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Capital Webradio

A long time ago there were pirates
beaming waves from the sea
but now all the stations are silenced
‚cos they ain’t got a government license

The Clash, „Capital Radio“, 1979

Es ist kein Geheimnis, dass ich mich seit längerem mit der Planung für eine „echte“ Spreeblick-Radioshow beschäftige. Und es ist auch kein Geheimnis, dass das alles nicht ganz so einfach ist, solange ich auch Musik dabei spielen möchte (was der Fall ist), denn dazu sind Abgaben an die GEMA und die GVL nötig.

Was okay ist, finde ich. Wenn es in vernünftigem Maß geschieht.

Ich würde langweilen, würde ich hier alle Details auflisten, mit denen man sich bei der Recherche konfrontiert sieht, vieles davon kann man hier oder auch hier nachlesen und eine spannende Abhandlung der Problematik unter juristischen Gesichtspunkten gibt es von Bernhard Knies hier.

Auf ein paar Stellen des mit der GVL abzuschließenden Vertrags für Webcasting-Anbieter soll aber hier eingegangen werden. Ich beziehe mich auf den Vertrag für kommerzielle Sites, denn Spreeblick verkauft T-Shirts.

Der Vertragspartner beabsichtigt, ein Internet-basiertes Webcast-Angebot zu betreiben. Dieses richtet sich an Nutzer in Deutschland.

Auch, ja. Aber naturgemäß nicht ausschließlich. Ich möchte im Internet senden. Nicht in einem Land.

Es werden weder durch die inhaltliche Gestaltung noch durch die sprachliche Fassung ausländische Nutzer gezielt angesprochen.

Auch das kann ich nicht unterschreiben. Ich spreche (auch) Englisch und werde mich nicht dazu bewegen lassen, in einer Radioshow darauf zu verzichten, um ein breites Publikum anzusprechen. Hin und wieder. Außerdem würde ich mich sehr freuen, wenn die 14 portugiesischen Besucher, die in meiner Site-Statistik auftauchen, auch mal in die Show reinhören würden. Vielleicht würde ich sie sogar auf portugiesisch begrüßen wollen.

Es ist folglich davon auszugehen, dass Abrufe aus dem Ausland nicht mehr als 2 % der Gesamtabrufe ausmachen. (…) Sollten in einem Quartal mehr als 2 % der Abrufe aus dem Ausland erfolgen, ist der Vertragspartner verpflichtet, dieses der GVL spätestens nach Ablauf des Folgequartals mitzuteilen.

Ich weiß, liebe GVL. Es ist sehr schwer zu verstehen. Aber ich sag’s mal ganz langsam, vielleicht klappt’s ja dann:

Das
(bis hier geht’s, oder?)

Internet
(das ist das Medium, mit dessen Hilfe ich das Senden beabsichtige)

ist ein
(nicht „kann sein“ oder „ist teilweise“, sondern nur „ist“ wie in „Tatsache“)

weltumspannendes
(das ist etwas allgemein, denn es meint nur die Länder, die über die technische Infrastruktur verfügen, das waren aber trotzdem ganz schön viele, als ich das letzte Mal geguckt habe)

Computer-Netzwerk.
(Tja, GVL. Wie soll ich das erklären, ohne zuviel Fremdworte für dich wie „Kommunikation“, „Teilen“ und „Miteinander“ zu benutzen?)

Immer noch nicht verstanden? Okay, dann nochmal kürzer:

Nein.

(…) Für die ihm eingeräumten Nutzungsrechte zahlt der Vertragspartner der GVL eine pauschale Vergütung von € 1.500,– pro Jahr und Kanal bei Erlösen bis € 50.000,–und von € 4.000 bei Erlösen bis € 100.000. Für die € 100.000 überschreitenden Erlöse beträgt die Vergütung zusätzlich 10 % bei Erlösen bis € 300.000. Für die € 300.000 überschreitenden Erlöse beträgt die Vergütung zusätzlich 12,5 %. Statt der Erlöse sind die Kosten für die Vergütungsberechnung heranzuziehen, sofern sich daraus ein höherer Betrag ergibt. Bei Kosten bis € 50.000 beträgt die Mindestvergütung € 1.000, für die € 50.000 überschreitenden Kosten bis € 100.000 weitere € 1.000, für die € 100.000 überschreitende Kosten bis € 200.000 8 % und für die € 200.000 überschreitenden Kosten 10 %. Betragen Erlöse und Kosten jeweils nicht mehr als € 500.000, so findet die auf Einzelabrufe bezogene Vergütung keine Anwendung. Auch zusätzliche Vervielfältigungsgebühren fallen dann nicht an. Betragen Erlöse oder Kosten über € 500.000 p. a., so beträgt die Vergütung € 0,001 pro Titel und Hörer oder alternativ € 0,0003 pro Minute und Hörer bei Abrufen aus Deutschland. Der Vertragspartner wählt zu Beginn des Vertrages zwischen der Titel- oder Minutenabrechnung. Eine Umstellung kann jährlich bis zum Ende ersten Quartals erfolgen. Statt der Abrechnung nach Einzelabrufen richtet sich die Vergütung nach der umsatz- oder kostenbezogenen Vergütung, sollte sich daraus ein höherer Betrag ergeben.

