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Die Rückkehr des Wortes

Begleitend zu den Protesten der Studenten in Frankreich erhoben sich Stimmen gegen die Interpretation des Geschehens als Neuauflage der 68er Proteste. Sie sagten, die große Unterschied zu damals sei das Fehlen einer Utopie, die Abwesenheit eines Traums. Wie Unrecht sie haben.

Indymedia: „ž In den 60er Jahren wollten die Studenten die französische Gesellschaft umkrempeln. «Brecht die alten Strukturen auf!» hiess einer der Slogans. Ihre Kinder wollen keine Revolution, sie wollen vielmehr den Status quo erhalten. Sie wollen den gleichen Zugang zu Renten, zu Arbeitsplätzen, zu Wohlstand und den Leistungen des Sozialstaates wie ihre Eltern. Sie treibt die Angst auf die Strasse, dass der lieb gewonnene Lebensstil bedroht ist. … Während sie lautstark durch die Hauptstadt stampfen, mit Trommeln und Pfeifen ausgerüstet, fehlen ihnen Idealismus, Hoffnung, Utopie und konkrete Ideen. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit von fast 25 Prozent ist die Sorge allgegenwärtig, wie man einen Job findet, sich eine Wohnung leisten kann, genug Geld für die Gründung einer Familie verdienen soll.“

Den Studenten in Frankreich, und nicht nur ihnen fehlen also Ideen, es mangelt an Hoffnung und Glauben an eine bessere Welt. Unsere Generation träumt nicht mehr. So sagt man. Weil die verschiedenen Aspekte unserer Utopie noch nicht zusammengeführt wurden, heißt es, wir hätten keine. Nichts könnte falscher sein. Unsere Utopie wurzelt natürlich in den Gedanken und Konzepten der Hippies, nämlich in direkter Demokratie, der partizipierenden Öffentlichkeit und der grenzenlosen und Grenzen einreißenden Freiheit. Wir holen diese Ideen ins Hier und Jetzt und landen damit direkt in den Blogs. Zunächst.

Neil Postman erklärte in seinem Buch „žWir amüsieren uns zu Tode“ das Ende des öffentlichen Diskurses durch das Medium Fernsehen und er hatte Recht. Das Fernsehen fordert eine bestimmte Form der Information, die den Rezipienten zur Passivität verdammt. Mit der immer weiter zunehmenden Verbreitungs des Webs verringert sich gleichzeitig der Einfluß des Fernsehens. Recht so! Wir müssen uns von der Couch verabschieden (wie ich und so viele es schon getan haben). Ich proklamiere die Rückkehr des öffentlichen Diskurses durch das Internet und speziell durch die Blogs. Immer mehr Menschen erheben Einspruch zu Dingen, von denen sie vor 3 Jahren noch nicht einmal erfahren hätten. Die jüngsten Beispiele sind die Possen um Moni und Transparency Deutschland und Euroweb. Hier erhebt sich eine Zivilgesellschaft, die eine Stimme hat und die sich solidarisiert und die in der Lage ist, einen immensen medialen Druck aufzubauen.

Doch wir kennen die Argumente. Die wichtigen Dinge würden im banalen Meer der Frühstücksflocken-Postings und der Hamster- und Meerschweinchenshow – Katzencontent sucks – untergehen. Stimmt das? Sind Euroweb und Transparency Deutschland im Banalitätsgetaumel untergegangen? Oder haben Euroweb aktuell 399 Technorati Links und Transparency Deutschland 211 Technorati Links zu verzeichnen? Und was bedeuten schon Technorati-Links? Sie bedeuten, dass die beiden sich eine ganze Weile mit kritischer Berichterstattung in den Ergebnissen der größten Suchmaschine der Welt herumschlagen muss.

Doch unsere Utopie macht bei einem öffentlichen Meta-Medienecho called Blogs nicht halt. Wir beziehungsweise ich finde auch die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens hervorragend, denn sie spuckt allen ins Gesicht, die nur „žLeistung gegen Leistung“ erbringen wollen und die dann nicht hören wollen, dass Leistung in einer Gesellschaft, in der Arbeit im produzierenden Gewerbe immer und immer weniger wird, nicht mehr als die zentrale Forderung gelten darf. Der Arbeitsplatzabbau wird weitergehen und das ist gut so, denn durch ihn wird gebundenes Potential frei und mit einem gesicherten Einkommen auf seiner Seite könnte sich so eine Gesellschaft entwickeln die nicht gebunden ist an Angst vor dem Arbeitsplatzverlust sondern die blühen könnte durch einfach mal ausprobierte Ideen, durch eine neue Lust am Forschen der Geisteswissenschaftler, die nicht mehr als schwer vermittelbare Akademiker daherkämen, sondern als abgesichterte Träumer. Wir hätten vielleicht tatsächlich ein Land der Ideen.

Unsere Utopie erstreckt sich auf das Urheberrecht, von dem zumindest ich denke, dass es aus der Steinzeit kommt und nicht den Urhebern zu Ihrem Recht sondern der Verwertungsindustrie zu Ihrem Reibach verhilft. Doch deren Zeit ist abgelaufen. Wir haben die schon längst weggeklickt. Unsere Utopie erstreckt sich auf freie Bildung, auf vernetztes Wirtschaften, auf die Freiheit der Rede und die Freiheit unserer Meinung, auf die Achtung von Natur als dem Schoß aus dem wir stammen, auf Zivilcourage und Kultur. Unsere Utopie steht überall geschrieben. Also versucht nicht, uns zu erzählen, wir hätten keine.

133 Kommentare

  1. 01

    Ich stimme Dir im Großen und Ganzen zu, aber ich denke nicht, dass wir (leider) noch weit entfernt von dieser Utopie sind und es noch ein steiniger Weg werden wird.
    Warum?
    1. Ich bin Zyniker geworden, oder zumindest sehr zynisch veranlagt.
    2. Mit dieser Eigenschaft sehe ich auch die Faulheit der Menschen, die sich politisch nicht mehr engagieren wollen. Die Parteien- und Politikverdrossenheit lässt grüßen. Erst wenn es an die eigenen Bedürfnisse geht, werden sich solche Menschen aufraffen und versuchen Ihre Meinung kundzutun. Ob es bis dahin nicht zu spät ist, lasse ich als Zyniker mal so im Raum stehen.
    3. Neue Ideen werden leider heutzutage immer noch sehr schnell abgewürgt bzw. in ihrem Werdeprozess so behindert, dass sie nicht mehr neue Ideen sind, wenn sie rauskommen, obwohl andauernd propagiert wird, dass dieses Land neue Ideen braucht.
    4. Weshalb ich wohl doch nur zynisch veranlagt bin: Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und deswegen glaube oder besser gesagt hoffe ich, dass es eines Tages noch diese von uns gewünschte Utopie geben wird und wir ein Land der Ideen sein werden.

    Hong-An

  2. 02

    *argh* Es ist inzwischen einfach zu spät für mich.
    Der erste Satz muss natürlich so lauten:
    „Ich stimme Dir im Großen und Ganzen zu, aber ich denke, dass wir (leider) von dieser Utopie noch weit entfernt sind und es noch ein steiniger Weg werden wird.“

  3. 03
    martin

    ist dieser post nicht genau das (u.a.) was du in punkt drei ansprichst?

  4. 04
    dennis

    danke, rene!ich komme gerade von einer dozenten-sitzung einer akademie im süden deutschlands. dort wurde über nichts anders debattiert, als autoritäre oder antiautoritäre lehrsituationen. wir sind an einem punkt, in dem selbst die lehre der kreativen berufe stagniert es geht dort nicht etwa um content sondern um das banale „erwehren“ von studierenden. ich selbst bemerke in meinen kursen, dass die berufe, die eben „früher“ headlines der gezielten anarchie waren, design nicht als gesaltung zu sehen, sondern als suche nach einem neuen weg. die jungen menschen sind satt, satt an strukturen, vorgegebenen kreativ-trainings und dem palawern scheinbar erstebenswerter ziele. sie haben einfach keinen bock mehr, sich der gesellschaft in dem raster ihrer eltern zu beweisen. und wie man sieht, fliegen bei unserem nachbarn schon die steine durch verkalkte oberlicht – hier hoffentlich auch bald. guten abend.

  5. 05

    nunja. den einleitungsabsatz finde ich ehrlich gesagt etwas polemisch. nur weil sich ein kleiner teil einer gesellschaft durch die gleichschaltung der themen und gemeinsames solidarisieren (was ja auch wieder ganz groß im kommen ist) für mediale aufmerksamkeit sorgt, von einer neuen utopie zu sprechen, finde ich doch etwas weit hergeholt. mediales aufsehen bedeutet weiterhin die abhängigkeit von den massenmedien, aber so geht es hier doch ausschließlich um nischeninhalte, die die breite bevölkerungsschicht nicht erreichen wird. die haben noch immer eher ihre arbeitslosigkeit vor augen, als irgendeine firma, die eine bloggerin abmahnt. man sollte bei aller bewegung und neu entstehenden und spannenden dynamik nicht den bezug zur realtität vergessen. es sind immernoch 5 millionen arbeitslose. viel spannender ist es da doch, dass diese zahl immer mehr zur normalität wird.
    das kreativität und freigesetztes potential ganz entscheident werden glaube ich auch. was das allerdings mit dem bloggen und der utopie zu tun hat weiß ich nicht. jeder muss herr seines eigenen lebens werden, und kann sich nicht mehr auf sein lebenslanges anstellungsverhältnis ausruhen. eine ganze neue verantwortung also. aber es gibt generationen und menschen, die diesen zugang für sich nicht erkennen. die in den alten strukturen weiter existieren.
    worauf wollte ich jetzt eigentlich hinaus? nunja, ich kann auch ohne utopie ganz gut bloggen, und mit dem, was einem da ständig angehängt wird.

  6. 06
    Felix

    „Der Arbeitsplatzabbau wird weitergehen und das ist gut so, denn durch ihn wird gebundenes Potential frei…“

    Ich weiss nicht, ob ich angesichts dieser Aussage lachen oder weinen soll. Bei einer Arbeitslosenquote von +10% und der kompletten sozialen Absicherung, die vor den Hartz-Gesetzen bestand, müsste Deutschland ja ein unglaublich großer Spielplatz neuer kreativer Ideen sein, auf dem sich neue Zivilgesellschaften vermehren wie die Karnickel. Ich seh sie aber leider nicht!

    Ich teile die Hoffnung, daß das Internet eine neue Partizipation der Gesellschaft an täglichen Ereignissen mit sich bringen wird. Und ich freue mich darüber, daß Geschichten wie TI und Euroweb so viel Aufmerksamkeit erregen. Alles andere ist aber – sollte mal gesagt werden – Blödsinn. Und gehört meiner Meinung nach auch nicht auf Spreeblick.

  7. 07

    hi felix, hi ovit, danke für die kritischen kommentare.

    ich hätte tatsächlich noch etwas weiter gehen müssen, dazu sagen müssen, dass wir uns gerade erst am anfang von etwas befinden.

    ovit: ich spreche im grunde nur davon, dass diese utopie zusammengefasst werden muss. aber dennoch ist sie spürbar, sie liegt in der luft. mir geht es darum, dass immer mehr menschen ein sprachrohr gegeben ist, das wahrgenommen wird, just dann, wenn es um wichtige themen geht. unser geheimnis ist die vernetzung.

    felix: von dir hätte ich doch gerne gewusst, was blödsinn ist. die beispiele euroweb und transparency deutschland? der traum von einer ganzheitlichen utopie?

  8. 08
    Oehi

    „Der Arbeitsplatzabbau wird weitergehen und das ist gut so, denn durch ihn wird gebundenes Potential frei“¦“

    Welche Arroganz in diesen Worten:
    Die Erbsen Deines Mittagessens wurden mit dem krummen Rücken von fleissigen Ukrainern geerntet, das von Dir getragene Hemd von zarten indischen Mädchenhänden in einer 16-Stundenschicht zusammengenäht, der Rechner an dem Du schreibst durch Ausbeutung von afrikanischen Rohstoffen und Zerstörung chinesischer Umwelt zusammengeschraubt. Unsere weltweiten Handelspartner können all dies eben erheblich billiger als wir leidenden Zentraleuropäer. Und daher geht der Arbeitsplatzabbau immer weiter. Und das ist gut so?

  9. 09

    ich glaube, dass sich in zeiten von stetig voranschreitender differenzierung keine „utopie“ für eine von dir gewollte gesamte generation herstellen lässt. das funktioniert vielleicht in bloginternen diskursen, weil es vielleicht auch gerade jetzt ein medium ist, dass sich zu einem sprachrohr entwickelt, und in der lage ist, sich eine eigene meinung zu bilden. aber die prinzipien hier sind doch auch die gleichen wie die der massenmedien. meinungen die nicht mit dem strom schwimmen, verschwinden in der masse und werden kaum erhört, die großen blogs sind meinungsbildend usw.
    da scheint mir wirklich nur der wunsch vater des gedanken zu sein. für realisitisch und umsetzbar halte ich das nicht.

  10. 10

    Oehi: GENAU diese form von diskurs meine ich.

    meine aussage zum arbeitsplatzabbau hätte ich um die worte „žaufgrund fortschreitender automation“ erweitern sollen. grundsätzlich hast du recht: all das ist nicht zu verantworten.
    und global ausgedehnt ist der traum von einem bedingungslosen grundeinkommen auch sicherlich das, was ich am horizont auftauchen sehe: eine utopie.

  11. 11

    ovit: da scheint mir wirklich nur der wunsch vater des gedanken zu sein. für realisitisch und umsetzbar halte ich das nicht.

    Sagt man das nicht von allen Utopien?

  12. 12

    du beschwörst sie doch aber schon herauf, das neue zeitalter. und alleine der glaube an so eine utopie ist für mich nur schwer umsetzbar.

  13. 13

    schwer umsetzbar heißt nicht unmöglich. und klar schwöre ich es herbei, das neue zeitalter, warum auch nicht? ich beobachte nur, was hier und dort gerade passiert. und wie gesagt: wir stehen erst am anfang. warum soll ich das alles nicht mal in die zukunft projezieren können? was hindert mich daran?

  14. 14
    Alpha-Hasi

    Mir gefällt der Text – mir gefällt ein Gedanke, eine Utopie, in der das allgemeine Leben wieder um etwas anderes kreist, als den Profit, den man mit einer popeligen Idee, einer Tat oder einem Menschen machen kann.

    Mein Zynismus lässt dem Denken aber nicht mehr viel Luft. Zu oft sehe ich immer wieder den selben Kreislauf. Ob nun „die Grünen“, die sich, nach zwanzig Jahren „endlich erwachsen“, schlimmer verhalten, als die, gegen die sie einst angetreten sind. Ob es Bürgerrechtler im Osten sind, die bei Gefahr für Leib und Leben auf die Straße gingen und damit eine „Wende“ einleiteten, doch am Ende von einer weitaus größeren Masse überrant wurden, die – dann völlig ohne Gefahr – groß und großspurig demonstrierte, dass jetzt gefälligst die D-Mark zu „kommen“ hat.

