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Elend des Durchschnittlichen

Würde man den Manager einer Bundesligamannschaft (nicht den von Bayern München) bitten, mal etwas anderes zu machen, zum Beispiel, eine Band zusammenzustellen, was würde er tun?

Er würde sich die Charts der letzten Jahre anschauen, analysieren, was erfolgreich war und schließlich Sandy von den No-Angels, den DJ von Scooter, einen Gitarristen von Rammstein, Florian Silbereisen für den Mannschaftsgeist und die Backing Vocals und Sido für die Rap-Parts verpflichten, am Ende würde er Stefan Raab mit der Komposition beauftragen und sagen, es komme jetzt nur auf den Erfolg an.
Nach dem Flop der ersten Single, einem schwer verdaulichen Volksmusik-Schlagerrap mit dem von der Lufthansa gesponsorten Titel “Flieg mit mir”, ersetzt er Stefan Raab durch den Großmeister deutscher Popmusik, Ralph Siegel, und fordert Sandy über die Bildzeitung dazu auf, “jetzt mehr dran zu ziehen“. Zudem regt er in der Bandsitzung dazu an, “den Mund abzuputzen und weiter zu machen“.

Nachdem überraschenderweise die Nachfolgesingle “Schagalla” die Kosten wieder reingespielt hat, stellt er dem versammelten Springerverlag einen 5-Jahres-Plan zur Eroberung des Weltplattenmarktes vor und bucht den New Yorker Madison-Square-Garden für den Auftakt einer Mecklenburg- Vorpommern-Tournee.

Doch nachdem Sido durch die Dopingprobe beim Eurovision Song Contest gefallen ist und in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durch G.G. Anderson ersetzt wird, gerät die Band in eine Krise, an deren Höhepunkt die Plattenfirma Insolvenz anmelden muss und der Manager sich zu den Höhnern absetzt.

Stimme des unzufriedenen Lesers:
Sind wir bald daaa? Ich hab Dooorst!
Wann kommt denn endlich Fußball im Fußballblog?

Jedem Manager einer Bundesligamannschaft (außer dem von Bayern München) scheint es intellektuell nicht möglich zu sein, eine Mannschaft so zusammenzukaufen, dass auch nur der leiseste Ansatz einer Idee des Spiels dadurch zu erkennen ist.

Mag man Klaus Allofs noch durchgehen lassen, dass ihm Jahr für Jahr seine Besten weggekauft werden, so ist es aber doch zumindest mutig, dass er eine Mannschaft ohne Abwehr in die Champions League schickt.

Aus Gründen von nur unter echten Hanseaten praktizierter Fairness hat der HSV im Gegenzug darauf verzichtet, einen Sturm aufzubieten. Als das dann nach erst 17 Spieltagen auffiel, hat man den Ralph Siegel unter den Stürmern Brasiliens, Ailton, verpflichtet in der Hoffnung… ja, auf was eigentlich? Dass in ihm ein Etoó steckt? Denkbar wäre es zumindest, ein Stürmer allein bringt normalerweise nicht dieses Kampfgewicht mit.

Bei den Mannschaften unterhalb der Champions League- Plätze wird das Grauen noch offensichtlicher.

Mannschaften wie Hertha BSC, Stuttgart und Schalke können an guten Tagen Wracks wie Nürnberg und Bielefeld durchaus mal mit einem phänomenalen 1:0 nach Hause schicken, an sehr guten Tagen verlieren sie in schlecht gelüfteteten osteuropäischen Kleinstädten, weil die gegnerischen Mannschaften unfairerweise ein Konzept mit zum Spiel gebracht haben.

Zu schweigen gilt es von Teams wie Wolfburg und Hannover, denn über die Toten sollte man nur Gutes sagen, aber soviel vielleicht doch: Nachdem man Ewald Lienen, dem eine Mannschaft hingestellt wurde, die bei einem Überfall auf eine Spaßkasse ausgelacht und ausgebuht nach Hause geschickt werden würde ob ihrer Blässe und Harmlosigkeit, entlassen hat, verpflichtete man, weil man natürlich seitens des Präsidiums dachte, zu Höherem berufen zu sein, den Ralph Siegel unter den Bundesligatrainern, Peter Neururer, seines Zeichens im Gegensatz zu Ewald Lienen “Freund der Bild-Zeitung”.

Dieser hat mit seiner Qualitätself solange Ecken und Freistöße geübt, bis sogar Gelegenheitssänger und Nationalelfsaushilskellner Brdaric ab und an so glücklich in die Bälle gestolpert ist, dass sie in´s Tor gingen.
Ecken üben bringt einen also auf Platz 6 der Bundesliga-Tabelle, während beim Erwachsenen-Fußball in der Premiere-League sogar echte Taktik, so mit Nachdenken und so geübt wird und gerüchteweise in Italien sogar Spielzüge eingeübt werden.

