute, und Johnny bringt sie zusammen (merci dafür), die sich etwas mehr Gedanken machen. Weil sie selber drinsteck(t)en, ernsthaft über neue Möglichkeiten diskutieren und fanboydom nur als Karikatur verstehen.

    Als BWler und Hobbymusiker stehe ich immer wieder staunend vor der Frage, warum das Internet eher zur Zentralisierung neigt, ist es doch dezentral gedacht worden.

    Ganz im Gegensatz zu den klassischen Medien, bei denen es umgekehrt zu sein scheint. Abgesehen von der Businesslogik, die Giganten wie Apple, amazon und Google erst hervorgebracht hat, sollte es wieder um Inhalte gehen. Die genannten verdienen zwar prächtig an Kulturschaffenden, aber im Gegensatz zu Verlegern oder Plattenfirmen „machen“ sie sie nicht.

    Sie haben kein Interesse an der Entwicklung, weil sie aus dem Vollen schöpfen können. Das ist die etwas dreistere Umsetzung der Piratenforderung nach „freien Inhalten“, nur liefern die Businessgiganten tasächlich noch etwas Mehrwert, wie z.B. exposure, fulfillment oder advertising. Weitergedacht müssten die Piraten von Google Steuern verlangen, um hierzulande die Bildung zu finanzieren, um die Inhalte produzieren zu können. Anonymus könnte die Rechtsvertretung hierfür übernehmen (irony off).

    Die Chancen, mit youtube Weltstar zu werden oder über iTunes mit selbstproduzierten Werken reich, sind überschaubar. Was m.E. wirklich fehlt, sind, nun in Sachen Musik gesprochen, die Orte, wo man Musik gemeinsam erleben kann, früher Musikclubs. Berlin ist da vielleicht etwas besser dran, solange die Touris diesen Zweig speisen. Nur da, wo Musiker auf Publikum treffen, findet das statt, was ich mir unter Musik hauptsächlich vorstelle. Wenn ich mir aktuelle Engagementverträge, z.B. aus London für Pop Acts, anschaue, wird mir auch klar, dass neben der Tonträgerindustrie auch die Veranstalterseite am Ende ist.

    Nur wie könnte es weitergehen? Ohne Sponsoring und Kulturflatrate? Wenn keiner bestellt, wer bezahlt dann?

  68. 68

    @Arne:
    Guter, intelligenter Post. Danke dafür.
    In der Tat ist es zu hinterfragen, warum die essentiellen Strukturen im Netz zu Monopolen tendieren: Facebook, Google, Apple Amazon sind alles Monopole (zumindest in ihren Kerngeschäftsbereichen). Und ich glaube der Grund liegt darin, dass netzwerkökonomische Umsonstangebote eine Tendenz zu dieser Monpolisierung haben, weil es automatisch zu einer „Winner Takes It All“-Situation kommt. Sobald eine Infrastruktur jedoch bezahlt wird, bildet sich Wettbewerb heraus.

    „Nur wie könnte es weitergehen? Ohne Sponsoring und Kulturflatrate? Wenn keiner bestellt, wer bezahlt dann?“

    Wie ich oben schn ausgeführte, sind die Ansprüche von Konsumenten und Anbieter vielleicht doch vereinbar, wenn man genau auseinanderdividiert, wer eigentlich was haben will, was man umsonst verlangt, und ab wann eine Leistung GEld kosten darf. Hier besteht in der Tat Diskussionbedarf, und Anbieter und Nutzer müssen sich endlich mal klar machen, dass sie bei so einer Zusammenarbeit idealerweise im gleichen Boot sitzen sollten, denn die Benachteiligung eines der beiden teile hilft dem Gesamtsystem nicht.

  69. 69

    @#795786: Danke für die netten Worte (und die Anmerkungen)! Mir macht das hier gerade auch viel Spaß – liegt aber auch am Thema, das man nur verfolgen kann, wenn man sich näher damit beschäftigt und das wiederum bedeutet, dass man weiß, dass es mit Schwarzweiß nicht getan ist…

    @#795790: Google etc. sind quasi-Monopolisten, richtig. Aber warum? Doch nicht nur, weil sie kostenlose Dienste anbieten, das tun viele andere auch. Und Apple tut nicht einmal das, sondern verlangt ordentlich Geld für sein iPhone, seine iTunes-Ware, seine Apps – dort geht das Geld unserer Kinder hin, die heute mehr für Unterhaltung ausgeben als ich es jemals tat (siehe auch hier). Gerade bei Apple hast du doch deine Konkurrenz, nur fehlt es an Mitbewerbern, denn die einzig nennenswerten sind mal wieder – richtig: Google mit dem Android Market (mit Google Music hierzulande noch nicht)!

    Gerade bei den Beiden (und dann noch Amazon dazu!) davon zu sprechen, dass es keine ganz klassische Wettbewerbssituation gäbe, ist völlig falsch, sorry. Im Gegenteil: Der Wettbewerb ist so dramatisch, dass in fünf Jahren schon wieder alles ganz anders aussehen kann. Google gibt es erst seit rund 14 Jahren und heute tun wir so, als könne man dem nichts entgegensetzen und man wäre machtlos? Das glaube ich nicht. Sieh dir an, wie Google gegen ein noch jüngeres Unternehmen wie Facebook kämpft und du weißt, dass Google kein heiliger Gral ist.

    Es braucht: Rechtssicherheit für alle, sowie Branchen- und Vertriebsstrukturen innerhalb der Entertainmentbranche, die innovative Modelle auch aus kleinen Firmen zulassen. Man stelle sich vor, jeder im Netz könnte zu (dem digitalen Markt angepassten und fairen) Konditionen Musik und Filme vertreiben. Legal. Und egal, ob er einen Song pro Monat verkauft oder einen Service drumherum anbietet, oder ob er 1 Million Streams hat: Er kann es, rein rechtlich. Allein diese Möglichkeit würde die Tore für so viele Ideen öffnen, dass man sich nur noch freuen würde. Stattdessen gehen junge Unternehmen pleite, weil die GEMA etc. sich zu langsam bewegen, und tausende von Podcastern in D können keine Musik spielen und empfehlen, weil sie dafür einen Vertrag mit absurden Regeln mit der GEMA abschließen müssten.

    DAS alles hemmt Innovation und neue Ideen.

    Ein Nutzer interessiert sich nicht für das System oder das Geschäftsmodell oder den Wettbewerb oder den ganzen Kram. Der sieht das Netz und nutzt es, Punkt. Es liegt an denjenigen, die Geld mit Inhalten verdienen müssen oder wollen, dort ihren Platz zu finden – das ist nicht leicht, ich weiß. Aber wir können nicht behaupten, es sie unmöglich und gleichzeitig immer wieder die Millionenumsätze von Google, Amazon und Apple erwähnen.

    (Ich schätze deine Beiträge hier übrigens sehr, also bitte nicht verwirren lassen von meinen Widerworten! :))

  70. 70

    @Johnny,

    Danke für deinen konstruktiven Post. Ich versuche mal etwas zu konkretisieren:

    „Trotzdem kann ich deinem Schluss, man könne teure Filme nur produzieren, wenn die bestehende Verwertungskette bestehen bliebe, nur bedingt folgen und die Fragen, wieso zwar Simfy, aber nicht Spotify in D möglich ist, oder wieso es Hulu und Netflix hierzulande nicht gibt, unbeantwortet.“

    Spotify:
    http://www.digitalmusicnews.com/permalink/2011/111115cannibal?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+digitalmusicnews+%28Digital+Music+News%3A+Top+Stories%29
    (wie kann ich denn hier links kenntlich machen?)

    Vielleicht beantwortet das die Frage, wieso Spotify nicht überall mit Jubelrufen angenommen wird. Ich bin auch skeptisch. Ich glaube zwar an Streaming, abewr nicht an das Geschäftsmodelle von Simfy und Spotify.

    „Es ist doch mindestens ebenso evident, dass die bisherigen Modelle (zeitverzögerte Releases, länderspezifische Lizenzen, Einzelportale wie von RTL und Pro7/Sat1 angedacht etc.) einfach tot sind, egal, ob man das toll findet oder nicht.“

    Also dafür dass sie schon tot sind, machen Kino, DVD und TV aber noch verdammt viel Umsatz. Insofern kannst du von „tot“ nicht sprechen. Die Einnahmen gehen in der Tat (teilweise) in den Keller und dadurch ändern sich die Modelle der Finanzierung. Teuerster Film ist bisher „Avatar“, aber die querfinanzierung gelang nur, weil Avatar mit seinem 3d Feature ein exklusives Feature gehabt hatte, welches man nicht kopieren konnte. Ohne 3d hätte Avatar sicherlich nicht soviel Budget bekommen.

    Ebenfalls wurde in den 90ern das Höchste Produktionsbudget von Filmen alle drei bis 6 Monate übertroffen. Heutzutage passiert das nicht mehr. Finanziert werden nur möglich „sichere“ Inhalte, bei denen das Franchise bereits etabliert ist, z.B. Harry Potter oder die ganzen Superheldenverfilmungen. Ob das das Kino ist, welches wir haben wollen, lass‘ ich jetzt mal dahingestellt.

    Wenn Risikos mit neuen Stoffen, Schauspielern genommen werden, so ist das Budget meist ausserordentlich klein. Wie gesagt ist ein Huluähnliches Modell in BRD gerade vom Kartellamt abgelehnt worden, und Netflix geht es nach einer mislungenen Preiserhöhung in den USA garnicht mehr so gut. Die entlassen gerade massig Leute.

    Warum Schauspieler so gut bezahlt werden? Weil sie eben evidentermassen Leute ins Kino holen. Ich glaube auch nicht, dass die Klientel von „The Fast & The Furous“ so netzaffin ist, ausserdem ist Vin Diesel als Schauspieler sicherlich nicht so hoch dotiert wie Johnnie Depp.

    Dass es noch extrem viel gut gemachte Independent-filme gibt, davon kann man sich jedes Jahr auf dem Fantasy Film Fest überzeugen (z.B. dieses JAhr HESHER, oder SUPER), aber diese Filme haben kaum das Potential in den Mainstream durchzubrechen, weil das Budget nicht reicht, um Frisösen-Frida ins Cinemaxx zu ziehen.

    Aber die Gegenfrage: Wo snd denn dann die ganzen Netzvertriebsfirmen, die es einem filmemacher mit Budget zwischen 10 und 25 tausend € ermöglichen seine Filme zu vermarkten? Wo sind die Meisterwerke? Ich kenne leider keine. In der Tat sind die Produktionsmittel deutlich demokratisierter als noch vor zehn Jahren, aber die Ergebnisse bleiben trotzdem aus. Da scheint (wie übrigens auch bei Musik) das traditionalle Modell aus Studios und LAaels aktuell immer noch besser zu funktionieren. Auch die Abstinenz von Venture-Kapital in diesem Bereich ist ein gutes Indiz dafür, dass das Selbstpoudktions- und -vertriebsmodell nicht ganz so toll funktioniert wird, wie ein MArcel Weiss das gerne behauptet.

    Ich stimme dir auch nicht zu, dass das Tagezeitungsmodell „tot“ ist. Es riecht gerade nur ein bisschen streng. Aber diese ganzen Modelle sind in der Tat nicht ausgereizt und (noch) nicht auf die digitalisierung ausgerichtet.

    Am allerwichtigsten aber: Ich glaube nicht(!), dass alles so bleiben muss/sollte wie es derzeit ist. Ich sage nur, dass es gewisse unternehmerische Sachzwänge gibt, die sich eben nicht nicht wegdiskutieren lassen. Wenn ich als Warner Bros mit einem Harry-Potter Teil 30 € vom Kunden abgrasen kann (Kino, Blu-Ray, TV und Merchandising), werde ich das nicht zugunsten von 0,3 € tauschen. Ist doch evident. Das ist auch mittelfristig nicht im Sinne von Leuten die gerne ins Kino gehen, denn die Filme die Warner mit 0,3 € pro Kunde produzieren kann, wollen wir beide garantiert nicht sehen.

    Aber das soll nicht heißen, dass du mit deinem Beharren auf Convenience und zeitnahem Zugriff nicht doch recht hast, da ist natürlich was dran. Wichtig ist, dass wir hier die Interessen der Kunden und die faktischen Erfordernisse des Marktes mal übereinander bekommen müssen. Im Musikbereich habe ich dazu auch schon eine These, wie das funzen könnte.

    Piraterie ist in diesem Aushandlungsprozess aber nur „Störfunk“, das macht den Prozess nicht einfacher, sondern schwieriger. Märkte sind dann effektiv, wenn sie funktionieren, nicht wenn sie versagen.

    Gegenfrage: Wieviel wärst du denn bereit, für so eine filmplattform zu bezahlen.

    Gruß,

    Stefan

  71. 71
    arne

    Vom Filmgeschäft habe ich wenig Ahnung. Teure Filme werden aber heute von der Wallstreet finanziert und auch nur dann, wenn Brad Pitt mitspielt, hat man mir gesagt. Mein Vertrauen in „die Märkte“ hat über die Jahre nachgelassen, nicht zuletzt durch die vielen Systemkrisen, z.B. Dotcom-Crash, Finanzkrise I und II etc..

    Wenn man Ludwig Erhard liest, könnte man tatsächlich glauben, dass das mit dem Wettbewerb einmal funktioniert hat. Heute machen 500 global tätige Konzerne über 50 % des Sozialprodukts. Marktversagen ist eher die Regel als die Ausnahme. Gute Beispiele hier sind Energieversorger und Ölkonzerne. Wettbewerb führt oft zu Konzentration, Abhängigkeit und nachlassender Qualität. Oft auch zu kleinen weißen mp3-Playern, die schlecht klingen.

    Im Gegensatz zum Nachkriegsmangel und funktionierendem Wettbewerb haben wir heute in den meisten Branchen ein Überangebot und destruktiven Wettbewerb. Musik gibt es auf jeden Fall mehr als genug, aber wie Zappa sagte, music is the best.

    Apple, Google, amazon, facebook usw. werden irgendwann auch verschwinden oder übernommen werden, die Prozesse werden nur schneller ablaufen im Internet. Der Bedarf an Kultur wird dann immer noch da sein.

    Früher gab es die Kultur in Bibliotheken und Theatern. Was spricht dagegen, das wieder so zu machen? Und jetzt kommt mein naiver Vorschlag: Das repository, das Johnny nannte (die Quelle aller digitalen Daten) wird eine öffentlich-rechtliche Einrichtung mit dezentralem Charakter und einheitlicher Technologie, eine Bibliothek. Möge der Staat sagen, ob ihm das wichtig genug ist, Steuern seiner Bürger in dieses Projekt zu leiten.

    Wenn das nicht kostendeckend ist, gibt es ein Abosystem oder pay-on-demand. Offene Technologien, nach Wahl download oder streaming, Filme, Musik, Text, Grafik. Die Anbieter nutzen eine neutrale Infrastruktur, wie z.B. ein Strassen- oder künftig evtl. Stromnetz als Shop oder Distributionsnetz und bestimmen selbst die Lizenzierung von CC bis talk-to-my-lawer, ebenso den Preis. Das verlagert den Wettbewerb wieder auf Inhalte, weg von den Technologieanbietern.

    Wenn ich es mit meinen bescheidenen IT-Kenntnissen hinbekomme, eine solche Platform im Kleinen zu bauen, sollte es möglich sein, dies zu skalieren. Abgerechnet wird nach Erfolg. Und man könnte sich das EEG (Erneuerbare Energien Gesetz) als Vorbild nehmen, das solche Leute belohnt, die einspeisen, degressiv subventionieren bis die Investition eingespielt ist und die neuen Serverfarmen dann von den 10 % Erlösbeteiligung kaufen. Das in ganz Europa, ausser UK.

    Die Labels und Studios können die Plattform nutzen. Die „Independents“ werden wohl in der Überzahl sein. Alles ist legal, vieles kostenlos und für kommende Krisen gewappnet.
    Hatten wir alles schon mal, als sich die Majors nicht einigen konnten und Apple kam? Lebe ged weida.

    Kultursparkassen. Weit hergeholt, aber irgendwie auch naheliegend, oder?

  72. 72

    @#795796: Wow. Danke (wieder) für das massive Feedback und die Infos – ich denke gerade darüber nach, wie wir diese Debatte sinnvoll auf der re:publica unterbringen können, ohne dabei wieder in die üblichen Muster zu verfallen. U.U. melde ich mich dann mal per Mail bei dir, okay?

    Aber die Gegenfrage muss ich dann doch direkt beantworten, auch wenn ich bestimmt nicht der typische Netzkunde bin (zu alt, außerdem mit Bewusstsein für Künstler, weil ich lange selbst Musik gemacht habe usw.): Ich glaube, 20 Euro sind mindestens drin. Wahrscheinlich aber sogar mehr, denn ich gebe mehr aus, wenn ich alle Apps und Services zusammen rechne. Derzeit kostet mich allein die hervorragende iPlayer-App der BBC schon 7 Euro im Monat.

    Aber wie gesagt: Ich bin keine 16 mehr.

  73. 73

    @#795801: Also wenn das keine gelungene Bewerbung für einen möglichen re:publica-Talk zu dem Thema ist, dann weiß ich auch nicht. :)

    Danke dafür. Und überhaupt allen für die inspirierende Debatte!

  74. 74

    @arne:
    (Off topic)
    Interessante Perspektive, der man schwer wiedersprechen kann, insbesondere das verhältnis Marktversagen/funktionierende Märkten ist richtig skizziert. So habe ich das ehrlich gesagt noch nicht gesehen. Ob man deswegen das Vertrauen in Wettbewerb verlieren sollte, weiss ich nicht.

    Ich glaube das Problem liegt woanders:
    Das System Ökonomie überrundet gerade das System Politik in Sachen Geschwindigkeit schlicht und einfach. Märkte entstehen und zerfallen gerade mit einer Geschwindigkeit, dass die Politik mit der Regulierung derselben nicht nachkommt. Hier stellt die Digitalisierung natürlich einen Katalysator dar, Globalisierung einen zweiten, parallel stattfindenden.

    Beide Umwälzungen werden sich dann aber auch sobald nicht widerholen, soviel steht mal fest. Aber aktuell sind in der Tat zuviele fluktuierende Variablen im Spiel und die Dynamik der Märkte müsste irgendwie gebändigt werden, damit die Politik wieder mitkommt.

    Oder alternativ müsste Politik als System deutlich schneller agieren können, das dauert alles viel zu lange. Vielleicht sind die Ebenen aus kommunaler, föderaler, nationaler und internationaler (EU) Struktur nicht mehr zeitgemäss. Das sind meistens vier Politikebenen, durch die alle wesentlichen Entscheidungsfindungen „hindurch“ müssen.

    Back to Topic:
    @Johnnie: Verständnisfrage: 20€ monatlich oder jährlich? Will nur sicher gehen.

  75. 75

    @#795805: Monatlich. :)

  76. 76
    arne

    @ stefan

    Ja, eine richtige Gemengelage ist das. Wettbewerb im Sinne der Verbesserung der Verhältnisse für Verbraucher, Anbieter, Mittler, besser: alle Marktteilnehmer, ist sicherlich gut. Ich sage nur, dass aufgrund der bekannten Phänomene Globalisierung, Digitalisierung, soziodemographische Veränderungen usw. es beinahe unmöglich ist, global so etwas wie Gerechtigkeit im Marktsinne herzustellen. Ein wesentlicher Punkt hierbei ist Marktmacht, s. youtube Diskussion.

    Weil die Politik hinterherhinkt, Entscheidungsprozesse zu langsam sind, Partikularinteressen zu dominant und vieles mehr. Die amerikanischen Big Player sind deshalb so erfolgreich, weil sie in ein Vakuum vorgestossen sind, das andere nicht schnell genug füllen konnten. Und das meine ich ausdrücklich positiv, sie haben es angepackt und finanziert bekommen. Die europäische Ratingagentur, das europäische GPS Galileo usw. zeigen, dass Schnelligkeit nicht eine europäische Stärke zu sein scheint. Gründlichkeit und Nachhaltigkeit eher. Ich denke, in diese Richtung muss es gehen.

    @johnny

    Es wäre mir eine Ähre.

    @mark und alle anderen

    Sorry für das Hijacken des Threads. Aber für mich hängt das alles irgendwie an einem Faden. Ich bin sehr froh nicht im Musikbusiness zu arbeiten, kann aber die Qualen nachfühlen, die das Kleinklein der Beteiligten/Betroffenen verursacht.

  77. 77

    Gerade findet auf Avaaz eine Petition gegen den neuen „PROTECT IP Act“ (http://www.avaaz.org/de/save_the_internet/97.php?cl_tta_sign=699b1738e422914909632b156970b8ac) statt.
    Hintergründe auch gerne bei Wiki lesen: http://en.wikipedia.org/wiki/Protect_IP_Act
    Das wäre zumindest mal ein Hebel der Hardliner: Alle Webseiten unterbinden, die nur dazu dienen Urheberrecht zu unterlaufen. („The PROTECT IP Act focuses on websites that have „no significant use“ other than copyright infringement, or enabling or facilitating copyright infringement.“)
    Ich glaube die gutgemeinten Vorschläge, die hier zu lesen sind, sind bei jetziger Situation des Internets kaum mehr als Diskussionsbeiträge, oder wie Arne so schön schrieb „europäische Trägheit“. Ich habe gestern mal wieder einen Ausflug in die Welt der Linkprovider unternommen (mal eine „Toplist“ durchgegangen) und musste genau das erkennen: Der Zug ist abgefahren, hier helfen keine neuen Geschäftsmodelle mehr, kein Simfy, Spotify, hier liegt alles auf einem silbernen Tablett und schreit danach „lad mich runter, dann bekomme ich meinen fileserve-account gegenfinanziert“ oder so.
    Ich werde langsam auch zum Hardliner, abschalten die ganze Bagage, weg mit dem Dreck, der nichts weiter tut, als die Kreativität anderer für den eigenen Profit zu benutzen. Sorry musste jetzt mal sein, auf jeden Fall wird die Petition nicht unterschrieben.

  78. 78
    arne

    Eva Klitz, weiter oben:

    „Garrett Hardin zufolge werde, wenn eine Ressource uneingeschränkt allen Menschen zur Verfügung steht, jeder versuchen, für sich so viel Ertrag wie möglich zu erwirtschaften. Das funktioniere, solange nur so viele Menschen das Gut (etwa eine Weide, auf der Hirten ihr Vieh grasen lassen) ausbeuten, dass das Gut nicht erschöpft wird. Sobald jedoch die Zahl der Nutzer über ein bestimmtes Maß hinaus ansteigt, greife die Tragik der Allmende: Jeder versuche nach wie vor, seinen Gewinn zu maximieren. Nun reiche das Gut aber nicht mehr für alle. Die Kosten, die durch den Raubbau entstünden, trage die Gemeinschaft. Für den Einzelnen sei der augenblickliche Gewinn wesentlich höher als die erst langfristig spürbaren Kosten. Doch letztlich trage jeder sowohl zum eigenen als auch zum Ruin der Gemeinschaft bei (“freedom in the commons brings ruin to all”)“

    Ich kenne Hardin jetzt nicht im Detail, aber für Weiden mag er recht haben. Selbst bei Strassen kann man einen solchen Effekt sehen, der auch zu den CSU-Forderungen nach Autobahnmaut führt. Noch schlimmer wird es beim Öl in der Arktis, da gibt es noch nicht mal einen funktionierenden Rechtsrahmen, jetzt, wo das Eis schmilzt.

    Das Internet hingegen hat einen unschätzbaren Vorteil, es nutzt sich nicht ab, ebensowenig wie eine digitale Kopie. Das Problem ist der Eigentumsbegriff, der in einen Nutzungschancebegriff transformiert werden muss, ein globales Grundrecht auf Nutzung gegen oder ohne Entgelt basierend auf der Entscheidung über die Lizenzierungsform der Gesellschaft oder des einzelnen Urhebers.

    Wolkenkuckucksheim, ja. Aber zumindest haben wir so etwas in vielen Ländern im Erziehungssektor hinbekommen. Lehrer werden bezahlt, Kinder lernen lesen und schreiben und insgesamt geht es vorwärts. War vor 500 Jahren undenkbar.

    Wenn dann keiner mehr Unterhaltung (ist das die „Weide“?) will, oder das Geld ausgeht, weil keiner mehr bezahlen will, dann gibt es halt nichts Neues mehr und wir schliessen den Laden. Stones, Nirvana und Lady Gaga für immer, natürlich erst nach Ablauf der Schutzfristen.

    @pyrolator

    I feel your pain. Führt aber zur alten Forderung, dass Kriminalität verboten werden sollte ;-).

  79. 79

    Getroffene Hunde bellen! Am besten gefällt mir am Ende bei den Kommentaren sein: Mir geht es nur um eines: Transparenz. Aha? Interessant….

    Ansonsten lenkt er doch die ganze Zeit von der zumindest mich als Künstler betreffenden Problematik ab und sucht lediglich andere Buhmänner.
    Kommentar eines Lesers:
    Auch sein Google-Vergleich hinkt m.E. extrem. Richtig ist, dass Google ja Künstler bei z.B. YouTube an den Werbeerlösen beteiligt. Gleichzeitig ist es richtig, dass Google sämtliche Dienstleistungen kostenlos anbietet. Die Künstler bekommen dafür Werbung und einen Ort an dem man sie kennenlernen (YouTube) oder überhaupt finden kann. Dies mag aus meiner Sicht naiv sein aber ich kaufe grundsätzlich eher Musik die ich kenne und gern häufiger höre als mir völlig
    unbekannte Musik.

    Noch einer:

    Meine Güte, wie viel Zeit wurde jetzt bitte in diesen Brief gesteckt? Und wie viel Zeit in die dazugehörigen Recherchen? Wieso wurde diese Zeit nicht dafür genutzt, mal etwas zu bewegen und tatsächlich neue Verwertungsmodelle zu entwickeln? In diesem Brief steht dazu irgendwie gar nichts. Es wird zwar erwähnt, dass da ganz viele existieren, aber keine werden genannt. Lieber wird auf irgendwelchen finanziellen Verbindungen herumgeritten, die scheinbar für das ganze Elend verantwortlich sind.

    Der Brief erinnert mich fatal an die gesamte Leistungsschutzdebatte, in der plötzlich böse Internetunternehmen an der ganzen Misere Schuld sein sollen. Hier ist ein kurzer Hinweis: Google ist genauso wenig schuld wie die Telekom. Da könnte man nach einem Einbruch ja gleich den Staat verklagen, weil er die Straßen gebaut hat, über die die Einbrecher gefahren sind. Einzige Ausnahme bildet da vielleicht YouTube, aber bis auf nervige Gema-Meldungen sehe ich da sowieso nicht mehr viel an Inhalten.

    Statt also offene Briefe mit technisch teils fragwürdigem Inhalt (also bitte ein Anfängerbuch über die Funktionsweise des Internet lesen!) zu schreiben, wäre es mal nicht schlecht diejenigen zu fragen, von denen Euer Überleben abhängt: die Konsumenten. Entwickelt doch mit uns gemeinsam ein Online-Angebot, das so gut ist, dass jeder ohne groß nachzudenken sagt: bin dabei und bezahle. Dann können wir die ganze Diskussion über das Urheberrecht und dieses selbst in die Tonne treten (bzw. etwas genauer das Verwertungsrecht).

    Yo, aber trotzdem mal interessant, welche Argumente so „auf der anderen Seite“ verwendet werden.

    Danke!

  80. 80

    @ Arne:
    (Nochmal Off topic)
    Größtenteils d’accord, aber in diesem Falle herrscht Marktversagen nicht nur wg. Marktmacht, sondern vor allem wg. öffentlicher Güter. MArkt wird erst dann wieder hergestellt, wenn das MArktversagen behoben werden kann.

    „Das Internet hingegen hat einen unschätzbaren Vorteil, es nutzt sich nicht ab, ebensowenig wie eine digitale Kopie. Das Problem ist der Eigentumsbegriff, der in einen Nutzungschancebegriff transformiert werden muss, ein globales Grundrecht auf Nutzung gegen oder ohne Entgelt basierend auf der Entscheidung über die Lizenzierungsform der Gesellschaft oder des einzelnen Urhebers.“

    Hier stimme ich nicht zu. Natürlich nutzen sich weder die Waren ab, noch besitzen sie Rivalität. Das heisst, dass digitale güter andere eigenschaften in dern Nutzung haben als private Güter.