    Persönlich hatte ich viel mit der „Schwulenbewegeung“ zu tun, die lange Ideale und Utopien gefordert und immer wieder unbequem vorgelebt hat, bis sie durch Verbände und organisierte Parteipolitik geschluckt und ins Gegenteil mutiert wurde. Wer weiß bei den auf Umsatz getrimmten CSD-Veranstaltungen weltweit noch, dass diese Demonstration auf Lesben, Schwule und vor allem Transen und Stricher zurückgeht, die sich gegen Polizeiwillkür gewehrt haben, welche möglich war, weil diese Leute schlicht kein Geld für Anwälte, Bestechungen oder einflussreiche Freunde hatten? Ich bekomme mit, wie sechzigjährige Schwule, die damals auf die Straße gingen und damit Knast und Berufsverbot riskiert (oder bekommen) haben, heute aus Schwulenkneipen rausgeschmissen werden, weil sie „zu alt“ sind. Rausgeschmissen aus Kneipen, die es ohne sie heute nie und nimmer geben würde!

    Anders denken und unbequem sein bedeutet unangenehm auffallen. Das ist anstrengend, man macht sich manchmal lächerlich, man ist entweder Zielscheibe oder man wird frustriert, weil die meisten einen ignorieren. Und wenn man es wirklich schafft, Aufmerksamkeit zu erreichen, wenn so langsam mehr und mehr Leute teilhaben (Widerstand ist meist nur dann groß, wenn der einzelne selbst nicht auffällig werden muss), dann bildet sich irgend eine Gruppe, die das Ruder übernimmt. Die Menge wird in Bahnen gelenkt und die große (gar nicht mehr so agile und „freie“) Gruppe dient wenigen, früher zur Macht (erstrittene Posten in der Bewegung, der Politik oder Verwaltung) heute zum Kommerz.

    Wie gesagt: mehrfach selbst erlebt.

    Und am Ende bleiben auf der einen Seite die weinerlichen politisch ultra-korrekten und auf der anderen Seite die, denen alles egal ist, solangs nur bezahlt wird („realistisch“ nennen sich die). Wie soll man da *nicht* zynisch werden?

  15. 15
    Alpha-Hasi

    ok – ich bin etwas off-topic gerutscht…

  16. 16
    Oehi

    Weswegen demonstrieren die Studenten in Frankreich? Weil sie merken,daß sie die lebenslange Festanstellung bei Elf Aquitaine nicht bekommen. Und machen sich dann solidarisch mit denen aus den Banlieus. Und letztendlich werden sie genau wie bei uns vor 30 Jahren den Marsch durch die Institutionen starten. Rene, ich gebe Dir aber recht: Wir brauchen eine Idee, einen Diskurs über eine kommende, zu gestaltende Zeit. Es waren immer wieder die humanistisch orientierten Alternativen, welche die verkrusteten Regimes aufgebrochen haben. Der Unterschied jetzt aber ist die globale Herausforderung. Und genau hier kann das Netz die entscheidende Rolle spielen.

  17. 17

    Rene, falls du dich gefragt hast „warum keine Revolution auch hier ?“:
    die Unkenrufe, von wegen Zynismus (*ich* bin zynisch, der Rest hofft einfach nur, dass etwas ohne ihr Zutun geschieht..) sollten dir Antwort geben.

    Genau deswegen. In Deutschland steckt kein Funken Leben mehr, kein Fetzen Herzblut, alles ist tot und zerredet worden, die Köpfe sind leer und wehe du wetterst dagegen; siehst du ja an dem überwältigend positiven Feedback hier: niemand ist bereit, sein eigenes Schicksal in seine verdammten Hände zu nehmen.
    Selbst wenn man hier wählen geht, ist es meistens nur eine Entscheidung zwischen Rot und Schwarz, eine Fressenwahl (doppeldeutig), unfassbar arm, weil andauernde Stabilität dadurch garantiert wird, dass viele oft im gleichen Maße unglücklich sind.

    „First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you, then you win.“ – Gandhi

    Was das Fernsehen angeht: wenn man das Bild auf eine Leinwand projiziert, werden Zuschauer über das Gesehene reflektieren (scheisse, was rede ich heute für geschwollenes Zeug..), anstatt sich „verstrahlen“ zu lassen.
    Nur als Randnotiz.

    An Alpha-Hasi: wenn du (oder irgendjemand) sich Mühe gibt, klug und menschlich vorgeht, dann fickt dich die Gesellschaft so, wie sie schon alle zuvir gefickt hat: sie töten dich mit ihrer Aufmerksamkeit, langsam, und du wirst dich dabei gut fühlen bis zu dem Tag, an dem du deine Ideen vergisst und nur noch geliebt werden willst.
    *Das* ist Mainstream.. ein schwuler Untergrund ?
    Bei der Riesenlupe, die man auf Homosexuelle richtet ?

    Gandhi hat sich geirrt.
    Er vergaß die Fähigkeit von aufgeklärten Gesellschaften alles zu schlucken.
    Und Deutschland ist so eine.

    Fett und zufrieden mit sich selbst, nicht bereit, etwas zu ändern „lass das mal jemand anderes machen“.
    Ich werde keine Steine nach dir werfen, Rene, denn selbst dafür habe ich nicht die Energie.

    *Das* ist Zynismus.

  18. 18

    Tatsche ist: manche haben keine Arbeit, keinen Wohlstand, werden keine Rente haben und können manche Leistungen nicht mehr beanspruchen.

    Zynismus ist: … aber seid gefälligst Deutschland! Aber zeigt mal bitte ein bisschen mehr Phantasie im Umgang mit wenig Rente, ausbeutenden Arbeitsverhältnissen und schlitzohrigen Geschäftspraktiken. Zynisch ist es, wenn mich jemand ausbeuten will und behauptet, dass ich mich nur dehalb aufrege, weil ich keine Utopien hätte.

  19. 19
    Felix

    @Rene: Mit dem Rest, der Blödsinn ist, meine ich folgenden Gedanken: Gib allen ein Grundeinkommen, und alles wird gut, denn nun hat jeder Zeit sich kreativ um andere Dinge zu kümmern – wie zum Beispiel den Aufbau einer neuen Gesellschaft. So ticken Menschen nicht. Gib ihnen Geld und nichts zu tun – und sie tun nichts. So einfach ist das, wie die Geschichte Deutschlands ziemlich deutlich zeigt (ich sage nur „Arbeiterparadies DDR“).

    Das Internet hat das Leben von einigen – manche von ihnen diskutieren hier – schon weiter verändert als nur in dem Umstand, dass man seine Flugtickets jetzt online buchen kann. Manche nutzen es um zu diskutieren, aufmerksam zu machen, neue Öffentlichkeiten zu schaffen. Und das ist prima. Hey, und nichts gegen Utopien – sie sind meist unbequem und angreifbar. Ansonsten würde ich hier jetzt nicht posten. Mit ein bischen Realismus sollten sie aber daherkommen. Wenn das Netz in Zukunft bewirkt, dass Politik, Medien und Unternehmen uns – die Wähler und Kunden – ernster nehmen, ist das schon ein großer Erfolg.

    @Oehi: Ironischerweise verbünden sich die Studenten nicht mit den arbeits- und chancenlosen aus den Banlieues, sondern sie wenden sich gegen sie – denn dieses Gesetz wird vor allen Dingen jenen nutzen, denen in Frankreich heute keine Chance gegeben wird. Ich sag nur 25% Jugendarbeitslosigkeit…

  20. 20

    Eine Revolution in einer Parallelgesellschaft?

    In meinem Bekanntenkreis muss ich immer wieder erklären, was ein blog ist. flickr, technorati, podcasts und das restliche web 2.0 kann ich im eigenen blog nicht einfach verlinken, weil kaum einer ‚meiner‘ Leser etwas damit anzufangen weiß.

    Und dann lese ich hier und anderswo wie der virtuelle Alltag ein wesentlicher Bestandteil des eigenen Lebens geworden ist. Blogs werden zur (Medien-) Revolution erklärt.
    Offensichtlich findet der größte Teil dieser Bewegung in einer Art Parallelgesellschaft statt: Eigene Sprache, eigene Riuale, eigene Themen, etc – und man bewegt sich zum großen Teil nur in dieser Parallelgesellschaft. ‚Klowände des Internet‘ ist ein Code, den ‚hier‘ 90% verstehen, ‚dort‘ aber kaum einer. Die Diskussion um DBD oder der Hype um ‚Sonnenlicht‘ ging vielleicht in ein-zwei Artikel des Feuilleton, einmal ‚Brisant‘ und ‚TV Total‘. Durch, fertig. Da bleibt nichts hängen.

    Und eben das ist der Unterschied zu dem, was in Frankreich passiert: Dort *kann* man nicht nichts mitbekommen. Jeder weiß Bescheid, (fast) jeder hat eine Meinung.
    Die ‚Blogosphäre‘ (und was thematisch nahe dran ist, die heise.de-Ecke und so…) bildet hierzulande vielleicht einen 10%-Kreis, der in sich ziemlich homogen und abgeschlossen ist. Die Revolution findet quasi im privaten Kreis unter Auschluß der Öffentlichkeit statt.

    Ich finde es auf beiden Seiten immer wieder überraschend, wie wenig man – auf der einen Seite – von *den* Themen mitbekommt und wie sehr man – auf der anderen Seite – davon überzeugt ist, dass man gerade dabei ist, die Welt zu verändern.

  21. 21

    Badet nur in Eurem Zynismus. Das ist nur die eigenen Kacke, die Euch wärmt. Vermeintlich wärmt natürlich. Die Zukunft wird aber nicht aus Zynismus gemacht. Ihr habt nur die Chance Teil von etwas Neuem zu sein, wenn ihr Euch bemüht Euren Geist offen zu halten. Wie das aussehen wird kann heute ehrlicherweise keiner sagen, aber die Dinge sind in Bewegung. Immer. Durch das Netz und die Blogs werden nur Werkzeuge geliefert, die im Zusammenhang mit etwas Neuem vielleicht eine Rolle spielen können.

  22. 22

    Das ist so toll das alles hier zu lesen. Das ist genau der Grund, warum ich blogge und warum ich ditte geschrieben habe.

  23. 23
    Dunsbury

    @kornecke: 10% sind erst der Anfang. Es wird nicht dabei bleiben, je mehr sich zeigt, daß derzeit zu Rechtlosigkeit Verdammte (Hartz IV-Empfänger, betrogene Kleinunternehmer etc.) in der Blogosphäre eine Lobby finden bzw. selbst die Stimme erheben können.

    @Felix: Was dein Argument gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen anbelangt – der Hinweis auf die DDR zieht bei mir nicht. In der DDR ging die soziale Absicherung mit einer verdammt engen, ideologischen Zwangsjacke einher, die allen übergeholfen wurde bzw. werden sollte. Eine solche Zwangsjacke dürfte es diesmal nicht geben, weil das Grundeinkommen den minmalen Lebensunterhalt sichern würde und soziale Anerkennung sehr viel weniger an den wirtschaftlichen Status gebunden wäre.

    Die Menschen tun vorzugsweise das, wofür sie belohnt werden, z.B. Anerkennung bekommen. Bekommen sie für soziales Engagement keine Anerkennung, werden sie sich auch nicht darum bemühen. Bekommen sie fürs Faulsein keine Anerkennung, werden sie tätig. DAS hat in der DDR jedenfalls gut funktioniert, soweit ich mich erinnere. Denn man bekam es von frühester Kindheit an vorgelebt – zumindest im öffentlichen Leben. Arbeit, Mühe, Fleiß zählten letztlich mehr als Geld oder Westbeziehungen. Umso härter trifft es jetzt all diejenigen, die zur Arbeitslosigkeit und damit zu Ansehensverlust verdammt sind – auch in ihren eigenen Augen.

    Ein weiteres, gern angebrachtes Argument ist der schnell gescheiterte Versuch, in der ehemaligen Sowjetunion erste Kommunismus-Elemente einzuführen: Brot wurde versuchsweise kostenlos und in unbeschränkter Menge ausgegeben, und die Bauern verfütterten es an die Schweine. Das heißt für mich nur: Ein bedingungsloses Grundeinkommen müßte mit enorm verbesserten Bildungsmöglichkeiten für ALLE einhergehen. Wie wahrscheinlich ist es heute, daß alle drei (allein diese Zahl ist utopisch) Kinder eines Landarbeiters studieren und hinterher akademischen Berufen ergreifen? 10%? 5%? Wer bietet weniger?

    Soziale Anerkennung findet zuallerst im Alltag statt, in der Familie, in der Nachbarschaft. Wer für wenig oder gar kein Geld viel für andere tut, einfach aus Begeisterung, der gilt doch heute eher als verrückt als als vorbildhaft. Die Prämissen für eine soziale Anerkennung werden von unten verändert, nicht von oben. Und die Blogosphäre ist Teil des Unten.

    Im übrigen empfehle ich axonas.today.net, der schreibt schöne Artikel über solche Themen.

  24. 24

    Für die Umsetzung von Utopien braucht man die Unterstützung einer Mehrheit in der Bevölkerung. Auch ich bin für ein bedingungsloses Grundeinkommen, weil die Arbeitnehmer nicht mehr (so) erpressbar sind. Aber wie soll man diese Vorteile einem durchschnittlich intelligenten Deutschen erklären? Der denkt sich doch nur, dann muß ich noch mehr als bisher zahlen, und die anderen arbeiten dann nichts mehr. Die leben von meiner Kohle. Daß er selbst von diesem Grundeinkommen profitieren würde, könnte man ihm nur schwer vermitteln. Und noch ein weiterer Grund, wahrscheinlich der wichtigste, warum das angesprochene Grundeinkommen niemals eingeführt wird: es würde nur funktionieren, wenn Besserverdiener stärker an der Finanzierung beteiligt würden. Aber diese oberen 10 Prozent haben durch ihre Lobbyisten die Möglichkeit, die Verbesserung für die anderen 90 Prozent zu verhindern. So ist die Politik.

  25. 25
  26. 26
    tix.64

    Felix: was willst du uns mit „Arbeitsparadies DDR“ sagen? Dass die Menschen in der DDR wenig gearbeitet haben für viel Geld? DAS ist Blödsinn!

    Die Utopie des einheitlichen Grundeinkommens ist im Grunde der geldlosen Gesellschaft gleich. Ob das umsetzbar oder realistisch ist? Wer weiß. Müsste man mal ausprobieren, ob da dann niemand mehr produktiv ist, oder?

  27. 27

    Ich hätte es so nie schreiben können, aber das ist genau das was mir auf der Seele liegt!

    Danke, Mann!

  28. 28

    Sehr interessante Gedanken.

    Ich wäre bei zwei Punkten vorsichtig:

    1. Die wirtschaftliche Utopie mit Grundeinkommen und der Umkehrung des Arbeitsplatzabbaus zum Positiven greift viel zu kurz. Die Wirtschaft mit all ihren Regelkreisen und Gesetzen ist eine so komplexe Angelegenheit, dass es mehr als ein paar Proteste und eine Pseudo-Revolution im Netz braucht um da was zu verändern.

    2. Viel besser finde ich den (medien-)politischen Aspekt. Hier bleibt es abzuwarten, ob wir Blogger unsere Art der Meinungsäußerung und unsere „Zivilcourage in Ansätzen“ auch auf die Straße bzw. in die reale Welt tragen können. Zu sicher ist man am heimischen Computer, zu einfach ist die Interaktion mit dem Textfeld.

  29. 29

    @Sebastian: Punkt zwei war genau das, was ich als nächstes gefragt hätte. René, Du weisst, das ich Deinen Überlegungen sehr nahe stehe, ausserdem hast Du den Bogen sehr schön gespannt, finde ich.

    Aber noch führen wir hier wirklich eine Art Paralleldiskussion. Geht man raus in Kneipen (oder auch nur ins SpOn-Forum ;), in die Talkshows der klassischen Medien, geht die Argumentation immer noch in arg andere Richtungen. Die meisten Versuche, solche utopischen Gedanken in die Runde zu werfen, werden sehr schnell mit der Sozialismus/Kommunismus-Keule erschlagen.

