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Quoten Antje

Mich macht das irre, warum dürfen sich dauernd Menschen zu Themen äußern und vor allem darüber entscheiden, die davon keinen Schimmer haben?

In einem Spiegel Online Interview beteiligt sich nun also auch Antje Vollmer an den komplett bescheuerten Rufen nach einer Deutschquote im Radio.

„Immer mehr deutsche Musiker (haben) verstanden, dass sie auf dem Markt – so konzentriert wie er ist – keinerlei Chance haben, egal wie gut sie sind“ behauptet die kulturpolitische Sprecherin der Grünen frech. Und hat vermutlich Bands wie die Ärzte, Rammstein, die Toten Hosen, Element Of Crime oder auch Funkstörung und die Sportfreunde Stiller dazu befragt, die sich allesamt, ob man sie mag oder nicht, zumindest anfänglich ohne Airplay ein Publikum erspielt haben. Die einen mehr, die anderen weniger.

Also nochmal für alle zum Mitschreiben:

  • Radiostationen, private und auch öffentlich-rechtliche, streben nach Einschaltquoten und Reichweiten, denn diese bestimmen die Höhe der Werbe- bzw. GEZ-Einnahmen. Sollten also die Stationen zu einer Deutschquote gezwungen werden, wird das nicht mehr Vielfalt und mehr Newcomer mit sich bringen, sondern wir werden die erfolgreichsten inländischen Künstler hoch und runter hören. Zum Beispiel Pur. Und die Kasselruder Spatzen oder wie immer sich so etwas nennt.
  • Gute Radiosender bemühen sich völlig zu Recht um eine „Programmfarbe“, eine Tonalität, einen Stil, um sich von anderen Sendern abzusetzen. Ein Sender, der Rockmusik spielt, spielt diese, wenn sie in das Programm passt, egal woher sie kommt. Dass viele Formatradios die immer gleiche langweilige Mainstream-Musik spielen, liegt daran, dass sie das ALDI der Radios sein wollen. Sie wollen Kommerzialität in höchstem Maße und sie senden für die geschmacklose Masse, die Musik allenfalls als Hintergrundberieselung und als Mittel zum Zweck versteht, nicht aber als Kulturgut. Diese Radios spielen nicht deshalb so wenig Newcomer, weil sie ob der vielen ausländischen Produktionen keinen Programmplatz dafür haben, sondern weil Onkel Herrmann vom Stuhl kippt, wenn er ungewohnte Klänge hört und dann nicht mehr brav die beworbenen Produkte kaufen geht. Die Herkunft der Musiker ist also jedem Radio komplett egal. Es geht entweder um die Klangfarbe, die stimmen muss oder um die Massenkompatibilität.
  • Wenn eine Band nicht mal bei einer guten Radiostation läuft, kann das auch daran liegen, dass sie scheiße ist.

Wir stellen also fest, dass es völlig schwachsinnig ist, eine Deutschquote zu fordern in dem Glauben, damit ein größeres Forum für neue Künstler zu schaffen. Dies können nur eine liberalere Umgehensweise mit den Frequenzen sowie verminderte oder völlig erlassene GEMA-Gebühren z.B. für Internetradios oder kleine Lokalradios (siehe Collegeradio in den USA) erreichen.

Nur: Es hat niemand wirklich Interesse an Vielfalt, den Fürsprechern der Quote ist Vielfalt völlig egal. Es geht einzig darum, die GEMA- und Verkaufsumsätze im Lande zu behalten, denn ein Label und ein Verlag verdient natürlich an einem im Inland unter Vertrag stehendem Künstler weit mehr als an einem Lizenzprodukt aus dem Ausland und es ist somit logisch, dass alle inländischen Musikkonzerne schnell dabei sind, für die Quote zu stimmen. Wer diese Umsätze bringt, ist völlig egal, denn am Ende des Tages entscheidet die Masse, daran wird auch eine Quote nichts ändern.

Im Übrigen ist es mir schleierhaft, warum sich teilweise von mir durchaus geschätzte Künstler vor diesen Karren spannen lassen, aber ich hab das ja schon damals mit Smudo und Copy Kills Music nicht verstanden. Man sollte aber auch bemerken, dass es viele Künstler gibt, die damit nichts am Hut haben. Danke dafür.

8 Kommentare

  1. 01

    das vielfalt-argument bei dieser ganzen quoten-diskussion kann ich ohnehin nicht nachvollziehen.
    75% der veröffentlichten musik (und wahrscheinlich 95% der musik, die im radio gespielt wird) kommt von 4 (oder sind’s jetzt nur noch 3?) konzernen. vielleicht liegt da das problem mit der vielfalt.