Kein Wunder, dass ein bornierter und inzestgeschädigter Haufen wie die Bundesliga auf Klinsmanns Reformvorschläge, zu denen unter anderem gehörte, nach Stand der Technik zu trainieren, pikiert reagiert hat wie die Besucher einer Bareback-Party auf das Auftauchen der Streetworker von der Aidshilfe.

Wenn mir jetzt jemand entgegenhalten sollte, dass die Bundesliga als Produkt erfolgreich ist wie nie, muss ich leider das Geheimnis des Erfolgs lüften: Es gab auch noch nie so viele Arbeitslose, die darauf fieberten, einmal in der Woche raus aus der Bude zu kommen, um die Gelegenheit wahrzunehmen , sich unter freiem Himmel aufzuführen wie eine Pavianhorde, der man den Felsen weggenommen hat.
Gleichzeitig ist mit dem Lederkanzler Schröder der F-ball im Establishment angekommen, so dass sich im Stadion eine ballferne und ahnungslose Masse aus Siegern und Besiegten der neuen Gesellschaftsordnung zusammenfindet, ohne natürlich zusammenzufinden, die einen, um Geschäftskontakte zu pflegen, die anderen, um ihr Leberleiden in Gang zu halten.

10 Kommentare

  1. 01

    Ey man, du kannst doch nichts gegen 96 sagen, die sind mental doch noch in der 2. Liga. Das sind Arbeiter (ehem).

  2. 02
    Tobi

    Applaus!

  3. 03
    Dr.Dan

    …und außerdem besitzen sie die letzte im Universum verbliebene Glückskrawatte!

  4. 04
    Ulfert

    Werder ohne Abwehr in der Championsleague? Looooool
    Ich sags mal sachlich: Durch nen dummen Fehler knapp in Turin zu verlieren (so schockierend es auch war, und ich war vor Ort) ist doch wohl immernoch besser als in Mailand abgeschossen zu werden…
    Gerade in der Champions-league war Werder klar besser als Bayern, gerade im Jahr 2006. Wer will schon nen 1:0 sehen? 5:1 ist doch viel besser :P

    Bleibt noch zu sagen, dass Werder die beste Einkaufsquote der Liga hat, wenn man mal von den Bayern absieht, allerdings liegt der Unterschied auch darin, dass Bremen junge und/oder unbekannte Spieler kaufen muss (manchmal gibts auch nen Micoud oder nen Ismael für nen Schnäppchen), während sich Bayern die Besten nur pflücken braucht. Klose war mit 5Mio der teuerste Einkauf, und das soll was heißen wenn man sich die Bayern-mannschaft mal anschaut ;)

    Nochmal zur Abwehr: Naldo und Owo spielen das erste Jahr an der Weser, und sind schon kaum mehr wegzudenken. Spottet da jemand über die Einkaufspolitik? Übrigens Abwehrspieler…

    Achja, zu Ailton: Der ist nicht Dick, und selbst wenn (ist wohl ansichssache), der hat mit der gleichen Figur 28 Tore für Werder gemacht, in einer Saison. Makaay hatte “nur” 22 (oder so)… Das lag sicherlich auch an der Figur, vllt sollte makaay mehr essen :P

    zu der unteren Hälfte sag ich mal nichts, ich hoffe das legt sich von selbst^^

  5. 05

    Was mit den anderen Mannschaften ist, ist mir Wurscht. Aber bei Hertha stimmt’s leider!

  6. 06

    @ Ulfert
    ich muss hier mal die maske fallen lassen: ich bin werder – fan (stiller verehrer), seit meinem achten lebensjahr. aber man kann eben nicht nur immer darauf verweisen, dass die bösen anderen soviel geld haben und einem die spieler klauen. klaus allofs würde wohl auch gern wagemutiger einkaufen, aber er hat klose doch schon kaum durchbekommen.
    und immer wieder nur zu beklatschen, dass sie für das wenige geld viel hinbekommen, dass haben wir doch alle schon tausendmal getan.
    für höchste ansprüche reicht der kader nunmal nicht, und wer zu hause 3 tore gegen udinese calcio kassiert und gegen hertha auch, hat ein abwehrproblem. aber die nationalmannschaft kann von werder lernen, wie man als heimmannschaft stärker besetzte mannschaften niederstürmen kann, keine frage.
    und bei ailton geht es weniger um die kilos, die er zuviel hat, als darum, dass er keine entwicklungsperspektive mehr hat.

