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Blogs auswerten

Chillcore macht sich ein paar Gedanken zur Frage der Kommentarstrukturen in Blogs. Bei interessanten Diskursen macht es die Menge der Kommentare in Einzelfällen unmöglich, den Gedankenfäden zu folgen oder weitere hinzuzufügen.

Als weiteres Problem sehe ich die „Auswertung“ oder nur strukturierte Archivierung solcher Diskussionen, um ihnen auch nach dem Aktualitätsverfallsdatum einen Sinn geben zu können, beispielsweise als Wissensarchiv.

Bei M-E-X habe ich neulich Gedanken zur Integration eines Wiki in Blogs gelesen. Mit diesem Gedanken, der sich grundsätzlich ob des kollaborativen Ansatzes von Wikis anbietet, beschäftige ich mich auch seit einiger Zeit, bin aber bisher zu keiner guten Lösung gekommen. Der Autor des besagten Artikels schlägt eine Auswertung von Diskussionsfäden in einem Wiki vor, im Stile von „Ausgangsposition – Lösungsansätze – alternative Herangehensweisen“, was ich mir aber nicht wirklich praktikabel vorstellen kann.

Hat jemand Ideen oder Beispiele technischer Lösungen (ohne etwas Handarbeit wird’s wohl nie gehen) für Blog-Auswertungen und Zusammenfassungen von Diskussionssträngen in den Kommentaren?

25 Kommentare

  1. 01
    stef

    hmmh ich wär ja für ein spreeblick forum :)

  2. 02

    Das haben wir vor einiger Zeit auch mal diskutiert. Aber Foren sind soooo Neunziger. ;)

  3. 03
    stef

    und sowas wie auf heisse.de. da gibts doch in den kommentaren zu den einzelnen artikel auch die möglichkeit das ganze in „Diskussionsfäden“ aufzuteilen. mmh okay, ist ja auch forum ähnlich :/
    bestimmt suchst du für spreeblick etwas noch nie dagewesenes ;)

  4. 04

    Na klar, aber die Erfahrung zeigt: Das gibt es nicht. :)

  5. 05
    dee

    Hätte jetzt auch ganz oldfashioned ein Forum vorgeschlagen mit Threads wie bei Heise.

  6. 06
    Stefan_K

    vielleicht eine Modifikation von Mindmaps, also Thoughtmaps, die einmal angefangene Gedankenstränge weiterführen, hyperlinken und vernetzeln? Dazu müßte man wohl die Kommentarfunktionen von WordPress entsprechend aufbohren …

    http://de.wikipedia.org/wiki/Mindmap

  7. 07
    B.

    Ich denke über die Frage „Wissensarchiv“ auch gerade nach, aber nicht technisch-praktisch, sondern theoretisch-wissensmanagementmäßig. Und da stellt sich mir die Frage, ob Blogs wirklich archivierenswerten Inhalt enthalten. Das ist kein Werturteil, sondern eine Frage der Wissensart:

    Archivierenswert ist Faktenwissen. Das will ich nachschlagen und schnell greifbar haben.

    Bei Blogs handelt es sich aber meist (korrigiert mich, wenn ich falsch liege), um Meinungen oder um ganz spezielles Prozesswissen: Das und das ist passiert, damit bin ich so und so umgegangen. In den seltensten Fällen wird jemandem genau dasselbe passieren, oder es ist Zeit vergangen und das Problem und die Lösung haben sich längst wieder verändert .

    Was in Blogs publiziert wird, ist interessant für den Tag und beeinflusst mein Denken wie Zeitungslektüre. Aber das Wenigste davon werde ich mir „ausschneiden“ und ablegen. Dafür wäre dann die Verbindung mit einem Wiki schon praktisch. Aber würde es dem nicht genauso gehen wie den zahllosen vor sich hindümpelnden, seltenst genutzten Archiven von Mailinglisten? Wer würde es nach der Anfangseuphorie noch pflegen? Würde jemand darin suchen? Und würde er finden, was er sucht?

    In Mailinglisten wiederholen sich dieselben Fragen bekanntlich in immerwährender Wiederkehr. Ebenso regelmäßig wird, wenn der Abstand relativ kurz ist, aufs Archiv verwiesen. Aber es geht einfach viel schneller, die Frage noch einmal zu stellen, und es kommen meist auch zusätzliche Antworten.

    Also: Was soll das Blogarchiv leisten?

