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BBC: Neue ethische Richtlinien

Die BBC hat ihre „ethischen Richtlinien“ für Mitarbeiter überarbeitet. Darin reagiert das Haus auf die aktuelle Medienentwicklung und stellt die Wichtigkeit von Fehlerfreiheit in der Berichterstattung ausdrücklich über die der Geschwindigkeit von Meldungen.

Desweiteren führt die BBC eine Zeitverzögerung von einigen Sekunden bei der Liveberichterstattung ein; Zeit genug für die Redaktion, eventuell für den Zuschauer unzumutbare Bilder zu editieren. Während der Berichterstattung über das Geiseldrama in Beslan, bei dem über 300 Menschen umgekommen sind, hätten einige Medien den Bezug zu den aktuellen Geschehnissen aus den Augen verloren, nur um zuerst berichten zu können, so die BBC. Dabei seien die Kameras auf Sendung gewesen, während verletzte Kinder aus den Gebäuden flüchteten, was hinterher zu massiver Kritik an den Reportagen geführt habe.

5 Kommentare

  1. 01
    Stormy

    Weil: Zensur = Ethisch korrekte, fehlerfreie Berichterstattung.

    Schliesslich soll man sich unter Krieg weiterhin ein lustiges Spiel unter Männern zur politischen Konfliktlösung vorstellen. Die zerfetzten Leichen die hinterher überall rumliegen soll keiner sehen, das würde die Leute nur bedrücken.

    Es ist ein Unterschied, ob Reporter gezielt Skandale und Sensationen suchen, oder ob sie bei einem Ereignis die Kamera draufhalten, um den Leuten die ungeschminkte, ungefilterte Wahrheit und das Ereignis in seinem vollen Ausmass zu zeigen.

    Ich möchte gar nicht wissen, wieviele Verschwörungstheorien aufgekommen wären, wenn am 11.9.2001 alle Übertragungen abgebrochen worden wären, als die Türme eingestürzt sind.

  2. 02

    Stormy, das sehe ich sehr anders. Ich glaube kaum, dass man der BBC Zensur vorwerfen kann. Geh‘ mal aus einer anderen Richtung an die Sache, denn es gibt neben dem Recht auf Information auch noch die Menschenwürde.

    Zensur bezeichnet die Kontrolle oder Beeinflussung von Inhalten durch Dritte, und damit sind meist politische Kräfte gemeint. Dafür dürften ein paar Sekunden nicht reichen.

    Eine Live-Kamera sichert keineswegs korrekte Berichterstattung, sondern kann diese sogar dramatisch verfremden. Mir sind reflektierte und recherchierte Reportagen lieber als der direkte Blick auf aktuell stattfindendes Leiden. Natürlich möchte ich aktuell informiert sein, aber nicht um jeden Preis.

  3. 03

    Die Frage, die ich mir bei dieser Live-Verzögerung (eigentlich ja eher bekannt als die Anti-Titten-Zeit seit der nackigen jackson-Brust beim Superbowl) immer stelle:

    Sitzt dann da jemand und schaut auf das gesendete Bild – mit dem Finger auf dem roten Knopf? Hängt die Entscheidung bei einem allein? Entscheidet der Regisseur?

  4. 04
    Stormy

    Bilder sind eine mächtige Waffe in der politischen Meinungsbildung. Wenn man nun die positiven Bilder alle durchlässt und die Negativen rausfiltert, hat das für mich schon etwas mit manipulativer Einflussnahme zu tun. Ein Beispiel: Alle Sender übertrugen während Stunden live, als die Alliierten im Irak die Statue Saddam Husseins stürzten. Die Rückkehr der Särge von gefallenen US-Soldaten wurde, zumindest von US-Medien, komplett unter den Tisch gekehrt. Die Bilder sollten nie an die Öffentlichkeit, unter dem vorwand der Rücksichtnahme. Für manche ist das Rücksichtnahme, für mich ist es einseitige Berichterstattung und Propaganda.

    Die Kontroverse über die Ausstrahlung von Videoaufnahmen gefangener US-Soldaten lässt sich auch aus verschiedenen Winkeln betrachten. Anders als in Europa wurden diese Bilder in den USA nicht gezeigt, aus Rücksichtnahme auf die Angehörigen. Wären diese Aufnahmen jedoch auch in den USA übetragen worden, hätte sich vielleicht der ein oder andere Gedanken darüber gemacht, ob Sachen wie die Genfer Konventionen, internationale Kriegsgerichte und die UNO wirklich nichts als bürokratischer Kleinkram sind.

    Ich bin auch kein Fan von sensationsgeilen Reportern und Kameraleuten, aber das ersatzlose Rausstreichen von Informationen aus Gründen der Rücksichtnahme halte ich – auch wenn im Ansatz natürlich für lobenswert – für zu gefährlich, als dass man es ohne Einwände gutheissen könnte. Meiner Ansicht nach müsste klarer festgelegt sein, dass den Leuten gesagt wird, was aus welchen Gründen rausgestrichen wurde.

  5. 05

    Mayweather: Da sitzt dann einer, ja. Und der trägt eine Menge Verantwortung, daher macht das sicher kein Praktikant, sondern eben ein Bildregisseur.

    Stormy: Es wird doch den Leuten gesagt, nach welchen Kriterien entschieden wird, lies doch einfach mal die ethischen Richtlinien der BBC. Es entscheidet doch sowieso jeder Sender allein, was er senden will, wie deine Beispiele belegen. Nirgendwo steht, dass es darum geht, positive Bilder durchzulassen und negative rauszufiltern, ich glaube, du misinterpretierst den Begriff Ethik.

    Es gab mal einen Werbespot für eine britische Zeitung (International Herald Tribune? Bin mir nicht sicher…): Man sieht eine Straße, ein Geschäftsmann läuft in Richtung Kamera. Hinter ihm sieht man einen Skinhead angerannt kommen, sehr schnell. Als er den Mann von hinten erreicht, setzt er zum Sprung an. Der Zuschauer *kann* nur von einer Attacke ausgehen.

    Das Ende des Clips zeigt, wie der Skinhead den Mann zur Seite zerrt, um ihn von einem herabfallenden Gegenstand zu retten.

    Ja, Bilder sind mächtig. Aber ethische Grundregeln für Reporter haben rein gar nichts mit Zensur zu tun.

    Aus den BBC-Richtlinien: „We aim to reflect the world as it is, including all aspects of the human experience and the realities of the natural world. But we balance our right to broadcast and publish innovative and challenging content with our responsibility to protect the vulnerable.“

    Und weiter: „There are almost no circumstances in which it is justified to show executions and very few circumstances in which it is justified to broadcast other scenes in which people are being killed. It is always important to respect the privacy and dignity of the dead.“