    Daher auch meine Frage (nicht Verzweiflung!): wie können wir diesen Diskurs auch in die breite Masse bekommen?

  30. 30

    diaet: laber einfach in einem Café (oder wo auch immer) in brauchbarer Lautstärke darüber und mach ein wöchentliches Update daraus. Jede Woche, ähnliche Uhrzeit, verschiedene Gesprächspartner.. works for me.

    Das ist gedanklich so ansteckend wie die Frage:
    „Hast du schon mal gedacht ‚Singlebar‘ als du an einem Spielplatz vorbeigekommen bist?“

  31. 31

    Hübscher Ansatz, wtf – probier ich mal aus :)

  32. 32
    Felix

    Sebastian, gut gesprochen. Die breite Masse wird an der Diskussion nur dann teilnehmen, wenn die Ergebnisse für sie interessant werden. Das setzt aktive geistige Beteiligung an laufenden politischen und wirtschaftlichen Prozessen voraus – und genau hier hapert es dann wieder. Denn diese Sensibilisierung erfolgt über die Medien – und an deren traditionellen Strukturen sägen wir hier fleissig. Da hilft nur eins: Dranbleiben, weiter diskutieren, neue Lösungen finden.

    @dunsbury & tix.64: Der Hinweis mit der ideologischen Zwangsjacke zieht, das Beispiel DDR hinkt etwas. (Eine tiefere Diskussion wäre hier wohl auch OT.) Ich wollte jedoch definitiv nicht sagen, daß dort für viel Geld wenig gearbeitet wurde. Allerdings bleibe ich dabei, daß die grundsätzliche Idee einer staatlichen Grundversorgung für jeden psychologisch und wirtschaftlich in meinen Augen ein Irrweg sind.

  33. 33

    Falsch Kai. Ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt es sowohl für den Millionär wie für den Arbeitslosen. Eine gemeinsam erbrachte Leistung der Gesellschaft für alle Bürger.

  34. 34

    Wow. Danke. Werd mir den Post ausdrucken und aufhängen. Sowas macht Mut, weiterzumachen.

    Sid

  35. 35

    Kai: Du gehst aber davon aus, dass das System nur für diejenigen greift, die arbeitsunfähig sind. Heutiges Problem ist aber doch durchaus, dass es weniger (klassische) Arbeitsplätze als arbeitsfähige Personen gibt.

    Dass noch einmal eine Vollbeschäftigung erreicht wird, ist auch laut Experten aller Lager mindestens unwahrscheinlich. Dennoch wird landläufig die „Leistung“ eines Menschen immer noch nur über seine offizielle „Arbeitsleistung“ definiert. Und quasi über sein Einkommen.

    Davon müssen wir schonmal runter, wenn eh nicht mehr für jeden ein klassischer Arbeitsplatz da ist.

    Du gehst ausserdem davon aus, dass auch die Gegenleistung immer noch genauso klassisch definiert werden kann. Schon heute arbeiten aber viele, die keine Arbeit (mehr) bekommen, in sozialen oder kulturellen Bereichen ehrenamtlich.

    Unter anderem dieses Dilemma könnte durch ein Grundeinkommen gelöst werden. Über das „wer“ und „was“ machen sich durchaus genug Leute Gedanken, ich empfehle einfach mal einen Blick in die Wikipedia oder auf’s Netzwerk Grundeinkommen.

  36. 36

    Ein wirklich erstklassiger Beitrag zu der Gesammtsituation der Blogshäre.
    Aber noch wundern sich hier zu wenige über Begriffe wie ‚Lobby der Arbeitslosen‘ und noch hängen sich zuviele am ‚Bedingungslosen Grundeinkommen‘ auf. Dies sind meiner Meinung alles kleine Einzelstücke eines großen Puzzels, dessen ganzes Bild wir noch nicht malen können und wollen.
    In der letzten Zeit dreht sich das Bloggerkarussel schneller und ich habe den ersten Eintrag über Blognachrichten auf tagesschau.de gelesen in dem es nicht um Bloggs selbst ging sondern um ein Thema aus der Blogshäre. Das muss und wird weitergehen. Es wird nicht bei den 10% bleiben … und wer schon lange dabei ist, den wird dieser Meilenstein freuen.
    Jeder grossen Utopie muss eine kleine Masse vorangehen, die die ersten Grundsteine für eine Plattform auf der dann etwas wachsen kann legen muss. Diese werden aufgrund der Natur von Utopien natürlich verlacht (Gandi Condition Eins) aber mit der Zeit häufen sich dann die Anwaltsschreiben (Gandi Condition Drei) bis sich das ganze Konzept durchgesetzt hat.
    Im Grunde genommen steht die Feuerstelle, das Holz ist gesammelt und wird schon fleissig aufgeschichtet. Irgendwann kommt dann auch der Funkte, der das ganze entzündet.
    Der Moment in dem nicht nur den Ärzten auffällt, das hier in Deutschland im Grunde genommen etwas ähnliches passiert wie in Frankreich.

    Diejenigen die die Passivität vieler Menschen zu den immer drängenderen Fragen unserer Zeit (und das sind mehr als hier aufgeführt) auffällt seien darauf hingewisen, das jedem Sturm eine Phase der Ruhe vorangeht.

    Hoffentlich hatte Lenin unrecht und wir trauen uns auf den Rasen.

  37. 37

    Ich denke Kai mischt dieser Diskussion endlich die nötige Portion Konkretisierung und Realitätsbezug mit bei. Ich frage mich auch woher das Geld für grenzenlos kreatives Sinnieren ohne greifbare Leistung herkommen soll. Definitionen für „Zynismus“, die eigenen „Utopien“… wunderbar. Das ließt sich wirklich toll. Es gibt viele Leute die brauchen etwas konkretere Äußerungen, konstruktive Vorschläge. Ich bin nicht so gut im philosophieren, und so geht es auch vielen anderen.

    Ich frage mich wie ein bedingungsloses Grundeinkommen einen Jugendlichen, der es für unmöglich hält sich in einer anderen Stadt um einen Ausbildungsplatz zu kümmern oder generell mal zu erkundigen, oder einen Arbeitslosen für den es auch außer Frage steht, dass es vielleicht in anderen Städten Jobs geben könnte, für die man allerdings von der Couch aufstehen müsste, dazu bewegen soll dieses Land um mehr Kreativität und Ideenreichtum zu bereichern?

    Gleiches gilt für die vielen Studenten die einfach irgendwas studieren ohne auch nur einen blassen Schimmer davon zu haben, wofür sie das eigentlich tun? Ich sehe viele, die erwarten direkt von der Schulbank, aus dem Hörsaal, nach der Kündigung an die Hand genommen zu werden, und einen festen Job zu bekommen.

  38. 38

    Weil ihr ja alle so geil auf eine Rechnung seid:

    Das derzeit veranschlagte Existenzminimum beträgt 7600 Euro = 633 Euro/Monat. Stocken wir das doch mal auf 800 Euro auf. Also 9600 Euro im Jahr. Bei 82 Mio. Bürgern sind das 787 Mrd. Euro. Hübsche Summe. Die derzeitigen Sozialausgaben betragen circa 720 Mrd. Euro, fehlen also 67 Mrd. Die lassen sich durch die wegfallende Bürokratie locker einsparen. Noch genauer und umfassender wird diese Rechnung in der Brand Eins beschrieben, und zwar hier.

    Man kann die Links, die hier in den Kommentaren gepostet werden übrigens auch anklicken. Nur so ein Tipp, bevor man meint, das ließe sich nicht vernünftig durchrechnen.

  39. 39

    @Kai: Okay, das kam o.g. in Deiner Aussage nicht durch für mich. Ausserdem kam der Diskurs ja durch eine von René beschriebene, größere Utopie zustande. Da sich das jetzt an einigen Stellen auf das Grundeinkommen fixiert, konnten hier bisher kaum realisitische Zahlen kommen.

    Ich weiss auch nicht, ob die hier sinnvoll wären, da man dafür vielleicht eine eigene Diskussion über dieses Teilthema starten sollte. Das von Dir beschriebene Fehlen von Zahlen der Berfürworter stimmt allerdings so nicht – da gibt es einige Ansätze, die mit Zusammenlegen bisheriger Sozialleistungen anfangen, über Gebrauchsteuerfinanzierung gehen, und durchaus realistische Beträge zugrundelegen. Einige dieser Ansätze findest Du ohne weiteres in den Links, die ich schon gepostet hatte (suche sie gerne noch raus, muss aber nebenbei auch noch arbeiten ;)).

    Ich finde es auch schön, da konkreter zu werden. Nur so stößt man ja mitunter auf die Probleme, über die man im Gesamtkontext „philosophieren“ muss. Eins der ganz grundsätzlichen Themen ist ja zum Beispiel unsere Definition von Leistung. Da spielen so Dinge wie die Urheberrechtsverwalter mit rein (die eigentlich nichst selber „geleistet“ haben?), aber auch Verhalten gegenüber Leistenden, wie Wombat sie hier beschreibt.

    Und das ist alles in allem, konkret und philosophisch, eine Debatte, die wir uns gerade in einer Öffentlichkeit zurückerobern, die Du vorher am Stammtisch in der Kneipe nicht hattest. Ich glaube, das ist der Teil der Utopie, der gerade schon Realität wird. Also lass uns gerne weiter über die anderen Teile reden.

  40. 40

    Ah, sehn’se: während ich mir einen Wolf tippe, hat Rene es schon rausgesucht :)

  41. 41

    Über das „wer“ und „was“ machen sich durchaus genug Leute Gedanken, ich empfehle einfach mal einen Blick in die Wikipedia oder auf“™s Netzwerk Grundeinkommen.

    Dort kann man auf der ersten Seite bereits nachlesen:

    Auf ein bestimmtes Finanzierungsmodell hat sich das Netzwerk nicht festgelegt.

    Achso.

  42. 42

    Natürlich muß man die Steuerquote erhöhen. Dies ist allerdings nicht das große Problem, da auch alle, die arbeiten, das Grundeinkommen erhalten. Mehr Steuern zahlen als an Grundeinkommen bekommen würden nur die, welche über ein hohes Einkommen verfügen.

  43. 43

    Was rein rechnerisch immer noch ein Grundeinkommen von 604 EUR monatlich für 80 Millionen Bundesbürger ermöglicht. Ad hoc. Ohne jede weitere Änderung.

    Ich finde nicht, dass das für einen Ansatz vollkommen unrealistisch klingt.

    Aber wie schon gesagt: das Grundeinkommen ist ja erstmal nur ein Gedanke in einer größeren Vorstellung. Ich finde nicht, dass diese konkreten Zahlen das ganze Gebilde massiv wackeln lassen…

    Sprich: wir könnten jetzt in Ruhe wieder zu den grundsätzlichen Überlegungen z.B. des Leistungsgedankens zurück. ;)

  44. 44

    Kai: Oder nicht können. Oder nicht dürfen. Oder eine andere erbringen, als als Leistung anerkannt wird.

    Ich finde, Du läufst hier gerade massiv in die „Arbeitslose wollen nicht arbeiten“-Richtung.

  45. 45

    Wozu soll ich ein Blog betreiben?
    Wozu soll ich ein Bild malen?
    Wozu soll ich die Straße kehren?
    Wieso soll ich meinen Arsch überhaupt aus dem Bett schwingen?
    Weil alles andere verdammt langweilig wäre, deshalb.
    Von den Leuten mal ganz abgesehen, die arbeiten gehen wollen, weil sie mehr als 604 Euro verdienen wollen.

  46. 46

    @Kai: Danke, da kommen wir ja zurück zur Diskussion. Dass die Kranken-, Pflege- etc.-Systeme nicht unangepackt blieben, bestreitet ja keiner (auch wenn wir ja einen Teil der Kosten extra schon rausgerechnet haben). Aber im Diskurs sollte es doch zunächst vielleicht lieber gar nicht um die konkreten Zahlen gehen – über die können wir uns zerfetzen, wenn wir uns auf ein System geeinigt haben ;)

    Und da bringst Du natürlich ein gravierendes Problem ein, dass wir doch angeblich jetzt schon haben: Wenn mir doch alles in den Schoß fällt, warum dann arbeiten?

    Heute: weil Du ohne Arbeit kaum gesellschaftlich geachtet wirst. Weil es an Deinem Selbstvertrauen nagt. Weil die meisten(!) Leute nicht den ganzen Tag auf der Couch hocken wollen. Sondern sich sinnvoll beschäftigen und betätigen. Ob durch eine geregelte Arbeit, durch Kunst, Gesellschaftsleben, whatever.

    Die Fälle der „faulen“ gab es immer, und wird es immer geben. (Zu denen würde ich aber o.g. auch so manchen „Berufssohn“ rechnen, der wohl bei vielen trotzdem ein höheres Ansehen genießt, als ein ALG-IIler.)

    Das allein kann aber nicht die Debatte ersticken, die wir führen müssen, weil es so wie bisher auch nicht gerade optimal weitergeht, oder?

  47. 47

    René: wie machst Du das immer?

  48. 48
    glaslibelle

    lieber kai, dass der grundsatz fuer arbeitslose bei 345 euro liegt, stimmt. (im osten sinds 331, wenn ich mich nicht irre). auch dass ihnen miete und versicherungen bezahlt werden, ist richtig. allerdings bedeutet das nicht, dass man dadurch mehr geld zum leben hat, eher im gegenteil. außerdem werden haeufig von den 345 euro noch abstriche gemacht, zum beispiel wenn man andere sozialleistungen wie kindergeld, waisenrente o.ae. erhaelt. auch bekommt nicht jedes familienmitglied gleich viel geld, kinder kriegen viel weniger. ich persoenlich zum beispiel habe fuer mich und mein kind monatlich 271 euro zum leben (deiner rechnung nach waeren es 1200 – darueber wuerd ich mich wirklich freuen). versuch mit dem bisschen mal ueber die runden zu kommen. das ist nicht das „schoene luxusleben“, dass sich dank bild jeder unter arbeitslosigkeit vorstellt.
    aber das nur am rande, ohne jetzt wirklich was produktives zur diskussion beitragen zu wollen.

  49. 49

    Normalerweise würde es jetzt einfach eine Seite lang Beleidigungen meinerseits hageln, aber dafür bin ich gerade zu unsportlich.

    Die Annahme, dass niemand mehr etwas machen würde, wenn er Geld „einfach so“ bekäme, hätte jemandem eigentlich als *das* Paradebeispiel einer verkorksten Gesellschaft auffallen sollen; wenn man alleine schon annimmt, dass nur Geld einen zu etwas motivieren kann, dann hat man in meinen Augen menschlich ausgeschissen.
    Und Gnade Gott solchen Menschen, wenn sie dann auch noch an Kinder denken, ohne in Betracht zu ziehen, sie gewinnbringend zu verkaufen.

    Kinder machen auch nur Ärger und kosten nur Geld.

    Menschen würden auch arbeiten, wenn sie kein Geld dafür bekämen (freiwillige Arbeit gibt es auch heutzutage.. irre nicht ?), es ist so etwas wie eine allgemeine Menschlichkeit, die sich da breit macht.
    Mit Menschlichkeit meine ich Kooperation, genau diese Art von Kooperation, die bei dem Gedanken „cui bono?“ komplett flöten geht.

