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Auf Vorrat speichern

Seit gestern ist es beschlossen: E-Mail-, Internet- und Telefonverbindungen müssen für staatliche Zwecke protokolliert werden.

Nicht nur die von mutmaßlichen Strafttätern, sondern die von allen Bürgern. Liebesbriefe, geschäftliche Mails, private Telefonate und sogar die Verbindungen, die gar nicht zustande gekommen sind… alles fein archiviert, durchsuchbar und natürlich den beteiligten Personen zuzuordnen. Voraussichtlich soll sechs Monate lang gespeichert werden, aber hier hört der Europa-Spaß auf, denn jedes Land behandelt die Frage offenbar anders. Polen z.B. hat offenbar günstig Festplatten eingekauft, denn dort denkt man über eine 15-jährige Speicherdauer nach.

Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.

So heißt es zwar in Artikel 10 GG, doch das ist jetzt passé. Aber hey, nicht jammern bitte! Wir sind ja nicht nur Deutschland, sondern auch Europa und wir müssen alle einfach mal selbst Verantwortung übernehmen, die Dinge anpacken, Selbstbewusstsein zeigen! Nicht immer auf „den Staat“ und die Regierungen schimpfen. Nicht immer nur schlechte Laune verbreiten und alles mies machen! Auch mal den Mund aufmachen!

Was für tragische Entwicklungen in einer Demokratie …

(Für mehr Links und Updates bitte u.a. netzpolitik verfolgen.)

14 Kommentare

  1. 01

    wie war das? ich hab doch nichts zu befürchten!
    für eine neue euopäische identität und integration. in spätestens 2 wochen ist das aber auch vergessen, und jeder macht so weiter, als ob nichts passiert wäre.
    die überwachungskameras aller orten waren ja auch nur ein aufreger für eine kurze zeit. da muss die tagesschau auch gar nicht berichten. und was man nicht sieht, existiert doch auch gar nicht. der gläserne mensch und sein konsumverhalten ist doch das nächste ziel. vielleicht kann man den daten entnehmen, welche firmen er anruft, und ihm dann die richtige werbung in den briefkasten schmeißen? ich sehe da noch viel potential zur profitsteigerung.

  2. 02

    Es wird Zeit, das alle Leute routinemässig starke Verschlüsselung verwenden. Und für den Internetverkehr Onion-Router wählen.

    Chris

  3. 03

    Sowas wie das hier, Chris?
    Da steht was von „mitmachen“, sowas läßt min. 50% der potenziellen Nutzer draußen. Dann macht es die Leitung spürbar langsamer, was weitere 45% killt. 4 von den restlichen 5% werden sich denken, „Wenn ich verschlüssele, bzw. meinen Traffic anonymisiere, mache ich mich erst recht verdächtig.“

    Irgendwie schon ulkig – nach dem 11.9. waren wir alle Amerikaner, nach dem 14.12. sind wir alle Terroristen. Einen gewissen Schneid muss man Osama und seinen Turbankumpels abkaufen – mit ein paar Teppichmessern 50 Jahre Demokratie in den Ruhestand befördert. Reife Leistung. Ich wäre allerdings lieber Amerikaner geblieben. Ich hab mich als Europäer auch immer gut gefühlt, trotz der bisweilen hirnrissigen Eurokratengesetze, wie europaweite Normgröße von Hühnereiern (es heißt, darüber wurde geschlagene 6 Wochen verhandelt). Aber langsam reicht’s. Ich mag nimmer. Brüssel ist für mich ein größeres Feindbild, als das bis zum Erbrechen aufgebrachte, sehr diffuse Feindbild „Terrorismus“.
    So, ich mache jetzt einen Spaziergang, zur nächsten Polizeidienststelle. Dort gebe ich meinen Wohnungsschlüssel ab. Vielleicht kommen sie ja mal auf eine Tasse Kaffee vorbei und bringen ein paar Massenvernichtungsmittel mit. Ich nehm ’ne Flasche Bourbon und ’ne Stange Camel, Herr Wachtmeister, aber ich nehme an, das wissen Sie eh schon.

