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Die imaginäre Manufaktur

Bürsten? Ja, Bürsten!

(Update am 20.6.2006: Leider mussten wir die Artikel der D.I.M. aus dem Programm nehmen, da wir die Preiserhöhung nicht mitmachen konnten und wollten. Schade.)

Gleich ums Spreeblick-Eck, in der Oranienstrasse, liegt die Blindenanstalt mit ihrer Bürstenmanufaktur. Immer schon. Die Blindenwerkstatt ist eine Institution.

Im Fenster die immer gleichen Auslagen: Besen, Bürsten, Korbgeflecht.

Seit fast 130 Jahren.

So rührend man das finden mochte, drängte sich doch irgendwie die Frage auf, warum jemand mit einer Sehbehinderung dazu verdammt sei, Tag für Tag Rührseligkeiten herzustellen, die dann keiner kauft, weil sie an jeder Ecke für die Hälfte zu haben sind. Weil Berliner aber entgegen ihrem Ruf hochsentimentale Menschen sind, ging ein Raunen durchs Ghetto, als eines Tages „Ausverkauf“-Schilder offensichtlich zur finalen Kaufmöglichkeit der Besen & Bürsten reizen sollten. Die benachbarte Design-Agentur „Vogt & Weizenegger“ sorgte sich und fragte nach. „Schließen? Nee, wie kommt ihr denn da drauf. Die Lager laufen über, wir müssen Platz schaffen. Kauft halt keiner Bürsten mehr…“

Jetzt kommt die Stelle, an der man schreibt: „Eine Idee war geboren“.

Eine Idee war geboren: Vogt & Weizenegger beschlossen unter dem Namen DIM (Die imaginäre Manufaktur) eine neue Produktlinie für die Bürstenmanufaktur zu entwickeln. Sie beauftragten junge Designer und Design-Schüler mit der Verwandlung der Bürste zu Bürsten-Objekten, die alsdann mit Hilfe blinder Geschicklichkeit in kleiner Auflage hergestellt wurden. Man organisierte Ausstellungen, fand endlich Be-, schließlich Achtung und sieht sich jetzt nicht nur im Berliner Stilwerk vertreten, sondern im Londoner design museum, im Tokyo Art Museum und nun auch im Spreeblick-Shop. Und wir freuen uns sehr, die wirklich schönen Objekte online vertreiben zu dürfen.

27 internationale Künstler und Designer haben inzwischen zur Weiterentwicklung beitragen- kein Ende ist in Sicht. Und wenn ihr brav die schönen Dinge kauft, bürsten die Borsten bis zum Ende aller Zeit!

Tolle Story, oder? Finden wir auch.

12 Kommentare

  1. 01

    Respekt.

    Hihi, das wird ja was für die Nörgler, keine Spreeblick-T-Shööörts, sondern DiM-Bürsten…

  2. 02
    martin

    schau mal weiter, da gibts auch anziehsachen im shop…

    jetzt steht er also der shop, hoffentlich fällt er nicht, wenn der ansturm kommt…

  3. 03

    martin, das denke ich auch die ganze zeit… der server steht sowieso gerade unter last. ich schreib mal nach dem rummel, was das hier in zahlen bedeutete…

  4. 04

    Hach, ich dachte schon, es liegt an mir, dass ich das Warenangebot des SB-Shops nur zur Hälfte wahrgenommen habe und ich deshalb erstmal vor lauter Verzweiflung den J.Nielsen Usability-Guide nochmal auswendig gelernt habe, denn Programmierer und Web-Designer machen ja nie Fehler, nur die Anwender/Kundschaft will einfach nicht folgen (‚Nein, Photoshop ist gar nicht die komplexeste Software, ach was und nur Warmduscher lesen Handbücher und Tutorials‘) :)
    Aber jetzt entdecke ich doch kleine, aber feine Änderungen, die mich um 17:41 Uhr vermutlich nicht zu meinem ersten Kommentar verleitet hätten. Es fängt halt doch nicht immer der frühe Vogel den Wurm und die letzten werden die ersten sein…

    Dafür ist es spannend zu sehen, wie schnell und konsequent bei SB an Verbesserung usw. gearbeitet wird – dafür Doppel-Respekt.

  5. 05
    Manuel

    Hehe, die Bürsten sind schon eine feine Sache. Designtechnisch gelungen und gut beschrieben…

    Ach so, bei Sortiment „Spreeblick“ – zum Angeben – zum Anziehen evtl. noch kleine Kategorie-Bilder setzen? So sieht das im Mainfraim irgendwie verloren aus ;-))

  6. 06

    Herrlich, die passenden Google-Ads. Willkommen, liebe Maschinenbauer!

  7. 07

    Hey,

    lustig sind die Produkte ja schon. Hätte ich das Geld für solche Späschen würde ich mir wohl wenigstens den „Nine-Inch-Nail“ besorgen *grins*

    Gruß
    Patrick

  8. 08

    Echt genial, vorallem das Ei-nest. Ist manchmal echt erstaunlich was Blinde rein hörtechnisches alles unterschieden. Bei gut trainiertem Gehör lassen sich sogar unterschiedliche Mücken Arten erkennen.

  9. 09

    Sensationell :-) Die Schlüssel- und die Zahnbürste sind ja geil!

    Bin schon am grübeln, wem ich sowas zu Weihnachten schenken könnte??

  10. 10
    paul

    „Tolle Story“? Einverstanden, dass Spreeblick droht. Layout-Refresh hin und her, inhaltlich heftig Richtung Gemischtwarenhandel (ich sage nicht: Resterampe) zu gehen?

    Sagen Sie jetzt: aber so ist das eben bei Blogs (wenn sie nicht thematisch von vornherein klar zugeschnitten sind) — ja, aber dann liefert (in den gelingenden Fällen, von den anderen braucht man ja eh nicht zu reden) die „Persönlichkeit“ des Schreibers soviel Rahmen und Konsistenz, dass es (wenn es eben gut geht) funktioniert.

    Aber ehrlich: die Schaufenster ums Kreuzberger Eck mit irgendwelchen Behinderten, zum Kaufen im Shop — frage ich mich: Vorabend oder die Zeit nach dem Call-in-Quiz?!

    Auch so ein „Aufreger“: in einer Regionalbibliothek ist ein Buch aufgetaucht, in dem ein Werbeslogan in bahbah-Kontext auftaucht — wollen Sie jetzt wo hinfahren und wem ein Fass ohne Boden überreichen??!

    Heisser Tip: am „content“ arbeiten! Layout war und ist nicht der „issue“, „intangible asset“, „unique selling point“.

  11. 11

    …und bis heute werden Schweineborsten den synthetischen bevorzugt. Das sei lediglich ergänzt.

  12. 12