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Die Sache mit der Transparenz

Neulich schickte mir jemand einen Twitter-Screenshot:

twitter_screenshot

Zu sehen ist der „Header“ eines Tweets von Nokia Deutschland, zu erkennen ist außerdem, dass der Tweet gesponsort wurde, dass also Nokia offenbar an Twitter gezahlt hat, um die eigenen Tweets besser in den Timelines der Twitter-Nutzerinnen und -Nutzer zu platzieren. Soweit, so normal, so verdient Twitter eben Geld und so versuchen Unternehmen auf Twitter, Aufmerksamkeit zu bekommen.

Weiter oben sieht man über dem Tweet dann auch noch den Satz „Gefolgt von Johnny Haeusler“ (was auch der Grund war, warum mich O.J. Hanau netterweise auf den Tweet hinwies). Für diesen Satz hat Nokia wohl eher nicht bezahlt. Glaube ich. Es könnte eine Art Service von Twitter für die Sponsoren sein, vielleicht hofft man, andere Nutzer würden dem Nokia-Account, der durch Sponsoring in der Timeline aufgetaucht ist, vielleicht eher folgen, wenn diese Nutzerinnen und Nutzer sehen, dass jemand anderes, den sie kennen, dem Sponsor bereits folgt.

Ich weiß nicht, ob das stimmt, ich vermute es nur. Und während ich so vor mich hin vermute, muss ich mal wieder an den im Netz oft geäußerten Wunsch nach Transparenz denken. Und darüber, dass bei genauer Betrachtung genau bei den digitalen Unternehmen massiv an Transparenz mangelt, deren Werkzeuge wir für gefühlt mehr Transparenz nutzen.

Apple und Transparenz? Nö. Google? Transparenz, haha! Twitter und Facebook? Please visit our help pages.

Es ist dabei nicht einmal so, das ich komplette Transparenz an allen Ecken und Enden für immer richtig halte, ich bin unsicher, ob eine Totaltransparenz wirklich den erhofften positiven Effekt hätte. Die reine Information nützt ohne Kontext und Erläuterungen meist wenig, Transparenz allein bewirkt also meiner Meinung nach noch nicht viel.

Dennoch wünsche ich mir an vielen Stellen mehr von dieser Transparenz, und zwar nicht zuletzt bei den Unternehmen, deren Produkte ich nutze und bezahle, auf welche Art auch immer. Aber: Fehlanzeige.

Es gibt von Apple keine Information darüber, ob iPhones für die NSA tatsächlich ein offenes Tor waren oder sind und ob solche Sicherheitslücken inzwischen geschlossen sind. Ich weiß nicht genau genug, wie Geld mit YouTube-Videos verdient wird und wie dieses Geld verteilt wird, eine klare Übersicht darüber gibt es meines Wissens nicht. Ich habe keine Ahnung, wie bei Google die Platzierung und das Filtern von Websites in den Suchergebnissen oder die Be- und Abrechnung von Adsense-Anzeigen wirklich funktioniert; ich kann nur vermuten, wie Twitter mit Sponsoren-Tweets umgeht; ich weiß nicht, ob und wie Snapchat Fotos auf Servern zwischenspeichert, und bei Facebook … ach, Facebook.

Vielleicht gibt es Gründe dafür, warum ich all dies und vieles mehr nicht in einfacher Sprache von den Unternehmen vermittelt bekomme, vielleicht finde ich die gewünschte Information auch auf irgendwelchen Unterseiten für Kunden oder Developer, die mir bisher unbekannt sind. Oder in den AGB, die jeder akzeptiert, ohne sie gelesen oder verstanden zu haben, was völlig egal ist, da dort auch drin steht, dass die AGB jederzeit geändert werden können.

Vielleicht ist es aber auch so, dass gerade die Spitze der Technologie-Unternehmen im Netz überhaupt kein Interesse an Transparenz hat. Und sich somit kein Stück davon unterscheidet, wie besonders börsennotierte Unternehmen schon immer arbeiten: Mit so wenig Transparenz wie möglich und mit nur soviel Information, wie unbedingt nötig.

Kennt ihr jemanden, der bei Google, Apple oder Facebook arbeitet und darüber völlig frei sprechen und berichten darf? Wisst ihr, welchen Auflagen diese Menschen unterliegen, welche Verträge sie unterzeichnen mussten? Ich auch nicht. Und wenn ich es täte, dürfte ich hier nicht darüber schreiben.

Das alles macht die beispielhaft angesprochenen Unternehmen nicht zwangsläufig „schlecht“. Es macht sie nur auch nicht besser als andere Unternehmen.

Nur, falls das jemand gedacht hat.

10 Kommentare

  1. 01

    Zur Transparenzdiskussion gehört IMO immer auch, den Unterschied zwischen „Privacy“ (Personen) und Secrecy“ (Unternehmen, Organisationen, Staaten) im Hinterkopf zu haben. Ich finde das immer sehr schwierig, wenn man diese beiden Aspekte nicht trennscharf hält.