    Wer profitiert (..schlimmes Wort… als ob es um Profit gehen sollte.. aber das hat man nun davon, wenn man sich über Jahre hinweg Trottel heranzüchtet.. ich für meinen Teil will mein Fischerboot und meinen Strand.. und ich teile) davon ?
    Einfach: ALLE.

    Aber nein, gewisse Arschlöcher meinen immer noch „money makes the world go ‚round“.
    Nun, das mag auch durchaus am Alter liegen.

    Wow, doch noch beleidigend geworden.
    Ich bin stolz auf mich.

  50. 50

    Johnny:
    Wir beziehungsweise ich finde auch die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens hervorragend

    da dachte ich spontan an den BRAND EINS-artikel in der dezemberausgabe, und wie schön, dass schon zwei vor-kommentatoren (nr.25 und 42) das ganze verlinkt haben!

    hätte ich das damals nicht in BRAND EINS gelesen… also das hat meine meinung schon ziemlich gewandelt.

  51. 51

    Hanno, der Artikel ist von René. Ich finde die Idee aber nicht nur auch hervorragend, sondern bin davon überzeugt, dass kein Weg daran vorbeiführt.

  52. 52
    Pam

    Dieses Utopiengedresche besonders in Europa geht ziemlich auf die Nerven. Alle entwerfen die großen Gebilde. Umsetzen kann man sie grad zwar noch nicht, aber es ist ja Gott sei Dank nur die Ruhe die jedem Sturm vorrausgeht.

    Es ist schon richtig, dass sich viele (und auch nicht nur) Erwerblose ehrenamtlich sozial und kulturell engagieren. Aber werden es mehr, wenn durch das Grundeinkommen mehr Menschen die Chance gegeben wird sich frei entfalten zu können? Nein, es sind nicht alle Menschen faul. Aber es sind auch nicht alle Menschen gut. Den meisten ist es wahrscheinlich einfach egal.
    Und so ein System muss eben auch genau dann noch funktionieren, wenn es den Menschen egal ist.

    Lieber pragmatischer an die Sache rangehen. Wenn es dich nervt, das asiatische Kinder ausgebeutet werden um deine Kleidung zu produzieren, dann probier aus, ob es anders geht (American Apparel). Wenn ich mal die Idee meines Lebens habe und die mit Hilfe anderer umsetzten will und vor mit sitzt ein (französischer) Student, dem meine Idee völlig egal ist, der sich nur für einen lebenslangen, abgesicherten Job interessiert. Dann ist das keine tolle Revolution. Das ist zum kotzen.

  53. 53

    wtf,

    Die Annahme, dass niemand mehr etwas machen würde, wenn er Geld „einfach so“ bekäme, hätte jemandem eigentlich als *das* Paradebeispiel einer verkorksten Gesellschaft auffallen sollen;

    D’accord. Fällt ebenso auf wie diejenigen, die für Geld alles tun, gleicher Trugschluss.

    Es geht doch nie um Arbeit, wer will denn sowas feiwillig? Es geht um Aufgaben.

  54. 54

    Die Großzahl der Arbeitslosen hat schon heute die Möglichkeit, sich in ihrer Freizeit mit anderen Dingen als der eigenen Couch zu beschäftigen. Tatsache ist aber, dass mit dem Wegfall der Arbeit vielen die Perspektive und die Motivation fehlt, da Arbeit hier nicht nur zum Erwerb des Einkommens dient, sondern darüber hinaus einen Lebensinhalt (eine Aufgabe, einen Sinn) definiert. Fällt dieser weg, geht auch oft ein Hängenlassen damit einher.

    Sinnstiftung, eben. Weil aber die Erwerbstätigkeit als das einzig Sinnstiftende überhaupt gilt, kommt bei einigen die Resignation. Davon müssen wir weg, wenn es eh nicht genug Erwerbstätigkeit für alle gibt. Die, die ich kenne, die resignieren, tun das vor allem, weil all Ihre Bemühungen, wieder etwas zu finden, fehlschlagen (müssen).

    Du lehnst es ab, den nur-Faulen nichts von Deinem Geld abzugeben. Okay. Kann ich sogar irgendwie verstehen. Was aber machst Du mit denen, die wollen, aber nicht gelassen werden? Was aber machst Du mit denen, die vielleicht „nur“ philosophieren oder Musik machen (ist ja nicht gerade lebensnotwendig?

    Wer soll das Deiner Ansicht nach aussieben? Und wie?

  55. 55

    Ach ja: und warum?

  56. 56

    Guten!
    Eine Anmerkng zum Thema der Parallelgesellschaft: Ich als Jugendlicher habe täglich im Bus, in der Schule, im Zug, in der Disko, auf dem Konzert, auf er PArty und dort und hier mit der Zielgruppe von „Sonnenlicht die MAxi“ zu tun… Was meint ihr wie oft in den vergangenen Wochen die frage gestellt und unbeantwortet blieb: WIE SIND *die* EIGENTLICH BERÜHMT GEWORDEN… die Antwort, keiner weiß etwas von „blogs“ nur eine Minderheit unter Jugendlichen setzt sich damit auseinander (behaupte ich), wie also soll es dann Massenprodukt werden? dabei fällt mir ein, dass myspace großen zulauf erhält in den letzten Monaten.
    Andererseits sehe ich das große Besterben der jugendlichen Masse im Gymnasium sich sorgen um die Zukunft zu machen, klar sind wir alle zielos von der „gesellschaft“ programmiert worden und natürlich reagieren wir total verschreckt auf die ganze Angst die von den Medien verbreitet wird… bird lu, renten , keine kinder und das sollen wir übernehmen. ich sehe daher „du bist scheiße“ nicht allzu negativ immerhin hat jemand versucht was zu ändern, nur wie…. Bleibt die Frage wie diese Utopie umgesetzt werden kann, dazu muss einfach in meinem Klientel eine andere Motivation geschaffen werden, weg von: „ich muss da ein Praktikum, hier 1,0 und dort noch n Jahr im Ausland machen sonst kriege ich keinen Job“ zu „locker, dein Mindestlohn ist dir gewiss, etc.“ gehen, das sehe ich ähnlich denn unter den jetztigen Voraussetzungen der Orwelschen Angst KANN doch nichts entstehen

  57. 57

    Soziale Dienste sind grundsätzlich prima. Wird aber in temporärer umfangreicherer Form auch immer schwieriger umzusetzen, schließlich brauchen auch diese Berufe Qualifikation.

    malak, mag etwas böd klingen, aber: Als ich 14, 15 Jahre alt war, gab es plötzlich Bands, die zwar nix konnten aber dennoch viel Spaß hatten und die meinten, dass ich das auch tun sollte. Ich hatte gehofft, Hiphop und die DJ-Kultur habe einen ähnlichen Ansatz. Siehst du den, auch woanders, oder gibt es das nicht? Künstler, die sagen: „Das kannst du auch!“?

  58. 58

    Achja Kai, die Schwierigkeit die ich mit deiner Herangehensweise habe: Es wird doch am Ende doch wieder heißen „Money for nothing and chicks for free“, selbst mit einem Komitee/Gremium. Der Ursprung des Gedankens, dass es ohne Gegenleistung kein Geld gibt (den wir sicher alle erstmal nachvollziehen können), ist doch Neid. Warum aber sollte ich auf jemanden neidisch sein, der sich entschlossen hat, vom Grundeinkommen zu leben? Von mir aus kann er einen Teil meines Verdienstes haben, denn, und das ist wichtig, ich könnte jederzeit die gleiche Entscheidung wie er treffen.

  59. 59
    Alpha-Hasi

    An die, die Flexibilität fordern und sich schon jetzt als einzige fleißige Verdiener ausgebeutet sehen:

    Flexibel sein! Diese Moral der Gegenwart – „Jeder ist seines Glückes Schmied“ – greift nicht mehr in dieser Gesellschaft.

    Habe ich Geld, darf ich alles: Ich kann Jahrzehnte studieren, ich kann wohnen wo und wie ich will und mir meine berufliche Zukunft aussuchen. Habe ich kein Geld (haben meine Eltern keins), dann muss ich gefälligst in neun Semestern meinen Abschluss haben, dann soll ich wegen einem Job mein gesammtes Umfeld aufgeben, notfalls eben auch alle zwei, drei Jahre wieder (entsprechend einem aufgeweichtem Kündigungsschutz). Und wohnen darf ich ohne Arbeit/Geld über kurz oder lang natürlich auch nur noch dort, wo ich eine Wohnung bekomme. Längst haben Hausverwaltungen eingeübt, unvermietbare Butzen zum Höchstpreis an Neumieter zu binden, die von Amts wegen nicht nein sagen können.

    Diese „Gleichheit“ ist eine Gleichheit für Besserverdienende und deren Nachkommen.

    Und es ändert sich nichts. Wenn Herr Ackermann z.B. 12.000.000 EUR jährlich verdient, sind das pro Stunde, rund um die Uhr 1370 Euro! Die Putzfrau, die sein Büro putzt, bekommt gerade mal 10,50 die Stunde (für tatsächliche Stunden und nur, wenn sie Glück hat). Diese Differenz empfinde ich als unmoralisch! Das kann ich nicht mehr mit Qualifikation, Studium, Berufserfahrung oder sonstwas rechtfertigen. Einen Erfolg des Unternehmens, kann ich nicht allein dem Chef zuordnen. Wenn der nicht mehr aufs Klo kann, oder sein Büro unter Staub verschwindet, wäre das Unternehmen sicher auch nicht so erfolgreich.

    Aber was wird diskutiert??? Warum die *Putzfrau* nicht länger arbeitet, warum sie nicht mehr in die Krankenkasse zahlt, warum sie nicht die bösen Raucherpause beim Stundenzettel rausrechnet, … Die Diskussion um die Großverdiener, oder Besserverdiener ist eine Scheindebatte. Gestern noch Heuschrecken, heute wieder Stützen des Landes.

    Und bevor der Einwand kommt: Es ist mir klar, dass Millionengehälter selten sind. Ich weiß nicht, ob die polemischen 12 Millionen exakt stimmen, ob sie Brutto oder Netto sind, aber selbst wenn das Gehalt nur ein zehntel so hoch ist, steht es stellvertretend für eine kleine Menge an Spitzenverdienenden, eine weitaus größere Menge von Sehr-gut-verdienenden und dem großen, großen Rest von Kaum-verdienenden, die sich im heutigen Arbeitsleben gegenüber stehen.

    Unter diesen Vorraussetzungen funktioniert das Grundgehalt sicher nicht, warum soll jemand den Schreibtisch für ein Butterbrot putzen, wenn der, der dahintersitz im gleichen Moment nur für’s Zugucken das Hundertfache verdient? Die Abhängigkeit würde wegbrechen, man würde die Notwendigkeit der niederen unqualifizierten Arbeiten zur Kenntnis nehmen müssen. Heute festzustellen, dass die Leute nicht arbeiten würden, ist banal. Wichtiger wäre festzustellen: Sie haben Recht!

  60. 60

    johnny (nr. 60)
    äh, ja das wusste ich doch, dass der artikel von rene ist… (bloß keine fehler eingestehen, is ja leistungskommentargesellschaft hier ;))
    nächstes mal schau ich genauer auf die autorenangabe.

  61. 61

    Johnny, leider nicht. Nein. So wie ich die Rock Community im Köln Düsseldorfer Umkreis sehe gibt es viele gute Bands, die leider nie etwas werden und sich nach n paar jahren wieder auflösen, hauptsache Grup Tekkan is in den Charts, auch das frustet. Schlimmer ist aber, dass richtige Bands sag ich mal ;) Also die die was drauf haben es immer sehr schwer haben eine Fan Base zu erlangen. Hingegen sind die bekanntesten Bands die, die Gitarristen mit 3 Akkorden (noch nicht mal die sauber) und schlechten Sängern haben, das ganze als Punk verpackt wird es Haufenweise von der TokioHotel Zielgruppe bis 15 konsumiert, dannach falcht das Interesse urplötzlich total ab. Doch die Musik is ja in dieser Kultur nicht allein zu betrachten, schlimm ist, dass diese Kids sich immer links Brandmarken und keine Ahnung haben wovon sie reden, nicht das das schlimm wäre, nein, das Problem ist: Sie haben KEIN INTERESSE daran tiefgründiger irgendwas zu betrachten und offen zu diskutieren.
    Ausserdem sind die meisten mit Alkohol beschäfftigt oder mit Kiffen. Ist tatsächlich so. das Ganze sieht mir eher wie eine Flucht aus: man schufftet in der Schule und sonstwo und am Wochenende wird die Sau rausgelassen.
    Sieht doch alles recht perspektivlos aus, von meiner Sicht aus. Die Bands schaffen nichts neues, meienr meinung nach war nämlich dieses Nichts können durchaus was neues oder? und um auf das „Das kannst du auch“ zu kommen: DENKSTE! hier herrscht große arroganz und konkurrenz unter jugendlichen in allen bereichen. das fängt in cliquen an und setzt sich endlos fort. Einfach eine ekelhafte Stimmung man nehme nur den Konflikt zwischen haupt und gymnasium, ausländern und deutschen, hiphopern und rockern, usw… ach ja die lieben hiphoper.. Das ist etwas, was wirklich mal gegen den Strich geht. Vielleicht habt ihr, falls ihr ähnlich wie johnny hier und da mal von sich behauptet nicht allzu viel plan von hiphop. HipHop ist meienrMeinung nach das großartigste seit den 70ern. Sehr vielseitige Musik, leider aber nicht annähernd dargestellt im Mainstream. Mainstream ist tatsächlich heute HipHop, man schaue sich nur die neueste Cargo Mode an… tzzz
    Anfang der 90er war Conscious HipHop hier ganz groß, Freundeskreis und Co.. Leider gibt es mittlerweile nur noch 50cent und Sido. Im Mainstream findet man nur noch minimals produktionen die nur auf SEX aus ist, vllt noch auf Drogen und Gewalt aber die völlig destruktiv und inhaltslos ist… so ein MIST. Johnny Du bist doch aus Berlin, dann schau dir doch mal die grandiosen cryptonasen.de oder grismusik.de an oder brokemusic.de aus köln oder oder oder da gibt es echt einige die völlig verschiedene neue tolle sachen schaffen, allein sie werden nicht gehört.. es gibt überall nur BEEF.. Tja, und die HipHop Jugend ist leider sowieso zu vergessen, da geht es erst recht nur um drogen und alk und gerappt wird nur wenn besoffen is und nur darüber welch ein pimp man is… das schafft keien gesellschaft, das zersplittet sie.. all diese sachen haben kein ziel kein tieferen sinn. Die jugendlichen berauschen sich nur und die schaffenden pimpen nur entweder mit „fuck you motherfucker“ oder einem 3 akk riff auf ner les pauls…
    Ok. Wofür das ganze werden sich falls überhaupt soweit gekommen einige fragen: Nun Eure Utopien sind schön und gut, aber meine Generation ist die nächste die dran ist und da seh ich leider die Probleme: Das Bildungsniveau ist gering und jeder lebt nur für sich. Es gibt kein Gesellschaftsnetz mehr nur noch subwelten mit individuen die sich nicht für eine gemeinsame sache begeistern können. Erstens macht der da mit und zweitens was bringt es mir?! Ok. Wofür das ganze werden sich falls überhaupt soweit gekommen einige fragen: Nun Eure Utopien sind schön und gut, aber meine Generation ist die nächste die dran ist und da seh ich leider die Probleme: Das Bildungsniveau ist gering und jeder lebt nur für sich. Es gibt kein Gesellschaftsnetz mehr nur noch subwelten mit individuen die sich nicht für eine gemeinsame sache begeistern können. Erstens macht der da mit und zweitens was bringt es mir?!
    Sorry für diesen Gedankenschwall, relativ unsortiert, aber vielleicht haben einige Ältere jetzt einen kleinen Einblick in meine Welt – keien Ahnung was die Lösung ist und ob das allgemein so schlecht ist, ich persönlich kann die hiesige Atmosphäre nicht ab und ich weiß ich bin nicht allein.