  7. 07
    Ulfert

    natürlich ist das wirtschaftliche verhalten von werder sehr konservativ, zugegeben. ABER: Der Verein ist Gesund, hat sich langsam nach oben gearbeitet, ist seit Jahren (wenn nicht Jahrzehnten) immer im Kreis der Ligaspitze gewesen, nicht unbedingt immer top-3, aber man schaue mal auf die ewige tabelle. Ich unterstütze das Management bei seinen Entscheidungen, die politik sollte sich nicht ändern. Immerhin ist werder ein beispiel dafür, dass es auch ohne das ganz ganz große geld geht.
    lieber scheide ich auch die nächsten beiden jahre wieder (!!!) im achtelfinale der CL aus als dass der verein schulden macht. Werder weiss dass es auch sehr schnell wieder runter gehen kann. Während andere Vereine ihre Schulden beklagen, macht Werder weiter wie bisher, ist doch prima ;)

    zur Abwehr: Sie ist neu, sie ist jung, nächstes jahr wird sie von anfang an stark sein und der rückhalt der Mannschaft vor einem grandiosen Tim Wiese. Davor zaubern Borowski, Frings und Micoud. Klose und Zidan ballern die liga weg. Was will man mehr? Was soll man tun, nen großen Namen einkaufen nur weil man es kann? dann lieber Borowski, Klose und Micoud halten, die Bayern schielen doch schon wieder :/

    achja: natürlich sind 3 tore gegen udine scheisse, aber wir haben doch gewonnen… :P
    das ist die gelungene Rache an Sat1 dass sie nur Bayern übertragen. Man schaue sich mal die Spiele von Werder an und die von Bayern. Aus fussabllerischer sicht hat werder da alle argumente, aus wirtschaftlicher leider (wiedermal) nicht. Mir egal, ich bin entweder im stadion oder inner kneipe ;)

    Ich hab jetzt natürlich schon wieder die alten sprüche gebracht, aber hey: sie treffen zu! man muss auchmal mit dem zufrieden sein was man hat und nicht noch immer und immer mehr wollen. das führt nur zu auswüchsen wie in Wolfsburg, Leverkusen, Schalke, Dortmund etc…

  8. 08

    werder hat tasächlich immer schon sehr schönen fußball gezeigt, ich bin mit der konrollierten defensive otto rehagels aufgewachsen, die manchmal ein reiner anriffssturm war (5:1 gegen neapel!). und ich würde es mir ja auch wünschen, aber es sieht nicht so aus, als könnte sich diesmal die mannschaft entwickeln. borowski wird wohl zu bayern gehen, valdez zu dortmund, klose liebäugelt mit einem großen europäischen verein, mit klasnic gibt es knatsch: auf lange sicht führt halt das gesittete wirtschaften nicht zu triumphen, sondern zum elend des durchschnittlichen. mit glanzlichtern, absolut, aber auch mit spielen gegen lyon, nach denen man sich als fan ganz derbe geschändet fühlt. oder etwa nicht?

  9. 09
    Ulfert

    Natürlich sind Spiele wie gegen Lyon sehr sch… . Ich war übrigens in Lyon, und damals war wir zwei Wochen übel…^^

    Eine teure Mannschaft und ein riskantes Wirtschaften schützen aber auch nicht vor dem sportlichen Absturz, das haben zahlreichen Auftritte deutscher Mannschaften im UEFA-Cup gezeigt und selbst die Bayern haben sich in Mailand zerlegen lassen… und das obwohl Bayern in diesem Land wirtschaftlich einsam an der Spitze stehen.

    Man sollte bei der Diskussion zudem nicht vernachlässigen, welche Möglichkeiten Werder auf Dauer realistisch gesehen hat: Die sportliche Nummer zwei wäre ein Traum, doch ist dieser Status über die Jahre immer wieder gewechselt. Zummindest in den letzten Jahrzenhten war Bayern auf Dauer die klare Nummer 1… eine Änderung ist derzeit nicht in Sicht. Die großen Zeiten der Bundesliga sind im Hinblick auf die Spannung in der Meisterschaft vorbei, Bayern ist jedes Jahr Titelkandidat Nr.1. Somit kann Werder sich nicht darauf verlassen, jedes Jahr Champions-League zu spielen, wie es die Bayern können. Mit dem Geld daraus zu rechnen wäre fahrlässig.
    Oder soll denn jetzt Werder, weil sie zufällig 3 Jahre mit an der Spitze waren, alles auf den Geldtopf Champions-League ausrichten? Ich kann nur wieder die schlechten Beispiele aufführen, und die sind zahlreich. Das Motto bei Werder lautet: Wir nehmen erst Geld ein, dann geben wir es aus. Beides gelingt zur Zeit sehr gut. Trotzdem ist das Sportliche davon zum Teil unabhängig: Es ist einfach nur schlecht mit dem Wirtschaftlichen zu vergleichen. Bei Werder war es ein schlechter Augenblick, der sportlich das Aus bedeutete. Dem ist sich die Führung klar und kalkuliert es mit ein, das halte ich für vernünftig. Solche schlechten Augenblicke soll es im Management nicht geben ;)

    Wenn Boro, Miro, Nelson und der Killer wechseln sollten, dann wäre das ein harter Schlag für Werder, wiedereinmal. Doch zu jedem dieser Fälle gibts auch Argumente warum sie bleiben werden, also mal die Gerüchteküche kalt lassen. Zudem werden wohl kaum alle drei Stürmer weggehen :P