GVL.

Hör mal zu.

Ich wollte weder eine Lebensversicherung bei dir abschließen, noch drei ehemalige Stasi-Mitarbeiter für das Controlling einstellen müssen. Ich will Webradio machen. Einmal die Woche. 30 Minuten. Vielleicht ’ne Stunde. Vielleicht auch zwei.

Ich hab‘ zwei Worte für dich, GVL:

Ein. Cent.

Pro Hörer auf einer kommerziellen Site, pro tatsächlich gehörter Stunde.

Natürlich hat die Sache einen Haken: Sowohl meine Steuererklärung als auch die Nationalität meiner Hörer gehen dich einen feuchten Dreck an, letzteres kläre du mal schön alleine mit deinen internationalen Partnern, ihr macht das schon, Welt-Meeting an der Côte d’Azur oder so.

Und das Thema

(…) Die GVL ist berechtigt, die Richtigkeit der Programmlisten durch einen vereidigten Wirtschaftsprüfer überprüfen zu lassen. Der Vertragspartner hat die Kosten der Prüfung zu tragen, falls sich Abweichungen von insgesamt über 10 % ergeben. (…)

kannst du dir auch sparen. Du packst einfach alle Songs deiner Künstler auf einen zentralen Server, auf den jeder, der mit dir einen simplen Deal abgeschlossen hat, zugreifen kann. Bitte an alle Formate denken und dabei immer up-to-date bleiben, ja? Dann kannst du prima abrechnen und jeden tatsächlich gespielten Künstler fair anteilig bezahlen. Völlig neue Perspektive, oder?

Das hat neben den eben genannten nämlich noch weitere Vorteile. Du könntest die Songs online direkt verticken. Stichwort Cross-Selling, die Partner hast du ja mit den Webradios und den juristischen Kram mit der GEMA und den Labels, den bekommst du schon in den Griff, die können sich ja am Server beteiligen.

Du könntest außerdem die terrestrischen Radiostationen ebenfalls auf den Server zugreifen lassen und hättest auch dort besseres Controlling und leichtere Abrechnungsmöglichkeiten.

Und du könntest mal sehen, wie viel Mühe und Planung und Arbeit das macht, so ein funktionierendes Netzwerk aufzubauen und am Leben zu erhalten. Wie z.B. das, an dem du dich jetzt völlig ohne eigenes Zutun, ohne gemeinnütziges Mitgestalten und vor allem ohne jegliche Peilung bereichern möchtest.

Und für die privaten Anbieter, GVL, die weder Banner auf ihrer Site haben noch Shirts verkaufen, da hab‘ ich den Knüller für dich.

Für die machst du’s pauschal für eine Gebühr von 20,- Euro im Jahr.

Irre, oder? GVL? Sag mal selbst, das ist doch ’ne Wahnsinns-Idee: Deine Künstler werden von echten Fans beworben und die zahlen sogar noch dafür.

Das hättest du dir nie träumen lassen, oder?

GVL?

Jemand zuhause?

13 Kommentare

  1. 01
    MichaelV

    Cc: GVL
    … hoff‘ ich doch?
    Und wie hieß noch mal der Bundes-Popbeauftragte …?

  2. 02
  3. 03

    Ach Johnny, nun tu doch nicht so! Es geht um Shareholder-Value, um Kapitalrendite, um Dividende, um Marktanteile, um Macht. Davon hast du keine Ahnung. Das ist kein Spass, das ist viel, viel Arbeit. Wenn die sich nebenbei auch noch darum kümmern würden den Leuten faire Angebote zu machen sodass jeder sein Radio machen könnte – wo kämen wir da hin? Niemand würde mehr die tollen Formatradiosender hören. Die Plattenverkäufe würden einbrechen. (hüstel) Die Märkte wären plötzlich umkalkulierbar wenn jeder das hören würde was ihm gefällt. Willst du einem kleinen Aktionär ins Gesicht sagen müssen, dass er auf seine Rendite verzichten muss, nur weil irgendwelche Hippies machen was sie wollen? Und die ganzen tollen Arbeitsplätze die dadurch kaputt gehen würden. Schließlich ist es ja wohl nicht zu viel verlangt, wenn man als Privatmensch mindestens 500€ im Jahr abdrückt, nur um Musik in seinem Podcast abspielen zu dürfen. Hobbys kosten Geld! Viel Geld sogar! Weisst du was eine Mitgliedschaft im Golfclub kostet? Jaha, da wäre jeder froh wenn er da mit nur 500€ im Jahr dabei wäre. Du hast einfach die falsche Perspektive, du musst das ganze von oben betrachten. Und von da oben wirst du da unten einen Haufen Leute sehen die auch mitspielen wollen. Die sagen zwar alle dass sie dir nichts böses wollen, aber wenn man nicht ganz genau aufpasst, dann finden sie Wege dir die ganzen schönen Einnahmen kaputt zu machen, zum Beispiel indem sie nicht mehr deine Platten kaufen. Oder nicht mehr deine Werbung hören. Und dass will ja nun wirklich niemand.

