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Mehr Optimismus! Mehr Eigenverantwortung!

Das wurde ja in einigen Kommentaren zur „Du bist Deutschland“-Diskussion gefordert, entweder direkt hier bei Spreeblick oder auf den eigenen Blogs einiger Leute.

Nicht immer nur meckern, sondern auch mal das Gute sehen. Dinge selbst in die Hand nehmen. Aktiv sein. Und so weiter.

Da ich das alle auch extrem klasse finde und somit begrüße, möchte ich hiermit allen (zunächst Berliner) selbstverantwortlichen Optimisten eine gute Möglichkeit bieten, den Worten Taten folgen zu lassen und die Zukunft Deutschlands aktiv mitzugestalten.

Ihr müsstet euch aber beeilen. Denn viel Zeit habt ihr nicht mehr.

Man fängt einfach mit diesem PDF an, welches die Lesefassung des „Kita- und Tagespflegekostenbeteiligungsgesetzes (KTKBG)“ mit Änderungen vom 1.1.2004 zeigt. ACHTUNG! Das ist nur eine Lesefassung. Wirklich arbeiten kann man nur mit dem echten Gesetzestext, der hier sein sollte, komischerweise aber nicht mehr ist. Also muss uns die Lesefassung vorerst genügen.

Sobald man diesen Text durchgearbeitet hat, sollte man ihn Wort für Wort mit diesem PDF, einer Gesetzesvorlage vom 3.5.2005 vergleichen, die das vorhergehende Dokument ab August 2005 (daher bitte etwas schneller lesen und denken) als „Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege (Kindertagesförderungsgesetz — KitaFöG)“ ersetzen soll. Für einen wirklich fundierten Vergleich solltet ihr unbedingt die im Gesetzesentwurf zitierten Rechtsvorschriften kennen, die hier ebenfalls als PDF zur Verfügung stehen. Sonst bringt das nichts.

Damit die vorliegende Vorlage tatsächlich in Kraft treten kann, benötigt sie die Verabschiedung des Berliner Abgeordnetenhauses, die für den 16.6.2005 geplant ist. Davor gibt es eine Sondersitzung des Ausschusses für Jugend, Familie, Schule und Sport des Berliner Abgeordnetenhauses mit Anhörung am 30.5.2005.

Sollten euch also irgendwelche geplanten Neuerungen im neuen Gesetz als selbstverantwortlicher Bürger nicht gefallen, müsstet ihr euch am 30.6.2005 ab 13.30h frei nehmen, vorher unter der Berliner Nummer (030) 2325-1064 eine Besucherkarte für das Berliner Abgeordnetenhaus bestellen (kostenlos!) und dann genau dort auftauchen und eure Bedenken anmelden.

Tut ihr das nicht, ist das Gesetz durch und tritt ab August in Kraft. Ein Gesetz, dass den Bedarf eurer Kinder an Erziehung, Bildung und Betreuung u.U. auf die reine Betreuung reduziert (obwohl genau dies durch den 10. Kinder- und Jugendbericht vom 23.1.2001 – PDF hier – ausgeschlossen werden sollte). Ein Gesetz, das euren Anspruch auf eben diese Betreuung im Fall von Arbeitslosigkeit oder veränderten Arbeitszeiten umgehend und drastisch minimiert. Ein Gesetz, das bei Umsetzung zur Schließung vieler Kitas führen kann, da diese ob der Neuregelungen nicht mehr überlebensfähig sein könnten. Ein Gesetz, das aus vielen Gründen von einigen Auskennern als verkappter Personalabbau angesehen wird.

Wie bitte? Das ist jetzt ein bisschen viel Eigenverantwortung und Mitbestimmung? Mehrere Tage könnt ihr euch nicht frei nehmen, um euch so tief in ein Thema von unendlich vielen einzuarbeiten?

Na. Dann kann man ja nur froh sein, dass sich andere drum kümmern.

Unterstützt sie wenigstens.

Danke.

8 Kommentare

  1. 01

    *zyn*
    Unter Optimismus und Eigenverantwortung versteht man allerdings das du deine Gören nicht in den Kindergarten schickst, sondern sie gefälligst alleine zuhause erziehst und förderst. Hör mal, der Staat kann doch nicht alles machen!