  8. 08

    Meinungs- und Stimmungsarchiv.

  9. 09
    oipus

    Das erinnert mich daran, wie sehr ich Diskussionen in „Schlauchform“ hasse. Bin ja eher fan der klassischen eMail Baumstruktur. Das ist im übrigen ja auch nichts anderes, als eine Mindmap; muss man eben visuell „bisschen anders“ aufbereiten.

    Ein Wiki finde ich zum Pflegen von einem Artikelbestand gut, aber für Diskussionen unhandlich — da hast ja auch wieder nur Schlauchkommentare oder Threads mit minderwertigen Bedienmöglichkeiten.

    Wie könnte das ganze denn aussehen, wenn das Ereignis dann mal nicht mehr aktuell ist?
    Vll. doch ne Art Mindmap? — Im Mittelpunkt steht vll. das Ereignis und dann der Blog-Eintrag und dann die Kommentare in Baumstruktur.
    Moment, wenn das Ereignis im Mittelpunkt steht (was ja eigentlich Auslöser eines Blog-Eintrags ist) hätten wir dann nicht ne Art Blog-Sammlung?

  10. 10

    Das ist alles ziemlich kniffelig. Zuerst einmal ist es egal, ob der Text, der irgendwo punliziert wird Fakten enthält oder Meinungen. Sobald ein Satz ein Subjekt, ein Prädikat und ein Objekt enthält ist es ein Fakt. Damit arbeiten schon heute viele Blogs, nämlich dann, wenn sie Feeds anbieten.

    Problematisch wird es, wenn die Sätze innerhalb eines Artikels, einer Kommentardiskussion oder anderen Artikeln miteinander in Beziehungen gebracht werden müssen. Man kann dem Anwender nicht zumuten seine Meinung in einer Ontologie zu hinterlegen. Zwar bietet Technorati die Tags an, mit denen man z.B. einen Artikel klassifizieren kann, aber das ist sehr primitiv und hift nicht sehr viel weiter. Aus meinem Job heraus, ich beschäftige mich jeden Tag mit genau diesem Problem, weiss ich, dass es keine triviale Lösung gibt. Wir haben es insofern gelöst, als dass wir einen Teil des assoziativen Cortex des Gehirns nachgebaut haben. Dieser wird mit sogenannten Wissensfäden gefüttert und dann ein assoziativer Algorithmus darüber geschickt. Am Ende findet die K-Matrix (mehr als den Marketingnamen darf ich an dieser Stelle leider nicht nennen) aus ca. 6,5 Millionen Artikeln in den meisten Fällen tatsächlich die Information heraus, die der Wissenschaftler benötigt und spühlt auch die Dokumente an, in denen er nach noch tiefergreifenden Informationen suchen kann. Tatsächlich ist deswegen nicht schlimm, weil auch das Gehirn nicht fehlerfrei arbeitet.

    So hat das System beispielseweise einen ziemlich direkten Zusamenhang zwischen Alfred Nobel und Viagra ermittelt. Und auch die Probleme, mit denen Merck in den USA zur Zeit zu kämpfen hat (Vioxx) wurden gefunden, ohne das ein direkter Zusammenhang zu erkennen war.

    Ähnlich müsste es auch mit einem relativ unstrukturierten Datensystem wie einem Blog und einem Wiki funktionieren. Das System würde ihm Hintergrund die eingebenen Daten analysieren die Blogseiten mit Verlinkungen zu anderen Artikeln und Kommentaren anreichern. Leider ist die Technik ein wenig teuer :-)

  11. 11

    Ich finde die Möglichkeit Meinungen und Stimmungen zu einem bestimmten Thema und vorallem zu einer bestimmten Zeit zu archivieren auch spannend. Und wenn es nur zu dem Zweck ist, über die Zeit im kleinen Rahmen beobachten zu können, wie sich Meinungen und Stimmungen so entwickeln.

    Eine ultimative Lösung für größere Mengen an Kommentare habe ich leider auch nicht. Wir hatten für ein ganz anderes Projekt mal vor einem ähnlichen Problem gestanden – und versucht das Ganze über eine Baumstruktur (in dem Fall auch graphisch dargestellt) zu lösen. Das ist für ein paar Kommentare auch sehr nett, weil man sofort sieht, was wozu gehört. Aber: sowas explodiert sehr schnell, dann wird so eine Baumstruktur riesig und unübersichtlich (auch wenn man Teilbereiche ausblendet usw.), alleine die zig Linien quer über den Bildschirm können einen gaga machen ;)

    Wir haben’s dann doch „klassisch“ mit einer Thread-Ansicht gelöst, verbunden mit einer Score-Funktion á la Slashdot (allerdings mit anderen Kriterien dahinter). Im übrigen finde ich sowas inzwischen gar nicht mehr schlecht, es kommt halt darauf an, woraus sich der Score eines Posters zusammensetzt.