  62. 62

    Kai, von deinen derzeitigen Beiträge würde doch dann aber einiges wegfallen. Es würde eben anders heißen als Arbeitslosenversicherung.

  63. 63

    Zuerst mal: ich bin baff und begeistert, von dieser Diskussion die ich hier angestoßen habe. Chapeau, Euch allen! Danke!

    Malak: Ich kann Dich sehr gut verstehen. Ich habe keine Ahnung wie alt Du bist, schätze einfach mal auf 20. Runde Zahl.
    Weißt Du was ich in dem Alter gemacht habe? Ich habe die Schule geschmissen und gekifft und gesnieft und gepillt und getript und rumgehurt und gesoffen. Ich taumelte am Rande des Abgrunds und bin einige male, auch Jahre später, fast hineingefallen. Ich hab auf die Gesellschaft geschissen. Aus all dem habe ich aber auch gelernt und das ist etwas, dass ich auch jedem Checker da draußen zutraue. Und wenn es nur einer von 100 ist, die die Kurve kriegen, die vielleicht in 5 Jahren das Blog starten, dass jeder liest, dann haben wir schon was gewonnen. Vielleicht bist das ja Du?

  64. 64
    Pam

    @Alpha-Hasi
    Marktwirtschaft IST ungerecht. Die Frage ist nur, ob es anders herum auch funktioniert. Wenn es beim Gehalt kaum einen Unterschied macht, ob man studiert/Ausbildung hat oder nicht, dann leg ich mich 4 Jahre vor die Glotze. Und hinterher bin ich genausoweit wie Leute, die die Jahre anders (sinnvoller) genutzt haben? Gerecht?

    Dazu ziemlich interessant
    http://www.chrismon.de/cframe-begegn.html

  65. 65
    leo

    Ich glaube schon, dass die meisten Menschen sich selbst ihre Aufgaben suchen würden, wenn sie nicht durch ein Gerldverdienen-System dazu gedrängt würden. Sicherlich würden sich viele auch sinnvolle Aufgaben suchen. Aber Anfangs gibt es bestimmt eine Übergangsphase, während der keine Sau daran denkt die Scheisse aus der Kanalisation zu pumpen – wer würde das schon selbstverständlich als seine Lebensaufgabe verstehen?

  66. 66

    malak, kein Grund zur Entschuldigung, danke für den klasse Text! Wäre jetzt spannend zu hören, ob andere Leute deines Alters die Situation völlig anders sehen. Ich glaube aber, das Gros der Leute hat sich auch zu meiner Schulzeit für nix interessiert. Vielleicht war das noch nie anders. Also musst du allein ran. Und wirst Gleichgesinnte finden. Haste ja schon.

  67. 67
    Alpha-Hasi

    @Pam

    Ich weiß, dass man den Kapitalismus nicht einfach abschalten kann, ich bin mir auch sicher, dass irgend ein anderer Mechanismus übernehmen würde, soweit will ich ja gar nicht.

    Ich sprach nicht von einer *Gleich*bezahlung, nur von einer Verhältnismäßigkeit! Die heutige Situation ist absurd und verschärft sich weiterhin. Das Grundgehalt würde unter anderm dazu führen, dass man Leistungen, die man heute erpresst, auch „angemessen“ bezahlen muss. Es gibt übrigens durchaus Leute, die *gern* Putzen und lieber so ihr Geld verdienen (würden), als zu studieren und später im Büro zu sitzen.

    Desweiteren sollte ausschlaggebend für ein Studium ein Interesse daran sein. Wohlgemerkt ein Interesse am Thema, nicht am späteren Gehalt. Fachidioten sind auch für die Wirtschaft eher eine Belastung. Leidenschaft kommt weiter. Manchmal jedenfalls – naja, zumindest idealerweise. Die meisten Hochschulen wären auch gern einen Großteil ihrer Schützlinge los. Geregelt wird das jetzt wieder mal durch die Finanzen.

  68. 68

    @malak: Ist doch schön, so ungefiltert! Und ich springe mal in Renes und Johnnys Bresche: um die Zeit war das auch bei uns (bin jetzt 28) noch relativ normal – ein paar Interessierte, viele egals und Rausch; meine Fresse… Da kommt halt erstmal der Sprung ins kalte Wasser – es scheint eine Standard-Reaktion zu sein, den so abzublocken.

    Zwar kenne ich auch noch relative viele Jugendliche, und hab den Eindruck, dass das immer schwieriger wird – ich kann Dir aber nicht genau sagen, ob das nur daran liegt, dass ich in der Zwischenzeit auch schon ein bisschen mehr Erfahrungen gesammelt habe. Geh Deinen Weg – und Utopien brauchen uns alle. Die sind nicht nur für „uns“ ;)

    @Kai: die Debatte, was die Gesellschaft von Ackermännern hat, können wir uns jetzt aber schenken, oder?

  69. 69
    Alpha-Hasi

    @leo

    Genau das mein ich! Man muss bei diesen Arbeiten endlich erkennen, dass sie einen Wert haben, der bezahlt werden muss. Gerade weil sie keiner machen will, müssten sie doch ebenso gut bezahlt werden, wie ein Vorstandsvorsitzender, der zweimal im Jahr eine Sitzung leitet und sonst nur auf Firmenfotos auftaucht. Aber soweit ich das beobachte, wird solche niedere Arbeit tendenziell immer weniger bezahlt.

  70. 70
    Axel

    Ich finde es immer komisch, dass sich in solchen Diskussionen immer sehr viele Leute mit diesen Utopien sympatisieren und dann doch eine dieser bürgerlichen Parteien wählen..

  71. 71

    Axel: Die „žUffbasse“-Partei aus Darmstadt erzielte bei der Kommunalwahl 6,8%.

  72. 72
    Peter

    @Axel: Wo wird das hier sichtbar, dass dem so ist? Das ist doch nur eine Unterstellung (alle bürgerlichen Parteien sind schlecht/und Ihr hier wählt ja eh nur bürgerlich, obwohl Ihr nicht so sprecht) oder eine Vermutung. Deine Aussage trägt sachlich nichts, aber auch gar nichts zu dieser Diskussion bei!

    Einige haben IMO den Finger hier in die Wunde gelegt. Michael und andere haben es auch ausgesprochen – das Netz und die Blogs, was sollen sie denn schon ändern? Wo wirken sie denn revolutionär? Wir können uns die Wut und den Frust von der Seele schreiben, wir können uns, ja, das können wir, zu gemeinsamen Aufständen und Aktionen verabreden. Das allein vermittelt vielleicht eine Andeutung von Macht, von Wirkung.

    Aber ansonsten geben uns diese Medienformen nur ein Werkzeug. Nichts weiter. Und dieses Werkzeug ist erst mal völlig wertfrei. Der große Teil der Gesellschaft nutzt keine Blogs. Und es wird – ob gewollt oder nicht gewollt – immer Menschen geben, die sich nicht selbst beteiligen wollen, die nur zuhören, zuschauen oder lesen.

  73. 73

    Jetzt trag ich auch noch einen Link zur Diskussion bei, ich glaube er wurde noch nicht genannt. Ein Interview mit dem Chef der Drogeriemarktkette DM, Götz Werner. Das ist ja an sich schon interessant, dass sich auch ein Unternehmer für das Grundeinkommen einsetzt (fällt doch so das Reserveheer der von Hartz4 gehetzten Arbeitslosen weg, die jeden Job annehmen müssen und so die Löhne drücken helfen). Ich denke das Interview kann einige Missverständnisse in dieser Diskussion in Sachen Grundeinkommen aufklären:

    http://asmarburg.de/gwerner2.php

    Ich persönlich finde vor allem den bereits von Johnny angesprochenen Aspekt „žAufgaben statt Arbeit“ interessant: Warum soll es einem 55jährigen, der keine Arbeit mehr findet nicht gestattet sein, sich ehrenamtlich in einem Nachbarschafts-Verein zu engagieren oder Einwandererkindern kostenlosen Sprachunterricht zu erteilen? Das geht mit Hartz 4 nicht.

    Zum Thema Ausnutzbarkeit: Das jetzige System ist auch ausnutzbar wie wir spätestens seit „žFlorida-Rolf“ wissen und dass ist auch gar nicht vermeidbar. Ich bin aber auch überzeugt, dass die meisten Menschen sich nach ein Aufgabe im Leben sehnen. Außerdem ist der Mensch viel zu materialistisch und Statusorientiert veranlagt um freiwillig darauf zu verzichten auch neben einem solchen Grundeinkommen nach weiteren Verdienstmöglichkeiten zu suchen. Aus diesem Grund funktioniert ja auch der Kapitalismus wie geschmiert und wird dies trotz aller Alternativorschläge linker Idealisten auch die nächsten 500 Jahre weiter tun… Bis dahin macht es aber Sinn wenigstens über einige Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren. Auch wenn diese noch nicht ganz ausgereift sein mögen. Das wird hier getan und ist erst mal schön!

    Erinnern möchte ich aber auch an einen weiteren Aspekt aus Renes Artikel. Das Internet und besonders Blogs als „žGegenöffentlichkeit“ und Meinungsmacht. Auch wenn ich die Hoffnung teile, dass deren Einfluß eines Tages erheblich gewachsen sein könnte und Blogs größeren Druck auf Konzerne und Politik ausüben können werden als sie dies heute tun; noch ist es nicht soweit. Noch werden allzu viele tiefgreifende Veränderungen von der deutschen Gesellschaft schlicht verschlafen. Manchmal hilft eben doch nur eins: Hoch von der Couch/ vom Bürostuhl und raus auf die Straße! Gegen Marktradikalismus! Gegen Rassismus! Für unsere Utopien! Auch hier!

  74. 74

    Kai: 1-Euro-Jobs scheitern derzeit vor allem an der Praxis, dass sie eher Druckmittel sind. Nicht die freiwillige Arbeit in sozialen Netzwerken wird hier unterstützt, sondern ein Druckmittel genutzt, um tatsächlich Leute in Jobs zu zwängen, damit ihnen nicht die Unterstützung gekürzt wird. Dass diese Jobs die Schaffung „regulärer“ Arbeitsplätze noch verhindert, ist fast der Nebenschauplatz.

    Ich glaube, niemand hier will die demokratische Legitimierung von Lösungen abschaffen. Dass solche Konzepte bereits von bestehenden Parteien gehandhabt werden, ist wohl eher Zeichen für eine gewisse, vielleicht sogar überfällige Realitätsnähe als für eine vollkommene Utopie.

    Aber noch hat diese Debatte nicht wirklich und ernsthaft die breite Öffentlichkeit erreicht. Wir hier in unserer kleinen abgeschlossenenen Paralleldiskussionswelt können aber eben dazu beitragen. Und ich bin froh, dass Du dagegenhalten möchtest. Erst so wird es eine echte Debatte. Erst so bekommt es die Chance, tatsächlich von mehr Leuten wahrgenommen zu werden. Und wenn da noch dicke Bretter gebohrt werden müssen, müssen da noch dicke Bretter gebohrt werden. Und wenn keine Mehrheit es akzeptiert, muss man da genauso mit klarkommen.

    Ausserdem lieferst Du einen schönen Punkt gegen die „Meinungsmacher schreibt, alle anderen brüllen einfach nach“-Theorie, die einigen beliebten Blogs derzeit unterstellt wird :)

  75. 75

    @Kai:

    Das ist nicht ganz richtig.

    1. Arbeitslose müssen bestimmte 1-Euro-Jobs annehmen egal ob sie möchten oder nicht. Sie können also nicht sagen: „Ich setze meine Arbeitskraft am liebsten dafür ein ausländischen Jugendlichen aus meiner Nachbarschaft bei den Hausaufgaben zu helfen.“
    Auf Beamtendeutsch: „Als zumutbar gilt jede legale, nicht sittenwidrige Arbeit.“ Ob der Betroffene in der jeweiligen Arbeit einen Sinn erkennen kann ist unerheblich!

    2. Die Dauer der Jobs ist auf maximal sechs Monate befristet. Danach ist man also wieder gezwungen sich zu bewerben bzw. alles „anzunehmen was nich sittenwidrig ist.“

    Hinzu kommt das von dir ja bereits angesprochene Problem…

  76. 76

    Hey, malak – „No future“ war unser Credo (also Johnnys Generation, meine… Punk und der ganze Crap) – ihr macht das nur nach!

    Wie Johnny schon bemerkte: in diesem Alter negiert man alles, das gehört zur Entwicklung, alles andere wäre ungesund.
    Und Zukunft? Gab’s nie.
    Wir hatten damals Schiss vorm Atomkriesch, dessen baldiges Eintreffen uns stets suggeriert wurde – ihr habt die Totalüberwachung und die erste deutsche Bundeskanzlerin.
    Siehst du – gearscht sind wir alle. Es sind nämlich alles leere Versprechen. Der ersehnte Atomkriesch lässt immer noch auf sich warten, die Russen sind gezz unsere Kumpels. Die haben uns so lieb, dass sie unserem Altkanzler einen Job gaben.
    Und die Totalüberwachung – tja, DAS ist euer Baby!
    Allerdings denke ich, dass auch da nicht alles so heiß gegegessen wie’s gekocht wird. Wat wollen se denn machen? Das ganze Volk einbuchten?

    Nur zu – im Bau gibbet auch 3 Mahlzeiten am Tag – und mit etwas Glück lernt man interessante Menschen kennen, mit denen man eine Zukunft planen kann (ums mal salopp auszudrücken).
    Neben all der Verdrossenheit, Verzagtheit und all dieser ständigen Muffe vor irgendwas, tut ein wenig Nihilismus gut. „I give a fuck about it“ – das stimmte damals genauso wie heute und es wurde auch damals schon genauso gelebt, wie heute von deinen Altersgenossen. OK, wir hatten keine Klingeltöne und kifften nicht in der U-Bahn. Und wir hatten (später dann) scheiß lahmarschige Computer. Es war „anders kagge“ – besser war es nicht.

    Back to topic:
    so toll ich den ollen Artikel in Brand 1 fand (in der „Zeit“ war letzten Sommer ein ähnlicher) und so sehr ich’s schätze, dass Rene das Thema in den Spreeblick holte, ist ein kleiner Reality-Check angebracht. Der Artikel in Brand 1 verrät uns nämlich warum es bei einer Utopie bleiben wird. „Der Staat braucht dann weniger Bürokratie…“, heißt es dort.
    Ah ja – und wer glaubt nun, dass die Bürokraten sich ihre Pfründe, nein, ihre ganze verdammte „Existenz-Berechtigungsgrundlage“ einfach wegnehmen lassen?
    Ehe das passiert, richtet man für ALG2-Kandidaten Arbeitslager ein. Und Großkonzerne wie Siemens (ect.) können sich „bedienen“ – wie damals…
    Und damit sich keiner wehren kann und Widerstand im Keim erstickt wird, erläßt man so putzige „Anti-Terrorgesetze“.
    Glaubt denn wirklich jemand, dass die Auskunftspflicht für Provider – die aus der Vorratsdatenspeicherung hervorgeht, welche UNS vor dem bösen Terroristen schützen soll – nur der Musikindustrie vorbehalten bleibt? Glaubt wirklich jemand, es geht dem Gesetzgeber darum, den P2P-Kiddies ein paar MP3s wegzunehmen? Wenn die Grundlagen erstmal geschaffen und geschluckt sind, wird jeder Großkonzern deine Daten durchsehen können. Irgendwann „war das halt schon immer so“ – darauf baut man, deswegen ist es in 1. Linie euer Baby. Wir – die alten Säcke – können über die Entwicklung eh nur noch den Kopf schütteln, insgeheim zynisch grinsend, wissend, dass uns das Schlimmste erspart bleibt, weil wir’s „bald hinter uns haben“.