    Das gilt aber nicht für ihre Herstellung, denn sie werden mit knappen ressourcen hergestellt: Zeit, Geld, Talent. Insofern kjann die tragik der allmende trotzdem greifen, denn sie unterminiert nicht die Prtäsenz alter güter, sondern die Herstellung neuer Güter und die erosion der Infrastrukturen.

    Strenggenommen sind digitale güter also in einer anderen gütergruppe beheimated. Sie haben mehr mit Club- oder Mautgütern zu tun als mit privaten Gütern. Insofern ist Piraterie mehr mit Schwarzfahren zu vergleichen, als mit Diebstahl (sog. Trittbrettfahrerporblem).

    Aer Begriff des „geistigen Eigentums“ entpringt aber einer gesellschaftlichen Konvention, die gerade auf dem Prüfstand steht, weil eine Gesellschaft nicht verstanden hat, wie Krerativwirtschaftsgüter produziert werden. Das heisst aber nicht, dass wir die Exklusivität und damit den Eigentumsbegriff wirklich abschaffen sollten. Nur weil sämtliche Klimaschutzkonferenzen ihr Ziel verfehlen müssen wir ja auch nicht den Umweltschutz abschaffen. Eher im Gegenteil.

    Insofnern besteht (sagte ich ja schon oben) eine Interdependenz zwischen der Widerherstellung des Marktes und den viel beschworenenh neuen Geeschäftsmodellen.

    Gruß,

    Stefan

  81. 81
    arne

    @ stefan

    Das sind ganz dicke Bretter, die da gebohrt werden müssen, Stichwort immaterielle Arbeit. Natürlich fließt Zeit, Geld, Talent, Ausbildung und Herzblut in all die künstlerischen Leistungen, aber müssen sie deswegen bezahlt werden, einen Markt finden?

    Ich sage ja, nur der jetzige Marktmechanismus ist gestört. Und nicht nur wg. P2P, filehostern oder Festplatten, die ich mal eben bei meinem Kumpel kopiere. Sondern weil man das Internet nicht bombardieren kann, ironischerweise wurde es u.a. aus diesem Grund entwickelt.
    Ebensowenig wie man genügend Gefängnisse für Raubkopierer bauen kann.

    Verstehe mich nicht falsch, diese Optionen stammen nicht von mir. Ich finde es toll, dass ich mir legal und kostenlos Nietzsche, Goethe und Plato runterziehen kann. Ich hätte aber auch gerne eine Möglichkeit, die unbekannte Band aus Lüdenscheid oder Shanghai zu hören und zu sehen, evtl. auch für ein kleines Geld. Dass Marktteilnehmer Zeter und Mordio schreien, ob der illegalen Verwertung ihrer Assets, verstehe ich.

    Aber ich glaube, dass Technologiesprünge uns immer schon zur Reorganisation ganzer Branchen gezwungen haben. Labels, Produzenten, Veranstalter, PR-Agenturen, Booker etc. wird es wohl auch in Zukunft geben, aber sie werden irgendwo im Internet angedockt werden, da Dienstleister sein, wo die Quelle der kulturellen Leistung sitzt, m.a.W. beim Künstler. Google, Apple, facebook, amazon werden auch demütiger werden, ebenso die Labels.

    Aber nur, wenn die Künstler es schaffen, den gesellschaftlichen Bedarf (ein mit Kaufkraft ausgestattetes Bedürfnis) transparent zu machen, m.a.W. dass die „Konsumenten“ das „Produkt“ oder besser noch dessen Produktion direkt oder indirekt bezahlen. Die Vervielfältigung wird dabei in den Hintergrund treten und damit werden Geschäftsmodelle zusammenbrechen und neue entstehen. Das wird der Zeitpunkt sein, wenn Apple und die anderen ihre Musikstores zumachen und sich anderen Projekten zuwenden. Denke ich mal.

    Das eigentlich Spannende an all dem ist doch, dass die Menschheit ob der finanziellen Verflechtungen, des Zusammenbruchs des Kommunismus, der globalen Umweltprobleme, der wirtschaftlichen Globalisierung, des Internets, der Waffenarsenale, gezwungen ist, friedlich Lösungen für all diese Probleme zu finden. Kultur war schon immer eine gute Brückentechnologie und spannender als die nackte Ökonomie ist sie allemal. Die Orientierungslosigkeit in dieser Finanzkrise wird sich möglicherweise als Segen herausstellen.

    Es sieht so aus, als ob wir beide die letzten sind, die in diesem Thread noch diskutieren.

  82. 82

    „Google ist genauso wenig schuld wie die Telekom. Da könnte man nach einem Einbruch ja gleich den Staat verklagen, weil er die Straßen gebaut hat, über die die Einbrecher gefahren sind. Einzige Ausnahme bildet da vielleicht YouTube, aber bis auf nervige Gema-Meldungen sehe ich da sowieso nicht mehr viel an Inhalten.“

    Um die Analogie mal weiteruzführen: Bleiben die Telekom oder die „Gelben Seiten“ auch dann nicht haftbar für ihr Telefonbuch, wenn auch die Telefonnummern von Hehlern mit Berufsbezeichunung drinstehen, nebst der Waren die sie anbieten? Und wenn die teleokom an diesen Einträgen sogar noch Geld verdient, je nachdem wieviele Leute sie anrufen?

    Und ja, YouTube ist eine Promotionplatform. Aber eine Plattform, die aktuell nicht fragt, ob sie deine Musik anbieten darf. Vielleicht möchtest du als Musiker(in?) auch den Liveauftritt nicht drin haben, auf dem du gerade besoffen über die Bühne torkelst, und keinen Ton triffst. Wenn Deine Eitelkeit als Künstlerin so weit geht, hast du aber Pech gehabt… denn YouTube schert das herzlich wenig, und du darfst dann täglich deinen Account überwachen.

    Natürlich brauchen wir auch neue Geschäftsmodelle, aber sie können nur auf Basis von gerechten Marktbedinungen entstehen.

    @Johnny:
    „Monatlich. :)“

    Würde das auch noch gelten, wenn du bis zur DVD-Veröffentlichung der Filme warten müsstest? Wäre das Angebot für dich damit komplett hinfällig, oder immer noch akzeptabel?

  83. 83

    @#795916: Es lesen aber noch sehr viele mit, keine Sorge. Mark liest auch noch mit, er hat sich per Mail bei mir entschuldigt, weil er erst am WE wieder dazu kommt, sich ggf. noch einzubringen. Es frisst – wie wir alle wissen – ja auch viel Zeit, so tief einzusteigen und dann noch viel zu tippen, weshalb ich die Debatte hier noch einmal mehr schätze.

    @#795918: Es kommt immer auf den gesamten Rahmen an, aber vergiss doch mal bitte die blöde DVD und Release-Dates. Der Film ist online, noch bevor er in den Kinos ist – illegal, ja, aber er ist online. Und dann soll ich fürs Warten auch noch bezahlen? Nö. Ich bezahle höchstens dafür, dass ich ihn legal noch schneller und besser sehen kann.

    Solange es bei iTunes etc. das Gleiche gibt wie beim DVD-Handel, ist das nur mäßig interessant, vor allem, weil die Downloads bei älteren Filmen manchmal fast das doppelte kosten als die DVD oder Blu-ray (und dabei nicht die Qualität und Ausstattung einer Blue-ray erreichen). Dort ist die Lücke, in die bisher nur illegale Angebote springen.

    Solange die Veröffentlichungs- und Lizenzpolitik so bleibt wie seit Jahrzehnten, solange rennt der illegale Markt technisch und strategisch voran und scheffelt die Kohle, von der kein Cent zu den Künstlern geht.

    Ich bekomme illegal und kostenlos: Allerneueste UND auch rare, alte und besondere Filme und TV-Serien in höchster Auflösung und in offenen Formaten, die ich auf alle meine Geräte packen kann, dazu meist Untertitel in fast allen Sprachen.

    Ich bekomme legal und oft genug gegen immer noch viel zu teure Bezahlung (ich meine: 18 Euro für einen Film-Download? Ich bitte dich, Apple!): Den Mainstream-Scheiß, der auch gerade in den Videotheken steht, ohne Untertitel und in meist nicht besonders hoher Auflösung, dazu fast immer in proprietären Formaten.

    Nach Raritäten/ Kultfilmen/ Klassikern sucht man legal vergeblich, illegal gibt es jedoch Portale, die einem Filmfreund das Herz aufgehen lassen, und damit meine ich nicht diesen ganzen Müll und Filehoster und Torrentsuchmaschinen, sondern von Fans und Enthusiasten liebevoll gepflegte Sites.

    Ein legales, kommerzielles Portal, bei dem man Credits für eigene Uploads nach bestimmten Qualitätsmaßstäben bekommt, wäre in kürzester Zeit DIE Anlaufstelle für schräges, rares, abgefahrenes Zeug. Warum gibt es das nicht? Weil Verträge von 1812 und Lizenzabkommen von 1756 es verhindern.

  84. 84

    Bewege mich irgendwo zwischen Chung und Seliger und bin froh darüber, dass mein am 5. Dezember in der testcard (http://www.testcard.de) erscheinende Artikel „Ars Gratia Artis?“ sich sowohl zwischen den beiden Positionen verortet als auch eine Lösungsmöglichkeit des Dilemmas zumindest durchscheinen lässt… Wird dann auch irgendwann gebloggt, der Artikel…

  85. 85
    arne

    @ johnny

    „Warum gibt es das nicht? Weil Verträge von 1812 und Lizenzabkommen von 1756 es verhindern.“

    Ja, aber. Ich habe selbst einmal mit Buchrechten zu tun gehabt. Wir haben Rechte eines Autors verkauft, der seit 30 Jahren tot ist und in über 30 Sprachen übersetzt wurde. Ein paar Dutzend Titel, Longseller. Das Buchgeschäft ist im Vergleich zum Musikgeschäft eher langweilig, aber da kommt das Urheberrecht/Copyright ja her. Da waren teilweise Verträge dabei, die in den 50ern geschlossen wurden und gewissermaßen ewig gültig waren (weil der Verleger nur 50 Exemplare auf Lager haben musste, um die Lizenz zu erhalten).

    Da erlebt man wirklich absurde Sachen. Die Krönung meiner dortigen Laufbahn war aber die Verhandlung mit einem Hollywoodstudio, das die Filmrechte zur Biographie erwarb. Das war so kompliziert, dass auf unserer Seite eine hochspezialisierte Agentur mit den gefürchteten Entertainment Lawyers verhandelte. Es kam zur Unterschrift, aber zu den Bedingungen habe ich meinen Leuten abgeraten. Die durften quasi alles, mussten nichts versprechen, konnten sich 20 Jahre Zeit lassen mit dem Film und haben sich jeglichen redaktionellen Einfluß verbeten. Schlimmstenfalls wird der Film nicht gemacht und in 20 Jahren will das keiner mehr wissen. Vorschuss haben sie bezahlt, nur war der Preis für diesen Handel viel zu niedrig.

    Was ich eigentlich sagen will: Weil alle Entertainment Lawyer in die Hölle kommen, beschloss ich ein besserer Mensch zu werden.

    Urheberrecht in all seinen nationalen Unterschiedlichkeiten ist ein Dschungel. Was könnte also ein gangbarer Weg sein? Wie kann man den Urhebern maximal helfen, die Kunden bestens bedienen, die Administration auf ein Minimum beschränken, Rechtssicherheit haben und obendrein noch Geld verdienen?

    Mit dem Portal, was Du vorschlägst. Das funktioniert natürlich nur für ungebundene Künstler, anfänglich.

    Mich wundert es, dass das Thema DRM noch nicht kam. Es ist aber eh tot, wie es aussieht. Wenn man den Preis so niedrig ansetzt, dass es dämlich wäre zu kopieren, dann hätten wir es geschafft.

    Ein Kollege sagte mal, wer sich ein Buch runternuckelt, um es auf einem Drucker auszudrucken, hat die finanzielle Strafe des Energie- und Materialverbrauchs verdient. Die dürfte regelmäßig höher liegen, als der Kaufpreis des Buchs/ebooks.

    Der Erlösanteil, der z.B. von iTunes an den Künstler zurückfliesst, wenn noch ein Label/Management/Verlag dazwischenhängt, ist zu klein.

    Könnte der Urheber sein Werk auf diesem neuen Wunderportal selbst einstellen, könnte er einen Titel vielleicht für 20 Cent verkaufen, -10 % Management Fee an den öffentlich-rechtlichen Betreiber, macht 18 Cent. Mehr als jetzt.

    Und was die obskuren Filme angeht – Rechteinhaber anhauen. Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten in die Hände klatschen und möglicherweise kein oder wenig Geld dafür haben wollen.

    Dieses ganze Entertainmentbusiness scheint mir schwer krank zu sein, wenn Apple, amazon, Google etc. mit solch banalen Geschäftsmodellen soviel Geld verdienen können. Es hängt aber auch mit den Beteiligten zusammen, die alle ohne den anderen nicht können und an ihrem Teil des Kuchens kleben. Und sind wir Urheber einfach nur zu doof, um das selbst in die Hand zu nehmen? Versteht mich nicht falsch, Labels, Management und Verlage sind für viele ein Segen, aber eben kein Muss mehr. Und wenn man sieht, wie z.B. ein Superlabel wie Tapete Records rumkrebst und welche aberwitzigen Summen noch immer mit den Gagas dieser Welt gemacht werden, dann wünscht man den Entertainment Lawyern die Krätze und kurze Arme. end rant.

    P.S. Finger weg vom Urheberrecht (speziell ihr ahnungsfreien Piratennasen). Ob man Schutzfristen verlängern sollte, ist eine Frage für die Parlamente dieser Welt, vorausgesetzt sie wurden nicht von der Entertainmentindustrie gekauft. Ich wünsche mir eine vielfältige Welt und eine faire Verteilung des Kuchens. Oder Freibier für alle. Das wäre aber dann ein Projekt für Die Linke oder die Piraten.

  86. 86

    @#795894: Tut mir leid, dass ich jetzt erst antworte, aber die Woche hatte es in sich.

    Zu Deinem Kommentar: „Das Internet hingegen hat einen unschätzbaren Vorteil, es nutzt sich nicht ab, ebensowenig wie eine digitale Kopie. Das Problem ist der Eigentumsbegriff, der in einen Nutzungschancebegriff transformiert werden muss, ein globales Grundrecht auf Nutzung gegen oder ohne Entgelt basierend auf der Entscheidung über die Lizenzierungsform der Gesellschaft oder des einzelnen Urhebers.“

    Nein, das Internet nutzt sich nicht ab, aber der Track an sich schon. Beispiel: Für mich als Nutzer macht es keinen Sinn, einen Track zu kaufen, den ich vorher in gleicher Qualität schon aus anderer Quelle umsonst bezogen habe. Es kann also keinen anderen Preis als 0 geben, zu dem ich genau diesen Song in genau dieser Qualität kaufen würde.

    Denken alle so, kann der Künstler zumindest über diesen Song in diesem Format keine Einnahme mehr erwarten, er muss einen neuen aufnehmen mit dem dann das Gleiche passiert und so weiter.

    Es wäre aus meiner Sicht kein Problem, wenn Musik auf einer Plattform wie beschrieben angeboten würde, wenn der Künstler darüber entscheidet, zu welchen Konditionen, für welche Nutzungsformen und ob mit oder ohne Entgelt er sein Werk anbietet. Schön wäre es auch, wenn er bei jedem Werk neu entscheiden könnte.

    Es gab eine Weile lang in USa den Versuch einer art Musikbörse. Fand ich ganz interessant: Musik, die viel nachgefragt wurde, wurde entsprechend teurer, Musik, die nicht so viel nachgefragt wurde, günstiger. Was zur Folge hatte, dass man einen beliebten Song für viel Geld haben konnte oder für das gleiche Geld mehrere noch unbekannte Songs, deren Preis wiederum mit jedem Kauf stieg. Interessant! Erinnere den Namen leider nicht mehr.

    Leider werden sich diese ganzen musikorientierten Modelle aber so lange nicht tragen können, wie die Konkurrenz 0€ heißt….

    Ich habe übrigens gehört, dass die CC eine Verwertungsgesellschaft gründen wollen. Weiß jemand mehr darüber?

    @Björn Grau: antworttext wächst, kommt am Wochenende

    Grüße, Eva

  87. 87
    arne

    @ Eva

    Die Sache mit der Börse hat einen gewissen Charme. In Mannheim gab es mal eine Kneipe (Brokers oder so), da hatten die eine elektronische Kurstafel für die verschiedenen Biere. Es war günstiger, sich tagsüber zu betrinken.

    Ich bin bei Börsen mittlerweile etwas skeptisch. Im ursprünglichen Sinn sind sie ein Segen. Im heutigen Sinne der Krebs der Gesellschaft. Gestern bei Illner wollte uns ein sympathischer Hedgefondsmanager erklären, warum es bei Nahrungsmittelbörsen nur um Angebot und Nachfrage ginge, die Landwirte zu unterstützen, Risiken in der Supply Chain zu begrenzen, lalala. Und dass Börsen ohnehin nur den Preis feststellen, nicht beeinflussen können.

    Das gesellschaftliche Problem ist da, wo Eigentum und Verantwortung auseinanderfallen. Aktionäre, denen es scheissegal ist, was das Unternehmen, das sie mitbesitzen, macht und wie man es unterstützen könnte. Die Daytrader, die für einen Zehntelcent auf den Sell-Button drücken. Diese Leute und die ganze Leverage-Mischpoke haben dafür gesorgt, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist, nur auf den eigenen Vorteil zu schauen, keine Verantwortung für Kunden, Mitarbeiter, die Umwelt, Hilfsbedürftige, ja auch Konkurrenten, zu übernehmen. Die haben die Raubkopierer herangezogen.

    Sorry, dass das gerade wieder ein rant wird. Persönlich erwarte ich einen baldigen Zusammenbruch der Währungen und das könnte ein guter Zeitpunkt sein, neu zu starten.

    Mit 0 Cent kann man nicht konkurrieren. Teils richtig, convenience ist den Leuten aber Geld wert, iTunes. Wenn aber der Urheber Preis und Lizenzierung bestimmt, ist das schon eine Art Börse. Verkauft er nicht, wird er solange an den Schrauben drehen, bis er verkauft. Spielregel wäre dann, wie früher bei den Nahrungsmittelbörsen, dass nur Endverbraucher und nur Urheber Zugang haben, um Spekulation zu verhindern. Alle Dienstleister können sich dem Urheber andienen, z.B. gegen Geld Promotion titelweise betreiben.

    Eine Verwertungsgesellschaft braucht man in dieser (Online-)Welt nicht mehr, das Zählen macht das Rechenzentrum.

    Aber alles steht und fällt mit der Frage, ob der Konsument Geld für diese Leistung zahlen WILL. Ich kenne niemanden, der sagt, dass Musik keine Leistung darstellen würde.

    Aber diese Branche ist, nicht zu Unrecht, in einen schlechten Ruf geraten. Es ist ähnlich wie bei der Occupy-Bewegung. 1 % fliegt mit Privatjets und 99 % kriegen kein Bein an die Erde (no pun intended). Die Ressourcen sind falsch allokiert, deswegen kann man sagen, dass dieser Markt nicht funktioniert. Und wie immer in solchen Fällen gibt es clevere Leute, die an diesem Napf nicht vorbeigehen. Und dann wachte die Musikindustrie auf. Das eigentlich Schreckliche ist doch, dass alle lügen. Und alle sich auf irgendein Recht berufen.

    Die Musikindustrie hat ihr Businessmodel, die exklusive Vervielfältigung verloren. Ich würde gerne mithelfen, dafür zu sorgen, dass es nach dem Knall vernünftiger zugeht.

  88. 88

    Ich bin mir nicht sicher, ob der Kommentarfluss hier zuende ist, oder ob das alles mehr Zeit braucht. Vielleicht ist es auch so, dass ich Euch zugelabert habe oder die Richtung der Diskussion nicht mehr im Sinne der Initiatoren ist.

    However, vielleicht kann Johnny hier eine zweite Diskussion aufmachen oder wir diskutieren auf meinem Blog weiter. Bei Spreeblick macht es aber sicherlich mehr Sinn.

    Bei den Grünen bin ich noch fündig geworden.

    Hier geht es zum Antrag, der diese Woche in Kiel zur Abstimmung steht. 33. Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 25. – 27. November 2011, Sparkassen-Arena Kiel

    http://www.gruene-partei.de/cms/default/dok/393/393285.offenheit_freiheit_teilhabe_die_chancen.htm

    Ein Ausschnitt aus dem Antrag.

    Meine Kommentare darunter.

    „Offenheit und fairer Interessensausgleich für die digitale Wissensgesellschaft

    Die Digitalisierung unseres Lebens ist eines der kraftvollsten Triebräder für gesellschaftliche Veränderung. Die schnelle, kostengünstige, unbegrenzte Vervielfältigungsmöglichkeit bestimmter Inhalte bei gleichbleibender Qualität und die globale Verbreitungsmöglichkeit über das Internet bergen enorme Chancen. Die Digitalisierung bringt einen enormen Freiheitsgewinn mit sich, da Informationen, Wissen und kulturelle Güter einfacher und freier zugänglicher sind, neue Möglichkeiten der Teilhabe an Wissen und Kultur durch eine wachsende Sammlung von Gemeingütern entstehen. Die Wissensgesellschaft im Internetzeitalter kann soziale Teilhabe massiv stärken, Bildungschancen für alle nachhaltig verbessern und vor allem unsere Demokratie vitalisieren und grundlegend stärken. Statt andere von Wissen und Information auszugrenzen, wollen wir allen Teilhabe ermöglichen, auch durch den freien Wissenstransfer zwischen dem globalen Norden und globalen Süden.

    Wir Grüne setzen uns auch weiterhin für eine Modernisierung und Reform des Urheberrechts und einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der UrheberInnen und UserInnen, also aller im Internet Beteiligten ein. Wir wollen die UrheberInnen und KünstlerInnen stärken – auch gegenüber den Verwertern und Vermarktern ihrer Inhalte, aber ebenso einen angemessenen finanziellen Ausgleich für die freie Nutzung ihrer urheberrechtlich geschützten Inhalte im Internet schaffen. Gleichzeitig wollen wir die Kriminalisierung der nicht-kommerziellen Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Internet beenden und den Zugang zu ihnen grundsätzlich erleichtern. Wird urheberrechtlich geschütztes Material auf einer Internetseite oder Plattform direkt angeboten, die in nicht geringfügigem Maße (höher als Kostendeckung) Einnahmen durch Beiträge von Mitgliedern wie Käufern oder durch Werbung oder Verlinkung hat, so ist dies ein kommerzielles Ausmaß.

    Mit großer Sorge sehen wir auch die Praxis, dass zahlreiche „neue Verwerter“ im Internet vom Vertrieb kreativer Werke profitieren, ohne KünstlerInnen entsprechend zu beteiligen und in deren Förderung und Entwicklung zu investieren. Auch deswegen wollen wir das Vertragsrecht auf europäischer Ebene reformieren, um UrheberInnen in eine stärkere Verhandlungsposition zu bringen und neue Möglichkeiten des Zugangs und der Nutzung zu ermöglichen.

    Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ein auf die Herausforderungen der digitalisierten Welt angepasstes Urheberrecht zum Ziel, einen Ausgleich zwischen den Interessen, Ansprüchen, persönlichen Verbindungen und Rechten der SchöpferInnen eines Werkes und den Interessen der kulturellen Teilhabe der Gesellschaft herzustellen. Durch eine befristete Exklusivität der Nutzungsmöglichkeiten für die UrheberInnen soll das Urheberrecht bspw. den SchöpferInnen ermöglichen, als Baustein der Finanzierung, von seinem Werk selbst angemessen finanziell zu profitieren (soweit er/sie dies will) und nicht nur von damit verbundenen indirekten Einnahmen (z.B. Auftritte, Merchandise, Vermarktung der Persönlichkeit etc.). Somit soll sichergestellt werden, dass KünstlerInnen die Möglichkeit haben, sich auf die Erschaffung neuer Werke konzentrieren zu können und nicht zur Ausübung eines weiteren Berufs, der nicht seiner/ihrer künstlerischen oder kreativen Qualifikation entspricht, gezwungen werden. Damit versprechen wir uns eine größere Vielfalt an Kulturgütern und somit einen höheren kulturellen Wohlstand für die Gesellschaft, als es ohne Urheberrecht der Fall wäre.

    Durch den Aufbau von marktbeherrschenden Verwertungsstrukturen wurde dieses grundsätzliche Ziel der höchstmöglichen kulturellen Vielfalt und Teilhabe bei gleichzeitiger Beteiligung der SchöpferInnen in der Vergangenheit in vielen Bereichen konterkariert und hat damit auch dazu beigetragen, dass die Akzeptanz des Urheberrechts in Teilen der Gesellschaft stark gesunken ist. Die Debatte um die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage, welches wir ablehnen, oder öffentliche Kampagnen, die Verstöße gegen das Urheberrecht mit schweren Verbrechen gleichsetzen, verstärken diesen Trend nur weiter. Gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren ein System des Abmahnwesens etabliert, dass diesen Akzeptanzverlust verstärkt. Es setzt falsche Anreize und führt zu Massenabmahnungen, die häufig auch Unschuldige treffen. Daher wollen wir das System des Abmahnwesens, gerade im Bereich von Urheberrechtsverletzungen, grundlegend verändern. Vorschläge über die Streitwertherabsetzung, die Abschaffung der Kostenerstattung für die erste Abmahnung, die Herabsetzung von Regelstreitwerten, die Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands oder eine Verbesserung der vorgesehenen Kostendeckelung für einfach gelagerte Fälle sind notwendig und werden von uns unterstützt und weiter verfolgt.

    Mit der Digitalisierung von Kulturgütern stellen sich neue Chancen, aber auch neue Herausforderungen, was die Verfügbarkeit von Inhalten und die Nutzungsgewohnheiten von UserInnen angeht. Konnte früher die Vinyl-Platte nur am heimischen Plattenspieler oder bei FreundInnen abgespielt werden, so werden Werke heute auf dem Handy, Tablet, Notebook oder auch in der Cloud gespeichert und auf unterschiedlichsten Geräten wiedergegeben. Diesen Mehrgewinn an Nutzungserrungenschaften wollen wir schützen und stärken und streiten daher für das Recht auf digitale Privatkopie und die Möglichkeit der Wiederveräußerbarkeit von Immaterialgütern, die wir verbraucherrechtlich verankern wollen. Die digitale Privatkopie darf weder durch technische Maßnahmen, namentlich vor allem Digitales Rechte Management (DRM), oder durch juristische Einschränkungen unterbunden werden. Eine solche Kopie zur privaten Nutzung und das Recht, diese Kopie auf eigene Geräte, sei es dem Laptop, dem MP3-Player, dem Tablet-PC oder dem Smartphone zu übertragen, beinhaltet jedoch nicht automatisch das Recht, diese auch öffentlich mit anderen zu teilen. Die digitale Privatkopie wird dabei genauso durch eine entsprechende Vergütung kompensiert, wie die analoge Privatkopie.“

    Kommentar:

    Die Grünen sind mittlerweile eine Art Volkspartei geworden und befassen sich von daher mit allen Lebensbereichen, was man durchaus als Bereicherung sehen kann. Neue oder kleine Parteien müssen sich notgedrungen auf einzelne Themen konzentrieren, die sie dann mehr oder weniger gut beackern.

    Der gesamte Antrag ist auf Konsens hin getextet, was er wohl sein muss, wenn er Erfolg haben will. Und die allermeisten Positionen kann man als denkender Mensch auch unterstützen.

    Was allerdings fehlt, und das ist wahrscheinlich wiederum dem Konsensziel geschuldet oder schlicht noch nicht durchdacht worden, ist die Umsetzung.

    Die dicken internationalen Bretter zu bohren, um die hohen Ziele umzusetzen, wird sicher noch einige Nachfolgegenerationen von Netzpolitikern beschäftigen. Das ist gar nicht negativ gemeint, es ist notwendig jetzt, genauer vorgestern, die Ziele zu definieren.

    Die technischen Fragen sind möglicherweise ebenfalls aus den genannten Gründen ausgeklammert worden. Wie weist sich eigentlich eine (legale) Privatkopie aus? Wie kann man ohne DRM Veräußerungsprozesse abbilden, steuern, reglementieren? Wie will man international dieses notwendige technische Regelwerk durchsetzen? Bedeutet Teilhabe auch, dass staatliche (oder staatlich geförderte) Infrastrukur – also nicht nur Glasfaserkabel, sondern auch die Technologie und deren Betrieb zur Bereitstellung, Abrechnung und Distribution gesellschaftlich erwünschter Inhalte – in den Fokus rückt? Um eben die Vormachtstellungen mancher Markteilnehmer zu brechen, die mit finanziellen, technischen und juristischen Vorteilen diese Konzentration erzeugt haben?