    BTW: „Die GVL nimmt gegenüber dem Vertragspartner die Rechte und Ansprüche, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller ergeben, an der nichtinteraktiven Internetübertragung erschienener Tonträger wahr.“ – Sind PodCasts eigentlich „nichtinteratkiv“?

  4. 04
    christiano

    oi johnny,
    tudo bem? eu espero que você vai falar em portuguese. agora eu estou no brasil e eu sempre leo sua pagina da internet. entao eu gosto como você escreveu e eu vou visitar spreeblick todos os dias.. se você precisa ajuda, eu vou traducir suas palavras… muitos abracos para você e seu blog.

    tchau christiano do brasil

    ps: alles verstanden?

  5. 05

    Übersetzt heißt das wohl:
    „wir würden Webradios für Privatpersonen gerne verbieten, dürfen aber nicht. Also machen wir das so unattraktiv und teuer, das die bB (böse Bürger) schon alleine dahinter kommen, wie unerwünscht sie sind.“

    Über die Motivation dahinter hat sich ja Max schon recht umfassend ausgelassen. Der Satz „Hobbies kosten Geld“ ist meines Wissens nach übrigens orginal, der ist nicht ausgedacht. :-(

  6. 06

    dann mach doch einen privaten cast. die t-shirts kann ich auch für dich verkaufen ;-)

  7. 07

    Du willst podcasten. Also deine Radiosendung auf dem heimischen Mac als mp3 zusammenstellen, das ganze auf einen Server packen und uns als rss feed zur verfügung stellen. Gute Idee !
    Das Gema Problem hat Herr Curry (www.curry.com) auch und wenn du ein Beispiel für eine gewisse Artverfremdung eines Podcasts sehen möchtest, guckst du bei http://www.rockandrollgeekshow, Mr. Butler streamt das ganze nebenbei auch noch live.
    Gibts da auch was deutsches, klar, http://www.sammelstelle.net oder gnak.de !
    Wenn du noch fragen hast, zum podcasten schau unter wiki.podcast.de
    Viel Spass und Danke, Johnny

  8. 08
    BerniU

    Es kann doch gar ned angehen, dass alle glücklich sein könnten… von daher steh ich deiner Idee jetzt erst mal richtig skeptisch gegenüber *michbeiderGVLeinschleim* :D
    In Zeiten immer niedrigerer Renditen wird sich sicherlich niemand dazu herablassen ein faires Geschäftsmodell zu etablieren, weil man mit Fairness halt einfach keine Kohle scheffelt.

    Gruß

  9. 09

    @Christiano, this is what babelfish tells me:

    „all good? I wait that you go to say in portuguese. now I you are in Brazil and always leo I its pagina of the InterNet entao I taste eat you I wrote and I go to visit spreeblick all the days. if you need aid, I go to traducir its words… many abracos for you and its blog.“

    :)

    So thank you very much for eating me and:

    Obrigado muito muito para suas palavras amáveis! Eu aprecío leitores de outras partes do mundo, infelizmente eu não falo portugese, mas eu estou aprendendo rapidamente.

    Ich hoffe, das haut halbwegs hin… ;)

    @Max: Die GVL ist keine AG. Aber ich habe den Unterton deines Comments trotzdem verstanden. :)

    @Daniel, Curry kenn ich natürlich und die ganze Podcast-Diskussion auch (bin aber noch immer nicht vom Sinn von Podcasts überzeugt, solange nicht jeder Highspeed-angebunden ist), gucke mir deine anderen Links aber gleich an, klingt spannend.

    @apunkt: Der Satz mit den teuren Hobbies stammt von der GVL.

    @Holgi: Nix is‘! ;)

  10. 10

    als alternative gibt es creative commons lizenzierte musik. dann kannst du zwar nichts von „the clash“ spielen, bist aber das gvl problem los.

  11. 11

    Radios, Clubs, Bars und Läden zahlen Pauschalen an die GEMA + GVL, die allerdings nicht wieder bei den Künstlern und Labels landen können, da die eingenommenen Pauschalen nach Press Stückzahlen verteilt werden, da davon ausgegangen wird, dass Titel wie „Sch….“ und „Hol….“ bestimmt auch mehrheitlich bei Webradios und in Clubs gespielt werden. Einzeltitelmeldung ist (bisher) nicht vorgesehen.
    Das ist jetzt nur grob und oberflächlich dargestellt.

  12. 12
    christiano

    @johnny; das ärgerliche am babelfish ist, er kann nicht zwischen den ganzen sonderzeichen unterscheiden und übersetzt die hälfte nicht richtig… aber im großen und ganzen hab ich dich auch richtig verstanden… werde mich aus brasilien gern mal auf port. meine kommentare einfließen lassen… beste sonnige grüße aus brasil