  4. 04

    Nur zur Klarstellung: Es geht um die Verbindungsdaten (schlimm genug…), (noch) nicht um die Inhalte der Kommunikation. Also Sender- und Empfaenger-Adresse und benutzter Dienst…

  5. 05
    Richard

    Na ja, wir wissen ja inzwischen wie das läuft, in der Politik und überhaupt. Früher, da gab es noch die großen Umbrüche, die großen Feind- und Freundbilder. Irgendwann hat man dann gemerkt, dass es ja viel einfacher ist, seine Ziele durchzusetzen, wenn man sie langsam, Schritt für Schritt durchsetzt. Das dauert zwar länger, erzeugt aber auch weniger Widerstand unter potenziellen Gegnern, zermürbt diese und ist obendrein auch beständiger. ;-)

  6. 06

    3 Monate, 6 Monate, 15 Jahre? Spielt das irgendwann noch eine Rolle? Ich muss zugeben, ich war mehr überrascht über die Tatsache, dass die Daten jetzt schon 3 Monate lang aufbewahrt werden. Werden eigentlich nur die Verbindungen gespeichert, oder auch die Inhalte?

    Wird höchste Zeit, dass alle Hersteller von E-Mail-Programmen PGP-Verschlüsselung implementieren und automatisieren. Man stelle sich vor, die Internetfirmen haben ganze Lagerräume voller Festplatten-Säulen auf denen Milliarden von Emails gespeichert sind und die ganzen Bits und Bytes sind für die Sicherheitsdienste völlig wertlos, weil jeder seine Daten asymmetrisch verschlüsselt. *g* Na herzlichen Glückwunsch! Dann haben wir uns einmal im Kreis gedreht.

    Mal ernsthaft! Die Regelungen, die die Politik zur Kontrolle und Überwachung des Netzes trifft, lassen sich von Leuten, die wirklich etwas böses im Schilde führen wollen, immer noch auf einfachste Weise hintergehen. Und das ist auch gut so!

  7. 07

    oh, hätte ich mal vor dem posten die kommentare gelesen, wüsste ich auch, dass die inhalte noch nicht mitgespeichert werden. wie gesagt, würde eh nicht viel bringen, wenn man trotzdem unüberwacht handeln wollte.

  8. 08

    Aus der Reihe: „Altgediente Argumente reaktiviert“:

    – „Ich hab doch nix zu verbergen!“
    – „Solange man keinen Dreck am Stecken hat, kanns einem doch egal sein“

    – „Ach, bei der Payback-Karte hamse sich damals auch aufgeregt, und jetze?“

    – „Das betrifft mich doch gar nicht. Ich telefoniere doch ganz selten.“

    Wollt ich nur nochmal aufschreiben. Bevor die irgendjemand noch ernstgemeint hier reinpostet.

  9. 09
  10. 10

    Vielleicht wird ja jetzt verstärkt auf PGP inkl. Postfach in Hintertimbuktien bei E-Mails gesetzt?
    Skypen wäre auch noch eine Möglichkeit dem ganzen ein wenig aus dem Weg zu gehen. Falls es doch unbedint mal das gesprochene Wort sein muss.
    Und wenn es richtig hart auf hart kommt, wird die gute alte Telefonzelle eine Renessaince erleben. Bald werden wir wieder Schlangen vor den Telefonzellen und Callshops sehen. Unablässig klingeln die öffentlich zugänglichen Telefonapparate und ständig schreit einer rum „Ist Yussuf da? Und hat jemand Klaus gesehn? Ein Anruf für Petra hängt auch schon seit Minuten in der Leitung!