    Gänzlich unklar bleibt was mit diesem Satz gemeint ist:

    „Durch eine befristete Exklusivität der Nutzungsmöglichkeiten für die UrheberInnen soll das Urheberrecht bspw. den SchöpferInnen ermöglichen, als Baustein der Finanzierung, von seinem Werk selbst angemessen finanziell zu profitieren (soweit er/sie dies will) und nicht nur von damit verbundenen indirekten Einnahmen (z.B. Auftritte, Merchandise, Vermarktung der Persönlichkeit etc.).“

    Nach meinem Verständnis hat der Urheber exklusiv alle Nutzungsrechte an seinem Werk, in Deutschland bis zu 70 Jahre nach seinem Tode, respektive die Erben. Er kann heute schon völlig frei bestimmen, welche Rechte er, Vervielfältigung, Radio, Fernsehen etc.., einer Plattenfirma oder einer Verwertungsgesellschaft oder sonstwem überträgt. Und das ist gut so.

    Also, was haben die Grünen da genau vor? Kann mir das mal jemand erklären?

    Ich frag sie auch einmal selbst.

  89. 89
    aribre

    @ Arne

    der DKV hat dazu heute Stellung bezogen:

    http://www.mediabiz.de/musik/news/komponisten-reagieren-auf-leitantrag-der-gruenen-zum-urheberrecht/312493

    Für mich sind sie jedenfalls ab sofort nicht mehr wählbar….

  90. 90

    @ aribre

    Danke dafür. Mal sehen, ob die Delegierten auch so ahnungslos sind wie unsere Freibeuter. Das würde dann die Wahlmöglichkeiten weiter einschränken.

    Warum reden eigntlich alle von den, je nach Standpunkt, bösen oder guten, Verwertern? Das Ding heisst Urheberrecht, hat also etwas mit den Urhebern zu tun. Google, Apple etc. sind Dienstleister, genau wie die Labels.

    Das ist irgendwie eine völlig schräge Diskussion. Die Urheber sollten sich über die Industrie und die Verwertungsgesellschaften erheben und mit den Konsumenten, ja, auch den Piraten, Frieden schliessen und den Kultur- und Unterhaltungsliefervertrag neu verhandeln.

  91. 91

    @ aribre

    Danke dafür. Mal sehen, ob die Delegierten auch so ahnungslos sind wie unsere Freibeuter. Das würde dann die Wahlmöglichkeiten weiter einschränken.

    Warum reden eigentlich alle von den, je nach Standpunkt, bösen oder guten, Verwertern? Das Ding heisst Urheberrecht, hat also etwas mit den Urhebern zu tun. Google, Apple etc. sind Dienstleister, genau wie die Labels.

    Das ist irgendwie eine völlig schräge Diskussion. Die Urheber sollten sich über die Industrie und die Verwertungsgesellschaften erheben und mit den Konsumenten, ja, auch den Piraten, Frieden schliessen und den Kultur- und Unterhaltungsliefervertrag neu verhandeln.

  92. 92
  93. 93

    Ich habe nun auch den Antrag der Grünen gelesen und muss sagen, dass der Teufen hier im Detail stecken wird. Allgemein Positionen einzunehmen mag für eine Volkpartei hilfreich sein, aber als konkreten Vorschlag kann man das gar nicht ansehen.
    Ich stimme darüberhinaus der DKV voll zu, dass es als einem der wenigen konkreten Punkte nicht angehen kann, dass die Laufzeit für Urheberrechte nur noch 5 Jahre betragen soll – damit ist die Partei auch für mich leider unwählbar geworden. Bis zum Tod mag ja noch angehen, wenn man an den 70 Jahren nach dem Tod noch etwas ändern will, aber nur 5 Jahre? Es ist doch heute schon so, dass man in den Abverkäufen von Tonträgern nur noch ein Fenster von 6-8 Wochen nach VÖ hat, in dem es passiert sein muss, danach ist des sowieso überall für lau. Da können dann nur noch Zweitverwertungsrechte (Film, Compilations ect.) weiterhelfen – wenn das jetzt auch noch wegfällt, dann erst recht: Gute Nacht.

  94. 94

    @#795557: „Substantielle Kritik: Es gibt diverse Player, die Reformvortschläge gemacht haben. Juristen wie Thomas Hoeren oder Retho Hilty. irights.info, die grünen Netzpolitiker, die Euer Mailverkehr trifft. Die Linke im Bundestag. Ja, auch das Google-Collaboratory (inklusive Dissenting Opinion). Und weitere. Chung behauptet, auch Euch sein an einer Reform gelgen. Wo ist der Vorschlag?“

    —> Auffällig ist, dass kein einziger Künstler unter denjenigen ist, die Vorschläge gemacht haben. Oft haben diejenigen, die freien Zugang zu Kunst haben wollen, einen Hintergrund aus der Open Software Szene und übertragen das dort Gelernte einfach auf die Künste. Reform – ja, aber mir ist dabei oft nicht klar, ob wir das gleiche Ziel verfolgen mit einer Reform, deshalb hier nochmal mein ganz persönlicher Ansatz; ich möchte, dass mutige und ungewöhnliche künstlerische Ideen, Gedanken, Utopien, Kunstwerke mein Leben bereichern, mich inspirieren, meinen Alltag begleiten. Ich möchte einfachen Zugang zu diesen Ideen, aber nicht auf Kosten derjenigen, die sie erzeugt haben. Ich weiß, dass die, die diese gedankliche Arbeit leisten, mit vielem bezahlen, was für andere Menschen selbstverständlich ist: Wohlstand, Beständigkeit, Sicherheit. Ich möchte, dass diese Menschen einen – gerne sogar hervorragenden – Platz in unserer Gesellschaft haben. Damit hängt auch direkt zusammen, ob sie es sich leisten können, diese Rolle einzunehmen, auszuleben. Und das hängt unmittelbar davon ab, wie ich mich zu ihnen verhalte. Wenn Google, die Linke oder die Netzpolitik zu diesem Gedanken etwas sinnvolles beizutragen haben: immer her damit. Bisher sehe ich aber nur, dass eine Firma, die am Liebsten alle Kultur Normieren und Algorhythmieren will, versucht, ihr Geschäftsmodell zu verankern.

    Natürlich gibt es in den Lösungsvorschlägen aller genannten Player auch gute Ansätze, leider finden sich meistens paralell dazu Ansätze wieder, die von eigenen Interessen geleitet sind (Collaboratory), von einem bestimmten Blickwinkel dominiert (Hoeren), zufällig oder absichtlich nicht zuende gedacht sind (Grüne Netzpolitik), oder mit der Lebensrealität von Künstlern und Kunlturschaffenden nicht in Übereinstimmung gebracht werden können . Die Linke macht übrigens meiner Meinung nach in diesem Kontext im Augenblick sogar noch den fundiertesten Eindruck. Über Lösungen zu diskutieren macht keinen Sinn, solange wir nicht alle von der gleichen Sache sprechen. In den meisten Gesprächsrunden läuft es doch so, dass erstmal Allgemeinplätze ausgetauscht werden („Das Netz soll frei sein“), dann kommt ganz viel Hörensagen über die Einkunftssituation von Künstlern („Live gleicht doch alle Einnahmeminderungen auf der Tonträgerseite aus“) und dann irgendwelche Irrsinnigen Vorschläge, die nicht zuende gedacht sind. Das rührt auch daher, dass das Wissen über die Entstehung von Kunst und Kultur wenig ausgeprägt ist – etwas, das sich seit Jahrhunderten nicht geändert hat. Ich versteige mich sogar dazu zu behaupten, dass wer selber nie etwas Eigenes erdacht UND UMGESETZT hat, einfach nicht nachvollziehen kann, was es heißt, seine innigsten, wütendsten, visionärsten, absurdesten etc Gedanken und Ideen zu realisieren.

    Wenn wir, und da war ich mir vor zwei Wochen mit Till Kreutzer sogar einig, eine fachliche Diskussion auch endlich mal mit Fachleuten führen würden,

    Wenn wir glauben könnten, dass jemand, der sich für Urheber ausspricht, nicht nur gut gemeinte Vorschläge macht, sondern ein durchdachtes System zur Diskussion stellt,

    Wenn wir glauben könnten, dass die Fürsprecher der Nutzer auch wirklich die privaten Nutzer meinen und nicht den Werbekunden, als den Internet-Firmen ihn sehen,

    dann könnten wir vielleicht endlich über Lösungen sprechen, die wir natürlich nicht alleine definieren können. Ich, respektive die Independents sind Experten für Musik, aber keine Experten für Technik, Datenschutz etc

    Unser Wunsch wäre natürlich, dass Politik die Voraussetzungen dafür schafft, dass auch zukünftig mit Musikaufnahmen Geld verdient werden kann. Das setzt unseres Erachtens zumindest eine Teilexklusivität des Zugangs zu Musikaufnahmen voraus und eine zwingende Beteiligung der Musiker/Urheber an allen direkt oder indirekt über seine Musik erzielten Einkünfte zur Refinanzierung seiner Arbeitszeit. Und – ja – wenn er sehr erfolgreich ist, soll er auch viel Geld verdienen! Und – ja – wenn er sich zum Erreichen dieses Ziels der Arbeitszeit Dritter bedient hat, sollen auch diese dafür vergütet werden.

    Wir würden uns wünschen, dass mehr Musiker und Urheber vom Erfolg ihrer Arbeit gut leben können und dass die Einkünfte so gerecht wie möglich verteilt werden. Wenn mit anderen Gesetzen vereinbar, würden wir uns auch eine nutzungsgenaue Abrechnung wünschen. Wir würden uns wünschen, dass die seit Erfindung des Phonografen bestehende Abhängigkeit zwischen Abspielgerät und abspielbarem Inhalt nicht immer wieder Diskussionen zwischen Techfirmen und Künstlern hervorrufen würde, sondern dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass Künstler aus oben genannten Gründen an deren Einnahmen beteiligt werden. Und zwar so hoch wie nötig, und gerne trotzdem mit dem Ergebnis, dass der Preis für den Fan so niedrig wie möglich ist.

    Wir könnten uns diesbezülich darüber unterhalten, wie hoch die Mehrwertsteuer auf Kulturgüter im Allgemeinen und Musik im Besonderen ist, wir könnten uns darüber unterhalten, wie hoch die Margen von Musikhändlern im Netz maximal sein sollten, wir könnten uns darüber unterhalten, wie wir die Entstehung von Quasimonopolen im Musikgeschäft verhindern, aber wir können uns nicht darüber unterhalten, dass ein (in Abrufzahlen) erfolgreicher Künstler sein ureigenes Recht, das Urheberrecht, genommen bekommt. Einige Beispiele dafür, wie man den Umgang von Nutzern mit dem Recht vereinfachen kann, folgen weiter unten.

    Wir würden gerne mit Prozessmanagern, Technikexperten, Datenschützern, Programmieren, Ökonomen und Juristen darüber sprechen, wie dieser Traum umsetzbar ist, anstatt uns mit halbgaren Renommierstückchen von Netzpolitikern herumzuschalgen.

    „Ich frage konkret nach Schutzfristen. Du sagst, es ist noch zu früh um über konkrete zahlen zu sprechen. Sehe ich anders. Ein Rechtssystem, dass es Urhebern ermöglicht(!), von ihrer Arbeit zu leben, will ich auch.“

    —> Das ist eine sehr gute Voraussetzung, um sich über konkrete Lösungsansätze Gedanken zu machen.

    „Ich würde nur gern darüber reden können, ob dieses Modell dringend Verbreitungsbeschränkungen braucht oder ob nicht beispielsweise eine durchsetzungsstarke Vergütungspflicht bei kommerzieller Nutzung ausreicht.“

    —> Darüber müssen wir sogar reden, vor Allem darüber, was eine kommerzielle Nutzung ist.

    Mal vom Kreativen aus gedacht: wovon leben eigentlich Künstler und Urheber und was sind die Voraussetzungen dafür, dass sie davon leben können?

    Liveauftritte – Kommerzieller Nutzer: Club, Konzertbühne, Festival, Oper und/oder Musicaltheater – Einnahme erfolgt durch: Eintrittsgelder Publikum, Verkauf Getränke, Sponsoren, Staat

    Verkauf von Musikaufnahmen an Privatpersonen – Kommerzieller Nutzer: Digitalplattform, Plattenladen, Label etc – Einnahme erfolgt durch: Bezahlung für Download, Vinyl , CD

    Verkauf von Nutzungsrechten an Musikaufnahmen und/oder Kompositionen an kommerzielle Unternehmen (z.B. Werbung, Film etc) – Kommerzieller Nutzer: Filmproduktion, Kinos, Spielhersteller, Werbetreibender -Einnahme erfolgt durch: Eintrittspreise Kino, Bezahlung für DVD, Bezahlung für Games, Absatz beworbener Produkte

    Vergabe von Nutzungsrechten an Sendungen, Leermedienabgabe, öffentliche Wiedergabe, Streaming von kommerziellen Unternehmen – Kommerzieller Nutzer: Radio und TV, CD-, DVD- und Gerätehersteller, Clubs, Fitnessstudios, Unternehmen, Streamingservices – Einnahme erfolgt durch Absatz beworbener Produkte und Dienstleistungen, Abgabe Bürger an GEZ , Nutzungsentgelt Kunde an Service . Abgabe Dienstleister an Verwertungsgesellschaft

    Musikunterricht – Kommerzieller Nutzer: keiner – Einnahme erfolgt durch Vergütung der Musikschüler oder Staat

    Auftragsarbeiten (Kompositionen) – Kommerzieller Nutzer: Unternehmen, Staat – Einnahme erfolgt durch: Werbebudget Unternehmen, Steuergelder

    Eins fällt dabei auf: egal wer wo Musik einsetzt, bis hin zum Bereich Musikunterricht zahlt letztlich IMMER der Endkunde die Musik, also der Nutzer, der Fan. ALLE kommerziellen Musik-Nutzer (Verwerter) sind also letztlich abhängig davon, ob ein Nutzer für eines ihrer End-Produkte Geld ausgeben wird oder nicht, sei es der Club, das Kino, der Werber, die Musikplattform oder ein beliebiges anderes Unternehmen. Streicht man den kommerziellen Nutzer aus der Verwertungskette wird es offensichtlicher: der Musikhörer bezahlt den Urheber/Künstler.

    Wenn sich nun der Musikhörer grundsätzlich als nicht-kommerzieller weil privater Nutzer betrachtet und daraus ableitet, dass aller nicht-kommerziellen Nutzung durch das Recht statt gegeben werden muss bei pauschaler Vergütung, verlagern wir die Einnahmen des Urhebers aus einem ohnehin sehr fragilen Markt, der oft ( u.a. wegen der Medienkonzentration in den klassischen Medien und der Tendenz, dass auch im Netz nur das sichtbar wird, was sich teuer einkauft, sei es durch investierte Arbeitszeit wie bei erfolgreichen Bloggern oder durch Kauf von Werbeflächen) mehr schlecht als recht Angebot und Nachfrage folgt, in ein nach oben limitiertes Flatratesystem: alle Musik ist zur nicht-kommerziellen Nutzung frei zugänglich, die finanzielle Gegenleistung ist vorab eingepreist.

    Frage: wer profitiert davon?

    Antwort: kommerzielle Unternehmen, die behaupten, Musik nicht zu kommerziellen Zwecken einzusetzen und sich damit von der Vergütungspflicht an die Urheber befreien. Dafür zahlt dann der Endkunde zukünftig nicht mehr nur mit seinen Daten sondern auch einer Flatrate

    Frage: Warum?

    Antwort: die Unternehmen stellen Musik zur nicht-kommerziellen Nutzung bereit, lassen die Musikhörer eine Flatfee bezahlen, die sie noch nicht mal nach Nutzung aufteilen wollen, bevor sie sie an die Urheber weiterleiten (siehe YouTube) und streichen alle Gewinne, die darüber hinaus gemacht werden ein. Alle derzeitigen Ansätze von YouTube, die Künstler über zB Content ID an den Werbeeinnahmen zu beteiligen (und damit am Erfolg) wären dann obsolet.

    Gleichzeitig verschwinden diejenigen Unternehmen als Vergüter von Kreativen, die bisher im oben genannten Sinne „kommerzielle“ Nutzungen angeboten haben und daher in der Pflicht sind, die Musiker erfolgsbezogen zu beteiligen: Musiklabel, Filmproduktionsunternehmen, TV und Radio etc. Übrig bleibt: der Staat und der nun direkte Verkauf an Endkunden – wobei die Musik ja nur nichtkommerziell nutzen und das ist ja bereits vergütet.

    Bleiben übrig alle Musikangebote, die ihre Exklusivität behalten haben: Livekonzerte oder Musikangebote, die sich über Werbung oder Mäzene finanzieren. Letzteres ist aber in der Regel nur bereits erfolgreichen Musikern vergönnt. Oder kannst Du Dir vorstellen, dass VW für sein nächstes Sondermodell mit der „Blockföte des Todes“ (einem jungen Songwriter aus Berlin) statt mit „Genesis“ wirbt?

    Es könnte bei Total-Wegfall der Exklusivität und damit wie beschrieben ohne kommerzielle Anbieter aus Sicht professioneller (die, die von ihrer Profession ihren Lebensunterhalt bestreiten) Urheber langfristig zB folgende Antworten geben: Musik im wahrsten Sinne des Wortes exklusiv anzubieten wie zB in der Bildenden Kunst Gang und Gebe. Ein Werk einmalig verkaufen. Ein Werk gar nicht mehr aufnehmen. Nur noch vereinzelte Werke zur Bewerbung der Liveaktivitäten aufnehmen. Nur noch live spielen. Was anderes tun.

    Deswegen denke ich: wir sollten die Urheber/Musiker ermächtigen, ihre Exklusivrechte für einen von ihnen bestimmten Zeitraum einzuschränken und ein klares System finden, dem Nutzer mitzuteilen, wie lang und wie weit diese Einschränkung währt und geht. Hierbei könnte Creative Commons überaus hilfreich sein. Ebenso eine Plattform, auf der alle Werke registriert sind wie von Johnny Häussler beschrieben. Hier könnte ein Urheber auch deutlich machen, welche Nutzungen er für welche Werke freigeben möchte und welche nicht.

    Aber wir sollten keine grundsätzliche Einschränkung und dazu auch noch für den überaus schwierig zu definierenden Bereich“nicht-kommerziell“ im Gesetz festschreiben, weil wir damit auf einen Schlag nicht nur das Musikvideo auf Deiner privaten Homepage, sondern auch Rapdishare, Megaupload und Co legalisieren (die Musiker gar nicht vergüten) und die Möglichkeiten der Refinanzierung von Musikaufnahmen stark einschränken.

    Vielmehr könnte man vielleicht über eine Einschränkung des exklusiven Rechts auf öffentliche Zugänglichmachung zu künstlerischen Zwecken sprechen, die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Damit wäre Google nicht aus der Zahlungspflicht für alle nicht künstlerischen Nutzungen raus (oder macht Google Kunst?), aber diejenigen, die wirklich kreativ sind, können sich freier bewegen. Man könnte wie im Urheberpersönlichkeitsrecht schon verankert, eine Informationspflicht des Nachschaffenden vorschreiben und dem ursprünglichen Künstler ein Vetorecht einräumen. So liessen sich Diffamierungen des Ursprungswerks oder mißbräuchliche Nutzungen vermeiden.

    Über die oben genannten Plattform liesse sich der eigentliche Urheber auch einfach finden.

    „Und wenn es Verbreitungsbeschränkungen braucht, wie lang sollen die sein? Profitieren davon wirklich die Künstler? Und nochmal: Urheber sollen davon leben. Ja. Aber ihre Urenkel? Dazu könntet ihr konkrete Aussagen machen.“

    Über die Länge von Verbreitungsbeschränkungen kann man reden.

    Aus meiner Sicht sollte man folgende Überlegungen in die Festlegung einbeziehen:

    1./ Fallbeispiel. Ein Künstler erdenkt ein Werk. Das Werk versucht er zu vermarkten. Ist die Verbreitungsbeschränkung zu kurz zB 5 Jahre, wird jeder intelligente Kaufmann sich erst dann wirtschaftlich für das Werk interessieren, wenn die Verbreitungsbeschränkung abgelaufen ist – nämlich nach 5 Jahren. Vorher wird der Künstler also in der Regel sein Werk alleine vermarkten müssen und die innerhalb von 5 Jahren zu erzielenden Einnahmen zur Refinanzierung benutzen. Für einen bereits erfolgreichen Künstler könnte das ein Weg sein. Aber für einen jungen Künstler, den noch keiner kennt? Nach 5 Jahren hat er es vielleicht durch Touring, cleveres Selbst-Marketing etc geschafft, sich einigermaßen einen Namen zu machen, alles selbst finanziert. Dann läuft die Schutzfrist ab. Ein kommerzieller Anbieter ist durch die gute Vorarbeit des Künstlers auf sein Werk aufmerksam geworden. Kaum ist die Frist abgelaufen, vermarktet er das Werk mit seinem Apparat, was aufgrund seines etablierten Netzwerks und des Geldes, das er in die Vermarktung steckt, zu größerem wirtschaftlichen Erfolg führt. Der Künstler sieht für dieses Werk keinen Cent. Er kann aber ein neues Werk erschaffen, an dem er wieder 5 Jahre lang Rechte hält (das wäre dann die vielzitierte Innovation, die durch kürzere Schutzfristen hervorgerufen wird?). Wird er diesmal einen kommerziellen Partner finden bevor die Schutzfrist abläuft?

    2./ Bei langen Schutzfristen, sagen wir bis zum Tod des Künstlers, sieht die Sache anders aus: Ein Künstler erdenkt ein Werk. Da die Schutzfrist für das Werk nicht ablaufen wird, solange der Künstler lebt, lizenziert unser cleverer Kaufmann notgedrungen die Nutzungsrechte an dem Werk und investiert die gleiche Arbeit wie in Beispiel 1. Erzielt er einen kommerziellen Erfolg ist er auf Lebenszeit (des Künstlers) verpflichtet, den Künstler an den Einnahmen zu beteiligen. Der Künstler kann die Einnahmen nutzen, um weitere Werke zu erstellen. Stirbt der Künstler, wird sein Werk automatisch „frei“.

    3/ Immer noch angenommen, es verhält sich wie in 2/ geschildert: Interessant wird es, wenn der clevere Kaufmann das Werk nicht mehr verwerten will, weil er keinen kommerziellen Nutzen mehr darin sieht. Hier wäre eine Möglichkeit, einzugreifen und den Künstler/Urheber zu stärken. Das Nutzungsrecht könnte nach einer Zeit der „Nichtverwertung “ durch den Kaufmann an den Künstler zurückfallen, damit dieser frei ist, mit einem anderen Verwerter zusammenzuarbeiten (oder auch alleine weiter zu arbeiten). So ist es zB bei der Verlängerung der Schutzfristen von 50 auf 70 Jahre geregelt worden (für die „neuen“ 20 Jahre). Auch interessant: wie kann der Künstler sein Recht besser geltend machen ggü dem kommerziellen Nutzer und wie ist gewährleistet, dass der Verwerter den Künstler/Urheber tatsächlich an allen Einnahmen beteiligt?

    „Und falls es Euch um Ausgleich gehen sollte: Wie steht ihr dazu, dass das Urheberrecht für Nutzer in der digitalen Welt in den vergangenen Novellen schlechter wurde? Einschränkung der Privatkopie im Netz, Schrankenprivilegien für Nutzer gelten nur, wenn dadurch keine technischen Sperrmaßnahmen gebrochen werden.“

    —> Unter einer Privatkopie im Netz würde ich verstehen, dass ein Musikstück einer begrenzten Anzahl von Freunden und Bekannten zur Verfügung gestellt wird. Also: ich hänge einen Song an eine Mail an. Ich verschicke einen Song an eine bestimmte Person per ICQ. Ich ziehe eine Kopie von einer Festplatte. Ich schicke ein Musikstück an eine Dropbox, zu der eine begrenzte Gruppe mir persönlich bekannter Menschen Zugang hat. Ich glaube, dagegen hat niemand etwas und diese Form des Musikteilens fällt auch unter die Privatkopieschranke.

    Aber kann es wirklich eine „Privat“kopie sein, wenn ein Musikstück öffentlich zur Verfügung gestellt wird und von potentiell jedem, der den Ort kennt, kopiert werden kann? Technische Sperrmaßnahmen: sind meines Erachtens für den Musikbereich kein Thema mehr und das ist auch gut so.

    „Und wie steht ihr dazu, dass Nutzer Platten und CD’s kaufen können, für MP3 und Co oft nur Hörerlaubnis-, also Nutzungslizenzgebühren bezahlen (ohne das zu kapieren in vielen Fällen?). Und warum musste die Schutzfrist für Tonaufnahmen nochmal deutlich verlängert werden?
    Haben all die Urheberrechtsverschärfungen der vergangenen 120 Jahre dazu geführt, dass mehr Künstler besser leben konnten?“

    —> Verstehe die Frage nicht: Auch mit einer CD kauft man auch wenn es sich anders anfühlt nur eine Nutzungserlaubnis, die genau so lang währt, wie die CD abspielbar ist (es sei denn, man hat sich vorher eine private Kopie gezogen). Die CD gehört natürlich Dir, aber die Musik drauf nicht (übrigens ebensowenig wie sie dem Verwerter gehört, der sie auf die CD gepresst hat). Ein mp3 nutzt man auch genau so lange, wie das mp3 abspielbar ist, was hoffentlich im Allgemeinen länger ist, als eine CD abspielbar ist, aber vielleicht kürzer (aufgrund zukünftiger neuer technischer Entwicklungen?) als ein Vinyl abspielbar ist.
    Ich frage mich vielmehr, wo das Nutzenversprechen zB eines Streamingdienstes ist neben der Allverfügbarkeit von Musik? Viele wertvolle Tätigkeiten im Umgang mit Musik lassen sich hiermit eben nicht mehr verrichten, bzw. man ist dem Streaminganbieter auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Macht der Pleite ist die Musik weg. Überlegt er sich morgen, nur noch kostenpflichtige Dienste anzubieten, kann man auf die oft sorgfältig gepflegten Playlists nicht mehr zugreifen, was mit meinen persönlichen Daten geschieht kann ich nur ahnen. Mal davon abgesehen, dass die Künstler nur Bruchteile von einem Cent pro Stream verdienen und völlig ungeklärt ist, ob sie neben diesem Angebot noch weitere Einkünfte mit der Aufnahme erzielen können, die die Kosten wieder einspielen, die durch die Aufnahme entstanden sind.

    Wo ist hier genau der Fortschritt?

    Verlängerung Schutzfrist Tonaufnahmen: werden wir uns sicher nicht gegen wehren, das wäre lächerlich, haben wir aber niemals aktiv gefordert, weil unsere Sorge anderen Themen gilt: der Durchsetzung.

    Zu Deiner letzten Frage: ja, ich glaube, dass bis 2000 mehr Künstler von ihrer Arbeit leben konnten als je zuvor. Und ich glaube auch, dass wir als Nutzer – auch ohne illegale Quellen – noch nie Zugang zu einer so großen Vielfalt an Kunst und Musik hatten wie heute. Meiner Meinung nach liegt die Vielfältigkeit daran, dass im 20 Jahrhundert neben dem Mäzenatentum und staatlichen Zuwendungen eine dritte Säule der Finanzierung von Künstlern dazukam: die wirtschaftliche , respektive die Finanzierung über die Musiknutzer. Wenn wir wieder weniger professionelle (also von ihrer Kunst lebende) Künstler haben wollen, sollten wir alles im Internet so lassen wie es jetzt ist und einfach abwarten was passiert. Wenn es noch schneller gehen soll, beschneiden wir die Rechte der Urheber zusätzlich.

    „Vielleicht reicht das fürs erste an substantiellen Fragen.“

    Puh, aufwändig, aber spannend, diese Fragen zu beantworten. Bin gespannt auf Deine Kommentare.