    Und BTW: glaubt jemand, dass die Soldateska nach dieser unsäglichen WM wieder in die Kasernen wandert? Oder wird hier nur general-geprobt?
    Der Staat hat eine unheimliche Muffe vorm Volk, und die ist berechtigt. So gesehen, wäre diese finanzielle Grundversorgung die beste, weil sanfteste Lösung für alle. Aber das wird nicht passieren, denn das miesere System macht letztendlich immer das Rennen. Sonst wäre MS nicht Weltmarktführer und Autos müssten nicht mehr mit Benzin rumeiern.

  77. 77
    Axel

    @ Peter:
    Es geht mir hier eigentlich nicht darum einzelne Leute wegen dem, was sie Wählen zu denunzieren. Ich führe jedoch oft Gespäche mit sehr verschiedenen Leuten über Utopien wie diese. Fast immer gibt es sehr sehr viele Sympathisanten. Und doch schlägt sich dieses subjektive Empfinden in den meisten Wahlergebnissen nciht nieder. Das ist das, was ich damit sagen möchte.

    Ein Beispiel; ich hoffe Johnny ist mir nicht böse und ich hab ihn damals nicht falsch verstanden:
    Vor einiger Zeit hat er gepostet oder gepodcasted, dass er ein alter spd-ler sein (ich glaube so hatte er sich ausgedrückt – es ging damals um die Bundestagswahl). In dem Kommentaren schreibt er hier:
    „Ich finde die Idee aber nicht nur auch hervorragend, sondern bin davon überzeugt, dass kein Weg daran vorbeiführt.“

    Das denke ich auch aber das hat doch eigentlich nichts mit der Politik der SPD zu tun?!

  78. 78
    BrokenDreams

    Kai wirkt auf mich wie jemand, dem es gut geht und der davon auf gar keinen Fall etwas an den Falschen abgeben möchte. Wie hier schon jemand bemerkte: du kannst mit einem Grundeinkommen doch die gleiche Entscheidung treffen und zu Hause bleiben. Wenn es dich denn zufrieden stellt.

    Stellt euch doch mal vor. Niemand mehr muß für den Personennahverkehr bezahlen, Autos stehen frei verfügbar auf der Straße rum. Vorstellbar, daß man einfach in einen kleinen Twingo einsteigt, weil man eh nur 500 Meter fährt, statt in den dicken BMW? Jeder weiß, daß es nicht mein Auto ist, so ist die Größe also egal.

    Ich wette, viele Menschen hätte daran zunächst zu nagen: nicht mehr zeigen zu können, was sie (erarbeitet) haben.
    Aber das ist meine Utopie. Es muß nichts mehr bezahlt werden. Alles frei verfügbar. Jeder nimmt, was er braucht.

    Wird der Mensch je soweit sein?

  79. 79

    „Es kann keine Revolution ohne radikale Veränderungen im Erziehungswesen geben.“ – H.G. Wells
    „Der Grund jeder Revolution ist eine Unzufriedenheit mit der Zufriedenheit anderer.“ – Sigmund Graff
    „Revolution ist nicht ein kurzer Akt, wo mal irgendwas geschieht und dann ist alles anders. Revolution ist ein langer komplizierter Prozess, wo der Mensch anders werden muss.“ – Rudi Dutschke

    Wegen den genannten persönlichen veränderungen ist es nicht möglich in unser jetziges System das Grundeinkommen einzupflanzen. Das wächst da einfach genausowenig wie englischer Rasen in der Sahara.
    Aber für das alles ist ein konkreter Hebelpunkt vonnöten, der Menschen an Ihre Existenz bringt. Nicht so ‚harmlos‘ wie Harz4 oder ‚überwacht werden‘ sondern richtig existenziell.
    Von selbst passiert da nichts. Und aus reiner Vernunft leider wohl auch nicht.

    Achjo Arbeit ist die maßgeblichste Selbstbestätigung in unserem System, wenn man einem Menschen die Arbeit nimmt, dann nimmt man Ihm das Selbstwertgefühl. Und das führt mittelfristig (siehe Frankreich) zu Gewalt. Die Arbeitsqualität wird hier über Geld definiert deswegen auch solche Ackermanngehälter, ohne soviel Geld währe er unter seinen Kollegen einfach ein armer Tropf und würde nicht akzeptiert werden.

  80. 80

    @Kai:
    Das Grundeinkommen ist für alle gleich hoch. Die Finanzierung ist jedoch einkommensabhängig. Genau wie es jetzt auch ist, oder jedenfalls sein sollte.

  81. 81
    ben

    bei der ganzen theorie um zukunftsvisionen möchte ich kurz anmerken, dass ich jung und wütend bin. wütend auf eine politik, die sich nur für sich selbst und ihr abschneiden in talkshows kümmert, eine wirtschaft die sich nur noch um renditen dreht, menschen, die sich als humankapital verwursten lassen und immer noch genug zeit finden sich von klotzhohler scheiße in den medien narkotisieren zu lassen; wütend auf obrigkeitshörige abgestumpfte menschen, die in duldungsstarre verfallen, wenn man ihnen zeigt, dass sie egal sind. um wütend zu sein brauche ich kein abitur, kein abgeschlossenes studium, keinen job, keine familie. und ich bemerke in meinem umfeld, dass die wut steigt.
    wut braucht keine utopie, wut braucht keine vision. um wut zu haben reicht es sich bewusst zu werden, dass es so nicht sein kann. das wird gerne übersehen, bei der ganzen differenzierei von zukunftsvisionen.
    und das blogdings ist keine parallelgesellschaft, sondern eben ein teil von ihr, so wie immer alles nur in einem teil der gesellschaft angefangen hat. ja ich weiß, sehr plakativ und scheinbar unreflektiert aber wütend;)

  82. 82

    tolle diskussion!
    ich finde die idee des bedingungslosen grundeinkommens auch hervorragend!
    und ich kann mich nur mtf anschließen: wer glaubt, dass bei einem bedingungslosen grundeinkommen keiner mehr etwas arbeiten wollen würde, der irrt sich gewaltig!
    jeder mensch braucht aufgaben.
    die kalte leistungsgesellschaft ist schlecht und veraltet. zum glück erkennen das immer mehr menschen.

  83. 83
    Axel

    sams Gedanken mit den Worten des Psychoanalytikers Erich Fromm:

    „In der modernen Gesellschaft wird davon ausgegangen, dass der Habenmodus der Existenz in der menschlichen Natur verwurzelt und daher praktisch unveränderbar sei. Diese Idee liegt dem Dogma zugrunde, der Mensch sei von Natur aus faul und passiv und würde weder arbeiten noch sonst etwas tun, wenn ihn nicht materielle Anreize dazu verlocken bzw. Hunger oder Angst vor Strafe ihn dazu antrieben. Dieses Dogma wird allgemein akzeptiert und es bestimmt unsere Erziehungs- und unsere Arbeitsmethoden. Aber es ist wenig mehr als ein Ausdruck des Wunsches, den Wert unseres gesellschaftlichen Arrangements zu beweisen, indem man ihnen bescheinigt, dass sie den Bedürfnissen der menschlichen Natur entsprechen. Den Angehörigen vieler verschiedener Kulturen der Vergangenheit und der Gegenwart würde die Theorie von der angeborenen menschlichen Selbstsucht und Faulheit ebenso phantastisch erscheinen wie dessen Gegenteil uns.“

  84. 84

    Der Artikel ist spitze. Genau so etwas brauchen wir, und wir brauchen auch den Diskurs, der hier schon seit 97 Kommentaren läuft. Oben hat jemand geschrieben, dass die Blogosphäre ein in sich geschlossener Kreis ist und die Diskurse in den Blogs an der Öffentlichkeit vorbei gehen. Ich sehe das völlig anders. Das Internet ist Teil der Öffentlichkeit, und Blogs etablieren sich mehr und mehr.Und revolutionäre Bewegungen fangen immer mit einer Minderheit an. Widerstand formiert sich zwar insgesamt global, guckt nach Frankreich, zu den linken Regierungen in Südamerika, usw. Aber die „kleinen“ Kreise, die hier z.B. mit Blogs gezogen werden, das sind die Ausschlaggebenden.

  85. 85

    Um dem Aspekt „Menschen brauchen Aufgaben“ ein Beispiel zu geben, dass ich nicht nur einmal in meinem Umfeld erleben durfte:

    Es gibt z.B. eine Menge Menschen die ihre Aufgabe, und all ihr tun darin sehen, möglichst erfolgreich in World Of Warcraft zu sein. Das kostet dann 2 Semester, 1 Jahr Schmarotzen in fremden WGs oder einfach mal Zurücklehnen denn das Arbeitsamt zahlt ja. Das projeziere ich nicht auf alle, aber darüber muss man trotzdem nachdenken, denn man kann sich nicht sicher sein, dass alle den gleichen Gedanken hinter „Selbstverwirklichung“ und dem Drang nach Aufgaben haben. Wie Kai ja nun schon sagte. Was nichts zur Gesellschaft beiträgt, kann und darf nicht vergütet werden.

  86. 86

    es gibt menschen die reden, und es gibt menschen die handeln. aber träume und phantasie beleben bekanntlich den geist.
    übrigens gibt es durchaus ausgeklügelte modelle der grundversorgung. aber wieso schaffen wir es nichtmal, dass kleine kinder nicht tagtäglich in afrika verdursten oder an krankheiten sterben, weil sie verseuchtes wasser trinken usw. da wäre eine grundversorgung auch mal angebracht.

  87. 87

    Als Kenner und Betroffener des MMORPG Phänomens (das ist mehr als nur World of Warcraft) habe ich die Erfahrung gemacht, das diese Form der Realitätsflucht besonders in Ihren krankhaften Auswüchsen die Suche nach Akzeptanz ist, die man aus einem Ideologischen Konflikt nicht in der Realität ausleben möchte. Oder die man aus einem anderen Konflikt nicht ausleben kann.
    Hier geht es um digitale Items als Statussymbole usw. aber man weiss das es zum Glück nur ein Spiel ist und das deswegen woanders niemand verhungert. Das läuft natürlich bei Jugendlichen meist nicht bewusst ab.
    Das ganze auf die leichte Schulter zu nehmen und als ‚Faulheit‘ oder ’sich nen lauen Lenz machen‘ abzutun ist zu simpel.

  88. 88

    Zum Thema ‚Leute, die nicht arbeiten wollen‘:

    Klar gibt es die. Es wird sie immer geben, die Warcraft-Spieler, Kinder-Erzieher, Langschläfer, Blogger und Nichtstuer.
    Und das ist gut so: Wer tatsächlich der Meinung ist, hierzulande könnte irgendwann mal wieder Vollbeschäftigung – man denke sich das in den schönen ’sozialversicherungspflichtigen Anstellungen‘ – geben, der irrt ganz einfach. Für wieviel Prozent der Bevölkerung wird es denn in Zukunft ‚klassische‘ Jobs geben? 90, 80, 70% – noch weniger? Der Rest – egal ob er arbeiten will oder nicht – wird doch eh ‚mitfinanziert‘ (und das ist auch gut so).

    Will sagen: Ja klar, es gibt Leute, die haben keine Lust auf einen acht-Stunden-Tag. Aber es gibt auch gar nicht genug zu tun. Das ist ein Fakt.
    Sollen wir also weiterhin so tun, als ob Vollbeschäftigung nur eine Frage der Zeit/ des Wirtschaftswachstums/ der Regierung wäre? Umschulungen, Födermaßnahem, 1-Euro-Jobs für Leute, die selbst schon lange begriffen haben, wie sinnlos das alles ist? Und trotzdem immer fordern, dass sie sich jeden Monat beim Amt melden und so tun als würden sie sooo gern wieder arbeiten?

    Arbeitslosigkeit ist nicht das große Problem. Die Senkung der Arbeitslosenzahlen ist nicht das nötigste Ziel der Politik. Vielmehr muss es darum gehen, die Gesellschaft in einer Zeit, in der es eben nicht genug Arbeit gibt, gerecht zu gestalten.

    Und übrigens: Ich finde es prinzipiell gut, dass wir nicht mehr alle den ganzen Tag in Kohlegruben und an Fließbändern schuften müssen. Erwerbsarbeit ist kein Wert an sich.

  89. 89

    „Wie Kai ja nun schon sagte. Was nichts zur Gesellschaft beiträgt, kann und darf nicht vergütet werden.“

    @ macsepp: aber volksverdummung, großkapitalismus und globalisierung tragen etwas zur gesellschaft bei, ja?
    also nee, da muss man sich erstmal damit auseinandersezen, wer es überhaupt ist, der etwas zur gesellschaft beiträgt.
    großes stichwort: werte!

    frage: ein international angesehener großkonzern produziert billig und ausbeuterisch in den dritte welt ländern. der konzert verdient ordentlich. aber dem konzern reicht das immer noch nicht. um noch mehr profit zu machen, schließt er nach und nach seine ganzen werke in deutschland , denn die kosten ja viel zu viel, da die löhne in D seiner meinung nach viel zu hoch sind. er kann es ja schließlich billiger haben.
    und so macht das nicht nur der eine, so machen das fast alle.
    weiß ja auch jeder.
    aber der konzern ist großverdiener. trägt er etwas zur gesellschaft bei?

  90. 90

    Also ich kann dem nicht voll zustimmen, das es nicht genug Arbeit gibt. Es ist zum Beispiel unheimlich viel Arbeitspotenzial in der Bildung, der Umweltpflege und und und vorhanden, die aber nicht unter dem jetzigen Blickwinkel der Ökonomie erbracht werden können. Mit anderen Worten es ist ‚unwirtschaftlich‘ eine Schulklasse mit vier oder fünf Lehrern zu unterrichten. Und spätestens wenn es darum geht hier alles sauberzuhalten wird deutlich: Die Arbeit kann nie zuende sein.
    Es kommt halt nur darauf an wie Arbeit definiert wird, damit Leute auch manche Aufgaben mit vollem Herzen machen können und hinterher mit einem guten Gefühl nach Hause gehen können, auf der Strasse gegrüsst werden und sich beim Klassentreffen nicht von irgendwelchen Schnöseln fertigmachen lassen müssen.

    Arbeitslosigkeit ist das Problem, das bei den Betroffenen zu Realitätsflucht, gemindertem Serlbstwertgefühl, Wut, Kinderlosigkeit usw. führt. Weil man ein ‚Assi‘ ist wenn man keine Arbeit hat.

  91. 91

    es gibt auf jedenfall genug arbeit.
    es gibt nur leider zu wenig angemessen bezahlte arbeit.

  92. 92

    Und ich habe gerade genau versucht das nicht absolut auf Geld zu reduzieren. Es geht darum, das sich jeder für seine Arbeit eine Akzeptanz in der Gesellschafft erhofft. Das diese Akzeptanz bei uns nur über unseren Hauptgott Mammon funktioniert ist eine systemspezifische Besonderheit.
    Können wir uns auf ‚es gibt nur leider zu wenig angemessen entlohnte arbeit‘ einigen?

