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Grönemeyer kann nicht kicken

Es ist nicht leicht, auf Kommando eine stadion- und trailertaugliche Hymne zu schreiben.
Es gilt also, methodisch vorzugehen.
Zunächst hole ich mir afrikanische Trommler ins Studio. So wegen des Welt in Weltmeisterschaft. Ich deute auf Kraftwerk mit dem ausgestreckten Zeigefinger und weise meine Auftraggeber darauf hin, dass die den gesamten niedersächsischen Bildungsetat dafür bekommen haben, dass sie auf eine schrottige 25 – Sekunden – Synthisequenz, die auf einer antiken Festplatte im Kling-Klang-Keller vor sich hinstaubte, mit Hilfe der Robotize-Funktion des MagicMusicMakers die Phrase Expo2000 draufgepappt haben.

Dagegen habe man aus meinem Atelier ein Stück gehobenen Kunsthandwerks zu erwarten. Damit dämpfe ich die Erwartungshaltung, und für jedes Geräusch, dass nach über 30 Sekunden Spielzeit noch ertönt, werden meine Auftraggeber mich unter Juchzern der Erleichterung mit Gold aufwiegen. Die Diät also erstmal verschieben.
Dann erinnere ich mich daran, dass meine bisherigen Werke wegen meines Mutes zur öffentlich laufengelassenen Träne beliebt waren, dass selbst Poppersliteraten meine Melancholie und meine Marktverweigerung lobten. Ich bin nicht Pur, nein, das auf keinen Fall. Ich mache Musik für den Erdkundlehrer, nicht für die Nagelstudiobesitzerin. Es sei denn, die Nagelstudiobesitzerin möchte manchmal einfach nur schön weinen.
Was haben wir also bis jetzt? Afrika in Moll. Das ist doch schön. Jetzt brauchen wir noch einen Text.
Der Ball des Lebens. Mhm. Was macht so ein Ball? Fliegen? Flieg mit Deutschland zu den Sternen. Hüpfen? Das ganze Land eine Hüpfburg des Glücks. Moment. Der dreht sich in der Luft. Drehen, drehen, wir müssen uns im Moment ja auch alle drehen. Es ist die Zeit, die sich dreht. Des Sich-Drehens. Zeit, dass sich was dreht. Heureka.
Am Anfang machen die doch immer so einen Münzwurf. Das beschreibe ich. Dann setzen die afrikanischen Trommler ein. Wayne, trommel mal was. Ja, so Yeke Yeke trifft Dr. Alban bei Richard Wagner zum Kaffeeklatsch.
Ich gröne dann was drüber und dann alle:
Zeit, dass sich was dreht.
Ich gehe jetzt weinen.

5 Kommentare

  1. 01

    Gnade, Gnade
    dem Ball in der Ballade!

    Dennoch muss den Entscheidern einen gewissen Blick nach vorn diagnostizieren, weil sie das PUR-Abo gekündigt haben.
    Bei der nächsten WM in Deutschland (2056?) tattert Xavier Naidoo am Chembalo, d´accord?

  2. 02
  3. 03

    Es hätte alles viel Schlimmer kommen könnnen.
    Und auf Kraftwerk lass ich nichts kommen.
    *duckandcover*

  4. 04
  5. 05
    merula

    Also mir hätte es schon gereicht, wenn sich HG für einen Stil entschieden hätte. Besser als Bob Sinclar ist es allemal, aber das ist auch keine Kunst.

    Immerhin kann der Song von den gröhlenden Massen beim nächsten Herrentag receyled werden… <sing>wird Zeit, dass sich was dreht/<sing>

    Lars