    Grüße, Eva

  95. 95

    @Eva Kiltz

    Danke für den detaillierten Input. Der verdient noch einige Reaktionen, in denen sich der Hobbymusiker zum Künstler- und Höreranwalt machen wird. Immerhin habe ich auch schon 20 Jahre Vertrieb auffem Buckel, 10 davon in der Softwarewelt und 3 Jahre mit einem israelischen Unternehmen, das Software zum Content Commerce von sehr hochwertigen digitalen Inhalten herstellt.

    Jetzt aber erst mal der polemische, schlecht recherchierte Dienstagsrant:

    1. Definition: Jede Musiknutzung, die nicht geltendem Recht entspricht, wird im Folgenden als „raubkopiert“ oder „Raubkopie“ bezeichnet. Obwohl man immaterielle Güter weder rauben noch stehlen kann und sie sich auch nicht abnutzen.

    2. Weil es eben nicht objektiv messbar ist, wieviele Raubkopien durch wieviele Raubkopierer gemacht werden, ist es zweifelhaft, inwiefern (wissenschaftliche) Studien Auskunft geben können über die Dimension und Folgen des Raubkopierens. Auch die Nutzerseiter kann nicht belegen wieviel Mehrverkäufe durch kostenlose „exposure“ oder auch illegalen Tausch wirklich zustande kommen.

    3. Wenn ich noch mal auf die Welt komme, dann als Google, Apple oder amazon. Die haben den Bogen raus, ohne eigenes Risiko mit ein bisschen Infrastruktur viel Geld zu verdienen. Wenn der Markt abgegrast ist, mithin die 20 Millionen Songs überall raubkopiert vorliegen, mache ich was anderes.

    4. Dass die ihre Werbeumsätze so ungern hergeben, verstehe ich sehr gut. Der Einzige, der das Spiel wirklich kapiert hat, ist Prince (der ist eh zum knutschen). Bezahlt ein paar Rechtsverdreher, um youtube Videos sofort sperren zu lassen. 2007 hat er seine Platten als Wurfsendung mit einer Zeitung in London verschenkt. Und zu meiner Konzertkarte (zu einem äußerst moderaten Preis) gab es das neue Album gratis dazu. Jaja, das ist Prince, und ausser ein paar diehardfans kennt den doch keiner mehr.

    5.Was kümmert es eine amerikanische Eiche, wenn sich eine deutsche Verwertungsgesellschaft an ihr schubbert? Mal ehrlich, wer glaubt eigentlich, dass Google die GEMA in ihre Bücher gucken ließe? Jetzt muß man auch einmal der Wahrheit die Ehre geben und das Accounting der Labels, insbesondere der Majors, auf Wahrheit, Klarheit und Kontinuität, auf den Prüfstand stellen.

    6.Das Beispiel mit den britischen Verwertungsgesellschaften zeigt doch nur, dass die für ein paar Krümel den Kampf gegen die Eiche aufgegeben haben.

    7. Spotify, simfy, Deezer. Siehe auch http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,798953,00.html .
    Jeder hoffte, dass das Streaminggeschäft alle retten würde. Tja. 200 Labels ziehen ihre Titel zurück. Die Kalkulation von spotify würde mich interessieren. Mutmaßung: 100 Millionen Ausschüttung in 5 Jahren bei so einer kleinen Länder- und Zahlende-Nutzer-Zahl legt nahe, dass bei den mickrigen Urhebervergütungen, das meiste durch Werbung reinkommt. Wenn dann noch die Majors öffentlich sagen, dass sie happy mit spotify sind, liegt der Schluss nahe, dass es ein paar depperte Werbetreibende gibt, die hier den Niedergang der cashcows, der Gagas dieser Welt und ihrer Labels, aufhalten. Also für kleinere Nummern wieder nichts.

    8. Scheisse. Es ging mal um Musik. Jetzt geht es um Werbung und Geschäftsmodelle.

    9. Ich finde es schön, dass viele junge Leute viel Musik hören. Ich finde es nicht schön, dass sie nicht mehr genug Geld haben, diese zu kaufen bzw. für deren Nutzung zu bezahlen. Man kann ja an den Piraten und Berlin als Niedriglohnzone einiges charmant finden, aber das Problem wird nicht durch „Freibier für alle“ gelöst. Jetzt haben die Grünen schon bei den Piraten programmatisch angeheuert. Nur eine Fage der Zeit bis Angela all diese Ansätze in die letzte wirkliche Volkspartei CDU wegintegriert hat. Die Forderung müßte also nicht lauten „Geht arbeiten, Ihr faulen Säcke!“ sondern eher „Schafft Arbeit und Einkommen für unsere Generation Praktikum! Dann geben sie vielleicht auch wieder Geld für Konservenmusik aus.“

    10. Ja, und wenn sie das nicht tun, gibt es halt keine Konservenmusik mehr. Oder nur die von den Leuten, die nett sind, doof oder nix anderes zu tun haben und irgendwie von jemandem unterhalten werden. Handies werden wie früher am Eingang eingesammelt und wenn einer doch irgendwie es schafft, etwas zu youtube hochzuladen, gibbet juristisch auf die Nüsse (im übertragenen Sinn).

    11. Wer will das (10.)schon?

    12. Wenn das Internet als Verkaufskanal nicht wertlos werden soll, braucht es Einsicht oder Schutz. Schutz sehe ich nicht als technisch umsetzbar. Einsicht wäre, dass unsere jungen Raubkopierer einen Wert in der Schaffung (nicht in der Verfielfältigung, Ihr Nasen) von Musik sehen und deshalb dafür zahlen. Und wie bei jedem anderen Produkt, würde die verkaufte Menge einen Erfolgsmassstab darstellen.

    13. Diese verkaufte Menge wird zentral (in dem öffentlich-rechtlichen repository) gezählt und die Konservenmusik wird mit der verkauften Menge billiger. Mengenrabatt. Gaga wäre jetzt also kostenlos. Kostentheoretisch hat auch die digitale Kopie einen variablen Anteil. Es ist keineswegs so, dass jede weitere Kopie kostenfrei wäre. Es braucht Rechenzentren, Traffic muss bezahlt werden, Werbung wird gemacht, Verwaltung, ja auch Buchhaltung kostet Geld.
    Hier spätestens trennt sich dann die Spreu vom Weizen, die Majors (vielleicht auch der GEMA) von den Independents und vor allem von den Urhebern. Schwer vorstellbar, dass Majors ein solches Pricingmodell wollen.

    14. Wie wäre es eigentlich, wenn man dazu mal ein paar Vertreter an einen Tisch bringen würde? Einer von den Majors, einer von den Independents, 3 Urheber, einen Anonymus Vetreter (meinetwegen mit Guy Fawkes Maske), einen verurteilten und einen nicht-verurteilten Raubkopierer (meinetwegen mit Guy Fawkes Maske), Medienvertreter (privat und Ö-R). Das wäre ein Spaß.

    15. Ernsthaft: Es ist wohl eine Catch 22 Situation. Wird das Internet durchreglementiert, werden die Raubkopierer, i.e. zukünftig zahlende Musikkunden, weg sein. Lässt man alles,wie es ist, wird die Kulturbranche (ein Oxymoron, aber besser als -industrie) ins Gras beissen, respektive die Prekarisierung fortschreiten und damit auch die Qualtät den Bach runter gehen. Ein Musiker verdient in Deutschland durchschnittlich wenig mehr als 1.000 Euro pro Monat brutto. Geddit?

    16. Gedanken zur Musikindustrie von Arne Müller steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz.

  96. 96

    Neue Hoffnungsträgerin bei der Europäischen Kommission Neelie Kroes.

    http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=SPEECH/11/777&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en

    Sie weiss es auch noch nicht im Detail, aber die Richtung stimmt. Twittert auch.

  97. 97

    crowdsourcing wurde noch nicht genannt (sagt mir die suchfunktion, hab nicht alle kommentare gelesen). wenn kulturwerke denn wirklich einen wert haben, der durch anerkennung und beachtung noch nicht gedeckt ist, werden sich auch genügend leute finden, die kosten für produktion und derartiges decken werden. kickstarter scheint ja bereits in vielen fällen zu funktionnieren. wieso sollen ein investment nicht auch von den konsumenten übernommen werden können? ist es nicht allgemeines phänomen des internets, dass die funktion von mittelpersonen verloren geht?

  98. 98

    Aloha in die Runde. Habe leider die letzten Tage mit Grippe flach gelegen, und konnte mich deswegen nicht melden. Werde das hoffentlich in Kürze nachholen können.

    „ist es nicht allgemeines phänomen des internets, dass die funktion von mittelpersonen verloren geht?“

    Sehe ich nicht so. Im gegenteil, die zwischen Kunden und den Inhalten stehenden infrastrukturen gewinnen stark an Bedeutung, Was sind denn Google, Apple, amazon, facebook, etc.?

    Stefan

  99. 99
    aribre

    @#796217: stimmt, Crowdfunding ist eine schöne Sache (habe selbst schon ein paar via kickstarter mitfinanziert), aber sie ist auch extrem arbeitsintensiv für die Künstler mit ganz viel Klein-Klein-Arbeit und finanziert darüber hinaus meist nur einen Teil der Kosten statt kompletter Projekte.

    @ Stefan: danke für die Klarstellung – genau das ist die Crux, denn wie oben mehrfach erwähnt, finanzieren diese zwar die Technologie, übernehmen aber nicht die inhaltliche Arbeit wie die „Mittelpersonen“ zuvor.

  100. 100

    ich dacht bei mittelpersonen vorallem an duecks republica vortrag und du, @stefan, meinst ja auch, dass facebook, amazon etc. viele der funktionen übernehmen können. ich war also etwas ungenau, weil ich funktion geschrieben habe.

    @aribre wie zeitintensiv ist denn die suche und das aufrechterhalten einer beziehung zu einem plattenlabel? durch die digitalisierung besteht keine knappheit an eig. gütern mehr, d.h. die tracks etc. können nicht mehr verkauft werden. wieso aber nicht die „produktion“ oder besser, den prozess der kreation verkaufen?

  101. 101
    aribre

    @ Adrian: wer sagt denn, dass die Tracks nicht mehr verkauft werden können? Zum einen gibt es noch genügend Menschen, die gerne Geld für Kultur ausgeben, auch wenn es aus Bequemlichkeit und einer etwas wirren Gratiskulturmentalität, die Kultur einfach mal als Allgemeingut deklariert UND als „Information“ umdeklariert, aktuell weniger werden. Warum sollen das nicht wieder mehr werden oder zumindest stabil bleiben? Nur weil die digital Naiven eine Merkel’sche „Alternativlosigkeit“ zu ihren Thesen propagieren? Aufklärung durch Artikel wie den obigen sind dabei extrem wichtig und so langsam merken das eben auch die Urheber, die bislang keine oder keine sehr ausgebildete Lobby hatten.

    Zum Thema Crowdfunding: die ganze nervige Kleinarbeit wie z.B. das Sammeln von Adressen, Excel-Listen anlegen, Menschen hinterher zu mailen, die zwar gespendet haben, aber dann vergessen ihre Mails zu lesen, daher ihre „Prämie“ nicht bekommen und sich dann beschweren, regelmäßige Updates schicken, um die Leute bei der Stange zu halten, das je nach Prämie einzelne Zuordnen von Goodie zu Mensch, usw. usw. wirklich viel Arbeit macht. Ich konnte das sozusagen live bei einer Künstlerin miterleben und sie hatte sich komplett verschätzt, welchen Zeitaufwand das bedurfte.

    Vorletztlich: die Beziehung zu einem Plattenlabel aufrecht zu erhalten ist kein riesiger Zeitaufwand – die Suche heutzutage u.U. natürlich schon eher. Dafür nimmt dir ein Label eben viel Kleinarbeit ab und du kannst dich auf das wirklich Wichtige konzentrieren.

    Letztlich noch ein Lesetipp über das Ende des tollen Indielabels Unterm Durchschnitt: http://www.unterm-durchschnitt.de/polaroid-plus/details/kuesse-sterben-auf-lippen-anouncement-the-end-of-unterm-durchschnitt/

  102. 102
    aribre

    hier die Position der Drehbuchautoren zum Thema Grüne / Urheberrecht:

    http://www.drehbuchautoren.de/nachrichten/2011/11/gruene-wollen-kreative-enteignen

  103. 103
    Thomas T

    MIr faellt auf das eine überwiegende Ablehnung gegenueber Seligers Kommentar besteht.Wieso eigntlich?Wenn ich nüchtern über die von ihm getroffenen Aussagen nachdenke,werden bei mir bestimmte Denkanstösse aktiviert.Besonders der Teil über die „Vereerbung“ der Rechte und den damit garanzierten Anschluss an Kapital.Warum nach zwanzig Jahren noch immer Gassenhauer wie z.B. Dr Alban und Co im Radio gespielt werden,basiert bestimmt nicht allein auf freie Entscheidungen der Radios.Selbst wenn der Redaktuer denkt, er packe jetzt einen „Evergreen“ in den Player.(Was auf eine seltsame Art auch stimmen mag).Das das System der Plattenfirmen überwiegend auf Basis der Bestechung agiert,sollte jedem in dieser Runde bewusst sein.Egal ob durch Marketing,tolle Reisen fuer Journalisten zum Showcase,IV etc. Klar wird das Alles zu Gunsten des Künstlers deklariert.Doch wie sieht die Wirklichkeit aus?Ist hier nicht pures Eigeninteresse involviert?Die goldene Kuh zu melken so lange wie möglich?
    Das wir in einer freien Marktwirtschaft leben ist kein Geheimnis und das ein Kuenstler eine gute Beratung braucht ebenfalls nicht.Die Situation ist schon etwas zu banal um ständig darüber zu streiten.Klar ist,das das Internet Alternativen ermöglicht sich einer Öffentlichkeit zu präsentieren.Das was einmal die wirklichen Indies waren,basierend auf DIY,ermöglicht nun das Netz.Und ich denk hier an Indie als geistige Einstellung und nicht als millionenschweres Trademark.
    Seltsam finde ich das die grossen Internetfirmen immer vorgeschoben werden und als das Böse dargestellt werden.Futterneid?Wenn ich Ideen habe und sie verwirklichen kann u damit Geld verdiene ist es doch Nichts schlimmes dabei.Ich beziehe diese Aussage jetzt nicht auf die Moral der Unternehmen und ihren Umgang mit der Öffentlichkeit.Das besetzt ein anderes Pferd in einem anderem Rennen.
    Aber genau hier geht es um Moral.Einen Künstler versuchen auf genau dieser Ebene zu erreichen,finde ich etwas schwach.“Vielleicht möchtest Du nicht das youtube Dich betrunken auf der Bühne zeigt.“Ich bin mir ziemlich sicher,dass möchte sie nicht.Auch wenn bad Promo … So jetzt erklärt mir mal bitte wer hier der wirkliche Verursacher ist?Die Künstlerin die durch ihr gesellschaftliche Einstellung Teil des öffentlichen Lebens ist?Youtube,das Technologie und Service bittet?Oder vielleicht doch der Konsument/User/Produzent?
    Wo ist hier die Moral und das wirkliche Ei des Kolumbus?Übertage ich dieses Model auf die Diskussion,wer sind dann meine Ansprechpartner?Die User und die Künstler.Die Frage ist doch nur,wer wird der erste Dienstleister sein,der sich wirklich mit der Situation in der Praxis auseinader setzt.Nicht’s anderes wird passieren.Ihr vergesst auch alle die Netlababels,die CC Musiker und die daran angeschlossene Infrastruktur.Eine gut organisierte Subkultur erreicht immer den Pop.Es ist nur eine Frage der Zeit,da Budgets als Brandbeschleuniger meistens fehlen.

  104. 104

    @aribre vielen dank für die links, diese texte kannte ich beide noch nicht. klar ist jeder untergang eines labels traurig.

    meine gedanken kommen aus einer kurzen diskussion mit postdramatiker (http://postdramatiker.de/blog/2010/08/03/digitalokonomie-versus-nationalokonomie-erste-hypothese/comment-page-1/). sie resultieren aus einer eher ökonomischen perspektive. postdramtikers these war damals: „Digitalökonomie ist im Gegensatz zu bisherigen Ökonomien mit der Herstellung von Knappheit beschäftigt“. wenn ein gut potentiell fast unendlich vorhanden sein kann, dann besteht ein überangebot, was den preis praktisch auf null drückt. wer heute also noch für eine digitales kulturgut bezahlt, macht das vorallem – würde ich meinen – aus gewissensgründen. aber aus rein ökonomischen gründen oder genauer, aus dem prinzip des gleichgewichts zwischen angebot und nachfrage (http://de.wikipedia.org/wiki/Marktgleichgewicht), wäre ein preis nicht mehr gerechtfertigt. postdramatikers konsequenz daraus war damals, dass die wirtschaft im digitalen also damit beschäftigt sein wird, die knappheit wieder herzustellen, und genau das sehen wir derzeit. die pro-urheberrechts-seite versucht mechanismen einzuführen, die das gut knapp halten, damit sie wieder einen preis dafür verlangen können. mir fällt dabei auf, dass hier versucht werden, gesetzte von der „analogen“ physischen welt in die abstrake digitale welt zu transferieren. meiner ansicht nach liegt der grosser vorteil des internets aber gerade in dessen abstraktheit (alles ist in nullen und einsen kodiert) und nur ungern übernehme ich alte modelle, wenn ich neue modelle der kreationsförderung sehe.

    wo hingegen knappheit besteht, ist bei der kreation. kreation passiert nicht einfach so. es müsste also doch möglich sein, den prozess der kreation zu vergüten. dass es zurzeit noch enorm viel zeitaufwand benötigt, durch crowdfunding projekte zu finanzieren, kann man auch als anfängerproblem interpretieren, denn eigentlich müsste es doch möglich sein, die prozesse so zu optimieren, dass der aufwand auf einen bruchteil des von dir beschriebenen schrumpft. wenn z.b. zahlungsprozesse bei erreichen der zielsumme automatisiert von statten gingen.

    klar, das sind alles auch nur vage thesen, und du darfst mich gerne naiv nennen, aber der alternativlosigkeit würde ich widersprechen.

  105. 105

    @adrianoesch und @aribre

    Crowdfunding ist eine hervorragende Sache. Aber es ist produktions- und nicht vertriebslastig, korrigiert mich, wenn ich da falsch liege. Es ist heute bedeutend günstiger, ein Album, oder warum eigentlich nicht nur einen Track, zu produzieren. Die ganz Ausgebufften machen es zu Hause auf dem Laptop.

    Ein Bekannter von mir hatte bis kurz vor der Übernahme über sellaband 30.000 Euro gesammelt, in der Tat ist das eine Heidenarbeit mit den Spendern. Dann irgendwann war das Album fertig und steht jetzt bei iTunes CDBaby etc.. Und nun? Nicht, dass er faul wäre, er hat den größten Myspace-Fanclub in meinem Dunstkreis, ist Tag und Nacht auf allen Social Media Kanälen präsent. Der Reichtum hat sich noch nicht eingestellt trotz der hohen Qualität des Materials. Aber selbst die bezahlten Downloads und CD-Verkäufe innerhalb seines Fankreises halten sich im überschaubaren Rahmen. Das hat auch viel mit der Preisbindung von unseren Netzgiganten zu tun.

    Eben weil Medien und Entertainmentindustrie moralisch so tief gesunken sind, sollten wir uns langsam mal Gedanken dazu machen, wie Konsumenten wieder Vertrauen gewinnen können in das, was da angeboten wird.

    Kleiner Ausflug: http://www.rhein-zeitung.de/regionales/extra_artikel,-Schwerer-Unfug-mit-Sarah-H-Medienrechtler-haelt-Sat1-Kuppelshow-Vertrag-fuer-sittenwidrig-_arid,340029.html
    Hier wird beschrieben, wie ahnungslose Menschen beschissen und beraubt werden. Und zwar mit Methoden, die nicht ganz neu sind, aber früher nur in den 6-7stelligen Honorarbereichen vorkamen. Hier bekommt die bedauernswerte Frau 700 Euro und versteht wahrscheinlich nicht mal, was sie unterschrieben hat.

    Ausserdem heute in den Nachrichten: http://www.sueddeutsche.de/karriere/plagiatsaffaere-staatsanwaltschaft-stellt-ermittlungen-gegen-guttenberg-ein-1.1197275
    Guttenberg Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung gegen Zahlung von 20.000 Euro eingestellt. Welch ein Signal. Das sind nicht mal 10 Anzüge für den Lügendoktor, dessen Familienvermögen auf 600 Mio. geschätzt wird. Ehrlich zusammengeraubt über die Jahrhunderte, aber das nur für die, die gleich wiede „Neider!“ schreien. Nein, viel schlimmer ist doch, das Otto Normalverbraucher bald sagen wird: Versuchen kann ich meine Promotion ja mal so, die Strafen sind ja eh läppisch. Spart Arbeit. Urheberrecht? Da mache ich einen dicken Ihr-wisst-schon drauf. Ich hoffe, dass jetzt einige andere Urheber erneut klagen und dass ich diese Visage nie wieder in einem deutschen Parlament sehe.

    Netlabels und CC sind eine wunderbare Sache. Aber wie sehen deren Verwertungsketten aus? Wann fliesst für wen wieviel Geld und wie sind die Wahrscheinlichkeiten?

    Schutzfristen: Das ist ein sehr politisches Thema. Wenn man heute Häuser auch in der 10. Generation vererben kann, Land sowieso, warum dann nicht auch Nutzungsrechte? Eine innere Logik hat das. Ich würde allerdings ein lebenslanges Nutzungsrecht für den Autor vorschlagen und nach dem Tod ist es dann Public Domain. Das würde ich dann aber auch auf alle Vermögen, inclusive Betriebe, so sehen wollen. Götz Werner und Warren Buffet, zwei ziemlich reiche Menschen haben ihre Kinder enterbt. Ausbildung wird bezahlt, aber dann sollen sie selbst machen. Ein ideales Modell, das gesellschaftlich zu einem Riesenschub führen könnte, da die verbliebenen Vermögen in Stiftungen gehen, die dem Allgemeinwohl dienen. Z.B. auch Arbeitsplätze schaffen. Betriebe würden automatisch anteilig an die Beschäftigten übertragen.

    Endlich wieder Verantwortung bei den Besitzenden.

  106. 106

    @#796246: „Das das System der Plattenfirmen überwiegend auf Basis der Bestechung agiert,sollte jedem in dieser Runde bewusst sein.“

    Mir nicht. Ich habe 13 Jahre lang recht erfolgreiche Radioshows bei großen Sendern moderiert, bei denen ich auch für die Musikauswahl verantwortlich war, und wurde nicht ein einziges Mal bestochen. Es hat auch niemand versucht. Dass ich die Reise zu einem Interview, dass ich für meine Sendung gerne machen wollte, nicht aus eigener Tasche bezahle, sondern dass die Fahrtkosten (meistens) aus dem Marketing-Topf des Labels kamen, ist in etwa so klar wie dass ein Heise-Redakteur das Gerät, dass er testet, nicht kaufen muss, sondern er es als Leihgabe erhält. Weder mein damaliges Moderatoren-Gehalt noch das eines Heise-Autoren würde andere Vorgehensweisen zulassen.

    Es gibt sicher Redakteure, die mehr umgarnt werden als andere, und natürlich gibt es überall den ein oder anderen Kuhhandel. Eine Generalunterstellung wie den oben zitierten Satz solltest du aber mit etwas mehr unterfüttern als dem Hinweis, dass das angeblich jedem bewusst wäre. Zumal dem Label am „Pushen“ eines neuen Songs garantiert mehr gelegen ist als an einem Oldie von Dr. Alban.

  107. 107

    @adrianoesch

    Ganz so einfach sehe ich das nicht. Nehmen wir an, Du seist Angestellter und würdest in Deinem Leben für unterschiedliche Arbeitgeber arbeiten. In der Schule lernst Du Lesen, Schreiben und Rechnen und auf der Uni meinetwegen BWL. Jetzt erzielst Du mit den immer gleichen Fähigkeiten, deren Aneignung Dir Deine Eltern und der Staat über Steuergelder ermöglicht haben, ein Gehalt. Schematische Arbeiten, sagen wir mal Du bist Produktionsplaner und kannst Deine Software nun aus dem FF. Ist das eine Kreation? Wer soll sie bezahlen? Warum sollte ich etwas dagegen haben, dass Du mit den immer gleichen Denkvorgängen und Knöpfedrücken Deine Brötchen verdienst?

    Dieses „Digitale Güter kosten nichts“-Argument ist schwachbrüstig. Genau wie Geld nur einen symbolischen Wert hat, wie wir z.Zt. alle lernen, so ist eine mp3 Datei bestenfalls ein Symbol für eine künstlerische Leistung. Die in vielen Fällen über Jahrzente reifen und perfektioniert werden musste. Diese Zeit ist sozusagen des Künstlers Ausbildung.

    Es ging nie um eine Kostendiskussion für „Nullen und Einsen“, die wäre naiv. Hier wird oft ausgeblendet, wieviel vom Einkommenskuchen beim Erzeuger bleibt.

    Letzte Analogie, alles hinkt. Wenn irgendwo in Afrika Gold abgebaut wird, bleiben ca. 3 % der Erlöse dort. Also bei denen, die ihr Leben in den Minen riskieren.

    Knappheit is in diesem Zusammenhang ein falscher Begriff. Niemand würde behaupten, es bestünde Knappheit bei mp3 Dateien von Lady Gaga ohne Kopierschutz. Was wirklich knapp ist, ist künstlerisches Potential. Niemand würde behaupten, dass Luft knapp ist und deswegen keinen Wert besitzt. Sie wird nur Gott sei Dank noch nicht gehandelt.

    Dass Argumente aus der VWL und BWL völlig neu betrachtet werden müssen, sieht man an der derzeitigen Finanzkrise.

  108. 108
    aribre

    @#796247: das ist ein interessanter Ansatz, aber ich glaube nicht so richtig an ihn, weil a) Urheber und Künstler im Prinzip ja kein Interesse an der Verknappung haben, sie versuchen das – wenn überhaupt -, um der Piraterie zumindest ein wenig entgegen zu schreiten und b) das Prinzip der Verknappung ja nur in einem System ohne Piraterie wirklich funktionieren könnte, sprich: wenn ich als Urheber entscheiden kann, was ich anbiete, kann ich es breit oder weniger breit streuen. Diese Entscheidung ist mir ja heute abgenommen. Ich streue sehr eng, schwupps, am nächsten Tag ist es im Netz und wird breit gestreut – ob ich will oder nicht. Ich halte dich übrigens nicht für naiv, was das Thema angeht!

    @ Arne: ich sehe das ebenso. Recht bis zum Tod – u.U. noch ein paar Jahre darüber hinaus, um abhängige Hinterbliebene zu unterstützen (es muss ja nicht jeder Urheber mit 90 Jahren und erwachsenen Kindern sterben – wenn es ihn im Alter von 30 erwischt, sollten seine Kinder zumindest für’s Erste versorgt sein.

    @ Thomas T: ich glaube du verwechselst das mit dem Payola-Skandal in den USA. Und sag mir bitte, wer die „gute Beratung“ der Künstler, die du ja als wichtig ansiehst, in Zukunft bezahlen soll, wenn der Künstler kein Geld mehr mit seiner Kunst verdienen kann.

  109. 109

    @arne dein freund hat selbständig 30’000 euro gesammelt! wow! cool! ich sehe das problem nicht. das ist doch eine relativ grosse summe geld, womit sich was anständiges produzieren lässt, und man sich auch ein bisschen zeit nehmen kann, nicht? und wo die kosten für den „kreationsprozess“ jetzt gedeckt wären, will er zusätzlich die tracks verkaufen? wieso stellt er sie nicht gratis online und versucht geld für ein nächstes projekt zu sammeln? mit dem soeben produzierten material in anscheinend guter qualität, hätte er auch bereits super werbematerial für ein evt. nächstes projekt. oder wie wärs mit auf tour gehen? klar, das ist (noch) mit sehr viel organisationsarbeit verbunden, aber die könnte eventuell auch mal von spezialisten übernommen werden (zukünftige labels?). – ich verstehe nicht ganz worin das problem liegt. will niemand seine musik hören?

    zu guttenberg. ich halte das für ein schlechtes beispiel, denn gerade in der wissenschaft ist die kopie mit angabe der quelle – also das zitat – eins der wichtigsten instrumente. gerade die wissenschaft zeigt uns, wie wichtig die kopie für die innovation ist. was an zu guttenberg zu kritisieren ist, ist nicht die kopie, sondern das weglassen der quelle (wissenschaftliche redlichkeit). (ich habe die analogie zur wissenschaft als innovationsinstitution einmal etwas weiter gesponnen. http://adrianoesch.wordpress.com/2011/10/26/uber-produktion-kreation-und-evolution/)

    ich stimme dir zu, dass der subjektive wert eines kulturguts nicht durch angebot und nachfrage geregelt wird. da spielen enorm viele andere faktoren mit hinein. klar sollte auch die „ausbildung“ und das „talent“ vergütet werden, aber das widerspricht dem modell der finanzierung des „kreationsprozesses“ doch in keiner weise. radiohead wird eben nicht für mal 30’000 euro ein album produzieren, sondern vielleicht erst ab 200’000 euro. da werden dann auch talent, reichweite, ausbildung, können und derartiges berücksichtigt.

    zu deinem beispiel. ich denke routineartige arbeiten werden in der zukunft immer weniger gefragt sein, weil sie eben keine kreation darstellen (siehe dueck und konsorten). aber klar auch hier. das sind weite visionäre thesen, nahe an der utopie.