  2. 02

    konnte das ganze interview jetzt nicht leses (wird bei arbeit nicht gern gesehen), aber ne qoute für deutschsprachige musik ist ganz recht kompletter blödsinn. mehr eigenverantwortung und eigenes handeln. daher find ich herrn renners idee gar ne so schlecht!

  3. 03
    kristin

    quote macht musik nicht besser. musik nur zu spielen, weil sie deutsch ist und nicht weil sie durch qualität überzeugt, ist ziemlich armselig. und deutschland stellt sich mit dieser quotendebatte im moment echt ein armutszeugnis aus. hilfe, niemand will unsere musik hören, wir müssen die bevölkerung jetzt dazu zwingen. fragt sich eigentlich niemand dabei, warum eigentlich so viel musik aus dem englischsprachigem raum in deutschland läuft, und so wenig deutschprachige musik im ausland? und wär jetzt behauptet, das es daran liegt, dass man die deutsche sprache nicht versteht, sitzt wohl auf seinen ohren. wenn der text nicht verstanden wird (sicher wird auch englischsprachige musik nicht von jedem verstanden), muss mit musikalischen qualitäten überzeugt werden. deutsche musik besticht aber leider in den seltesten fällen durch seine musikalisch qualitäten. irgendwie definiert sich deutsche musik viel zu sehr über den text. musik wird nur ’nen bischen im hintergrund geschrammelt um die stimme des sängers irgendwie zu untermalen, der gerade in kindergartensprache den text herunterträllert („zuerst kommt der blitz, dann kommt der donner“…ach nee). stellen wir doch bitte mal virginia jetzt neben radiohead, udo lindenberg neben björk, wir sind helden neben oasis, fallen uns da nicht gewisse qualitätsunterschiede auf?
    ich bin defintiv für mehr vielfalt im radio (denn leider läuft auch bei den eigentlich „guten“ sendern in letzter zeit ständig das selbe zeug in heavy rotation), aber eine quote im radio ändert daran mit sicherheit nichts. wieso soll eigentlich ausgerechnet, dass radio darunter leiden? warum geht man nicht gleich zu den plattenfrimen? da weiß man doch gleich aus welcher ecke der quotenwind weht!

  4. 04
  5. 05
    Symolka Michael

    Ich war von SAT1 zu dem Thema ins Frühstücksfernsehen eingeladen worden – exakt alles vorangestellte stimmt bis auf den i-Punkt – und es ist doch seltsam, daß wir Deutschen alles über ein Regulativ, eine dirigistische Maßnahme regeln wollen – über Quoten – Behindertenquote, Frauenquote, Schlagerquote – in allererster Linie haben wir zunächst mal ne Arbeitslosenquote – die hat die geforderten 40 Prozent noch nicht erreicht – kann ja aber noch kommen. Darum sollte sich der Bundestag kümmern – und nicht um Schlagerquoten – und Bedürfnisse irgendwelcher Halbdebilen, die mir dann von Ihren Befindlichkeiten im Wohnzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer und auf der Toilette in Schwachsinns-Songs erzählen! (z. B. Pur) – zudem gibt es die gesetzlich verankerte Sendefreiheit der Radioanstalten, es ginge also wirklich nur mit einer Gesetzesänderung – welch ein Aufwand für ein solch redundantes Thema!
    Und wenn schon, sollen sich die öffentlich-rechtlichen um sowas kümmern, die haben den Kultur-bzw. Bildungsauftrag und bekommen Gebühren – aber die äffen ja nur noch die privaten Radiostationen nach, um im Quotenrennen, wo sie eigentlich nix verloren haben, nicht auf der Strecke zu bleiben.

    Michael G. Symolka

  6. 06

    antje wäre sicherlich gerne kulturministerin, aber sie ist nur vize-bundestagspräsidentin (in diesem fall spielt das keine rolle) und kulturpolitische sprecherin der grünen bis zu ihrer rente in 2006.

    ciao,
    markus

  7. 07
    johnny

    Du hast natürlich Recht, ist korrigiert. Danke!

  8. 08
    roman

    aber warum denn nicht. mein vorschlag: 30% deutsch, 30%österreichisch(wir machen gute musik, ehrlich), 20% amerikanisch, 10% französisch, 5% britisch, 0,5% polnisch, 0,3 % belgisch, 0,1 % slowenisch, ich mach hier schluss den ich werde nicht für konzepte bezahlt.