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Die Fanwürde ist antastbar

Am 11.3.2005 fand in Saarbrücken das Zweitligaspiel zwischen dem 1.FC Saarbrücken und Dynamo Dresden statt. Ein 16jähriges Mädchen, Anhängerin von Dynamo Dresden, hatte vor der Partie eine sehr interessante Begegnung mit unserem Rechtsstaat. Sie wurde zusammen mit anderen weiblichen Fans ohne Angabe von Gründen in eine Kabine gebracht. Dort zwang man sie, sich auszuziehen. Die Polizei war auf der Suche nach Leuchtkörpern. Da diese sich gern in den Vaginen minderjähriger Fans aufhalten, besonders im kalten März, waren die Beamten guten Mutes, einige der beliebten Funkensprüher im Körper des jungen Mädchens zu finden. Von außen war die Kabine selbstverständlich gut einsehbar, es sollten ja alle was davon haben.

Das Verwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis wies nun die Klage der Sechzehnjährigen ab.


Die Polizei argumentierte in bester War-on-Terror-Manier, dass gerade unauffällige Fans verdächtig seien.
Im von einem – wie es die Rechtsstaatlichkeit verlangt – blinden Richer geschriebenen Urteil heißt es, dass es “zum Auffinden derartigen Materials einer vollständigen Inaugenscheinnahme des unbekleideten Körpers” bedurfte.
Gerüchte, nach denen besonders verdiente Polizisten Spiele und Fans der schwedischen Mannschaft betreuen dürfen, wies ein Sprecher des Polizeipräsidiums Saarbrücken zurück: “Bei uns spielen die Schweden doch gar nicht.”
via lawblog (1. Kommentar des Beitrags), via schwatzgelb

20 Kommentare

  1. 01
    Qifti

    Es macht ein sehr wütend sowas zu lesen.
    Sorry für die weißen Schafe aber ich sehe durch die schwarzen Schafe einfach zu viele graue Polizisten.

  2. 02
  3. 03

    Wie Jürgen mit seinem Link wohl andeuten will, würd ich nicht gleich soweit gehen und das für bare Münze nehmen, sondern ersteinmal recherchieren. Wo ein Urteil, da ein Aktenzeichen, ein Anwalt, ein Gericht …
    Auch wenn man ein Blog ist, sollte man trotzdem sorgfältig mit Meldungen umgehen. So ist es eine reine Diskreditierung der Polizei. Vor allem wäre mir neu, dass männliche Polizeibeamten an weiblichen Zivilisten gehen. Dazu gibt es bei jedem Einsatz der Größe weibliche Beamte.

  4. 04

    Ich habe mit den Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, recherchiert.
    Das Verwaltungsgericht Saarland existiert oder hat existiert, das Spiel hat an dem angegebenen Termin stattgefunden. Der angesprochene Sven Schellenberg existiert. Das Urteil selbst konnte ich nicht finden, es ist allerdings möglich, das es noch nicht veröffentlicht wurde. (Es entstammt dem Text zufolge ja einer Pressemitteilung von Sven S.) In der Quelle Schwatzgelb wurde ausdrücklich um Links gebeten, die damit implizierte Vermutung, es handele sich um einen Fake, wurde ausdrücklich und empört zurückgewiesen.
    Das Argument, die Maßnahme sei zu ungewöhnlich und daher unrealistisch, zählt in diesem Fall nicht, denn gerade darum geht es ja – das Urteil ist gänzlich abstrus. Der Text ist sehr sauber formuliert, sollte es ein Fake sein, hat jemand mit juristischen Kenntnissen den Text fabriziert.

  5. 05

    Dennis Röwer kommentiert im Lawblog

    @9 In der Pressemitteilung handelte es sich um einen Fehler. Der Autor meinte das Verwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis.

  6. 06
  7. 07
    WoT

    Hier

    http://www.rechtsprechung.saarland.de/cgi-bin/rechtsprechung/sl_frameset.py

    ist die Entscheidung noch nicht zu finden. Hier

    http://www.n24.de/sport/fussball/wm-2006/abseits/?n2006060612172800002

    wurde aber jüngst auch schon berichtet.

    Ich denke auch, daß es zumindest möglich gewesen sein sollte, zu solchen Durchsuchungen Beamtinnen einzusetzen und einen nicht einsehbaren Raum aufzusuchen.

    Aus der Unverdächtigkeit auf den Verdacht zu schließen ist natürlich außerdem schon ausgesprochen dämlich. Da möchte man doch spontan erwägen, ob Lichtgestalten eigentlich unverdächtiger als Schweizer sind. Und war der damalige Einsatzleiter verdächtig?