  93. 93

    @ hermes: ja, darauf können wir uns einigen. ;-)

    aber geld ist halt im moment unser zahlungsmittel.
    und mich regt es auf, dass es so viele unterbezahlte jobs gibt.
    mich regt es auf, dass sich die menschen so betrügen und ausbeuten lassen.
    mich regt es auf, dass die situation insgesamt so verzwickt ist.

  94. 94

    Das krasse ist ja, das wir nicht nur betrogen und ausgenutzt werden, sondern das wir gleichzeitig auch noch Teil einer riesigen Verwurstungsmaschine sind, die unterdrückt und ausbeutet.
    Diese Doppelfunktionen führen ab bewusst oder unbewusst wargenommen zu der von Dir beschriebenen Wut und der Aussage, das alles so verzwickt ist.
    Es ist eine gewollt paradoxe Situation, weil man Menschen in einer Situation in der sie sich nicht entscheiden können (oder in der jede Entscheidung falsch ist) paralysieren kann.
    Nur der angeblich so primitive Neandertaler in uns kennt überhaupt eine Antwort auf diese Paradoxien: Kaputmachen.

  95. 95

    sam, natürlich trägt Globalisierung was zur Gesellschaft bei!
    Volksverdummung und Großkapitalismus natürlich nicht, zumindest nichts positives. Deswegen behaupte ich solche Sachen ja auch nicht, blöd wär ich ja. ;)
    Ich hab auch nicht behauptet dass alles was vergütet wird zur Gesellschaft beiträgt, sondern dass alles was an Tätigkeit und Arbeit zur Gesellschaft beiträgt vergütet werden sollte.
    Das große Stichwort „Werte“ unterstreiche ich sehrwohl. Nur weil man nicht bereit ist seine Abgaben noch mehr mit WoW Zockern (das nehm ich jetzt wieder als stellvertretendes Beispiel für Leute die es sich lieber bequem machen und finanzieren lassen) und Couchpotatoes zu teilen heisst das nicht das man möglichst konservativ auch noch auf der Großkapitalisten Schiene fährt?
    Ich bin Student mit Nebenverdiensten und nicht der böse Konzernboss oder geizige Großverdiener!
    Könnte man das in dieser Diskussion bitte mal voneinander trennen?

  96. 96

    @ hermes: stimmt! das ist das schlimmste: wir hängen da alle in dieser maschine drin. nein, wir sind ja sozusagen sogar das große rad, das den ganzen mist am laufen hält…
    also was können wir dagegen tun?
    back to the neandertaler?
    eines ist aber sicher: es wird etwas passieren. die frage ist nur wann. ich glaube, noch geht es den meißten zu gut in D.

    zum thema 1 € job muss ich auch noch meinen senf abgeben: 1 € jobs sind definitiv jobkiller. und die massenhaft praktikas sowieso.
    ich kann mich an meine jugend erinnern, wo ein praktikum einzig dazu da war, einen einblick in einen beruf zu bekommen.
    heutzutage werden überall praktikanten eingestellt (die dann natürlich auch alles schon können müssen), die dann eine richtige vollzeitstelle belegen.

    übrigens: Alpha-Hasis 69. kommentar möchte ich auch nochmal ganz dick unterstreichen.

  97. 97

    Gut, dann müssen wir aber bei den Startbedingungen die Dich von den meisten ‚WoW-Zockern‘ und ‚Cochpotatoes‘ trennen anfangen. Du studierst und lebst warscheinlich in einer Gesellschaft in der die Leute sagen: Hey aus dem wird mal was. Glückwunsch, mit harter Arbeit verdient .. keine Frage.
    Das ist das was die nicht haben. Solche Aussichten wünscht sich der alkoholkranke Arbeitslos wieder zurück und sie sind Teil seiner Drogenspirale.

    Warum musst du Dich von denen distanzieren, anstatt sie verstehen zu wollen?
    Meinst du die Leute haben sich das ausgesucht oder machen das gerne??
    Meinst du ein WoW zocker hat lieber keine Freundin? Meinst du der Couchpotatoe hat keinen Bedarf an einem abenteuerlichen Leben voller Leute die Ihn akzeptieren?

  98. 98

    @ mcsepp: nein, die globalisierung die wir erleben trägt nichts zur gesellschaft bei. im gegenteil!
    die globalisierung, die wir erleben, ist einzig dazu da, dass die reichen noch reicher werden, und die armen noch ärmer. da geht es nur um eine globalisierung ds kapitals.
    für die menschen interessiert sich da keiner.
    oder warum gibt es die globalisierung, noch bevor sich die menschheit überhaupt richtig untereinander verständigen kann?
    wie kann man z.b. eine globalisierung veranstalten, ohne eine einheitliche sprache zu sprechen, so dass sich überhaupt jeder mit jedem verständigen kann?
    wie kann man eine globalisierung veranstalten, solange die welt noch in mehrere klassen aufgesplittet ist?

    inwiefern trägt die globalisierung etwas zur gesellschaft bei? was haben wir menschen wirklich davon? das möchte ich jetzt wirklich mal wissen.

    btw: wenn du wüsstest, wofür deine abgaben so alles eingesetzt werden…

  99. 99

    Tja Kai, der verblendete bist du.
    Das zeigt sich schon alleine daran, das wir sowieso langfristig von der ganzen ‚dritten Welt‘ die Frage gestellt bekommen werden, wie das hier alles so abgelaufen ist. Und das werden keine friedlichen Fragen mit lecker Tee dazu sein.
    Das was du betreibst nennt man nett ausgedrückt ‚Recht des Stärkeren‘. Du lässt zum Beispiel in Deiner Welt keinen Platz für Behinderte oder Leute bildungsferner Schichten.
    Kurzum wenn jeder in der Welt sich so verhalten würde wie du …

    Schon mal etwas vom Kants kathegorischem Imperativ gehört?

  100. 100

    Lieber Kai, danke, dass Du uns mangelndes Demokratieverständnis vorhältst. Angesichts der Tatsache, dass wir hier in einem verfassungsmäßig verankerten Sozialstaat leben, und dieser nun mal eine gewisse Umverteilung voraussetzt, solltest Du allerdings vielleicht mal eher Deins auf den Prüfstand stellen.

    Was wir hier „revoluzzern“ sind lediglich Überlegungen, wie man aus diesem Staat, der momentan zu einem Großteil nur noch auf dem Papier sozial ist, wieder was machen kann, was für alle gut ist. Dass diese Überlegungen erstmal auch extreme Positionen einnehmen ist übrigens Grundlage für so ziemlich jede demokratische Entscheidung.

  101. 101

    @ kai: du sprichst in deinen kommentaren oftmals von demokratie. anscheinend ist dir ganz und gar entgangen, dass wir uns mittlerweile in einer scheindemokratie befinden. bzw. sogar in einer oligarchie.

    und du entscheidest ganz bestimmt nicht, wofür deine abgaben ausgegeben werden. oder bekommst du die möglichkeit, das irgendwo zu bestimmenß nein. du erhältst ja noch nichtmal einen bescheid darüber, wieviel deines geldes in rüstung oder für irgendwelche high society-galas investiert wurde…

  102. 102

    Achja und da ist noch etwas: Es steht hier überhaupt nicht jedem frei nicht beim Großkapitalisten zu kaufen. Warscheinlich existiert nicht einmal die Möglichkeit, weil die Warenwege alle stark genug ineinander verzahnt sind. Aber selbst wenn die Möglichkeit bestünde: Es könnte sich keiner leisten.

  103. 103

    @ kai: wir sind die korrupten, da wir jeden tag zusehen, wie in afrika tausende menschen sterben. tag für tag, stunde für stunde, sekunde für sekunde…

    china steht heute besser da? haha, das ich nicht lache. den konzernen geht es in china heute besser. so stimmt der satz.
    schau dir doch mal das leben des normalen menschen in china heutzutage an. da gibt es keine zeit mehr für reflektion des eigenen lebens und der lebensumstände. arbeit, arbeit, arbeit. das ist alles…

  104. 104

    @ kai: naja, vielleicht brauchst du ja auch noch etwas zeit, die lage vernünftig einzuschätzen. wir können uns ja in 20 jahren nochmal unterhalten… ;-)

  105. 105

    @Kai: Die Grenze die zu zu zwischen ‚Leuten die keinen Bock auf Arbeit haben‘ und ‚Leuten die nicht arbeiten können‘ ist genauso schwammig wie Dein Vorwurf das wir alle Bono zujubeln und es völlig ok finden, das in Afrika miltärische Diktaturen herrschen, die größtenteils Ihre Herrschaftslegitimation aus den ‚Industrieländern‘ beziehen.
    Das sich Asien gut entwickelt hat nichts mit dem Freihandel zu tun, der sich absolut nicht mit unseren Subventionen (bestes Beispiel Agrarsubventionen) verträgt. Eher sind dies Früchte, die durch Ideendiebstahl, den ich den Chinesen (Beispiel Transrapid) auch gar nicht übelnehme. Warum soll man als China für ein Produkt bezahlen, dessen Einzelteile sowieso schon lange in China hergestellt werden.
    Der Arbeitsloste ist frustriert und sieht es als eine Strafe Spargel stechen zu müssen. Er wird von den Arbeitsagenturen gedemütigt und von jedem ‚ordentlich verdienenden‘ Menschen als arbeitsunwillig abgestempelt. Kurz er sieht überhaupt keine Veranlassung für das was Ihm aus seiner Sicht wiederfährt sinnvolle Arbeit zu leisten.

    Das sich die ganze Thematik hier nicht ausdiskutieren lässt ist mir klar, aber das hindert mich trotzdem nicht daran den Versuch zu unternehmen. Genauso wie du nicht wissen kannst ob du jemals einen Job nach dem Studium zu bekommen wirst. Der Versuch ist trotzdem sehr lohnenswert.

  106. 106

    @ kai: auf keinenfall verniedliche ich hier irgendetwas.
    wir sprachen von globalisierung. und ich möchte darauf hinweisen, dass die globalisierung (wie wir sie heute erleben) nur dem kapital etwas nutzt.
    ich würde china einfach nicht als vorbildliches beispiel zug um zug mit der globalisierung bringen. den menschen ging es früher schlecht. den menschen geht es heute aber auch schlecht! das leben ist doch nicht nur dazu da, dem kapital zu dienen!!!
    oder lernt man das heute im studium der politikwissenschaft?

    ich will mich hier auch nicht anfeinden. ganz und gar nicht. aber mich regen derartige meinungen einfach auf. gerade bei jemanden, der politikwissenschaft studiert.

  107. 107

    „der Gedanke, dass alles wirtschaftliche Handeln letzlich dem Menschen dienen muss und nicht umgekehrt“

    genau. das unterstreiche ich fett.
    so sollte es eigentlich sein.
    damit sind wir wieder bei den utopien angelangt.

  108. 108

    Jetzt sind wir doch einer Meinung. Natürlich kann es nicht Sinn sein, den bösen Kapitalisten alles in die Schuhe zu schieben um einen Feind zu finden.
    Es hatte sich wohl nur kurz so angehört, als würdest du auch schwarzweissmalen mit Deinen Differenzierungen zwischen Arbeitswilligen und Arbeitsunfähigen und manchen anderen Argumenten.

    Übrigens was soll das immer die heutige Kapitalismuskritik an die 68er zu knüpfen. Das hier ist 32 Jahre später. Und wenn die Argumente immer noch nicht todzukriegen sind, dann haben sie auch noch heute Ihre Berechtigung. Die Bedingungen unter denen es damals zu antikapitalistischen Parolen kam sind andere als die die heute existieren. Und komm mir bitte nicht mit der Schwarzweissmalerei, das wir Kommunismus meinen, denn es gibt auch bei den Kapitalsystemen manigfaltige Graustufen usw.

    Najo Kapitalismus war nicht das Topic.
    Und Entschuldigung, das ich da oben in manchen Kommentaren, im Eifer der Argumentation, Satzenden verschluckt habe.

  109. 109
    Alpha-Hasi

    Kai, Du schriebst von den „Gewinnern“ der Globalisierung und als Beispiel nennst Du China, für Dich oben ein „Gewinner abseits der bösen Großkonzerne“.

    Da muss es schon erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass der „Fortschritt“ in China auf dem Papier und der Satistik stattfindet und der Gewinn fast ausschließlich in den Geldbörsen eben jener Großkonzerne landet. Dieser Hinweis entschuldigt weder Diktaturen oder „Kulturrevolutionen“ früherer Zeiten. Dass in der Gesammtsumme mehr erwirtschaftet wird und es dem „Staat“ und seinen Bürgern *im Schnitt* besser geht, ist aber vor allem dann ziemlich wurscht, wenn die Masse an Leuten, die in Armut lebt (oder, wie in China verhungert) beständig wächst. Wem nutzt das Kapital da? „Den Menschen“? Und wenn nach ein paar Jahren auch etwas mehr Gesundheitspolitik betrieben wird und man aus den riesigen Töpen Almosen nach unten schmeißt (schließlich ist man ja irgendwie auch angewiesen auf die Ameisen), ändert sich nur die Optik der Armut. Es verhungert keiner mehr, aber das Geld und damit die Freiheit zu Leben, bleibt in den kleinen abgeschotteten Bereichen, in denen es sich heut schon befindet.

    Es gibt auch für Deutschland einen höchstoffizellen „Armutsbericht“, dieser dokumentiert, wie die Menge an „Menschen in Armut“ immer schneller wächst. Und längst betrifft das nicht mehr nur ein kleines Grüppchen von Arbeitslosen. Das „Land“ selbst ist dabei merkwürdigerweise nicht ärmer geworden. Also wo ist das Geld? Wieso wird die Polarität zwischen arm und reich immer größer? Liegt das alles daran, dass die Menge nicht arbeiten will? Es der Arme also nur nicht genug versucht?

    Das System erinnert an den absolutistischen König, dem alles – Geld wie Menschen – gehört und der seine Umgebung durch ihre Abhängigkeit von Zuwendungen im Griff hat. Damals gab es quasi kein „unabhängiges“ soziales Netz. Der König war identisch mit dem Staat. Nach langen Zeiten (und Kämpfen) hat sich heute ein Staat entwickelt, der eine soziale Sicherung garantieren möchte. Es wurde entdeckt, dass eine soziale Absicherung innerhalb einer Gemeinschaft auch Vorteile für alle bringt. Das funtionierte eine Weile, aber durch oben beschriebene Spirale hat der Staat keine finanziellen Mittel mehr. Wie beim König, liegt das Zahlungsmittel mehr und mehr in „einer“ Hand, die sich aber größtenteils dem „sozialen Zugriff“ entziehen kann (Abschreibungen, private Versicherungen etc.). Man muss nicht studiert haben, um zu sehen, dass kein soziales Netzwerk das halten kann, wenn weiterhin die Geldströme so ungebremst polar aufgeteilt werden. Aber was macht der Staat? Er schränkt Leistungen ein, er erhöht seine Einnahmen hauptsächlich auf der Seite, auf der ohnehin schon immer weniger ist.

  110. 110
    Alpha-Hasi

    Ich sehe weder die Möglichkeit, den Kapitalismus abzuschaffen, noch glaube ich, dass es besser wird, wenn man „Kapital“ durch „Ideologietreue“ ersetzt.