    Noch ist das für viele Blogs nicht sooo wichtig, aber gerade hier bei Spreeblick (was ich schon lange lese und nicht ganz so lange hin- und wieder kommentiere) sieht man ja, dass die Leserschaft ständig steigt. Das geht bei einigen anderen deutschen Blogs ja ähnlich.

    Und wohin das führen kann, sieht man bei Heise Online exemplarisch. Waren da vor ein paar Jahren noch regelmäßig sinnvolle und interessante Diskussionen möglich, sind die Foren inzwischen zu 80% voll von Trollpostings und Dumpfbacken die zu allem ihren unqualifizierten Senf abgeben müssen. Gute Diskussionen gibt’s zwar immer noch hin- und wieder, die gehen aber im allgemeinen Rauschen gerne vollkommen unter.

  12. 12

    Ja, die heise-Angst bekomme ich auch manchmal… Aber was ist die Alternative? Kommentare schließen? Nee. Ich finde den Ansatz ganz okay, dass sich jeder erste Kommentator einmal freischalten lassen muss (erster Comment einer Person läuft bei mir per Mail auf, wird freigegeben und danach ist der Schreiber automatisch freigeschaltet), sorge mich aber um die damit vebundene Arbeit.

    Und wie wir wissen schreckt ja nicht mal Registrierungszwang Trolle ab.

    Was die Visualisierung angeht, fand ich gebündelte Threads auch prima, bis ich dann ein paar „längere“ Beispiele gesehen habe. Das geht dann nicht mehr.

  13. 13

    Wie gesagt, ich bin inzwischen ein recht großer Freund der Bewertung von Postern. Wir hatten das bei dem erwähnten Projekt dann so gelöst, dass sich der Score vorallem aus Bewertung durch andere Nutzer und aus Bewertung von Moderatoren zusammengesetzt hat. Wobei die Bewertung der Moderatoren den bei weitem größten Ausschlag gegeben haben. Und im Endeffekt war es dann so gelöst, dass bei wenigen Kommentaren auch alle sofort sichtbar waren und je länger und verzweigter die Diskussion geworden ist, immer mehr ausgeblendet worden ist (trotzdem natürlich mit einem weiteren Klick sichtbar). Nur war das nicht für ein öffentliches Forum (sondern ein Tool für ein Intranet) und es ging weniger um Trollbekämpfung denn darum, weniger qualifizierte Postings aus dem Blickfeld zu haben. Deswegen auch die Bewertung durch die Moderatoren, die in ihrem Bereich auch wirklich Ahnung von der Materie hatten und dementsprechend User bewertet haben, egal ob sie sie leiden konnten oder nicht. Meistens jedenfalls ;)

    Ich denk mal, da hilft nur beobachten, wie es sich entwickelt. Wenn es bei Dir irgendwann wie bei Heise zugeht, kommst Du eh nicht mehr alleine hinter den Kommentaren her. Und einen neuen, eigenen Server bräuchtest Du dann auch. Und jemand der Dir den Traffic finanziert. Wünsche ich Dir eigentlich nicht ;-)

  14. 14
    Stefan_K

    … und ich habe noch überhaupt kein System gesehen, bei dem „das, worum’s hier geht“ so richtig gut funktioniert.
    Könnte man nicht zumindest erstmal die Trackbacks in eine separate Schublade packen?

  15. 15

    Blog-Kommentare als Wissensarchiv? – LOL, wohl eher in den seltensten Fällen. Und da tut es dann einfach ein Folgeeintrag im Blog der das neu-errungene Wissen zusammenfaßt. (Oder auch ein Updaten des Original-Eintrags – je nach Umfang).

    …als Meinungs- und Stimmungsarchiv. – Sind die K. ja jetzt wie sind für nutzbar. Abstraktion/Auswertung/usw. heißt immer etwas weglassen, und man dürfte wohl erst bei der letztendlichen Nutzung wissen was man weglassen möchte, dass vorher schon dazu aufbereiten ist IMHO nicht notwendig (Kosten-Nutze-Ratio).