    Im Grunde genommen zeigt das Ganze doch einmal mehr wie wenig Ahnung die Politiker haben. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten der Vorratsdatenspeicherung aus den Weg zu gehen. Grade diejenigen die man damit fangen will (Terroristen zB) wird man damit wohl kaum in die Hände bekommen.
    Aber was solls? Wir haben die Leute gewählt. Sie haben es von langer Hand vorbereitet (Stichwort TKÜV v4.1 seit dem 1. Jan 05) und die Mehrheit hat dazu geschwiegen.
    Wahrscheinlich hatte man sich dran gewöhnt das die Telefonverbindung eines jeden einzelnen Anschlusses bereits jetzt schon 80-90 Tage (auf Wunsch und im Einzellfall bis zu 12 Monate) gespeichert werden.
    Gab es da nicht eine ganze Reihe an Leute die vor Freude mit den Schwanz gewedelt haben, weil GMail, GMX, Yahoo und alle anderen 1-2GB Speicherplatz für Mails&More zur Verfügung stellen? Endlich kann ich alle Daten auf fremden Servern lassen und muss sie mir nicht lästig auf meine Festplatte kopieren.

    Ich habe, ehrlich gesagt, weniger Angst vor einem Staat der Daten von mir speichert als vor profitorientierten Unternehmen die mich (hintenrum) aushorchen. Denn MicroYahoogle360 kann mal eben 100 Millionen Dollar in die Auswertung der gesammelten Daten investieren. Bei der Deutschland AG dauert es wieder 10 Jahre und 12.000 Anträge bevor man auch nur ein Datensatz ausgewertet wird.
    Die Deutschland AG ist pleite und unfähig. MicroYahoogle360 hingegen ist finanziell potent und willig.

  11. 11
    Regine

    Die Verbindungsdaten von Briefen werden doch auch schon lange gespeichert: habt Ihr Euch jemals über komische orange Streifen auf Briefen oder Postkarten gewundert? Höchst unheimlich, das ganze Gesammle und Gespeichere …

  12. 12

    Im Grunde genommen zeigt das Ganze doch einmal mehr wie wenig Ahnung die Politiker haben.
    Ich wage das zu bezweifeln.
    Die Mär, dass man mit den Daten Terroristen fangen will, bezweifle ich ebenso. Das sind ja i.d.R. Selbstmordattentäter™ – die sind nach dem Anschlag also tot und begrapschen 72 Jungfrauen. D.h. es kann ihnen schnuppe sein, ob irgendwelche Behörden ihre Zugangsdaten abklopfen.
    Soweit werden auch die EU-Fuzzis noch denken können. Es geht also ganz explizit darum, das eigene Volk auszuspionieren, denn das wird immer unzufriedener. Wahrscheinlich hat man vorm eigenen Wahlvolk mehr Muffe, als vor ein paar Turbanträgern.

    Ich habe, ehrlich gesagt, weniger Angst vor einem Staat der Daten von mir speichert als vor profitorientierten Unternehmen
    Spätestens hier gehen unsere Meinungen auseinander. Sollen sie uns doch mit zielgruppenorientierter Werbung zupflastern, das tut nicht weh, das meiste nimmt man ohnehin kaum wahr. Wenn du wegen Insubordination zum Foltern ins Niemandsland outgesourced wirst, hat das hingegen ganz andere Qualitäten.
    Undenkbar?
    Undenkbar wäre ein solcher Gesetzentwurf vor 10 Jahren auch gewesen. Und um weggeschleppt zu werden, reicht es jetzt schon, nicht richtig deutsch zu sein. Und wer weiß, was in 4-5 Jahren als „Terrorismus“ definiert wird?

    „The difference between common sense and paranoia is that common sense is thinking everyone is out to get you. That’s normal – they are. Paranoia is thinking that they’re conspiring.“
    J. Kegler

  13. 13

    Vermutlich basiert der polnische Ansatz darauf, daß der Umfang der Daten sich auch handschriftlich erfassen ließe.