    Das bisschen Kindererziehung kann deine Frau doch auch noch erledigen, neben dem Job den sie natürlich mit links macht. Und der wahrscheinlich auch noch über dem Sozialhilfesatz bezahlt wird.

    Also wer wird da schon wieder meckern? */zyn*

  2. 02
    Stefan_K

    Yes, ich wollte schon immer gern verstehen, womit sich Politiker, die aus der Verwaltung kommen und nebenbei noch Irgendwas- und Gewerkschaftsmitglied sind, den ganzen langen Tag beschäftigen. Nachdem ich das im Vorseminar kapiert (und kapituliert) hatte, hab ich mein Politologiestudium geschmissen.

    WIR sind Deutschland. Sollten wir langsam dran denken. Nicht nur sauer werden.
    Let’s rock!

  3. 03

    habe ich mir auch gedacht und werde das problem jetzt radikal angehen

    http://www.speexx.de/blog/2005/05/19/agenda.html

    10 jahre habe ich mir vorgenommen.

  4. 04

    los ihr berliner, bewegt euch ins abgeordnetehaus und tut was dagegen! ach was, schmeißt gleich den ganzen senat raus – die sache mit dem religionsunterricht find ich immer noch unverschämt. son beschränkter club!

  5. 05
    Katharina

    Ich könnte kotzen (aber nicht vor Liebe, nein wirklich nicht). Klammheimlich werden da so Sachen durchgemauschelt. Und Böger setzt vorher noch angeberisch seinen Namen unter den wirklich guten (echt!) Bildungsplan für Kindergärten. Widerlich.

  6. 06
    tanja

    Man muß sich das wirklich mal auf der Zunge zergehen lassen:

    Im Beschluß des Berliner SPD Parteitags vom 9.April 05 (!!!) finden sich hoffnungsvolle Formulierungen wie diese:

    „(…) Die Unterfinanzierung der vorschulischen Bildung ist ebenso wie die der Grundschule vorrangig zu korrigieren. Kindertagesstätten sollen als vorschulische Bildungseinrichtungen weiter entwickelt werden und langfristig allen Kindern gebührenfrei offen stehen. Die Bedarfsprüfung für einen Platz in der Kita wird abgeschafft. Gute ganztägige vorschulische Erziehung und Bildung ist auch eine Garantie für die pädagogisch anspruchsvolle Betreuung junger Menschen. Sie entspricht daher auch unserem Leitbild der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Rahmen der Gleichstellungspolitik und liefert die Voraussetzung dafür, dass auch Väter und Mütter ins Arbeits- und Wirtschaftsleben integriert werden können.“

    Nur 1,5 Monate später korrigieren sie diesen Beschluß ins Gegenteil und fordern nun (ab August 05) unter anderem die regelmäßige Kontrolle des Betreuungsbedarfs und die entsprechend regelmäßige Anpassung des Betreuungsumfangs.
    Nun sollen Kinder arbeitloser Eltern überhaupt erst ab drei Jahren einen Betreuungsanspruch haben und als Norm generell die Halbtagsbetreuung gelten.

    Wenn Kitas den geforderten Status einer Bildungseinrichtung haben sollen, schlußfolgere ich nun, daß Kindern arbeitsloser Eltern eben kein Recht auf vorschulische Bildung haben, richtig?
    Ein sinniger Schritt, um den Arbeitsmarkt zu fegen und zugleich Kitapersonalkosten zu sparen.

    Wie kleine Läden mit etwa zwei Erzieherinnen damit umgehen sollen, wenn Kind X aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses seiner Eltern im Februar und März ganztags betreut werden muß, von april bis Juni dann auf halbtags gekürzt wird usw., ist mir schleierhaft.

    Es ist schon OK, wenn eine gewisse Mündigkeit und damit einhergehende Verantwortungsbereitschaft der Bürger gefordert wird. Wenn ich aber derartig in die Irre geführt werde und Gesetzesnovellierungen in einer Geschwindigkeit durchgesetzt werden, die Mitsprache oder Reaktion schier unmöglich machen, bestelle ich doch lieber noch ein Bierchen und raune dem Wirt ein „Diedaobenmachensowiesowassewolln….“ zu.

    Ihr seid Deutschland!