    @aribre ich glaub ja eben auch nicht an das prinzip der verknappung in digitalien weil sie (1) kulturevolutionär unterlegen wäre (angenommen es kann sich eine kultur der freien kopie entwickeln) und (2) wahrscheinlich technisch unmöglich durchsetzbar ist. deswegen sehe ich das modell der finanzierung des kreationsprozesses als eine gute option. (PS: die weite distanz dieser thesen zur heutigen realität würden viele vielleicht als naiv bezeichnen.)

  110. 110

    @ eva

    Ich kenne die Initiativen, die Du beschreibst nicht im Detail. Dass die Politik hier ein Wählerpotential wittert, Berater und Anwälte Beratungspotential und Google ein Verdienstpotential leuchtet ein. Warum aber lässt man ausgerechnet Google eine solche als neutral getarnte Veranstaltung ausrichten? Haben die die Schnittchen bezahlt oder einen guten Presseverteiler? Oder haben unsere Lieblingsfrösche einen Plan ausgeheckt, den Sumpf trockenzulegen UND prächtig damit zu verdienen?

    Du beschreibst ganz gut, wie es Künstlern mit ihrem Leben geht. Ich kenne einige und bin selbst hobbymäßig musikalisch aktiv. Warum sie sich nicht an dieser Diskussion beteiligen? Weil sie keine Nerven haben mit dem parasitären Netzwerk Dinge zu besprechen, die sie nicht verstehen, die ihnen nicht weiterhelfen, die sie sogar in ihrer Existenz bedrohen oder so ähnlich. Wer nur die Jetsetter aus der Yellow Press kennt, versteht sicherlich nicht, wie es ist, mit 1000 Euro brutto im Monat (und es gibt viele, die regelmässig drunter liegen) auszukommen.

    Ja, und viele unserer jüngeren Mitbürger haben es noch nicht verstanden, dass sie für Facebook und Google die Ware sind.

    Zur Finanzierung der Künstler 100 % d’accord.

    Mehrwertsteuer: Eine rein politische, weder eine logische noch wirtschaftlich zu begründende Entscheidung der jeweiligen Regierung. 0 % auf alle Kultur scheint mir geboten. Besser noch eine negative Mehrwertsteuer, eine Subvention.

    Händler: Ich stelle nochmals die Frage, ob wir überhaupt Händler brauchen. Repository als öffentlich-rechtliche Institution. Dort erwirbt man Lizenzen. Alle Teilnehmer, die Mehrwert erzeugen, also vor allem Labels, Publisher und Managements, erhalten eine Beteiligung von den Verkaufserlösen oder eine flat fee vom Urheber/Künstler.
    Ziel: Keine Marge für Nichtstuer und Brechen des Oligopols.

    Verwertung und Geldflüsse finde ich sehr gut dargestellt.

    Kommerziell und privat sind, glaube ich, Kategorien, die nicht hilfreich sind, da sie weder feststellbar noch durchsetzbar sind.

    Schutzfristen, Verbreitungsbeschränkungen: Dazu habe ich in einem früheren Kommentar etwas gesagt. Grundsätzlich denke ich, dass der Urheber 100%ig über sein Werk bestimmen kann und sollen könnte. Die GEMA z.B. will die Rechte aller meiner Werke wahrnehmen oder gar keine. Das ist, tschuldigung, plemplem. Ich will auch zu jeder Zeit meine Lizenzierung ändern können, soweit dem nicht Gesetze oder Verträge entgegenstehen. Diese 5-Jahresfrist ist, tschuldigung, krank. Und wenn die Grünen und die Piraten das wollen, machen sie sich zum Gespött der Branche. Dann nämlich müssen sie das bedingungslose Grundeinkommen gleich mitliefern. Und das traue ich denen nicht zu. Innovation im künstlerischen Bereich entsteht durch Persönlichkeitsentwicklung des Künstlers, nicht durch Verkürzung von Schutzfristen und manche werden erst spät richtig gut. Aber ich dachte, das sei jedem klar. Dann sollen sie für ihre frühen Werke nichts mehr bekommen, obwohl der Markt sie mit Geld überschütten möchte? Gimme a break.

    Rückfall der Rechte (Reversion of rights): Das ist ein leidiges Thema auch in der Buchbranche. Wenn ein Verlag das Buch nicht mehr im Bestand hat, sich verdammt viel Zeit mit dem Nachdruck lässt oder genau die Minimummenge laut Vetrtrag vorhält, das Buch aber in seinem Programmprospekt nicht mehr auftaucht, er es nicht mehr bewirbt, es quasi unsichtbar geworden ist, soll da der Autor nicht das Recht haben, die Rechte schnellstmöglich zurückzubekommen, damit er diese an einen anderen Verlag lizenzieren kann?

    Privatkopie: Alles schwammig. Und wenn wir dann über DRM reden, ist die Empörung wieder groß.
    Ich verwette meinen Hintern, dass Google oder Facebook diese Debatte mit ihren Identityservices wieder in Schwung bringen. Wenn sich die Meute weiterhin so kritiklos dem „vermeintlich Kostenlosen“ hingibt, wird sie sich wundern, warum sie ihre Musik künftig nur noch mit Facebook Login mit Iriserkennung, fingerprint oder dongle hören können. Natürlich nur, wenn sie sie dort GEKAUFT HABEN. AUFWACHEN!!!!!

    Die Verlängerung von Schutzfristen kann man gut in den USA studieren. Ich glaube jetzt sind sie mittlerweile bei 130 Jahren post mortem. Betrieben immer von der sehr mächtigen Entertainmentindustrie. Wenn ich die Chance hätte, als Filmstudioinhaber oder Musikverlagsboss, mit meinen Senatoren diese Änderungen am Rande eines Empfanges oder in der Sauna zu besprechen, ich würde es auch tun. Es ist so ähnlich, wie bei einer Gelddruckmaschine, die haben einfach nach dem Produktionslauf immer wieder auf „On“ gedrückt.

    Streaming: Korrekt. Die Vergütungen sind viel zu niedrig. Das Pleiterisiko gilt aber genauso für Labels und Verlage. Deshalb das öffentlich-rechtliche Repository. Das könnte auch eine 100%ige Verfügbarkeit für die erworbene Lizenz garantieren. Immer abspielbar. Vererbbar?

    Schlussbemerkung: Ich komme zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie Du und habe überhaupt nichts gegen professionelle Musikverwerter, solange sie tatsächlich Mehrwert erzeugen, die Verkäufe steigern durch Werbung oder wie auch immer. Und sie sollen ihren Teil des Kuchens bekommen. Solange Künstler darben, muß aber erst einmal sichergestellt werden, dass sie Kunst produzieren KÖNNEN. Die unsägliche „Hartz-Gesetzgebung“ ist unwürdig und kontraproduktiv.

    Und wenn mir jetzt mal einer verraten könnte, wofür z.B. Apple genau 30 % des Umsatzes kassiert und warum man von Google/youtube und spotify nur mikroskopische Beträge sieht.Google macht jetzt so um die 30 Milliarden Dollar Umsatz und hatte eine märchenhaften Gewinn von 8,5 Mrd Dollar. Spotify brüstet sich mit einer Ausschüttung von 100 Millionen Dollar seit Gründung 2006. Da ist doch was faul.

    Netzphilosophen, Euer Einsatz.

  111. 111

    @adrianoesch

    30.000 Euro sieht für manchen viel aus. In dem professionellen Musikbusiness ist das aber schnell weg. Musiker, Studio, Mixing, Mastering, Promotion, Grafiker, Anwalt, Management etc.. Und dann ist da noch der Lebensunterhalt, der ja meistens nicht bedacht wird. Vielleicht kann Johnny zur Kostensituation im Musikbusiness noch besser Auskunft geben.

    Über Guttenberg streite ich mich ungerne. Das ist ein Lügner, Betrüger und Blender. Er hat die Fussnoten nicht vergessen. Und klar, alle Wissenschaft baut auf den Vorgängern auf, und deswegen ist dieses System mit seiner Offenheit auch gut. Wird dann aber beschränkt durch z.B. Patente, wenn es witschaftlich interessant wird.

    Radiohead ist ein untypisches Beispiel. Diese Band hatte schon lange vor ihrem Tipjar-Experiment einen harten und treuen Kern Fans. Nur deswegen ging das Ganze. Und möglicherweise hatten sie auch schon vorher ausgesorgt. Also die absolute Ausnahme, die ich ihnen ausdrücklich gönne aber nicht zur Regel erklären will.

    Ich habe mir 3 Minuten vom Dueckreferat republica auf youtube angeschaut. Dann habe ich es nicht mehr ertragen. Kann mir jemand einmal die Kernthesen knackig zusammenfassen? Ich meine ausser, dass wir alle arbeitslos werden und der Planet am Donnerstag verglühen wird?

  112. 112
    DieterK

    @#796249:

    „Ich habe 13 Jahre lang recht erfolgreiche Radioshows bei großen Sendern moderiert, bei denen ich auch für die Musikauswahl verantwortlich war, und wurde nicht ein einziges Mal bestochen. Es hat auch niemand versucht. Dass ich die Reise zu einem Interview, dass ich für meine Sendung gerne machen wollte, nicht aus eigener Tasche bezahle, sondern dass die Fahrtkosten (meistens) aus dem Marketing-Topf des Labels kamen (…)“

    Wenn jemand Moderator beim Rundfunk wird, dann ist er längst (als „Kritiker“, Musiker usw.) in das System „Musik- bzw. Medienindustrie“ integriert. Direkte Bestechung (für das Spielen eines bestimmten Songs) ist dann nur in Ausnahmefällen notwendig / sinnvoll. Die Industrie (Majors & große „Independents“) decken ein so großes Stilspektrum ab, dass sie ihre „Programmvorschläge“ genauf auf die jeweilige Sendung/ Redaktion/ Moderator abstimmen. Der jeweilige Entscheidungskeeper hat dann selbstverständlich die freie Auswahl – unter den Produkten, die die Labels gerade in den Markt drücken wollen (Ja. Natürlich gibt es auch spezielle Sendungen, die nur obskures Zeug, aber die sind selten und kaum relevant).

    Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Marktanteilen der Majors / der „Independents“ und ihren Anteilen am Programm der öffentlich-rechtlichen Sender?

  113. 113

    Einen hab ich noch, heute in der Süddeutschen:

    http://www.sueddeutsche.de/kultur/lou-reed-und-das-urheberrecht-dieses-video-ist-nicht-verfuegbar-1.1197795

    Hier beklagt sich ein schlecht informierter Lou-Reed-Fan über ein angeblich von der GEMA gesperrtes Video auf das von einem „Lou Reed Facebook-Profil“ verlinkt wurde.

    1. Dieses Video wurde von youtube, einer 100 %igen Google Tochter gesperrt. Da könnte man einfach mal bei Google nachfragen, warum. Vielleicht ist der eingeblendete Hinweis auch irrtümlich oder fälschlicherweise dort.

    2. Vielleicht hat der Betreiber des Facebook-Profils (wie kann man den eigentlich authentifizieren?) einfach nicht genug nachgedacht. Warum stellt Lou Reed sein Video, wenn er denn alle nötigen Rechte innehat nicht auf seine eigene website? Ein Klacks.

    3. Hidemyass.com ist nicht zu empfehlen. Einfach mal googlen. Da gibt es bessere Sachen.

    4. Kennt der Verfasser eigentlich alle Hintergründe? Weiss er bei wem die Rechte liegen, welche Verträge Lou mit welchen Verwertungsgesellschaften und die wiederum mit anderen Verwertungsgesellschaften Verträge geschlossen haben?

    5. Dieses Säuglingsgeschrei „Mama, ich hab Hunger, gib mir mein Lou-Reed-Video für lau“ ist ja nicht auszuhalten.

    6. Niemand ist gezwungen, ein youtube-Video hochzuladen oder anzusehen. Niemand ist gezwungen, ein Facebookprofil zu haben oder sich dort aufzuhalten. Und niemand ein Recht auf kostenlosen Content. Verdammt.

    7. Erst mal Lou fragen.

    P.S. Die GEMA hat ihre Berechtigung, wenn ich so ein dünnes Zeug lese. Das heisst nicht, dass man sie lieben muss.
    Empört Euch nicht nur, sondern macht Euch erst mal schlau.

  114. 114

    @DieterK

    Ich empfehle Vorsicht beim nächsten Einkauf beim Lebensmittelhändler Deines Vertrauens. Es ist gut möglich, dass in Deinem Korb ein Produkt der Top 10 der Lebensmittelindustrie landet. Weil die alles dafür tun, das es so kommt. Spreche aus 9-jähriger Industrieerfahrung.

  115. 115
    DieterK

    @#796270:

    Der Artikel von Bernd Graff in der Süddeutschen Zeitung ist unglaublich. Und so ein Mist wird von einem angeblichen Qualitätsmedium ungeprüft veröffentlicht: Stimmungsmache auf niedrigsten Niveau.

    Zum Thema Einfluss der IFPI auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme ein aktuelles Beispiel aus der Schweiz:

    „SRF gibt also auch dem zweiten grossen Marketinginstrument IFPI eine prominente Plattform, noch bevor die Vorwürfe gegen die Hitparade geklärt sind. Michael Schuler, der verantwortliche Musikredaktor bei SRF, sieht darin kein Problem (…) Bereits in den Diskussionen um die Hitparade war die Rolle von Michael Schuler kritisiert worden. Schuler war vor seiner Anstellung bei SRF in verschiedenen Positionen für die beiden Major Labels Universal und Sony BMG tätig.“
    http://www.tageswoche.ch/de/2011_46/kultur/116487/Das-Schweizer-Fernsehen–mischelt-weiter-mit-der-IFPI.htm

  116. 116

    @DieterK

    Habe bei der SZ noch schnell folgenden Kommentar eingestellt.

    Ich bin Hobbymusiker, Komponist und Textdichter, habe keinen Plattenvertrag und arbeite auch nicht in der Musikbranche, bin kein GEMA-Mitglied (ja, das ist ein Verein, die Mitgliedschaft ist freiwillig und ja, Komponisten und Textdichter sind dort auch Mitglied). Mit meinen postings verfolge ich auch keine wirtschaftlichen Interessen, nicht einmal kostenlosen Konsum urheberrechtlich geschützter Werke.

    So eine Erklärung von jedem Mitdiskutanten wäre hilfreich (die Guy Fawkes Maske könnt Ihr dabei aufbehalten, no problem).

    Falsch zitieren ist seit Guttenberg ja Volkssport und nicht mehr strafwürdig. Also, @woodoo2, zu meinem Punkt 1, dort steht „Vielleicht ist der eingeblendete Hinweis auch irrtümlich oder fälschlicherweise dort.“ . Das ist der entscheidende Hinweis. Ich weiss es nicht. Aber sicher ist, dass Google den Hinweis einblendet, die Sperrung gemacht hat, vielleicht auf Betreiben der GEMA, vielleicht auch nicht.
    Das ist eine Mischung aus Ausspielen der Verhandlungsmacht, hoher Politik und Aufhetzung solcher Leute, die glauben, dass das alles kostenlos sein muss. Die youtube/GEMA Debatte habe ich natürlich verfolgt, aber auch da muss ich zugeben, ich weiss nichts Genaues, weil die Verhandlungen nämlich aus gutem Grund geheim sind.

    Es gibt ja scheinbar viele Experten, Piraten und Anonyme hier, die mehr wissen. Also raus damit. Welche Verträge hat Lou Reed wann mit welchem Inhalt mit welchen Labels und Verwertungsgesellschaften unterschrieben. Und die zwischen den verschiedenen nationalen Verwertungsgesellschaften, die könnt Ihr ja dann gleich kommentiert mitliefern.

    Ich bin froh, dass die GEMA noch ein bisschen rumzackert. Es geht nämlich um eine Mörderkohle, für die GEMA, die dann bis zu 90 % an die Komponisten und Textdichter weiterreicht. Googlekohle aus der Werbung.

    Warum es schon in anderen Ländern funktioniert? Weil Google da das Geld schon ausspuckt. An die Urheber über die Verwertungsgesellschaften. Die es vielleicht sogar ermöglicht, Euch in Zukunft noch eine Zeitlang Umsonstkultur zu spendieren.

    lwtk (lawyers wetting their knickers)

    Muss jetzt Geld ranschaffen, damit ich mir zukünftig noch Musik kaufen kann. Mad et jut. Guggt bei Spreeblick, da ist die Debatte schon vieeeeeel weiter.

  117. 117

    @DieterK

    Maybe, maybe not. Solche Sachen gibt es, seit es Hitparaden gibt. Und viele lustige Geschichten dazu. Dass Künstler oder deren Manager die eigenen Platten aus den Plattenläden, die in der Stichprobe zur Erhebung waren, dutzendweise gekauft haben etc. Media Control, Dieter Thomas Heck, das waren noch Zeiten.

    Es ist ähnlich wie bei den Ratingagenturen, die gibt es nur, weil irgendwelche Leute das Zeug glauben (wollen), was die so veröffentlichen. Wenn wir alle Charts und Preisverleihungen, die alle nur organisierte PR sind, ignorieren würden, wären wir ein Stück weiter.

  118. 118

    interessiert gelesen, aufgrund der fülle aber erstmal ohne ein eigenes statement, bin da noch in der meinungsfindung, stattdessen aber eine frage:

    wie beurteilt ihr denn zb die hier beschriebenen versuche von musik ohne anwendung von copyrights zu leben?

    https://www.iz3w.org/zeitschrift/ausgaben/327/fab

    der artikel beschreibt das ja eher als verschiebung der einkommen zwischen den beteiligten personen in der musikindustrie, also nicht als wirklich grundlegende veränderung, sondern eher als modifikation des bestehenden, aber eben ohne copyrights.

    bei der websuche findet man aber auch deutlich enthusiastischere einschätzungen dieses phänomens tecnobrega. wäre da an weiteren einschätzungen interessiert, soweit sich da jemand auskennt. sorry für ein wenig off topic, es brennt mir ein wenig unter den nägeln und man findet sonst wenig tiefgehendes dazu, außer dem oben angeführten artikel.

  119. 119

    Gedanken zur Musikindustrie – Utopie und Dystopie

    Gedanken zur Musikindustrie von Arne Müller steht unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht-kommerziell-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz.Über diese Lizenz hinausgehende Erlaubnisse können Sie unter http://www.eggsplore.de/kontakt.html erhalten.

    Szenario 1: Das Mittelalter

    Google hat die Mediennutzung monopolisiert. Jimmy Wales hat aufgehört, mit dem Klingelbeutel rumzugehen. Die Wikipedia-Inhalte sind jetzt bei Google. Jimmy hat ein kleines Restaurant auf Hawaii. Nichts kann man mehr ohne Google machen, es gibt keine anderen Suchmachinen mehr, Google bestimmt jeden Schritt Deines Tages. Du fragst nicht mehr „Was ist Urheberrecht?“ und bekommst eine Linkliste mit 3,5 Zillionen Einträgen. Google wird nicht Deine Gedanken lesen, sondern Dir sagen, was Du Dir wünschst. „Oops. Heute ist gerade „Rip me off, Baby“ von Ali Baba and the Destroyers total angesagt bei Deinen 567.342 Freunden. Hier runterladen. Wir buchen 31 Googlecents von Deinem Googleaccount ab. Hab einen schönen Tag. War dieser Hinweis hilfreich?“. Marc Zuckerberg hat jetzt eine Konditorei neben Jimmy.

    Szenario 2: Die schwimmende Festung

    Hedgefondsmanger und andere Finanzmarktteilnehmer sind schon lange sauer auf demokratisch gewählte Regierungen. „Wer hat denn eigentlich die Kohle? Die oder wir?“ wiederholen sie mantraartig. Alle Länder der Erde, sogar die früheren Paradise, Bahamas, Jersey, Liechtenstein usw. sind aufgewacht und haben die Bande eingelocht und abkassiert.
    Was aber nicht das Ende der Geschichte war. Die Rechtslage, dass man auf See in internationalen Gewässern ist und alles machen darf (Piratensender!), führte zum Kauf eines ausrangierten Flugzeugträgers, voll bewaffnet und bis unters Oberdeck voll mit Servern. Dort findet jetzt der sogenannte Finanzmarkt statt. Die Konzentration auf der Anbieterseite und der technische Fortschritt verringern den notwendigen vermieteten Raum für Anbieter, Rechtsanwälte und Technik. Zimmer frei. Das einzig verbliebene Majorlabel Google mietet sich ein. Die ganze PR, die Einflußnahme, all die Gratisangebote haben nicht dazu geführt, dass die Nationalstaaten ihre Gesetze gelockert hätten. Mit Googlelogin kann man, wenn man liquide ist, Musik hören. Musik aus fast 100 Jahren. Urheber werden nicht mehr vergütet, Labels nicht mehr gebraucht, neue Musik wird nur noch von Google elektronisch, nach streng wissenschaftlichen Algorithmen hergestellt. Wenn das Piratenschlauchboot sich nähert, wird es per Torpedo oder F-16 versenkt.

    Szenario 3: Hey, wir sind nicht perfekt, aber auch nicht bekloppt

    Alle haben sich schlaugemacht und verstehen, dass Künstler leben müssen, Kunst schaffen wollen und dass die Welt mit Kunst besser ist. Weiters verstehen die Leute, dass wir mittelfristig die Geldwirtschaft oder die bald kommende neue Währung, nicht gleich abschaffen können oder sollten. Also gibt man Künstlern einen fairen Anteil am Einkommenskuchen. Das, was des Künstlers Werk ist, darf er auch uneingeschränkt während seiner Lebzeiten vermarkten. Das ist sein Kapital. Oder wollen wir dem kleinen Sparer nach 5 Jahren seine Bundesschatzbriefe und sein Haus wegnehmen? Die Piraten und die Grünen geben zu, einen Witz gemacht zu haben. Und wenn einer sagt, dass das ernst gemeint war, bekommt er den immer noch validen Tip „nach drüben zu gehen“. Das ist im Jahre 2011 aber nicht mehr die DDR sondern die erfolgreichste kapitalistische Volkswirtschaft der Welt, China. Dort bekommt er auch Geld im Schweiße seines Angesichts, kann sich auch Musik kaufen, wenn auch nicht so viel. Vielleicht findet er sogar Arbeit in einem CD/DVD Presswerk und er bekommt ein kleines Deputat erfolgreicher US-Produktionen. Oder bei dem IT-Unternehmen „Little Brother of the Rising Sun“, in das Google integriert wurde.
    Das sieht dann alles möglicherweise wie Szenario 2 aus, nur innerhalb der Landesgrenzen, die aber expandieren können.

    P.S. I Ich bin ein Fan des chinesischen Wirtschaftswunders und der chinesischen Kultur, von der ich so wenig verstehe. Aber ich möchte, das sich alle Kulturen der Welt weiterentwickeln, sich miteinander verbinden und positiv beeinflussen. Dazu müssen sie aber erhalten werden und das geht nur in einem funktionierenden Rechts- und Wirtschaftsrahmen. Deswegen muss Kultur, und das sind im wesentlichen die Kunstschaffenden und das interessierte, zahlende Publikum, geschützt werden. Ein öffentlich-rechtliches Online-Repository, wo jeder die Kunst zu einem vernünftigen Preis geniessen kann, wäre ein Baustein.

    P.S. II Ich habe auch nichts gegen Google. Monopole allerdings, Kartelle, Konzerne, die sich aussuchen können, wo auf der Erde sie etwas machen können – all das führt zu nicht hinnehmbaren Verzerrungen und Manipulationen des Marktes. Das läßt sich aber wohl durch weltweit einheitliche Strategien, Gesetze und deren Durchsetzung verändern. A fucking long way to go.

  120. 120

    Bei dem zähen Thema muss auch mal ein wenig Spass sein. Köstlicher Artikel von Hannah Pilarczyk bei SPON.

    http://www.spiegel.de/kultur/tv/0,1518,799865,00.html

  121. 121

    @Johan:

    Zum Tecnobrega-Artikel:

    Ich habe einen Onkel in Südamerika, er arbeitet bei einer Firma in Rio de Janeiro. Mein Bruder war dort zu einem Auslandspraktkum eingeladen, insgesamt war er sechs monate dort.

    Und er sagte, dass man erst mal verstehen muss, das es kaum ein anderes Land gibt, indem die gesellschaftliche disparität so extrem ist, wie in Brasilien. Geschäftsleute lassen sich mit dem Helikopter von Meeting zu Meeting fliegen und fahren am ende geschäftstages per Limousine in ihr von einer kleinen Privatarmee abgesichertes Hochsicherheits-Stadtviertel, während nur wenige Hundert Meter davon dichtbesiedelte Slums stehen, in denen Leute an der absoluten Armutsgrenze leben. Manchmal trennet „superreich“ und „bettelarm“ nicht viel mehr als eine dichtbefahrene Strassenkreuzung. Es existieren dort quasi Parallelwelten nebeneinander. das gibt es in anderen Gesellschaften auch (CHina, Indien, Russland, Mecklenburg-Vorpommern ;-)), aber im Gegensatz zu diesen Ländern ist die Gesellschaft der Mittel- und Oberschicht fast genauso groß wie die der armen Bevölkerung.

    Es ist in der Tat sehr schade, dass er für letztere keine Kreativwirtschaftsgüter zu vertretbaren Preisen gibt, aber Kreativwirtschaftsgüter sind halt schlussletztendlich doch Luxugüter, und solche sachen wie Nahrungsmittel und fliessend wasser haben dann für die meisen leute doch eine höhere Prioriätt.

    Trotzdem hat sich in dieser Gesellschaft in der auch Rechtsdurchsetzung nur in Teilen gilt (man denke an die berühmten Favelas, in die sich Polizei nur mit Panzern und kugelsicheren Westen reintraut) ein Ökosystem für Kulturgüter für die ämrere bzw. die Landbevpölkerung entwicklet. Man muss aber verstehen, dass hier Urheberrechtsdurchsetzung auf Platz 138 der gesellschaftlichen Prioriätenliste steht. Die versuchen immer noch Kinder aus kriminellen Bandensystem zu lösen oder die überhaupt in schulen unter zu bekommen.

    Insofern möchte ich irgendwie bezweifeln, dass sich dieses System als „tolle“ Alternative zu unserem Kulturellen system gibt, welches aus Clubs, Konzerten, Philhamronien, Stadtfesten, soziokulturellen Zentren, Musikmagazinen und einer extrem reichhaltigen Auswahl an musikalischen Szenen besteht.

    Ja, auch ohne Urheberrecht würde es also musik geben. Sollten wir dann damit tauschen wollen? Ich finde nicht.

  122. 122

    @Arne:

    Zum Artikel der Süddeutschen: ja, so sieht mittlerweile online-„Qualitätsjojrnalismus in deutschland aus.“ Danke dass du & Spectre66 euch die Mühe gemacht haben, das richtig zu stellen. Das ist übrigens nicht das erste mal, dass die Süddeutsche ziemlichen Unsinn über die Musikwirtschaft/Urheberrecht verzapft, das kommt da öfter vor. die These, dass musiker in zukunft alle von ihren Liveauftritten wunderbar leben können, stammt auch von denen.

    Früher galt mal im Journalismus die Regel, einer Person oder Firma, über die man schreibt, Gelegenheit zur Stellungnahme VOR der Veröffentlichung des Artikels zu geben, so lösen sich auch häufig Recherchefehler vor der Veröffentlichung auf.