    …Gedanken zur Integration eines Wiki in Blogs gelesen. – immer wieder gern diskutiertes Thema, wie auch z.B. die Definition von Blogs, Blogosphäre, usw.. „Prior Art“ zum Thema Weblogs+Wikis findet man häufig unter dem Stichwort Bliki oder … (ha ich vergessen, liefere ich nach). Siehe z.B.: http://en.wikipedia.org/wiki/Bliki

    Meine Meinung zum abnehmenden Signal-Rausch-Verhältnis in Diskussionen: Moderation, ggf. sogar Vor-Moderation, schliesslich kann sich jeder kostenlos und ohne großen AUfwand ein Weblog anlegen, um seine Meinung loszuwerden. Noch viel besser funktioniert aber folgendes: Häufige Themenwechsel in relativ spezielle Bereiche. Damit wird man die, ich nenne sie mal, Heuschrecken-Kommentatoren (die welche immer die Aufmerksamkeits-starken Diskussionsorte abgrasen) schnell los, denn durch die superspeziellen Spezialthemen, wenden sich flüchtige, oberflächliche Leser wieder ab, und mann kan sich ungestört mit den verbleibenden Gästen unterhalten.

    Siehe auch:
    http://www.shirky.com/writings/group_enemy.html
    > And, finally, you have to find a way to spare the group from scale. Scale
    > alone kills conversations, because conversations require dense two-way
    > conversations.
    auch im übrigen sehr lesenswert.

    Denke das war jetzt erstmal genug StopEnergy… ;)

    Grüße vom Rhein

    Sencer

  16. 16
    Gabriel

    > In einem anderen Blog, dessen URL ich nachliefern muss
    meintest Du das hier?

  17. 17

    Genau, danke dir! Hab ich eingebaut.

    Note to self: Bookmarks ordnen…

  18. 18
    andI

    sorry, wenn ich das jetzt mal so sagen muss: ist das nicht alles so newschool, so extrem wissensvorsprungsgeil, so new style on the blogg-mäßig, so huf nach ziehend, dass kein mensch mehr nachvollziehen mag, was das alles soll – ausgenommen natürlich die dröge eh immer spreeblick-feier crowd? ich verstehe deinen grundsätzlichen ansatz sehr wohl. aber ist es das, was blogs wollen/können/dürfen?
    sorry, wenn das jetzt etwas anmassend klingt, aber ich komme gerade ausm columbia fritz (hey ho, let`s go!!) und habe mal wieder für mmich mitgenommen, dass alles eh bocke is…;:-)))

  19. 19

    Die Idee ein Blog mit einem Wiki zu kombinieren gibt es schon länger und ist meiner Meinung nach vor allem eher für das klassische Knowledgemanagement geeignet. Also Fakten der Kommentare in Wiki-Seiten transformieren, vielleicht auch durch irgendeinen Automatismus unterstützt. Dies erfordert allerdings viel Pflegeaufwand und liegt dann in der Hand der Moderatoren – wie so oft.

    Das Ganze eignet sich aber wie gesagt eher zur Verwaltung/Archivierung von reinen Fakten, also zum Beispiel bzgl. technischen Themen. Ich denke der Versuch, ähnliches mit Meinungen zu machen ist ungleich schwerer.

    Es gibt da schon ein paar Software-Projekte, so zum Beispiel SnipSnap, welches auch Tags zur Gruppierung von Seiten verwendet: http://www.snipsnap.org

    (Ich hab keine Ahnung wie ich bei WordPress die Links so schick hinkriege, und hab auch weder hier noch auf der WordPress-Seite auf die Schnelle ne Antwort gefunden. :)

  20. 20
    Stefan_K

    auch sehr schöne Lösung, allerdings eher für die umgekehrte Anwendung: der Content-Blocker. Funktioniert bei Google schon sehr gut. (Vorsicht, Satire.)

    http://j-walk.com/other/googlecb/index.htm

  21. 21

    @andI, aber es ist doch völlig egal, was nun Blog-like ist und was nicht oder ob etwas old oder new school ist. Es geht doch nur darum, worauf man Lust hat, was persönlichen Sinn macht und ob es interessant und spannend genug ist, darüber nachzudenken.

    Trotzdem: Gabba Gabba Hey. :)