    Wenn andererseits bestimmte Fangruppen schon konkret gefährlich aufgefallen sein sollten, was ich nicht beurteilen kann, was jedoch in der bei N24 berichteten Stellungnahme der Polizei angedeutet wird, könnte man im Extremfall wohl schon allein aus der Zugehörigkeit zu der zum Spiel angereisten Gruppe einen Verdacht herleiten. Dann war die “Verdachtslage” allerdings schon vor dem Spiel bekannt und man hätte ein weitaus weniger herabwürdigendes Vorgehen vorbereiten können.

    Herzliche Grüße

  8. 08
  9. 09
    HSV96-Frank

    Na endlich hat es jemand hochgeladen:
    http://www.fcc-supporters.de/pdf/Urteil_Verwaltungsrechtsstreit_Saarland.pdf
    Jetzt kann natürlich weiter diskutiert werden, ob das Schriftstück vielleicht auch ein Fake ist…

  10. 10

    @ Frank und Dennis
    Super, danke, werde ich mir mal durchlesen. Dann ist die Meldung also definitiv kein Fake.
    @ WoT
    in der Rechtssprechungsübersicht hatte ich es auch nicht gefunden, n24 und die netzeitung werden ja wohl hoffentlich mal nachgefragt haben.
    Verhältnismäßig in der konkreten Form scheint mir die Maßnahme auf keinen Fall, man hätte ja, wie Du sagst, tatsächlich die Zeit gehabt, einen nicht-einsehbaren Raum vorzubereiten und Polizistinnen heranziehen können. Franz Beckenbauer ist nackt allerdings weit unattraktiver und Kolumnist der Bildzeitung. Außerdem leuchtet er von ganz allein.

  11. 11
    Jürgen

    Na schön. Also wenn das stimmt, dann steht in dem Tatbestand zumindest, dass die Klägerin IN EINEM ZELT von BEAMTINNEN untersucht wurde. Und von “gern in den Vaginen” steht da überhaupt nichts drin und “Unverdächtige” steht nicht um sonst in Anführungsstrichen. Viel Wind um nichts und sensationsgeiles Aufgewiegle also.

  12. 12
    WoT

    Bei einer schnellen Durchsicht des Urteiles find ich da nichts, was spektakulär zu beanstanden wäre.

    Insbesondere war der Fall nach den Feststellungen des Gerichts in wesentlichen Punkten anders, als im Dynamo-Forum und in der Presse berichtet wurde. Es war eigens für diese Maßnahme ein beheiztes Zelt mit einzelnen Kabinen aufgestellt worden und für die “Beschau” wurden Beamtinnen eingesetzt. Allerdings hatten die Kabinen einen schmalen Zugang, der nicht durch einen Vorhang oder dergleichen abgedeckt war, in dem aber die Polizistin stand.

    Tatsächlich war außerdem nach den Feststellungen des Gerichts bei allen vorangegangenen Auswärtspielen Dynamos aus den Reihen der Dresdener Fans regelmäßig randaliert und/oder gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen worden. (Das war mir bislang unbekannt; ich dachte, “die Dresdner” seien “nur” durch die relativ überschaubare Zahl der durch die Presse gegangegen rechtsradikalen Schmähungen gegnerischer Spieler und nicht durch besondere körperliche Randale aufgefallen.)

    Es lagen schließlich auch Erkenntnisse vor, daß von den Randalierern gezielt an sich unverdächtig wirkende jüngere und ältere Frauen zum Transport verbotener Gegenstände ins Stadion eingesetzt werden sollten. Dadurch wurde die an sich unverdächtig wirkende junge Dame objektiv verdächtig (zur Klarstellung: das heißt nicht objektiv schuldig). Die Berichte im Dynamo-Forum und bei N24 sind an diesem Punkt schlicht grob falsch.

    Die abschließende Erwägungen des Gerichts zur Verhältnismäßigkeit kann man (wie fast immer) auch anders sehen, sind aber meiner Meinung nach nicht grundsätzlich zu beanstanden.

    Fazit:

    1. Ein höchst unangenehmes Vorkommnis, das seinen Ursprung in sehr ärgerlichem Fehlverhalten einzelner hat, die im Schutze einer gewissen durch die Gruppe gewährten Anonymintät agierten und die ganze Gruppe diskreditierten. Das scheint leider alltäglich zu sein. Man sollte diese Randalierer zur Rede stellen und gegebenenfalls klar aus der Fangemeinschaft ausgrenzen. Schwere Fehler der Polizei oder des Gerichtes sehe ich nicht.

    2. Aufregung auf Grund schlecht recherchierter Presseberichte, wobei das Urteil selbst wahrscheinlich nicht gelesen oder jedenfalls nicht richtig gewürdigt wurde und sich dagegen auf die Darstellung und Wertung eines “Betroffenen” (im Sinne von sich betroffen zeigenden) verlassen wurde. Das ist leider auch Alltag.

    Gruß in schwarz-gelb

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