    Das scheint bei der Süddeutschen aber zumindest online nicht mehr finanzierbar zu sein. die qualität von Journalismus sinkt also, mit seiner kostenlosen Verfügbarkeit. Merkt jemand, dass der Artikel ironischerweise in mehr als einem Zusammenhang zum hier dskutierten Thema steht? Das Umsonstdiktat funktioneirt bei Infrastruktureanbietern hervorragend, beim Inhalt dagegen weniger.

    Heute veröffentlicht man lieber nach der Elefant im Porzellanladen-Methode: Oh, da habe ich wohl etwas unmgeworfen. Ach, das wird schon irgendjemand im Forum wieder aufwischen…. :-/

  123. 123

    @Dieter K

    „Wenn jemand Moderator beim Rundfunk wird, dann ist er längst (als “Kritiker”, Musiker usw.) in das System “Musik- bzw. Medienindustrie” integriert. Direkte Bestechung (für das Spielen eines bestimmten Songs) ist dann nur in Ausnahmefällen notwendig / sinnvoll. Die Industrie (Majors & große “Independents”) decken ein so großes Stilspektrum ab, dass sie ihre “Programmvorschläge” genauf auf die jeweilige Sendung/ Redaktion/ Moderator abstimmen. Der jeweilige Entscheidungskeeper hat dann selbstverständlich die freie Auswahl – unter den Produkten, die die Labels gerade in den Markt drücken wollen (Ja. Natürlich gibt es auch spezielle Sendungen, die nur obskures Zeug, aber die sind selten und kaum relevant).

    Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Marktanteilen der Majors / der “Independents” und ihren Anteilen am Programm der öffentlich-rechtlichen Sender?“

    Belege? Ich habe selber mal beim Rundfunk gearbeitet, Privat UND Öffentlich-rechtlich, und möchte sagen, dass ich das für ziemlichen Unsinn halte. Die plattenfoirmen sind selbst mit der zunehmenden formatierung des Privatradios unzufrieden, und verzweifeln, weil sie nichts rein bekommen, was nicht mit Mainstream zu tun hat.

    Ich habe selber mit meinem label mehrere radiokampagnen gefahren, und ich weiss wie vollgesch…. die Radioredakteure sind.

    Insofern frage ich mich, in welcher Glaskugel du Deine Thesen gelesen hast.

  124. 124

    @ stefan

    Ich frage mich manchmal, ob die Bevölkerung das nicht verstehen will oder kann. Es gibt zwei sehr gute Bücher von Harald Schumann (das eine mit Christiane Grefe) geschrieben, „Der globale Countdown“ und „Die Globalisierungsfalle“. Dort beschreibt er gesellschaftliche, wirtschaftliche, ökologische und politische Umbrüche und Prozesse. Kann man bestimmt in jeder guten Bibliothek leihen, wer es nicht kaufen mag. Musik kann man nicht einfach so leihen. Anyway.

    Dort ist auch die Rede von Einkommensentwicklungen und dass Reiche immer reicher werden, rein mathematisch bedingt schon und ein immer größerer Teil immer ärmer und ohne Beschäftigung und Einkommen bleiben wird. Bei einer Konferenz von einflussreichen Leute wurde der Begriff „Tittietainment“ geprägt. Er steht für die Notwendigkeit, die prekarisierten Massen mit leicht verdaulicher Unterhaltung zu füttern, sinnbildlich wie an der Mutterbrust. Um sie zu betäuben, damit sie nicht die nächste Revolution ausrufen.

    Die Bildungsstände, die Qualität aktueller Diskussionen scheint zu bestätigen, dass diese Entwicklung massiv eingesetzt hat. Ich sag mal, Hauptsache Flachbildschirm und RTL II und den Rest „nuckel“ ich mir aus dem Internet.

    Zeitungen haben massive wirtschaftliche Probleme durch die Anzeigenreduktion. Im TV gibt es immer mehr Kanäle, kurzlebige Billigformate, weil auch dort der Werbekuchen in immer kleinere Schnittchen geteilt wird.

    Aber das Internet ist noch nicht völlig gleichgeschaltet. Es gibt immer noch Spreeblick. ;-)

  125. 125

    @Johan

    Habe den Artikel gelesen. Auch wenn das bestimmt ein paar sehr nette Parties sind, so möchte ich nicht leben. Das hängt in dem Fall gar nicht mit dem Urheberrecht zusammen, es kann jeder Urheber ja frei über die Nutzung seines Werkes entscheiden. Und dass die da eine „Direktvertrieb“ hochgezogen haben zu Preisen, zu denen die Leute kaufen (können) und auch noch eine kleine Einkommensquelle für kleine Händler geschaffen wurde, prima. Dass der Rahm aber von Leuten abgeschöpft wird, die eine bessere Ausgangsposition haben, weil sie das Geld für die PAs oder die Veranstaltungsorte besitzen, ist kontraproduktiv.

    Hier wäre ich für ein eisenhartes Durchsetzen des Urheberrechts gegenübr den Veranstaltern. Bin sicher, dass die dortigen Urheber/Musiker die Gepflogenheiten einer GEMA dort sehr schätzen würden. Ich denke, dass es auch in Brasilien Urheberrecht und Verwertungsgesellschaften gibt, wie es mit der Durchsetzung aussieht: k.A. .

    Wenn man solche Sachen ausdifferenziert, haben viel mehr Leute etwas davon. Urheber verzichtet auf Einnahmen aus CD-Verkauf, um bekannt zu werden und seinen Landsleuten etwas Gutes zu tun. Bei einer Party, wo, sagen wir mal, es wird nur seine Musik gespielt, erhält er 20 % vom Ticketumsatz. Oder so ähnlich.

  126. 126
    Pyrolator

    Gerade wird auf dem Parteitag der Grünen um die Verabschiedung des Entwurfs D-02 gerungen, von dem hier auch schon die Rede war.
    Zumindest in einem Änderungsantrag scheint die Verkürzung der Schutzfrist auf 5Jahre vom Tisch zu sein.
    Alle Änderungsanträge: http://www.gruene-partei.de/cms/default/rubrik/19/19663.antraege.htm
    (Weiter unten ist D-02 zu finden)

  127. 127

    @Pyrolator

    Danke für den Hinweis. Vielleicht kommt ja doch noch was Brauchbares dabei raus.

    Ich wollte gerade noch bei der SZ was posten, aber die haben Wochenende.

    Deshalb erst mal hier.

    Lieber @BrainBang. Vermutlich handelt es sich bei besagtem Song um „You Can Leave Your Hat On“ um einen Song, den Randy Newman komponiert und getextet hat. Übrigens ein Künstler, den ich wärmstens empfehlen kann. Es ist richtig, dass Joe Cocker dieses Lied überzeugend interpretiert hat. Alle seine großen Erfolge stammen nicht aus seiner Feder. Ihre etwas verworrene Geschichte deutet darauf hin, dass Sie urherrechtlich geschütztes Material in einem Werbevideo für eine Messe verwendet haben. Insofern ist es nur richtig, dass Sie eine Rechnung bekommen haben. Die GEMA nimmt das Geld für Randy ein und für Joe die GVL, die es dann an unsere beiden geliebten Künstler weiterleiten. Was ist daran jetzt falsch? You can leave your head on, auch wenn’s Homer Simpson’s head ist. Solange Sie dafür eine Lizenz haben, chapeau!.

    Dass die GEMA hinsichtlich moderner Nutzungsformen zu langsam ist, ist jedem klar. Es muss leichter und auch lukrativer sein, z.B. GEMA-Musik in Podcasts zu verwenden.

    @SZ Jetzt sind wir auf dem Boden der journalistischen Tatsachen angekommen. Es schreiben jetzt schon Hobbypiraten recherchefrei und ahnungslos im redaktionellen Teil. Und in den unmoderierten Kommentaren tummeln sich echte Piraten, Raubkopierer, Ahnungslose, Kunstfeinde und Google PR-Agenturen. Bernd Graff oder die SZ haben noch nicht einmal Stellung genommen zu ihrem journalistischen Schrott. Euer Kommentarsystem hat eine Arbeitszeitordnung, Wochenende gehört das Kommentarsystem Papa, oder der Familie, oder wie?
    Das Geld geht Euch aus für Qualitätsjournalismus und trotzdem gebt Ihr hier den wenig fundierten Ansichten der Kostenloskulturvertreter Raum. Oder bekommt ihr am Ende einen Kickback?

    P.S. Ab jetzt gibt es von meiner Seite keine honorarfreien Kommentare mehr. Tschüs.

  128. 128
  129. 129
  130. 130

    @Arne: dein letzter Link geht leider ins leere….?!!

    Und wegen Tecnobrega: das shee ich genauso, so möchte ich auch nicht leben. Und ich möchte auch nicht eine so verknappte Kultur geniessen können.

    Stefan

  131. 131

    @ stefan

    Sorry wg. dem link. Du musst auf Anträge navigieren und dann in das Suchfeld „Schutzfrist“ eingeben. Dann kommen vier Ergebnisse. Oder warten bis morgen, dann haben die abgestimmt. Es zeigt sich zumindest, dass es in der grünen Basis Kreative gibt.

  132. 132

    Wer 14-seitige Repliken auf einen Artikel aus so einem Magazin schreibt, der ist schlichtweg schlecht beraten. Hau, schau, wen!

    Darum gibt es Public Relations-Profis, Anwälte, Interessenvertreter. Weil es bitte keine Brandbriefe werden sollen. Wir finden hier ganz neue Umgangsformen, der Ton wird rauer und unangenehmer. Das deutet auf unreflektierte, echte Emotionen.

    Und es ist wie eine wüste Schlägerei auf dem Rücksitz. Wer sitzt am Steuer?

  133. 133

    @Rebentisch

    Möglicherweise die, die die sogenannten PR-Profis etc. bezahlen. Diese Situation ist auch deshalb so verfahren, weil u.a. sogenannte PR-Profis zuviel Raum eingenommen haben, s. auch SZ-Artikel oder die andere Diskussion hier über youtube Videos. Den Künstlern nutzt das, was Chung sagt wenigstens mittelbar, das, was Seliger sagt, kommt von interessierter Seite. Eben weil das System für Laien, zu denen ich auch ausdrücklich PR-Profis zähle, schwer zu durchschauen ist und gerade das falsche Schwein geschlachtet wird, halte ich nicht viel von dem Ansatz, Leute damit zu beauftragen, die vom Elend anderer profitieren. Ich hoffe, das war nicht zu „rauh“.

    Aufklärung, Bildung, Fachkenntnisse, zumindest aber mal so etwas wie ein moralisches Grundgerüst, wie Anerkennung für Leistung anderer, Kunst als Nichtwirtschaftsgut und Respekt vor dem Eigentum – das könnten die Themen sein.

    Nur, das ist anstrengend und wird auch nicht so gut bezahlt.

  134. 134

    Sehe gerade, dass die SZ meinen o.g. Kommentar freigeschaltet hat. Zumindest funktioniert die Meinungsfreiheit noch.

    http://www.sueddeutsche.de/kultur/lou-reed-und-das-urheberrecht-dieses-video-ist-nicht-verfuegbar-1.1197795?uq=1322468876#kommentare

  135. 135

    @Aribre:

    Meine Meinung zum Thema der Verknappung geht größtenteils mit der von Arne konform: Die erste frage die wir uns stellen sollten, ist, es ob es im netz die Möglichkeit geben sollte, digitale güter zu verknappen, also ob das besserr oder schlechter ist. Aus Kundensicht ist natürlich die Nicht-Verknappung erstmal besser, weil günstiger.

    Auf Dauer führt das aber zur „Tragik der Almmende“, weil dann deutlich weniger neue Güter produziert werden können. denn in Digitalen gütern ruht nicht nur die Tendenz zu Nicht-Rivalität, sondenr auch die Tendenz darin, mit Zeit, Geld und Talent finanziertr und erstellt zu werden, also alles knappe Güter.

    Wenn wir jetzt der Argumentation folgen, dasss Verknappung nicht möglich ist, und den preis digitaler Güter dann weider auf Null setzt, dann heist das folgerichtig, das sdie Investitionen vion zeit, Geld und Talent kaum mehr in die Produktion dieseer Güter fliessen.

    Darüber hinaus lade ich euch zu folgendem Gedankenspiel ein: Wenn wir im Netz keine Knappheit von Information hergestellt werrden kann, was heisst das dann für Jugendschutz, Persönlichkeitsrechtschutz und Datenschutz?

    Ich persönlich kglaube, dass Knappheit hergestellt werden kann, aber dazu benötigen wir einen kollektiven Willen – ähnlich wie beim Umweltschutz, und an dem mangelt es gerade.

  136. 136
    Stephan Mathieu

    @Pyrolator: Interessant wird es sicherlich, wenn man einst Brot, Butter, Gemüse, Möbel und Autos anstatt im Laden zu kaufen, gratis herunterladen kann. (Herunter-Laden?!) Selbstvertändlich bleibt es auch hier dabei, dass diese Güter unter Einsatz von Arbeitskraft, Finanzen, Zeit, Können, Liebe hergestellt werden.
    Zur Musik –
    Nein, es muss nicht alles für jeden verfügbar sein, schon garnicht alles auf einmal und auch nicht umsonst. Spätestens dann wäre die Gefahr gross, dass der Respekt für eine Arbeit auf der Strecke bleibt.

  137. 137

    SZ noch mal.

    Der Bernd Graff ist ein wahrer Schelm. Deswegen musste ich ihm noch mal schreiben.

    1:0 für Graff

    O.K. Bernd, Sie haben diesen Satz gewonnen. Ich hoffe, dass das hanseatische SieDu hier angemessen ist. Ich dachte zunächst wirklich, Sie seien eine Pfeife. Dann hat mein Schwarm recherchiert, was er normalerweise nur bei relevanten Themen und Personen macht, und stiess auf diesen schon etwas angestaubten Artikel.

    http://www.sueddeutsche.de/digital/die-neuen-idiotae-web–1.335426

    Haben Sie den selbst geschrieben? Wenn ja, dann ist die Verlinkung dieses selbstreferenziellen Werks hier sicherlich angemessen.

    Wie konnte ich Ihnen nur Ernsthaftigkeit unterstellen? Sie Schelm.
    Aber ich stelle es mir auch doof vor, online für so ein Qualitätsblatt schreiben zu müssen. Wofür hat man denn eigentlich studiert?

    Aber wir Akademiker müssen zusammenhalten. Ich arbeite derzeit an einem zweiten Internet, einem für Gebildete. Interesse? Da gibt es dann auch keine paywalls. Wir haben an einen Clubbeitrag gedacht, der sich nur unwesentlich über unseren Golfclub-Beiträgen bewegen wird.

    Wir geben einen Empfang zu diesem Thema in Schloss Schönbrunn. Wir würden uns freuen, Sie dort begrüßen zu dürfen.

    Dürfen wir Ihnen eine Einladung per Post zukommen lassen?

    Ende Kommentar.

    Es war eine Glosse, die man schwer als solche identifizieren konnte. Ein Akademikerscherz.

  138. 138

    Update 28.11.11 18:06

    Mein Kommentar ist immer nocht nicht freigeschaltet. Es betrübt mich etwas, dass der Scherzkeks nicht den Vorhang lüftet.

    Bernd Graff ist Stellvertretender Chefredakteur, Leiter der Kulturredaktion, Leben & Stil, Süddeutscher Verlag GmbH, jedenfalls laut Kress.de, aber möglicherweise ist der Eintrag auch gefaked.

    Aber es kennt ihn kaum ein Schwein. Vielleicht ist er auch nur frustriert, weil er immer noch „Stellvertretender“ ist. Für die SZ bleibt zu hoffen, dass er als freier Mitarbeiter geführt wird. Und hoffentlich geben die dem Mann kein Zeilenhonorar.

    Ich nehm alles auf meine Kappe. Auf meine Tarnkappe.

  139. 139

    Vorläufiger Beschluss der Grünen vom Wochenende. Sie wollen sich im Frühjahr noch einmal zusammensetzen.

    http://www.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/397/397743.offenheit_freiheit_teilhabe_die_chancen.pdf

    Die entscheidenden Stellen sind auf den Seiten 10 und 11.
    Hört sich alles schon viel besser an.

  140. 140

    @ Arne: Also Bernd Graff wa rmir bisher nicht bekannt. Ich kriege nur laufend mit, dass ein Dirk von Gehlen bei der Sueddeutschen ziemlichen Humbug schreibt.

    Das scheint da etwas verbreiteter zu sien.

    Andererseits muss man ja auch sagen: Wenn selbst die Süddeutsche so (Qualitativ) schlecht übner die Musikbranche schreibt, dann liegt es vielleicht auch an der Eigenkommunikation. Stellen wir die richtigen Informationen bereit, damit Presse richtig urteilen und berichten kann?

  141. 141

    Verehrtes Konkret Magazin, sehr geehrter Herr Chung!
    In aller Kürze zu meiner Person: ich lese Geschichten der klassischen Literatur auf einem eigenen Kanal auf einem Google-Produkt, in meinem Falle auf YouTube, unter dem Pseudonym Edgar Allan Poe höchstselbst und vor. Klassische Literatur weil ich sie nun mal mag, aber nicht zuletzt auch aus dem Grunde keine Urheberrechte zu verletzen. So weit so gut.
    Doch ich habe im Vorfeld nicht bedacht wieviele Stolpersteine einem selbst dann im Wege rumliegen wenn man Texte liest die z.T. bereits seit Jahrhunderten zum allgemeinen Volksgut (neudeutsch: Public Domain) gehören. Wer verstehen will wie es um die freie Verfügbarkeit jahrhundertealter Kulturgüter bestellt ist möge sich besipielsweise der Texte annehmen welche von dem französischen Gauner und Dichter François Villon (1431 – bis mindestens 1463) geschrieben wurden. Lange Zeit verschollen im Dunkel der Geschichte sind seine Texte auf Deutsch (für mich und bislang) nur in Ausführungen zu finden gewesen die Anfang des 20.Jahrhunderts von Autoren übersetzt worden die ihrerseits erst in der zweiten Hälfte des 20.Jahrhunderts verstorben sind. Da die Deutung dessen, was eine Auftragsproduktion ist und was nicht, offensichtlich stets von Geldgebern und Lobbyisten bestimmt wird, werden Künstler an sich gerne als Auftragsempfänger betrachtet, sobald dies ins Geschäftsmodell paßt kommen aber andere Teile des Urhebereechtsgesetzes zum Tragen und dann werden aus reinen Auftragsschreiberlingen schnell mal eigenständige Künstler gemacht. Eben ganz der Gewinnmaximierung dienend. Herr Berthold Seliger, auf den Herr Chung hier so … „elegant“ … reagiert hat bezieht sich leider nur auf die populäre Darstellung der Thematik (Musik und Filme) und läßt eine ganze Reihe Sonderfälle (wie dem von mir angesprochenen) außer acht, trifft aber dennoch im Allgemeinen sehr gut das um was es der Mehrheit im Volke geht ohne dabei aber Grundsätzliches (wie z.B. das Urheberrechtsgesetz selbst) außer acht zu lassen.
    Herr Chung aber, der Herrn Berthold hier Populismus vorwirft, treibt ebenjenen in seiner „Gegendarstellung“ geradezu auf die Spitze! Herr Berthold mag in seiner Argumentation zuweilen ein wenig forsch klingen und nicht alles bis zu Ende durchgedacht zu haben, das will ich mal einfach so stehen lassen (ich bin kein Jurist – Herr Chung aber offenkundig ebensowenig), doch auf eine ganze Reihe der von Herrn Berthold völlig richtig umrissenen Punkte ist Herr Chung in seiner Wortgewaltigkeit erst gar nicht eingegangen. Er hat aber eines zweifelsfrei mit seiner „Gegendarstellung“ demonstriert: eine grundsätzliche (und damit zeitgemäße) Beachtung vorliegender Fakten und seiner Folgen ignoriert er ganz einfach. Ich lehne mich an dieser Stelle soweit aus dem Fenster ihm genau jenen Populismus vorzuwerfen den er wiederum Herrn Berthold auf dessen Konto schreiben möchte.
    Und ein Weiteres noch. Ich habe damit begonnen, im Rahmen meiner Literaturlesungen, auch das Urheberrecht vorzulesen und es gibt dafür tatsächlich – auf YouTube!!! – eine Nachfrage! Ich werde es daher, zumal Gesetzestexte keinen urheberrechtlichen Schutz genießen (§5 Urheberrechtsgesetz), auch fürderhin noch vollständig vorlesen. Diese Lektüre empfehle ich (gerne auch in der von mir vorgelesen Darbietung) von Herzen auch Herrn Chung, der Herrn Seliger Unkenntnis vorwirft doch offenkundig das Gesetz – das die Grundlage dieser Diskussion ist – selbst weder vollständig kennt noch versteht dieses rechtssicherheit-generierend zu interpretieren. Das Gesetz selbst verfügt, nach der letzten Änderung im Jahre 2008, über 143 Paragraphen die, immerhin in Teilen, kaum bis gar nicht verständlich verfaßt sind und es gibt ebenso offenkundig keinen Anwalt in diesem Lande, der zu einigen leichten und grundlegenden Fragen eine rechtsverbindliche Aussage zu machen in der Lage wäre (ist eine HTML-Codierung eines nicht mehr geschützten Werkes erneut schutzwürdig? Sind Übersetzer nun Künstler oder Auftragsschreiber? … um nur zwei Punkte an dieser Stelle zu nennen … ). Nebst verschiedener Kleinigkeiten (wie z.B. die durch die EU-Kommission geplante Verlängerung der Schutzrechte von derzeit 70 Jahren – nach Tod des Künstlers! – auf dann 95 Jahre) ärgert mich persönlich die Unverständlichkeit des vorliegenden Textes, den nicht einmal Anwälte verstehen. Wie sollte es die 16-jährige Schülerin, die sich irgendwo ein paar schlecht gesampelte Songs im 96-kBit-mp3-Format auf Ihr Handy lädt und damit eine Milliardenschwere Industrie „ins Wanken bringt“, verstehen können?
    Bleibt unterm Strich die Erkenntnis das unverständliche Gesetze die deswegen keiner befolgt (befolgen kann) die Glaubwürdigkeit eines Staatsgebildes wie der BRD unterminieren und Teil der zunehmenden Staatsverdrossenheit sind von der die heutige Zeit zunehmend geprägt ist. Nicht jeder reagiert wie ich und greift zur Selbsthilfe indem er aus seiner Leidenschaft (zur Literatur) ein kreatives Hobby (vorlesen auf YouTube) macht. Doch mich haben, angesichts der wirklich FREIEN kreativen Konkurrenz (Alternative?) zum Mainstream, gerade auf YouTube, etablierte Künstler als Konsumenten weitestgehend verloren. Das schlägt sich auch in meinem Nutzerverhalten im Web nieder. Ich selbst zeige zwar anderen, unbedarften Nutzern wie sie vermittelst „hidemyass“ oder „Tor“ an die Videoclips kommen die sie sehen wollen doch selbst habe ich davon schon zu Zeiten von Windows XP nur aus technischem Interesse Gebrauch gemacht. Ich will den Mainstream nicht mehr kaufen, wozu also sollte ich ihn auf YouTube sehen wollen? Eine (überfällige) Liberalisierung des Urheberrechtes wäre der Untergang der Kultur? Tja, Herr Chung, für mich nicht, ganz im Gegenteil! Ginge die GEMA heute ein, würde ich Ihr keine Träne nachweinen! Ich würde das eine oder andere Sprecherangebot das ich, gerade wegen der damit verbundenen Zwangsmitgliedschaft mit der GEMA, bislang ablehnen mußte, nach deren Ableben gerne doch annehmen. Doch zu den heutigen Konditionen bedeutete das bei mir von einem auf den anderen Tag meine gesamte „Fanbase“ zu verlieren nur um danach nichts zu verdienen. Nein, ich möchte meine eigenen Rechte nicht von Dritten zu Tode schützen lassen…
    Stets Euer ergebener Diener
    Edgar Allan Poe

    P.S.: Ich vergaß die Forderungen der GEMA gegenüber Google/YouTube zu erwähnen. Umgerechnet etwa 18 (€uro) Cent verlangt die GEMA von Google für die (geschützten) Videoclips auf YouTube, ungeachtet der Frage ob diese nur angeklickt oder bis zu Ende angeschaut wurden (Quelle: GEMA-Homepage). Ich will den datensammelnden Riesenkraken Google wahrlich nicht verteidigen, aber wenn man das Google-GEMA-Debakel verstehen können will kann man solch abstrusen Forderungen nicht einfach verschweigen. Der Schaden den die GEMA mit ihrer Haltung den durch sie „geschützten“ Künstler bisher serviert hat geht in die Milliarden, jedenfalls wenn ich die gleichen Rechenmodelle anlege wie die Kulturindustrie dies, im Zusammenhang mit kino.to, nicht zum erstenmal „eindrucksvoll“ belegt hat…

  142. 142
  143. 143

    So, als Musiker … meine CD könnt ihr hier: http://itunes.apple.com/de/album/lovesongs-for-great-yarmouth/id472323164 kaufen!!!!!!
    … muss ich euch offen sagen, dass ich das Thema ziemlich “langweilig” finde. Fakt ist, dass es die Welt der Indies, der Majors … eigentlich die aller Beteiligten, einen Dreck interessiert, was heute gehört und morgen schon wieder vergessen ist. Hauptsache es kann was verfrühstückt werden.
    Letztendlich ist es eine Verteilungsfrage und nur unter diesem Aspekt eine Frage, die die Kulturschaffenden betrifft. Musik spiele ich bei mir zu Hause und für den Moment des Enstehens ist das kreativ, innovativ und what ever.
    Aber, wenn die Zwangsjacke der Vermarktung und der Performance – mit oder ohne Presslufthammer – angelegt wird, dann ist es wie folgt, wie all die vielen Beispiele im “Rock’n Roll” zeigen, für die hier stellvertretend nur einige genannt seien: von Velvet Underground, Neubauten, Stranglers, Dylan, Beatles, Stones bis … usw. und etc. Nach einer kurzen Phase der “Avantgarde” bleibt nur noch der Mythos, der “it” sells.
    Remasterter Bullshit, der heute bei iTunes, wie früher bei WOM über die Ladentheke geht. Nur, dass die Mega Acts nicht mehr so wirklich laufen, dumm gelaufen, doch die Teilöffentlichkeiten haben sich ausdifferenziert.
    Letzten Endes keine Frage des Geldes, das für den “Aufbau” neuer Künstler fehlt, sondern einfach nur Tatsache, weil die Luft raus ist. Oder die Presslufthämmer auf der Bühne auch niemanden mehr begeistern.
    Da müssen dann schon ein paar blutige Steaks für Lady Gaga her.
    Deshalb finde ich das Thema ziemlich “langweilig”. Aber die Urheberrechte finde ich gut, habe ich doch auch ein paar Tausender kassiert. Und immerhin ne schöne Pop CD damit finanziert ohne arrogante Indielabel oder blutsaugende Majors. http://itunes.apple.com/de/album/lovesongs-for-great-yarmouth/id472323164
    Interessiert zwar niemanden wirklich, aber da bin ich ja in guter Gesellschaft, denn wer von uns interessiert sich schon wirklich für Madame Gaga und Konsorten. Wohl nur diejenigen, die es auf dem Konto gutgeschrieben bekommen. ;-)

  144. 144
    amix

    Hallo,

    ich lebe seit 1997 in Ungarn.

    1999 lag das durchschnittliche Netto-Monatseinkommen eines Ungarn bei ca. 65.000 HUF. Das waren damals umgerechnet ca. 511 DM, bzw. 262 € (1€=1.95DM).

    2001, zwei Jahre danach (und die Gehälter wurden kaum erhöht), kostete eine CD, verlegt von der Firma Sony-BMG (bei der, wie ich das verstand, auch Herr Chung damals arbeitete), 6200 HUF, umgerechnet also ca. 48 DM (inkl. 25% MwSt.)

    Das heißt, der Ungar, der nicht raubkopierte, zahlte fast 10% seines monatlichen Nettoeinkommens für eine CD ausländischer Verleger (heimische kosteten etwas mehr als die Hälfte).

    Herr Chung, ein Kommentar von Ihnen?

  145. 145

    @Amix:

    Wieso soll sich MArk Chung jetzt für BMG-CD Preise (!) in Ungarn (!) aus dem Jahr 2001 (!) rechtfertigen?

    Ich dachte wir wollten in dieser Diskussion nach vorne blicken…

    Gruß,

    Stefan

  146. 146
    amix

    Oops, ich sehe gerade, daß ich vergessen habe meine Antwort abzuschicken.