  2. 02
    drexen

    Für mich klingt das ungefähr so: blabla blabla, alle Konzerne sind böse;
    mimimi ich weiss nicht was mit meinen Daten passiert *schluchtz*

    Wer heutzutage noch nicht mit 10 Fake Identitäten und ausschließlich verschlüsselt unterwegs ist hat den Trend verpennt. Mindestens genauso wie alle die behaupten, sie hätten doch nichts zu verbergen und daher kann doch auch jeder alles über sie erfahren.

    Und überhaupt, ist das Thema Transparenz nicht schon viel länger als das Internet überhaupt existiert ein alter Hut? Ich weiss doch noch nicht mal ob meine Mortadella in Sandmännchen-Form wirklich aus glücklichen Sandmännchen gemacht wurde…

  3. 03

    Transparenz und Vertrauen sind die Basis für jede Form von Beziehung. Leider verspielen Unternehmen diese zunehmend!

  4. 04

    @#819569: Schätzchen, meinen PGP-Key gibt es seit 1995. Aber darum geht es im Text gar nicht.

  5. 05

    „… dass gerade die Spitze der Technologie-Unternehmen im Netz überhaupt kein Interesse an Transparenz hat“ würde ich so pauschal nicht unterschreiben. Transparenz ist ein weites Feld und Apple veröffentlicht inzwischen z.B. die Liste aller Zuliefererunternehmen für seine Produkte weltweit. Das ist Transparenz, oder übersehe ich da etwas? Der von dir angesprochene Punkt mit Dropout Jeep wäre ja etwas anderes – und da geht es eher um eine technische Einschätzung. Also: sind die von Appelbaum enthüllten Punkte heute noch technische Sicherheitslücken in iPhones und heutigen iOS? Nur sehe ich hier nur bedingt, was man an der Stelle von Apple erwarten soll. Wie einen Autohersteller zu fragen „Sind Ihre Autos sicher?“ Da vertraue ich darauf, dass es dann doch unabhängige Experten gibt, die hier nochmal gegenchecken. In Sachen Dropout Jeep gibt es bis heute keine belastbaren Infos bis auf irgendwelche herauskopierte Produktbeschreibungen von 2008.

  6. 06

    @#819588: Transparenz waere wenn Apple offenlegt welche Firmen und Institutionen Zugriff auf all Deine Daten die Apple so sammelt hat.

    Die Zulieferunternehmen zu veroeffentlichen kann man zwar auch unter Transparenz einordnen, halte ich aber eher fuer eine PR-Aktion nach all dem Aerger mit Foxconn und Konsorten.

  7. 07

    Ich denke, es ist ziemlich müßig, darüber zu diskutieren, welches Unternehmen transparent genug ist, und welches nicht. Auslöser für den Text oben war eher der immer mal wieder aufkommende Tenor „Was Unternehmen von Google lernen können“, „Wer in digitalen Zeiten Erfolg haben will, muss sich offen den Nutzern stellen“ etc. – das machen imho inzwischen mehr „old school“-Unternehmen als jüngere. Viele der Unternehmen, die den Merkt de facto beherrschen, sind so intransparent, wie man nur sein kann, haben aber erstaunlicherweise das Image des irre weltoffenen und nutzerfreundlichen Dienstes.

  8. 08
    Felix Moniac

    Ich habe die Antworten, die Du brauchst:

    1. Ja, iphones sind für die NSA offen.
    2. Google verdient sich mit Youtube-Videos den Arsch voll Geld und behält den Major-Anteil für sich.
    3. Platzieren und Filtern von Websites funktioniert nach genau jenen Kriterien, die Dich und uns alle glauben machen, die besten Ergebnisse geliefert zu bekommen; dafür werden ALLE technischen Möglichkeiten verwendet, die es heutzutage gibt.
    4. Twitter geht mit Sponsorentweets so um, dass es für Twitter zu einer Gewinnmaximierung kommt, die seitens des Nutzers auf bestmögliche Weise unersichtlich bleiben soll.
    5. Snapchat speichert Fotos auf Servern in den USA
    6. Facebook.

    Ja, es gibt zwei Gründe, warum Unternehmen uns nix erzählen: Erstens Macht, zweitens Geld.

    Und im Irak gibt es Öl.

    Und wenn das zynisch klingt, dann ist es trotzdem die Wahrheit.

    Übrigens: es gibt da so einen recht schlauen Typen im Netz, dessen Artikel ich seit Jahren lese. Der hat vor einiger Zeit was ganz Gutes geschrieben. Ich verlinke es hier mal, falls Du es noch nicht kennst:

    http://www.spreeblick.com/2013/06/25/das-internet-ist-kaputt/

    Vielleicht glaubt er an das Gute, weil er selbst einer der wenigen Guten ist. Das ist leider ein Fehler.

  9. 09

    @#819592: Ja, man könnte zynisch werden. Denn durch die Ukraine laufen die Pipelines.

    Aber, hach, das mit dem „Guten“ und „Bösen“ … es kann nicht so einfach sein. Hoffe ich.