    Ich möchte aber dennoch, dass es nicht länger selbstverständlich bleibt, dass der eine statt 100 in Zukunft 120 verdient und der andere zufrieden sein soll, wenn er statt 10 vielleicht 12 bekommt. Prozentuel mag das gleich sein, aber gerecht ist es nicht. Und es verschärft die Situation. Arbeit mus aufgewertet werden.

    Und so komme ich wieder zum Grundgehalt, dass *innerhalb* des kapitalistischen Systems *zwingt* heut ignorierte Arbeit aufzuwerten.

  111. 111

    Alpha-Hasi 128 & 129: Chapeau!

  112. 112
    jsrn

    Ich möchte hier mal Kais These, dass es auch durchaus
    Gewinner der Globalisierung „abseits der Großkonzerne“ gibt,
    durch ein Beispiel untermauern: bei uns an der Uni gibt es
    sehr viele Chinesen, die vor allem technische Studiengänge
    belegt haben. So wie auch ein guter Freund von mir, der letzes
    Jahr seinen Abschluss gemacht hat. Er hat jetzt eine
    Stelle bei einer deutschen Firma gefunden, bei der er zunächst
    ein Jahr als Trainee arbeitet, danach in die chinesische
    Niederlassung dieser Firma nach Pecking geschickt wird – wo auch
    seine Freundin wohnt, insofern ganz schön für ihn.
    Er wird in Peking für chinesische Verhältnisse sehr gut
    verdienen – obwohl also die deutsche Firma natürlich auch ihren
    Profit macht, gewinnt er und seine Familie auch etwas dabei.
    Ein paar Sachen werden daran deutlich, denke ich:
    – das traditionelle Feindbild ausbeuterischer Großkonzern versus
    versklavte Arbeiter greift manchmal zu kurz (im übrigen handelt
    es sich bei der Firma um ein mittelständisches Unternehmen, keinen
    Konzern und als solches sind die beileibe nicht allein in China)
    – auch wenn eine Firma / ein Unternehmer Gewinn macht können
    die Angestellten trotzdem davon profitieren
    – auch das ist Globalisierung

    Ein anderes Beispiel: Ein Inder, der bei uns im Wohnheim auf dem
    Flur gewohnt hat, hat hier seinen Master gemacht und nebenbei
    sehr viel als Werksstudent bei SAP gearbeitet. Inzwischen hat
    er seinen Master abgeschlossen und arbeitet für die SAP-Niederlassung
    in Moskau, neben einem guten Gehalt wird ihm eine Wohnung relativ
    zentral gestellt – wer sich schonmal die Wohnungspreise in Moskau
    angeschaut hat, weiß, was das wert ist.

    Ich weiß natürlich, dass diese beiden Beispiele nicht unbedingt
    der generellen Statistik entsprechen. Aber Einzelfälle sind es
    eben auch nicht – ich könnte noch viele Leute aufzählen, die
    jetzt etwas machen, was sie ohne Globalisierung nicht hätten
    machen können.
    Was daraus für mich folgt ist zum einen, dass man tatsächlich
    nicht Schwarz-Weiß malen sollte, zum anderen aber natürlich, wie
    möglichst vielen Menschen, die heute solche Möglichkeiten noch
    nicht haben, diese eröffnet werden könnten.

  113. 113

    Klar, für die gut Ausgebildeten mit genug Geld/Freiheit für Mobilität ist die Globalisierung eine tolle Sache. Ich glaube das bestreitet auch niemand ernsthaft.
    Auch Rene hat sich ja durchaus positiv zur Globalisierung geäußert. Schade, dass diese Aspekte auf Grund der ganzen Grundeinkommens/Kapitalismus-Debatte leider etwas in Vergessenheit geraten sind:

    „Unsere Utopie erstreckt sich auf das Urheberrecht, von dem zumindest ich denke, dass es aus der Steinzeit kommt und nicht den Urhebern zu Ihrem Recht sondern der Verwertungsindustrie zu Ihrem Reibach verhilft. Doch deren Zeit ist abgelaufen. Wir haben die schon längst weggeklickt. Unsere Utopie erstreckt sich auf freie Bildung, auf vernetztes Wirtschaften, auf die Freiheit der Rede und die Freiheit unserer Meinung, auf die Achtung von Natur als dem Schoß aus dem wir stammen, auf Zivilcourage und Kultur. Unsere Utopie steht überall geschrieben. Also versucht nicht, uns zu erzählen, wir hätten keine.“

  114. 114
  115. 115
    jsrn

    > Klar, für die gut Ausgebildeten mit genug Geld/Freiheit für Mobilität ist
    > die Globalisierung eine tolle Sache. Ich glaube das bestreitet auch niemand
    > ernsthaft.

    @Niels: wobei die von mir erwähnten Bekannten eben gerade nicht aus traditionell
    reichen Akademikerfamilien kommen. Die haben sich das selbst erkämpft – klar,
    damit gehören sie schon mal zu den Stärkeren dieser Welt. Die Frage ist nur:
    Hätten sie sich das auch erkämpfen können ohne die Globalisierung? Ich habe
    da so meine Zweifel.

  116. 116
    BrokenDreams

    Was haltet ihr von Mindestlöhnen und wo will man hier die Grenze setzen?
    Sind die von der PDS im letzten Bundestagswahlkampf vorgeschlagenen 1.500 Euro (brutto) okay? Oder eben doch auch weniger? Ab wann sollte man arbeiten gehen (wenn es danach ginge)?

    Faire Löhne für die eingesetzte Arbeitskraft fände ich fast wichtiger als ein bedingungsloses Grundeinkommen.

  117. 117
    Matze

    Eine Frage habe ich auch:

    Was ist mit der Abstrahlwirkung des Grundeinkommens?

    Wenn irgendjemand hört in Germanien gebe es auch (genügend) Geld ohne Arbeiten zu müssen, lockt das nicht unheimlich an?

    Für wen sollte es also dieses Geld geben? Nur für Staatsangehörige?
    Wer definiert das?

    Kleiner (sehr polemischer) Scherz: Wir können ja nicht eindringlich genug mit den Schattenseiten waren: Unseren Charts der Volksmusik, Berliner Freundlichkeit und Brandenburger Fremdentoleranz.

    P.S. Ich bin Brandenburger, mag Berlin und die Berliner aber Volksmusik nicht.

    Ich finde die beiden badischen Unternehmer da viel besser, die einfach ihre Millionen genommen, eine Siedlung für Familien gebaut haben.

    Wohnen für 1 Euro, aber zu ihren Konditionen. (ich glaube mind. 3 o. 4 Kinder und eine Oma oder Opa muß dabei sein.)

    Finde ich sehr gut. (Dem einen oder anderen sind sie vielleicht unsympathisch, weil dick, konservativ und klüngelerprobt, außerdem Immobiliespek… äh Unternehmer.)

    Ist eine gute Konkurrenz zum sozialen Wohnungsbau, der ja oft gut gemeint aber dann allein gelassen (vuglo kontrolliert) wurde.
    Es finden sich vielleicht auch andere, die mit ihren Bedingungen pragmatisch anpacken.

    Aber nochmal die Frage:
    Wer sollte das Grundeinkommen bekommen?
    Der (zufällig) hier geborene oder auch der unter Lebensgefahr und seinen Schleppern viel Geld schuldende Afrikaner?

    Gruß v. Matze

  118. 118
    Pam

    @brokendreams
    Die Frage ist, was ist fair? Wer bestimmt das, die PDS? Das Volk? Was ist wenn kein Unternehmen bereit ist diesen „fairen“ Mindestlohn zu bezahlen?

    Wen interessiert, wie man sowas löst, der sollte mal bei Prof. Sinn (vielleicht bekannt aus Funk und Fernsehen) vorbeischauen.
    Idee ist folgende: Die Gesellschaft definiert einen Lohn, der „fair“ ist. Wenn dieser faire Lohn über dem Lohn liegt, den Unternehmen maximal bereit sind zu zahlen, dann wird er vom Staat (der Gesellschaft) aufgestockt.
    1.Effekt: Es gibt mehr Arbeit die von den Unternehmen angeboten wird, weil der Preis niedriger ist (Das alte Spiel von Angebot und Nachfrage)
    2.Effekt: Es erhalten diese Unterstützung Menschen die Arbeiten wollen. Statt einer Sozialhilfe, die sofort gekürzt wird, wenn man arbeitet gibt es jetzt die Unterstützung dafür DAS man arbeitet.
    3.Effekt: Diese Maßnahme hilft besonders den ungelernten Arbeitern, wieder Arbeit zu finden, die eigentlich schon wegautomatisiert waren. Denn kein anderes Land hat eine so hohe Arbeitslosenrate bei niedrigqualifizierten Menschen wie Deutschland.

  119. 119

    Innerhalb der jetzigen Einstellung zum Arbeiten im Allgemeinen sehe ich keine Chance für das bedingungslose Grundeinkommen.
    Das zeigt nicht zuletzt schon die Fragen, die sich dazu bei vielen hier ergeben.
    Um so etwas umsetzen zu können bedarf es einer geänderten Einstellung gegenüber Arbeit. Das sollte mit der Frage anfangen, ob man seine Arbeit auch unentgeltlich machen würde und wie man Menschen beurteilt die das jetzt schon tun.
    Das mit der ‚Abstrahlwirkung‘, den Schlepperbanden und der Mitnehmermentalität geht von der jetzigen Einstellung gegenüber Arbeit aus. Und hier ins Jetzt passt diese Utopie noch nicht. Deswegen ist es ja auch noch eine Utopie.

  120. 120

    Mein Kommentar zu dieser Thematik ist hier zu finden.

    MfG,
    Michael

  121. 121
    oehi

    @jsrn und @kai:
    Globalisierung als Teufelszeug?
    Schaut mal auf die durchschnittliche Lebenswertung in China. Hat sich innerhalb eines Menschenalters von 35 auf über 70 Jahre entwickelt. ( http://de.wikipedia.org/wiki/Volksrepublik_China ) Ich würde eher sagen, daß uns, die wir bisher Gewinner des Wohlstandsgefälle waren, allmählich der Arsch auf Grundeis geht. Die Trennung zwischen Reich und Arm geht nicht mehr nach Nord/Süd bzw. Ost/West sondern nach Straßenseiten innerhalb der Weltmetropolen. Und in diesem Forum haben einige das noch nicht bemerkt und träumen sich für Deutschland ein sozialistisches Eiapopeia bei dem die anderen doch bitte mal anfangen mögen abzugeben. Ich arbeite in einem internationalen Unternehmen: Meine Kollegen kommen teils aus Osteuropa und Asien. Drei gut beherrschte Fremdsprachen sind bei denen das mindeste. Nach Arbeitszeit fragen die nicht. Sie haben ihre Chance und nutzen sie. Looser und Romantiker interessieren sie nicht. Sie sind die global orientierten Bildungsbürger der Zukunft. Den Rikschafahrer in Bombay oder den Pizzaboten in Hamburg nehmen sie nur als Objekt ihrer Lebensgestaltung wahr. Euch Schrebergartenpdswähler hier wird keiner mehr wahrnehmen.
    Ihr könnt bloggen wie ihr wollt.

  122. 122

    „žLooser und Romantiker interessieren sie nicht.“

    Und genau das ist das Problem.

  123. 123
    BrokenDreams

    @Pam

    Wenn du mich fragst – die angesprochenen 1.500 Euro finde ich für eine 40-Stunden-Woche fair. So viel sollte man schon verdienen und sich damit zumindest etwas leisten können.

    Und nein, die Unternehmen wollen diesen Lohn nicht zahlen. Man müßte sie verpflichten und in bestimmten Branchen eventuell Zuschüsse zahlen. Aber nicht, damit sich die Unternehmen die Tasche voll verdienen können.
    Wenn jeder so viel verdient, mindestens, dann wird auch wieder Umsatz gemacht, die Leute haben weniger Angst, mit der nächsten Auszeit in fast zwangsläufige Armut zu fallen. (Was bekommt denn jemand an Arbeitslosengeld, der gerade mal 900 Euro brutto verdient?)

  124. 124

    @oehi: Rat mal was deine supersmarten Globalarbeitnehmer machen, wenn sie irgendwann mal die Blüte Ihrer Jahre erreicht haben und nicht mehr 24 Stunden verfügbar sind? Wenn Sie irgendwann krank werden oder aus anderen Gründen Ihren Job verlieren. Noch glaubt die sich davor sicher. Aber es ist nicht weiter als 20cm Lebensweg weit gedacht. Typische Form kapitalistischen denkens.
    Die Romantiker und Looser werden einen schon noch aufnehmen, wenn man dann mitte 40 nicht auf seine Midlifecrisis klarkommt und ausgebrannt in der Ecke hängt. Aber vorher kann man dick vom Leder ziehen und sie den Dreck der Luxuskarre die man fährt schlucken lassen.
    Eine Traumwelt, die so schnell zerplatzen kann wie man Hausse sagen kann.

  125. 125

    wenn man ein geselschaftssystem bewertet, sollte man immer bei den lebenssituationen der schwächsten anfangen. nicht umgekehrt.

    gestern kam im tv übrigens ein hochinteressanter bericht über china.
    in china wächst die kluft zwischen arm und reich immer mehr an. slumbildung und ungerechtigkeit sind auf dem vormarsch.

    wenn ich eins nicht leiden kann, dann sind das übrigens akademiker mit scheuklappen.
    mir fällt das sowieso immer häufiger auf, dass überall nur noch von akademikern usw. gesprochen wird. sagt mal, seid ihr blind? was ist mit der zukunft derjenigen, die kein abitur machen konnten oder nicht die möglichkeit hatten, zu studieren, derjenigen, die in schlechten verhältnissen aufgewachsen sind, derjenigen, deren eltern keine (finanziellen) möglichkeiten hatten, ihre kinder besser zu fördern?
    das sind für einige von euch die verdammten looser der zukunft, oder was?

    es hat eben nicht jeder die gleiche chance im leben. schlagt euch dieses dumme argument endgültig aus dem kopf.

  126. 126
    Pam

    @brokendream und sam
    Ich versteh‘ nicht, warum nicht auch die Arbeit als Angebot und Nachfrage begreift. „Die Unternehmen müssen zu diesem Lohn verpflichtet werden“, schön und gut, aber dann wird das Unternehmen weniger Arbeit anbieten und zwar genau für die Menschen die keine gute Ausbildung genossen haben und das Geld am dringensten brauchen. Das ist ja das perverse, das ein Mindestlohn nur denen Hilft, die schon Arbeit haben. Will man ein größeres Stück von einem kleineren Kuchen, oder ein kleineres Stück von einem großen Kuchen?
    Und es geht ja nicht nur um Unternehmen. Wenn ich einen großen Garten hätte würde ich mir vielleicht einen Gärtner anstellen wenn ich ihm nur 10€ die Stunde zahlen müsste, statt 18€. Bei solchen Dienstleistungen steckt meiner Meinung nach das meiste Potenzial für einfache Arbeiten. Nicht bei multinationalen Unternehmen.

    Und bitte, bitte schreibt: Loser

  127. 127

    Johnny, einfach nur Zustimmung. Du sagst es, wie es ist.

  128. 128

    Ich schließe mich che an, volle Zustimmung.

    Und anderen da oben, ich habe nicht alle Kommentare gelesen, nur so die letzten 20, eine Utopie ist auch dafür da, das Undenkbare zu denken, auch wenn man sich die Umstetzung aktuell nicht vorstellen kann. Und vieles was Menschen in der Geschichte als unumsetzbar bezeichnet haben, ist Realität geworden.