    Schon 2001 jammerten die Musikunternehmer, daß ihnen ihre Profite abhanden kommen. Warum sollen wir dann nicht die Stimme jener hören, die jammern, weil sie, auf obszönste Art und Weise, rücksichtslos ausgebeutet werden?

    Wenn ich den Text eines Menschen ernst nehmen soll, dann geht es um die Glaubwürdigkeit dessen, was von ihm gesagt wird und wie er sich in der Vergangenheit verhielt. Das Thema zur Stunde existiert eigentlich schon seit den späten 70’ern (Einführung der Musikasette). Auch damals war die Musikindustrie gegen die Möglichkeit, privat Aufnahmen zu gestalten („Homerecording kills Music“ hieß der Slogan damals. Die Antwort war „…is like homefucking kills prostitution“)

    Wenn wir also in die Zukunft blicken wollen – ich nenne das vor-sichtig sein – sollten wir das nicht ohne die Erfahrungen aus der Vergangenheit tun – ich nenne das rück-sichtsvoll sein. Und wenn wir dann rücksichtsvoll *und* vorsichtig sind, dann wird es uns gut gehen. Oder meinst Du nicht auch?

    Ich weiß nicht, wie alt Du bist, aber für das Bewusstsein eines Menschen in meinem Alter (41) ist das kein Bewusstsein vergangener Tage, sondern bloß ein klein wenig Zeit, in der sich nicht viel verändert hat.

    Ich könnte auch so fragen: Warum, Herr Chung, verlangte Ihre Firma, bei der Sie damals arbeiteten, den monatlichen Zehnten für eine CD? Und warum sollen sich Menschen so behandeln lassen? Und warum soll man dann nicht lieber kopieren, als sich verarschen zu lassen?

  147. 147

    „Stelle Dir vor die GEMA sei der Staat und nur fünf Prozent dürfen wählen gehen“.
    Siehe hierzu auch in den kommenden Tagen auf MOTOR.DE meine Thesen und Anregungen zum Thema ZOE.LEELA vs die Monopolstellung der GEMA.

    Exklusiver Pre Release meines Debüt´s Album DIGITAL GUILT am kommenden Freitag auf Itunes via MOTOR unter Creative Commons.

  148. 148
    Die Tierärztin vom Jadebusen

    Warum werden hier eigentlich Beiträge gelöscht?

  149. 149

    @#797158: Weil du mit dem von dir angegebenen URL einen kommerziellen Dienstleister bewirbst und ich keinen Nerv habe, das jedes Mal von Hand zu löschen, also fliegt der ganze Kommentar raus. Ich kann dir aber auch gerne eine Rechnung schicken, wenn dir das lieber ist.

  150. 150

    @#797157: Ich mag das direkte Bewerben von Produkten in unseren Kommentaren nicht besonders. Wenn das jeder macht, werden sie in kürzester Zeit sinnlos.

  151. 151

    Da bitte ich um Verzeihung, da war weniger der kommerzielle Antrieb Hintergrund als meine emotionale Vorfreude und den daran gekoppelten Inhalt (siehe PR Schreiben von motor). Ich versuche meinen Beitrag zu leisten und gehe gemeinsam mit Renner und seinem Team mit dieser Idee einen Schritt voraus.
    Meine Stellung als Künstlerin lässt mich aus einer anderen Perspektive reflektieren und tatsächlich geht es doch um uns und die Tatsache (finanziell) existieren zu können. Weiterhin werden genau wir, als Sidekick genommen um als rhetorische Onanie her halten zu können.
    Vielleicht sind die Antworten einfacher als man dachte? Wenn ich dem Konsumenten entgegen komme und nicht verfolge und somit meine Antisympathie entgegen bringe, könnte es im kleinen bereits ausreichend sein. Ein faires Angebot gekoppelt an eine Wahlentscheidung hilft als praxisnaher Beitrag.
    Warten wir Mal ab was passieren wird.
    LG ZOE.LEELA

  152. 152

    @ZOE.LEELA Ich bekomme auch regelmäßig deinen Newsletter, habe aber noch keine Zeit gefunden deine Musik anzuhören. Oder vielleicht saß mir auch etwas quer: Mir drängte sich der Verdacht auf du und Tim Renner wolltet mit dem Gütesiegel Creative Commons eine Platte promoten. Die Idee ist nicht neu, viel mehr der hunderste Aufguss von „Unleashing the Ideavirus“ von Seth Godin. Durchexerziert von dutzenden Netlabels…
    Gegen euren Versuch CC als ungelenken Publicity-Stunt zu nutzen sprechen wenig konkrete Gründe, außer mein Bauchgefühl. Einen PR-Waschzettel als „emotionale Vorfreude“ zu bezeichnen kenne ich zu gut aus den Abgründen von 15 Jahren Bemusterungserfahrung. Ich wünsche dir ehrlich alles Gute beim promoten der neuen Platte, aber mach bitte keinen pseudo-revolutionären Staatsakt daraus…

  153. 153

    @Subliminal_Kid: Vielleicht promote ich auch CC über meine Platte?! Freu Dich doch, dass ich auf die Ungerechtigkeit, Intransparenz und Inkompetenz der Gema nicht mit Apathie, Ratlosigkeit und Ignoranz reagiere. Ich danke Dir dennoch für die guten Wünsche und sende Dir die selben.

  154. 154
    Dilla

    Als Fan von ZOE.LEELA möchte ich ergänzend ein paar Worte los werden. ZOE macht das schon etwas länger und ein Tim Renner war lange Zeit nicht in ihrem Dunstkreis, so weit ich mich erinnere. Weiterhin sprechen wir jetzt auf ein Mal von
    Creative Commons als Gütesiegel. Haha? Wie zeichnet sich den bitte dieses Gütesiegel aus? Durch Band´s wie NIN, Radiohead usw? Waren nicht diese Band´s die das sogenannte Gütesiegel für ihre wirtschaftlichen Zwecke PR sicher platzieren konnten (und ihr habt Alle mitgemacht)? Wo ist denn bitte die Qualität die CC Nutzer punktgenau positionieren können? In Deutschland kenne ich persönlich nur wenige und ZOE.LEELA ist mit Sicherheit die Spitze dieser Szene. Ich bin begeistert von ihrem Mut und ihre mediale Stellung, die innerhalb von wenigen Jahren erreicht wurde. Die vielen Interviews sprechen für sich und ich finde es super, dass sie anderen Musiker/ Kreative/ Künstler Alternativen aufzeichnet, allein schon durch ihren eigenen Werdegang.
    P.S.: Was lest Ihr denn sonst in den PR Schreiben? „Wurde von xx produziert…“ „Feature von/ mit …“ „Video gedreht von xxx“. Blah Blub. Jetzt gibt es Substanz und ihr sucht nach Fehlern. Super!

  155. 155

    @Dilla PR-Stunts sind PR-Stunts sind PR-Stunts und eine Debatte ist eine Debatte ist eine Debatte oder wie es Mark Hosler von Negativland sagt: „advertising maybe artistic and artful and creative, but it’s not art. It’s not free speech, advertising is paid speech ( …)“

  156. 156
    Die Tierärztin vom Jadebusen

    @Johnny

    Werbung? Ich finde sehr wohl dass das zum Thema passt.

    Vielleicht hilft dir das ja auf die Sprünge:

    http://torrentfreak.com/megaupload-to-sue-universal-joins-fight-against-sopa-111212/

  157. 157

    @#797192: Das mag sein, dass du das findest, und du kannst Artikel wie den verlinkten hier im Kommentar veröffentlichen, so oft du möchtest. Die Kommentar-Regeln hier lege jedoch ich fest und ordne Namen, die mit einem kommerziellen Anbieter verlinkt sind, unter Spam ein.

  158. 158

    Lieber Sublimal Kid,
    eine Wiederholung ist und bleibt eine Wiederholung. Ein Neustart mischt die Karten neu.
    Ob wir einen Staatsakt daraus machen, ist akt. noch nicht entschieden.
    Es bleibt spannend.
    Dennoch danke für die Worte.
    Save the download!

    TOMPiGS.COM //
    ZOE.LEELA Management aka my IP is flawless.

  159. 159

    Heute per email von Herrn Werner Graf, Büro Claudia Roth bekommen:

    Sehr geehrter Herr Arne Müller,

    in den letzten Tagen und Wochen haben Sie sich an uns gewandt, um Ihrer Kritik an unserer Antragsvorlage D-02 zur Bundesdelegiertenkonferenz in Kiel Ausdruck zu verleihen. Wir danken Ihnen für Ihr Schreiben und Ihrem Interesse an diesem für unsere moderne Wissens- und Informationsgesellschaft so wichtigen Thema. Vom 25. bis 27. November 2011 hat unser Parteitag in Kiel stattgefunden. Nach einer engagierten Debatte und einigen Veränderungen am Ursprungstext, wurde dort der Antrag mit überwältigender Mehrheit von den Delegierten beschlossen. Zu Ihrer Information finden Sie den vorläufigen Beschluss als Dokument anbei.

    Die kritischen Rückmeldungen betrafen besonders den Teil des Antrags, der sich mit dem Thema Urheberrecht auseinandersetzt. Wir möchten hiermit noch einmal deutlich machen, dass es uns in keinster Weise etwa um die Abschaffung des Urheberrechts oder die unverhältnismäßige Schlechterstellung von Urheberinnen und Urhebern geht. Das Gegenteil ist richtig: Uns Grünen geht es vielmehr um eine zeitgemäße Modernisierung und eine Reform des Urheberrechts, das wir dringend an die technischen, aber auch gesellschaftliche Realitäten anpassen müssen. Die aktuelle Situation ist für alle Beteiligten nicht zufriedenstellend.

    Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat ein auf die Herausforderungen der digitalisierten Welt angepasstes Urheberrecht zum Ziel, einen Ausgleich zwischen den Interessen, Ansprüchen, persönlichen Verbindungen und Rechten der SchöpferInnen eines Werkes und den Interessen der kulturellen Teilhabe der Gesellschaft herzustellen. Das Urheberrecht sollte im Hinblick auf seine Kompatibilität zu neuen Nutzungs- und Lizensierungsmöglichkeiten und hinsichtlich seiner Verständlichkeit, sowohl für die Nutzerinnen und Nutzer als auch für die Urheberinnen und Urheber, weiterentwickelt werden. Mit dieser Zielvorstellung werden wir Grüne die weitere Debatte zur Reform des Urheberrechts gestalten.

    Im Vorfeld des Parteitages hat speziell die Formulierung zur Veränderung der Schutzfristen für Verwirrung gesorgt. Die entsprechende Passage findet sich nicht mehr im gefassten Beschluss. Sie in der ursprünglichen Form und Kürze aufzunehmen war ein Fehler. Sie hat Ängste und Sorgen ausgelöst, die wir nicht auslösen wollten. An unserem grundsätzlichen Ziel halten wir jedoch nach wie vor fest und wollen deshalb eine Verkürzung und Flexibilisierung der Schutzfristen erreichen.. Hier werden wir neue, innnovative Ansätze prüfen. Genauso werden wir Veränderungen beim Urhebervertragsrecht zugunsten der UrheberInnen prüfen, um die Kreativen in ihrer Verhandlungsposition gegenüber Dritten zu stärken. Eines unserer Ziele ist also die Verbesserung der Stellung der Urheberinnen und Urheber gegenüber Dritten. Gleichzeitig wollen wir Neuverhandlungen oder anderweitige Nutzung und Lizenzierung von Werken, zum Beispiel unter freien Lizenzen, vereinfachen und befördern. Hierdurch stärken wir die Selbstbestimmung der Kreativen und ermöglichen gleichzeitig einen verbesserten Zugang zu Werken für die Allgemeinheit, sofern dies von den Urheberinnen und Urhebern erwünscht wird.

    Statt den Weg der stärkeren Verfolgung und Rechtsdurchsetzung mit unverhältnismäßigen Mitteln zu gehen, wollen wir Alternativen weiter entwickeln. Wir werden deshalb den Fokus unserer Arbeit in den kommenden Monaten auf die Konkretisierung des Modells der Pauschalvergütung legen und werden versuchen, diese Idee zu einem konkreten Konzept weiterzuentwickeln. Auch hier geht es uns um Verbesserungen sowohl für die Urheberinnen und Urheber, als auch für die Nutzerinnen und Nutzer. Unser Leitmotiv dabei ist der Ansatz „vergüten statt verfolgen“.

    Die Debatte um die Modernisierung und Reform des Urheberrechts ist mit diesem ausführlichen Beschluss zur Netzpolitik für uns Grüne keineswegs zu Ende. Wir sehen uns statt dessen in einem permanenten Prozess und laden Sie ein, diesen zu begleiten. Unser erklärtes Ziel ist es, 2012 zu diesem ganzen Komplex eine Reihe von Angeboten und Veranstaltungen zu organisieren, um bei diesem Thema weiter voranzukommen. Wir nehmen es nicht hin, dass alle anderen lediglich tatenlos zuschauen, ohne diese aus unserer Sicht überfällige Debatte im Sinne und zum Wohle aller zu führen. Gleichzeitig werden wir aber auch nicht eine Politik verfolgen, die sich nur einer Interessengruppe oder Lobby verschreibt. In guter grüner Tradition werden wir den Blick fürs Ganze nie aus den Augen verlieren. Es wäre uns daher eine Freude, wenn Sie sich in diesen Prozess weiter konstruktiv einbringen würden.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Claudia Roth, MdB, Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
    Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
    Konstantin von Notz, MdB, Sprecher für Innen- und Netzpolitik der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

    — BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Büro der Bundesvorsitzenden Claudia Roth Platz vor dem Neuen Tor 1 10115 Berlin Tel.: +49 (0)30/28442-149 Fax : +49 (0)30/28442-249 buero.roth@gruene.de http://www.gruene.de http://www.claudia-roth.de facebook.claudia-roth.de

  160. 160

    Hallo Arne,

    danke für das Posten dieser Mail. Eigentlich müsste man sich ma zusammensetzen, undd arauf eine replik schrieben, zum Beispiel warum die urheberrechtspolitischen Aktivitäten hauptsächlich vom netzpolitischen Flügel der Grünen initiiert werden, und fast unisono vom kulturpolitischen flügel abgelehnt werden.

    Oder auch warum über so eine Komplexe Materie überhaupt auf einer deligiertenversammlung abgestimmt wird.

    Wollen wir uns da mal zusammensetzen?

    Wenn ja, dann schick mir doch mal eine mail (stefan(at)dependent.de).

    Würde das Gerne auseinandernehmen, dieses Bullshit-statement. Habe da auch ein bisschen Empirie dazu.

    Gruß,

    SH

  161. 161

    @stefanhartwig @arne DoppelMoral! Einen Brief öffentlich posten und dann über Urheberrechte zu diskutieren. Interessant.

  162. 162

    Ich glaube man kann davon ausgehen, dass Stellungnahmen von öffentlichen Institutionen und politischen Parteien zu öffentlichen Sachverhalten KEINEN urheberrechtlichen , sondern maximal einen urheberperösnlichkeitsrechtlichen Schutz geniessen dürften. Diese Stellungnahme hier wird weder vom verfasser (Büro Cludia Roth) noch vom Verbreiter (Arne) kommerziell ausgewertet, stellen Meinungsäusserungen von Personen öffentlichen Interesses dar. Wenn in so einer Stellungnahme nicht explizit um Vertraulichkeit gebeten wird, bzw. diese keine privaten Details enthält, oder mit einem Urheberrechtsvermerk in Form eines umkreisten „c“ mit Erstveröffentlichungsjahr versehen wurde, so kann man davon ausgehen, dass eine Veröffentlichungsschutz hier nicht wahrgenommen werden soll. Ebenfalls kann man wohl davon ausgehen, dass hier keine Vertraulichkeit vorliegen soll.

    Aber bitte, Herr Pigs, verklagen sie Arne, und machen Sie ihre eigenen Erfahrungen. Schon interessant, welche kognitiven und strategischen Kapriolen in so einem Forum hier stattfinden. Alles Experten.

    Gruß,

    Stefan

  163. 163
    Pyrolator

    @Tompigs
    Auch von mir gibts hier ein „Ball flach halten“, das hat mit der Diskussion um das Urheberrecht nichts zu tun, ich habe übrigens den Brief im identischen Wortlaut auch erhalten, das ist so etwas wie eine öffentliche Stellungnahme des Büros des Vorstands an alle, die sich in die Diskussion auf dem Parteitag in schriftlicher Form eingemischt haben.

    Grüsse
    Pyro

  164. 164

    @TOMPIGS.COM

    Vielen Dank für den Hinweis. Ich hatte tatsächlich keine Erlaubnis von Claudia Roth. Sollte sie Spreeblick lesen, rechne ich mit einem Dankesschreiben von ihr und könnte mir vorstellen, dass sie einmal herzlich lacht. Es ist sicher positiv für die Grünen, dieses statement, das als Serienbrief rausging, hier zu sehen. Die Grünen haben eine etwas unglückliche Figur zum Thema vor ihrem Parteitag gemacht.

    Ich bin allerdings auch auf den Anruf des Grünen-Anwalts eingestellt.

    Sind jetzt eigentlich alle verrückt geworden? Da gab es noch so einen Heveldingsda…

  165. 165
  166. 166

    (Und hier nochmal ohne Fehler. Irgendwie schluckt mein Browser gerade mit Vorliebe Vokale.)

    Ein kurzer Nachtrag, damit wir hier auch alle etwas gelernt haben:

    Urheberrecht bedeutet nicht, dass man etwas prinzipiell nicht kopieren darf.

    Urheberrecht heißt (in aller Kürze):

    dass der Urheber die Nutzungsspielregeln für die von ihm geschaffenen Inhalte selbst festlegen darf. Das kann von einem Sperrpatent bis zu Open Domain alles sein, mit allen Schattierungen dazwischen (Creative Commons, traditionelle urheberrechtliche Verwertung, etc.).

    So ein Einwurf wie der von Herrn Pigs zeigt, dass die meisten hier das grundlegende Urheberrechtsprinzip immer noch nicht verstanden haben.

    Gruß,

    Stefan

  167. 167

    Ich habe selten so eine Gemengelage erlebt oder ist das schon die Revolution?

    „Ich kann Dir nich sagen, wohin es jetzt geht und woher der Wind weht, ich bin kein Wetterprophet.“

    Und aus ebenjenem Song vom hochverehrten Stoppok (von dem ich auch keine Erlaubnis habe):

    „Ich schwör Dir, ich wär nicht der Einzige hier, der bereit wär zu kämpfen, wenn er wüsste wofür.“

    Meine Befindlichkeit zum Clusterfuck, wie der Amerikaner es nennt, wenn alles in die Grütze geht, hier:

    http://www.eggsplore.de/eggsplore-blogg/arne/der-heveldingsda-hoax.html

    Slightly off-topic, anything but self-promo.

  168. 168

    „Ich glaube man kann davon ausgehen, dass Stellungnahmen von öffentlichen Institutionen und politischen Parteien zu öffentlichen Sachverhalten KEINEN urheberrechtlichen , sondern maximal einen urheberperösnlichkeitsrechtlichen Schutz geniessen dürften.“ Stefan Hartwig
    „Ich hatte tatsächlich keine Erlaubnis von Claudia Roth. Sollte sie Spreeblick lesen, rechne ich mit einem Dankesschreiben von ihr und könnte mir vorstellen, dass sie einmal herzlich lacht.“ Arne
    Glauben ist nicht Wissen und Herr Pigs hat niemals behauptet, mit der Veröffentlichung wurde das Urheberrecht verletzt. Danke, für die Selbstdarstellung meines Anliegens.

  169. 169

    „Herr Pigs hat niemals behauptet, mit der Veröffentlichung wurde das Urheberrecht verletzt.“

    Sondern?

  170. 170

    Vielleicht sollten wir „hier“ mal wieder auf den Punkt hin diskutieren. Es geht um Cents und Euros, die den Besitzer wechseln. Von dir zu mir gewissermaßen. ;-)) Also geht es hier nicht um die Kunst. Oder gar um ganz persönliche Befindlichkeiten. Was die „Grünen“ oder sonst welche Polit-Interessenvertreter sich in die eigenen Taschen hineinwirtschaften, geht an unseren Taschen vorbei. Wenn es um Kunst – und damit um urheberrechtliche Aspekte gehen soll, dann muss die kapitalistische Verwertungskette generell als die, die versagt hat, konstatiert werden. Natürlich sollen unsere Kassen klingeln, wir wollen ja auch von „was“ leben. Nur das ‚WIE‘, ist keine Frage der wie auch immer juristisch interpretierten Urheberrechte und ihrer pekuniären Einkehrung, sondern eine Frage der Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens, einer selbstbestimmten Lebensökonomie. Für Fremdbestimmung sorgt die Politik. Musiker und Künstler, also bestenfalls UrheberrechteinhaberInnen, sollten sich eher darüber Gedanken machen, wie sie ihre Interessen – vorbei an fremdbestimmten Kommerz – für sich selbst wahrnehmen können.

  171. 171

    @ Ändi

    Die Richtung stimmt.

    Den Kapitalismus zu verdammen, wäre nicht meine Schlussfolgerung. Lass ihn uns reparieren. Jetzt mal BWL-Sprech: Wenn es kein Produkt gibt, gibt es keinen Markt und keine Nachfrage, keine Dienstleister, wie Juristen, Infrastrukturbetreiber (i.e. Google, Apple, amazon etc.), Label, Verlage, Medien. Was die Damen und Herren gerne ignorieren ist, dass sie nichts haben, wenn sie die Musik, den Text, den Film nicht haben.

    Und die Damen und Herren Künstler lassen sich zu leicht foppen (Wettbewerb, „die haben uns jahrelang beschissen“ etc.). Lass uns das Leistungsprinzip wieder einführen. Nur der, der eine Leistung bringt, die nachgefragt wird, bekommt angemessenes Geld. Der Markt will ja z.B. gute Musik. Alle, die diesem Ansinnen im Wege stehen, müssen sich jetzt erklären.

    Das schliesst unsere Damen und Herren Konsumenten ein, die vergessen haben, sich eine Fahrkarte zu kaufen. Vielleicht war auch nur der Automat kaputt.

  172. 172

    In dieser Propagandaschlacht ist es oft schwierig zu beurteilen, wer mit welcher Agenda unterwegs ist.
    Ein interessantes Interview mit Christopher Lauer, Piratenpartei und Abgeordneter im Berliner Senat bei cicero.
    http://www.cicero.de/berliner-republik/pirat-christopher-lauer-andere-haben-nicht-mal-ein-konzept/48163?seite=1
    Das klingt alles vernünftig und kohärent. Wenn ich „Piraten“ sage, meine ich eher das uninformierte Angehen gegen undifferenzierte Feindbilder.
    Und noch eine Rede vom Herrn Lauer, die es auch sehr gut trifft.
    http://www.youtube.com/watch?v=6U82ig37TaE

  173. 173

    @ Arne:

    Stimmt, da habe ich von den Piraten schon was Schlechteres gehört. Aber das was er über die Abmahnungen erzählt ist auch von vorgestern, im Musikbereich wird kaum noch abgemahnt, und im fiulmbereich geht das auch deutlich zurück.

    Gruß,

    Stefan

  174. 174

    http://www.brandeins.de/magazin/warenwelt/das-digitale-urheberrecht-steht-am-abgrund.html

    Das mit Abstand Intelligenteste, was bisher zum Thema gesagt wurde. Von einem Juristen. Wir sollten uns echt schämen.

    ad ACTA: Gemach, hier ist Gelassenheit erste Bürgerpflicht. Es ist noch Nichts entschieden, das Meiste ist Propaganda, unter anderem von anonymous. Diese Sache muss noch durch´s Europaparlament und ändert auch nichts an deutschen Gesetzen, sagt unsere Justizministerin.

    Dennoch: Augen auf im Strassenverkehr. Das Zustandekommen ohne öffentliche Beteiligung und Debatte ist an sich schon mal ein Grund, noch mal von vorne anzufangen. Die schwachsinnigen Kochbuchanalogien in manchen Videos sollte man aber auf jeden Fall verbieten.

  175. 175

    @ arne
    Die Kernsätze des von dir erwähnten Juristen sind m. E. die folgenden:

    „… Pauschale Abrechnungslösungen erscheinen mir sehr sinnvoll. Die Modelle werden diskutiert. … Letztlich liefe das auf ein System hinaus, das nicht neu ist und seit Jahrzehnten gut funktioniert, dasjenige der Verwertungs-gesellschaften wie etwa der Gema oder der VG Wort. Jeder, der einen Internetanschluss hat, zahlt monatlich eine bestimmte Summe und kann sich dann frei im Netz bedienen. … Und klar ist auch, dass die Unterhaltungs-industrie zurzeit kein Interesse an einem solchen Modell hat. Sie sucht ihr Heil in eigenen Portalen im Stil von Apples iTunes, weil sie mit solchen Plattformen ihre Preise selbst bestimmen kann.“

    Quelle: http://www.brandeins.de/magazin/warenwelt/das-digitale-urheberrecht-steht-am-abgrund.html (08. 02. 2012)

  176. 176

    @ Ändy

    Er hat viele erhellende Sachen gesagt und mit der Juristen eigenen Trockenheit auch gleich mal ein Geschäftsmodell dazugepackt, eines, was tatsächlich schon lange funktioniert.

    Nochmals, ich will die Absatzmittler Labels, Verlage etc. nicht verdammen, sie sind nach wie vor notwendig. Aber langsam wird auch den Unbedarften klar, aus welcher Ecke welche Propaganda kommt. Ich würde der Musikindustrie und den Infrastrukturanbieter raten, ihre Kampagnen umzubauen und neu anzufangen bei den Gedanken, die Peifer formuliert. Sonst geht es tatsächlich in den Abgrund. Der heißt dann vielleicht SOPA/PIPA/ACTA reloaded.

    Und die User können sich ja schon mal Gedanken machen, wieviel sie für Entertainment flat monatlich raustun wollen.

  177. 177

    Der Peifer-Text ist eigentlich gut, aber Juristen sind nicht wirklich die Fachleute für Wertschöpfung & Kultur.

    Eine Kulturflatrate ist der Antichrist. Die beste Möglichkeit Wert*Schätzung* von Kulturgütern gleich hervorragend in den Grund zu fahren.

    Wollen wir da wirklich hin?

    Stefan

  178. 178

    Antichrist, erinnert mich an Nietzsche. Bei dem gibt es aber auch den Übermensch. Und Zarathustra. Übrigens sehr lesenswert, das Zeuch, Public Domain, also wirklich frei, kostenlos. Kann man sich leicht einen Rausch mit anlesen, völlig legal und ohne Nebenwirkungen.

    Das Problem, was ich sehe, ist, dass es ein Modell sein muss, das vom Verbraucher her gedacht ist. Und das es allen Beteiligten ermöglicht, zu wirtschaften. Das Powerplay von Google, den Piraten, anonymous und der Musikindustrie hilft da nicht weiter. „Megaupload legal“ wäre eine Kulturflatrate mit all den Kopfschmerzen, die das anbieterseitig bedeutet (Verteilungsschlüssel etc.).

    Nur wenn alle o.g. Chaotentruppen es schaffen, ihre Glaubwürdigkeit wiederzuerlangen, wird sich dieser Aufruhr beruhigen. Würden es die o.g. schaffen, eine neutrale Plattform mit vernünftigen Preisen und Zugang für alle bereitzustellen, machte ich 3 Purzelbäume. Wo Marktpreise ausgehandelt werden. Viele wollen so etwas nicht.

    Ich glaube nicht, dass die Welt seit Napster/iTunes schlauer geworden ist.
    Lasse mich aber gerne belehren.

    P.S. Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass man die besten Ideen und das qualifizierteste Feedback immer von Fachfremden bekommt. Ich bespreche zum Beispiel neue Geschäftsideen gerne mit Handwerkern.

  179. 179

    Pauschalen haben leider weder in der Vergangenheit gut funktioniert, noch kann ich mir vorstellen, dass sie in der Zukunft gut funktionieren. Beispiel: Radio vergütet die Sendung von Musik pauschal an die Verwertungsgesellschaften, viele weitere Ausschüttungen sind mangels Datengrundlage an die Verteilung von Radio angeschlossen, auch wenn erwiesen ist, dass Musik, die wenig Radioplay hat, ggf in anderen Segmenten sehr viel häufiger genutzt wird. Ergebnis (gerade veröffentlicht): Indies zB haben einen Marktanteil am Tonträgermarkt von ca. 25-35%, je nachdem wie man ihn berechnet. Im Radio wird aber nur zu 5% Musik von diesen gespielt. (Siehe S. 48 – http://www.musicaustria.at/sites/default/files/emo_report_european_repertoire.pdf)

  180. 180
    Pyrolator

    Eva hat recht, Pauschalen haben wir auch hier schon durchdiskutiert und wird zu einem neuen Verteilungskoloss führen und Neid, was die Größe der Küchenstücke angeht, die verteilt werden. Die „Kulturflatrate“ ist in meinen Augen nie ein attraktives Stichwort gewesen.
    Allerdings ist schon im April letzten Jahres hier auf Spreeblick die „Kulturwertmark“ des CCC ins Gespräch gebracht worden, so in etwa ein Gobal-flattr für Kultur. Das ist für mich eine Diskussionsgrundlage, die Sinn macht und keiner neuen Monsterorganisation bedarf (http://www.spreeblick.com/2011/04/26/die-kulturwertmark-alternatives-vergutungsmodell-fur-kreative/ oder direkt http://ccc.de/de/updates/2011/kulturwertmark) Was denkt Ihr, ist das nicht der bessere Ansatz?

  181. 181

    „Hier sieht das Konzept vor, dass alle Teilnehmer eines neu zu schaffenden Systems einen monatlichen Betrag entrichten, der in Kulturwertmark umgerechnet wird, wobei der Betrag über den Internetzugang oder pro Steuerpflichtigem erhoben werden kann. Von einer unabhängigen Stiftung verwaltet , würden die Nutzern eine selbstgewählte Anzahl Kulturwertmark an einzelne Werke vergeben können, anhand derer das gesammelte Geld anteilig ausgezahlt wird“

    aber ist das nicht auch nur eine gema in neuem Gewand noch dazu ohne die erfahrungen, die diese in den vergangenen zich jahrzehnten gesammelt hat? will sie in ihrer funktion als vertilsmaschine nicht über gebühr verteidigen, aber die verteilungsschlüssel sind ja nicht ohne grund so kompliziert….

  182. 182

    Wir drehen uns im Kreis. Ich bin auch nicht wirklich ein Anhänger von Verteilungsschlüsseln. Die sind nämlich der Antichrist für Betriebswirte.

    Aber alles andere, was Peifer sagt, hat Hand und Fuß. Den CCC schätze ich sehr und auch die meisten Elemente der KWM. Besonders den Micropaymentteil und die Leistungsverrechnung.

    Was aus meiner Sicht nicht geht, ist eine gleichzeitige Urheberrechtsveränderung. Den CCC-Schutzfristen gebe ich keine Chance. Auch die Kappungsszenarien und der Zwang zur „Allmendisierung“ sind nicht mehrheitsfähig. Das Inkasso könnte so funktionieren, die rechtliche Struktur möglicherweise auch. Bei der Software mache ich mir überhaupt keine Sorgen.

    Ein Tom im KWM Thread hat die Lage bestens beschrieben. Die User haben alle Zeit der Welt, die Verwerter werden langsam dahinsiechen. Nur wird es durch langes Siechtum große Kollateralschäden bei den Bürgerrechten und der Freiheit des Internets geben. Die große Lösung wird nicht kommen. Apple wird das dicke Kuchenstück nicht hergeben, die Majors werden alles alleine machen wollen, keine Einigung in Sicht.Warum lassen wir diese Leute nicht einfach den eigenen Ast absägen, auf dem sie sitzen?

    Ich kann mir ein Projekt vorstellen, bei dem es eine „Coalition of the Willing“ gibt (copyright George W. Bush, glaube ich). Also Musiker, Labels, CCC, verdammt viele User, erst mal in Deutschland, im Einklang mit bestehendem Recht und dann schaumermal. Eine Lösung für alles, Bildende Kunst, Literatur, Wissenschaft, Film, Foto, Musik sprengt meine Vorstellungskraft.

    Und wenn es funzt, wird skaliert.

    Tausenduneine Ideen hätte ich dazu. Einfach ist das nicht. jamendo.com (Luxemburg, die haben ein interessantes Modell mit CC Musik und kommerzieller Onlinelizenzierung) haben gerade eine Kooperation mit restorm.com gestartet.

    http://neumusik.com/2012-02-jamendo-und-restorm-com-kooperieren-fur-alternatives-lizenzierungsmodell/

  183. 183
    Strichnid

    Meiner Ansicht nach werden für die notwendige Diskussion, für die ich die Standpunkte des offenen Briefes für einen fruchtbaren Beitrag halte, zu viele Grundsatzfragen ausgeblendet und zu viele Zusammenhänge als ewig-gegeben angenommen.

    Aus vermutlich gutem Grund blendet Mark Chung die Interessen der Nutzer komplett aus, so wie er Seliger vorwarf die Interessen der Suchmaschinenkonzerne auszublenden.

    Wie auch immer, zwei Grundannahmen scheinen meines Erachtens nicht so gesichert zu sein, wie hier getan wird:

    1. Internetkonzerne wie Google, MegaUpload, etc. verdienen aufgrund der Inhalte anderer.

    2. Gute Künstler müssen von ihrer Kunst leben können.

    Meine Zweifel an Postulat 1 beruhen darauf, dass Suchmaschinenanbieter oder Filehoster nicht an den Inhalten verdienen, sondern am Bedürfnis der Menschen, kulturelle Errungenschaften miteinander zu teilen. Sie sind also nicht Dienstleister der Künstler, sondern der Nutzer. Sie ermöglichen den Austausch von Informationen darüber, wo und wie Kultur verbreitet werden kann.
    Nun wird hier angenommen, dass sie umso mehr verdienen, je mehr und je besser Inhalte es gibt. Dafür mag es hier und da empirische Anhaltspunkte geben. Im allgemeinen bezweifle ich das. Sie verdienen vor allem gut, wenn die Menschheit insgesamt eine reichhaltige Kultur vorzuweisen und miteinander zu teilen hat. Auf welche Weise dieser Reichtum an Kulturgütern zustande kommt, ist jedoch unerheblich. Und keineswegs gibt es eine Verpflichtung solcher Informationsverteilungsdienstleister, am Zustandekommen kultureller Inhalte der Menschheit direkt mitzuwirken, oder darin zu „investieren“.
    Ferner wird angenommen, dass die Möglichkeit der freieren Verbreitung von Inhalten die Verdienste von Künstlern schmälert. Das mag stimmen. Jedoch wird die entscheidende Frage dabei nicht gestellt, ob denn die vorher gültigen Verwertungsmodelle, die entsprechende Gagen für Künstler ermöglichten, nicht vielmehr einen historischen Sonderfall darstellten, und daher schlicht keinen Anspruch auf Fortbestand haben.

    Was natürlich direkt zu These 2 führt. Müssen Künstler von ihrer Kunst leben können? Und wenn ja, wie gut? Und wer entscheidet, welche Korrelation zwischen der „Qualität“ einer Kunst und dem Wohlstand eines Künstlers herrschen soll?
    Ich denke, die Frage muss man schlicht auseinanderbrechen: Müssen Künstler leben können? Ich denke, diese Frage wird fast jeder mit Ja beantworten. Aber: Müssen sie auch „von ihrer Kunst“ leben können, oder reicht es, wenn sie leben können? Sprich: Kann die Gesellschaft nicht andere Modelle entwickeln, wie die Menschen leben/existieren können, und zwar in einer solchen Weise, dass genügend Raum für die Entfaltung von Kreativität und Kunst frei wird? Wieviel Kultur will sie sich leisten, und wieviele Vorschriften über die Qualität der Kultur will sie dabei machen? Reicht es nicht, wenn wir für uns festlegen, dass generell sagen wir 20% der Zeit, die den Menschen zur Verfügung steht, für die Erstellung kreativer Güter genutzt werden sollte? Eine solche Zielmarke steht für das Grundeinkommen, dass jedem zustehen sollte. Kultur entsteht dann von ganz allein.
    Und wenn sie so gut ist, dass andere vollkommen freiwillig dem Künstler noch extra Geld dafür zustecken, ohne dazu mit Kontrollen gezwungen zu werden, dann werden die Künstler nicht nur leben können, sondern je nach Qualität sogar sehr gut.

    Wir müssen die grundliegenden Fragen stärker voneinander entkoppeln, aber endlich entschieden beantworten.

  184. 184

    @ Strichnid „Wir müssen die grundliegenden Fragen stärker voneinander entkoppeln, aber endlich entschieden beantworten.“

    Genau an diesem Punkt fängt die Diskussion an „Well what can a poor boy do, For sing for a rock ’n‘ roll band, In this sleepy German towns, There’s just no place for, For a street fighting man …“ treffender haben es die Betroffenen kaum jemals zu Gehör gebracht. Nur der historische Fehler war es, die Zügel aus der Hand an die DECCA zu geben. Musiker müssten ihre Vermarktung selbst organisieren, angefangen von einer Gig-Location, wo nicht der Umsatz an Getränken das wichtige ökonomische Kriterium des Abends ist, sondern die Musik. Bis hin zu einer konsequenten Strategie von Allokation und Distribution physischer und nicht physischer Tonträger. Nur, für die poor girls und boys ist es eben naheliegender, sich den großen und kleinen Majors/Indies zu opfern. Abschreckende Beispiele, lebender und solcher, die für den Deal ihres Lebens sterben mussten (zu den lebenden zähle ich z. B. die Stones, Lindenberg etc. und zu den gestorbenen, Joplin, Jackson u. v. a. m. ), gibt es genug. Doch der Traum ist in der Utopie verklärt und in der Realität ein Albtraum. ;-)

  185. 185

    http://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/0/07/UrhG_Arguments_FassungBPT2011-2.pdf

    Ich habe mir jetzt mal die 21 Seiten des Antrags der Piratenpartei (Offenbach im letzten Dezember) reingequält und muss sagen, dass das allermeiste davon gar nicht blöd ist. Bin mir nicht 100 % sicher, ob der Antrag auch genau so beschlossen wurde. Vielleicht kann da jemand helfen.

    Ob das alles praktikabel ist, steht natürlich auf einem anderen, nicht notwendigerweise einem Gesetzes-Blatt. Die Unterscheidung gewerblich/privat dürfte schwierig werden.

    Außerdem: Wie will man sicherstellen, dass nicht alles dann unter „Bildungsflagge“ segelt? Ist „Mission Impossible VIII“ da noch im Raster?

    Einige gute Vorschläge zu Verwertern kann ich erkennen. Beim Remixen müsste man genauer werden, was ich mir schwierig vorstelle. Die Fristenänderungen halte ich für vernünftig. Die Herren Ballmer/Gates zum Dekompilieren zu bekommen, das werde ich wohl nicht mehr erleben.

    Was die Tauschbörsen angeht: No way. Aber das ist wisst Ihr sicherlich. Die Position ist wohl Eurem Gründungsmythos geschuldet, aber absurd. Es kann niemals valide Studien zu irgendwelchen Mehr- oder Minderverkäufen von digitalen Gütern geben, weil es eben keine validen Messergebnisse geben kann. Es sei denn, wir erfinden Zugangskontrollen, ID-Management, Downloadzähler, Offlinekopierzähler, kleben DRM drauf und verknüpfen das noch mit der offline-Welt. Diesen Vorschlag konnte ich aber nicht finden. Solange das so ist, lasst uns pro Urheber denken und handeln, nicht pro Verwerter und vor allem nicht pro Leute, die alles geschenkt haben wollen.

    Alles in allem jedoch sind sie viel konkreter und vernünftiger als ich dachte. Und utopisch kurze Schutzfristen wie sie von manchem gefordert wurden und bei den Grünen sofort kassiert wurden, haben sich nicht durchgesetzt. Was ich bemerkenswert und richtig finde.

    Also, liebe Piratenpartei, Kurs halten.

  186. 186

    @Strichnin,

    sorry, aber ganz so einfach geht das nicht. genausowenig wie man jedem Selbstständigen sagen kann, er soll maleben seine gesamte Buchhaltung und seine Steuern selbst machen, kann man nur den wenigsten Künstlern die Selbstvermarktung zumuten. Für gutes MArketing braucht man Distanz, für atetische Kunst aber nähe zum Werk. Diese beiden Attribute können aber nur die wneigsten Künstler miteinander vebrinden, deswegen ist es durchaus sinnvoll, diese Sachen in getrennte Hände zu legen.

    Sagt jemand, der seit 1993 Künstlermanagement macht. Und glaube mir, meistens funktioniert diese Zusammenarbeit recht gut. Nur wenn sie nicht gut, beschwert sich die eine Seite oft laut und gerne.

    Sagt jemand der seit 1995 einen eigenen Steuerberater und eine getrennte Buchhalterin hat.

    Gruß,

    Stefan

  187. 187

    @ strichnid und Ändi

    Das, was Stefan sagt, ist richtig. Die meisten Musiker, die ich kenne, wären ohne Management und Label hilflos. Sie sind ähnlich schlecht qualifiziert und informiert über ihr ureigenes Business wie viele ACTA Gegner über das Wesen ihrer Position.

    Ausserdem gibt es ja keinen Labelzwang und heutzutage kann sich jeder selbst vermarkten, der das will. Was mich an der Diskussion so unheimlich nervt, ist, dass sich einige schlecht Informierte von Leuten mit eindeutigen Absichten gegen „Die Verwerter“, „Die Contentmafia“ etc. aufhetzen lassen. Das hilft vor allem kleinen Labels, den Musikern und vielen Leuten, die im Zulieferbereich arbeiten, überhaupt nicht weiter.

    Die großen Strukturen werden kleiner werden, was nicht zum Nachteil der Kultur sein muss. Wenn man diese Jungs aber herausfordert, werden sie gnadenlos ihr Handwerkszeug auspacken. Und da sind Abmahnanwälte noch der harmlosere Teil. Das heisst nicht, dass man sie fürchten muss. Die alte asiatische Weisheit sagt aber, dass man nicht in einen Krieg ziehen sollte, den man nicht gewinnen kann. Gilt natürlich auch für die Verwerter.

    Über Sascha Lobo und Marcel Weiss kann man Vieles sagen, aber mir scheint es so zu sein, dass auch sie verstehen, dass eine kulturelle Leistung angemessen honoriert werden muss. Die Erkenntnis scheint sich langsam durchzusetzen, dass Filesharer nicht immer Kriminelle sind, aber oft asozial.

    In so einer Siation ist oft der beste Weg, das sich alle Beteiligten vorurteilslos an einen Tisch setzen, ihre Agenden zu Hause lassen und frank und frei etwas Neues diskutieren. Clean Slate Strategy.

  188. 188

    @ arne „Die meisten Musiker, die ich kenne, wären ohne Management und Label hilflos.“
    Tja die ärmsten, dann bleibt eben nur das Schicksal einer „Whitney Houston“ oder wie sie alle hießen. Wie sang es die Seeräuber Jenny bei Brecht so süffisant, „Und wenn dann der Kopf fällt, sag ich: Hoppla!“.
    Letzten Endes müssen Musiker halt ein bisschen mehr drauf haben, als nur „Mukke“ machen. Sonst wird alles so bleiben, wie es ist. Die kleinen werden sich von Gig zu Gig quälen, und die Großen an Koks zu Koks zu Grunde gehen. Wie gut, dass immer wieder neue Michaels und Whitneys von den Majors nachgeschoben werden. The Show must go on. ;-)

  189. 189

    Stimmt, genau. Musiker können sich nur zwischen Selbstvermarktung und dem Ertirinken in der Badewanne eines Luxushotels zum Ende ihrer Künstlerkarriere entscheiden. Dazwischen gibts nix. 8-) Ach doch, natürlich gibt es noch den frühen Drogentod.

    Du hast es echt voll begriffen, Andy.

    Und Musiker müssen auch nix anderes können als ein bisschen „Mukke machen“. Wenn ich sowas lese wird mir schlecht.

    Professionelle Musiker müssen in der Lage sein auf Tour oder im Studio nicht unerhebliche kreative Leistungen quasi „auf Knopfdruck“ abzurufen, manchmal auch nach zwei Stunden Jogging auf der Bühne noch eine Ballade gefühlvoll singen können, und das während einer Tour 25 Mal im Monat. Bei vielen professionellen Künstlern ziehe ich den Hut vor Konzentrationsfähigkeit, Professionalität, Disziplin und nicht zuletzt körperlicher und mentaler Konstitutiion. Sagt jemand der seit 1993 mit Musikern auf Tour geht.

    Und für dich ist das „Mucke Machen“: Relaxtes Abhängen im Übeungskeller mit drei bis zehn Jointpausen täglich. Und ebensovielen Blowjobs der berühmten Übungskeller-Groupies.

    Zwischen diesen Niveaus liegt meistens der nicht unerhebliche Spalt zwischen Amateuren und Profis. Hier, wenn es an die Arbeit geht, trennt sich dann wirklich die Spreu vom Weizen. Die Leute, die nur „Mucke machen“ wollen, damit sie mehr chancen haben irendwelche Schnecken abzugreifen werden diese Tätigkeit nicht lange ausüben können.

    Aber die zynische Sicht von Nichtsverstehern wie Andy bringt mich echt auf die Palme. Fahr EINMAL mit auf eine professionelle Konzerttournee. Dann kannst du mal die Klappe aufmachen.

    Ansonsten sollte das passende Dieter Nuhr Zitat ja bekannt sein.

    SH

  190. 190

    @ Stefan Herwig
    „Wenn ich sowas lese wird mir schlecht.“

    Na Stefan Herwig, das „Dieter Nuhr Zitat“ hättest du wenigstens noch beilegen sollen.
    Es geht mir nicht um eine „zynische Sicht … (des) … Nichtsverstehe(ns).“ Sondern es geht mir darum, dass Künstler auf dem hohen Niveau von „Konzentrationsfähigkeit, Professionalität, Disziplin und nicht zuletzt körperlicher und mentaler Konstitutiion“ von einer dummen arroganten Musikindustrie ausgebeutet werden. Das sie mit hohen Schulden aus dem ersten „Deal“ herausgehen und meist gezwungen sind, das zweite Album zur Tilgung dieser Schulden aufzunehmen usw.
    Das, mein lieber Stefan Herwig kotzt m i c h an. Und wenn du das liest, und verstanden hast, dann darf dir gern schlecht werden, ich bitte sogar darum.
    Und um daran etwas ändern zu können, „müssen Musiker halt ein bisschen mehr drauf haben, als nur “Mukke” machen.“

  191. 191

    @Andy:
    „Sondern es geht mir darum, dass Künstler (….) von einer dummen arroganten Musikindustrie ausgebeutet werden. Das sie mit hohen Schulden aus dem ersten “Deal” herausgehen und meist gezwungen sind, das zweite Album zur Tilgung dieser Schulden aufzunehmen usw.“

    Lieber Andy,

    es wird nicht besser wenn man von einer Polarisierung auf die andere wechselt. ich verweise hier mal nicht nur auf das Post 186, 187
    , sondern auch darauf, dass ich neben Managgementund Booking auch einer dieser aroganten, dummen vertreter der Musikindustrie bin.

    Insofern würde mich mal interessieren wo du allgemeingültige Belege zu deinem o.g. Statement findest. Das was du nämlich da beschreibst, hat wenig mit Musikbusiness zu tun, und auch Plattenverträge funktionierne nicht so, wie du es sagst. Sie verlängern sich nicht, weil Künstler noch Geld bei der Plattenfrma „recoupen müssen“ (welches übrigens meistens aus Vorschüssen stammt), sondern sie sind fast immer über eine vorher bestimmte Anzahl an Optionen festgelegt. Der Künstler weiss also bei der Vertragsunterschrift, auf wieviele Alben – oder auch im Vertragsdeutsch „Optionen“ er sich da maximal festlegt. Eine Vertragsverlängerung weil Küntler „sic verschulden“ gibt es nicht, sie wäre wohl auch sittenwidrig. Und Künstler die nur Geld verlieren, werden mestens von denPlattenfirmen nch zwei, drei Alben eh‘ gdropt.

    Und weil es nun so schön passt, kann ich dan mmit voller Überzeugung und niht zuletzt auf deine freundliche Bitte hin auf folgendes Kommunikationsgebot verweisen:

    http://www.myvideo.de/watch/5043672/Wenn_man_keine_Ahnung_hat

    Gruß,

    Stefan

  192. 192

    @ Stefan Herwig

    Danke für den Pinguin, den kannte ich schon. Hat man dir höchstwahrscheinlich auch schon mal als nett gemeinten Tipp zugeschickt ;-).

    Gut, ich hab mich auf deiner Seite umgesehen, mir die Musik angehört, einiges auf wikipedia in dem Zusammenhang gelesen und stimme dir insofern zu, dass es sicherlich auch für ein kleineres Label nicht einfach ist in diesem Markt zu bestehen.
    Naturgemäß sehe ich das als Musiker aus einer anderen Perspektive. Und ich sehe es auch nicht als ein Späßchen, wenn: „Musiker … sich nur zwischen Selbstvermarktung und dem Ertrinken in der Badewanne eines Luxushotels zum Ende ihrer Künstlerkarriere entscheiden …“ können, sondern ich sehe letzteres als scheibchenweise Ermordung – der betreffenden Künstler – durch die Musikindustrie.
    Und angesichts dieses Aspekts greift m. E. auch wieder der Rückgriff auf die u. a, auch hier geführte Urheberrechtsdebatte und mein Plädoyer dafür, als Musiker seine Interessen im Hinblick auf die künstlerisch monetäre Verwertung selbst zu organisieren.

    Das dir als Betreiber eines kleineren Labels natürlich noch kein Künstler in der von dir weiter oben (post 189) beschriebenen Weise, abhanden gekommen ist, spricht für dich und macht dich frei von allen Vorwürfen.

    Trotzdem bleibt natürlich die Frage, warum du dich explizit angesprochen gefühlt hast. Von daher gebe ich dir das freundlicherweise verlinkte Dieter Nuhr Zitat mit dem kleinen Hinweis, mal darüber nachzudenken, wann man es am besten anbringt, gern zurück.

    In freudiger Erwartung auf deine Antwort, grüßt Ändy

    PS. keep on bloggin ;-)

  193. 193
    OScAr

    Interessant das hier mitzuverfolgen. Doch irgendwie sehe ich bei so vielen verschiedenen Interessen und persönlichen Einstellungen immer noch kein Licht am Horizont.
    Ist doch letztlich wie ne Steuererklärung. Alles viel zu kompliziert und deswegen für den Normalbürger meist nicht nachvollziehbar.
    Also wird sich auch am Denken der meisten Menschen / Konsumenten nichts ändern. Im Gegenteil, je komplizierter es ist, desto weniger interessiert einen ob es recht oder unrecht ist wie man Musik konsumiert oder ob ein Künstler davon leben kann.
    Traurig aber wahr.

  194. 194

    Die sehr sachlich geführte Debatte hier hat mich ziemlich beeindruckt und mir zahlreiche Denkanstöße gegeben. Wie ich sie erst vor ein paar Tagen entdecken konnte ist mir bis heute nicht klar, aber sei’s drum. Da mir trotz der Vielzahl der guten Beiträge hier die mitdiskutierenden Musiker/innen (insgesamt habe ich nur wenige, um genau zu sein drei oder vier, gezählt) ein wenig zu kurz kamen bzw. meiner Meinung nach auch zu wenig Beachtung fanden, und ich gleichermaßen nicht noch einen sehr langen Kommentar hier posten wollte, habe ich meinen Beitrag in Form eines Blogposts hier verfasst: http://superpolar.org/de/urheberrechtsdebatte-auf-spreeblick-com-und-die-musiker-eine-betrachtung/ – ich hoffe es trägt noch ein wenig zu dieser bemerkenswerten Debatte bei.

  195. 195

    Ich hatte es weiter oben im Kommentawust schon mal erwähnt und um die Debatte vielleicht wieder mit etwas Öl zu begießen habe ich meinen Text über einen kreativen Umgang mit Original, Imitation, Copyright und Starsystem aus der testcard #21 unter Sampling Plus-Lizenz online gestellt: http://theorieedit.culture-jamming.de/?p=573
    In mehreren Teilen, der letzte Teil folgt morgen vormittag…

  196. 196

    @ Subliminal_Kid

    „Diese Strategien, der, vor allem in den Neunzigern entwickelten, großflächigen, semiotischen Guerillaaktionen (Adbusting, Culture Jamming, Mashup, Sampling), flankiert von den Kulturtechniken der Raubkopie und des Filesharing, sind meiner Ansicht nach grandios nach hinten losgegangen. Die Verramschung und der Ausverkauf von Kulturprodukten, den wir derzeit erleben, ist leider nur die negative Seite des modernistischen Versprechens Künstler_innen könnten l’art pour l’art (4) machen, da die wesentlichen ökonomischen Probleme gelöst worden sind. Die Versprechen der Moderne sind auf ästhetischer Ebene eingelöst worden, aber auf der ökonomischen ausgeblieben.“ Quelle: http://theorieedit.culture-jamming.de/?p=594

    Genau an diesem Punkt wird die Diskussion wieder spannend. Künstler_innen müssten sich selbst organisieren, d. h., ihre Auftrittsmöglichkeiten, ihre Medien, ihre Arbeit, ihre Kunst. Eventuell darüber sogar ihre Produktionsmittel für die Kunst. Klingt nach Utopie. Ist es ja auch.
    Aber wie herauskommen aus dem Dilemma. Die konsequente „Wahrnehmung“ von Urheberrechten durch die Rechteinhaber_innen kann m. E. nur durch diesen Schritt der wieder Aneignung der eigenen Arbeit realisiert werden.

  197. 197

    Fundsache:
    „Überhaupt würde sich eine Kulturflatrate als branchenweiter Kill für die Kulturverwerter wie Labels, Verleiher, Verlage usw. auswirken, da diese Abgabe nicht an die Verwerter, sondern ohne Abzug der Marge für Verwerter direkt an die Urheber ausgezahlt würde.“ (Christiansen 2011, 96 f) Quelle: Christiansen, Per: YouTube – Der Knockout für das Urheberrecht. In: Hamburger Hefte zur Medienkultur, Videoportale: Broadcast Yourself, Versprechen und Enttäuschung, Band 12; S. 85 – 101, ISSN 1619-5442. Hrsg. J. Schumacher; A. Stuhlmann. http://www.slm.uni-hamburg.de/imk/HamburgerHefte/hamburgerhefte.html

  198. 198

    @#801706: Das halte ich für mindestens weit hergeholt. Erstens gibt es überhaupt noch keinen klaren Verteilungsplan für eine Flatrate, somit ist auch nicht klar, an wen und wie verteilt werden würde, zweitens würden dann die Verwerter sicher neue Verträge mit den Urhebern machen, die sie an diesen Ausschüttungen beteiligen (passierte ja in den letzten Jahren genauso bei allen anderen Einnahmen, an denen z.B. das Label früher nicht beteiligt war, live oder Merch z.B.).

    Wenn jemand Geld in einen Künstler investiert, wird er sich eine Chance auf Rückgewinn sichern, das ist nirgendwo anders. VCs investieren auch nur in Startups, um mit Gewinn aussteigen zu können. Und wenn es diese Chance nicht gibt, wird er nicht investieren. Es wird sie aber immer geben, ob mit oder ohne Kulturflatrate.

  199. 199

    @ Johnny Haeusler „Das halte ich für mindestens weit hergeholt.“

    Mag sein, ich fand dieses Zitat aus dem in Thread 197 zitierten Beitrag ganz interessant, zumal wir ja hier auch die Position eines Labelbetreibers oder „Investors“ diskutieren. Der Verfasser ist Jurist beim Hans Bredow Institut in Hamburg und seine Einschätzung könnte durchaus im Spektrum der aktuellen Diskussion zur Causa Urheberrecht verortet sein. Leider ist der Band 12 bislang nur als Papier Version erhältlich, aber bis Band 11 sind alle als PDF online. Ist auch sonst eine spannende Aufsatzsammlung zum Thema YouTube.

  200. 200

    @#801710: Hätte ich auch gerne gelesen, klingt spannend. Nun gut. Wieder ein Artikel über Online, den es nur Offline gibt … :)

  201. 201

    @ Johnny Haeusler

    Band 12 ist jetzt auch online und hier zu lesen: ;-)

    http://www.slm.uni-hamburg.de/imk/HamburgerHefte/HH12_Videoportale.pdf

  202. 202

    Die Uni Hamburg.

    Klugscheisser braucht das Land.
    Bewerbungsfristen laufen bald aus.

    :)

    Als Bachelor ist man -anders als in
    der bekannten RTL Sendung- den
    A llerwertesten gekniffen.
    Behaupten zum. die Master ohne Diplom.