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Brasilien – Kroatien 1:0

1994 gewann Brasilien die WM mit biederem Ergebnisfußball. Aus dem Augenwinkel betrachtet könnte man das lasche 1:0 als kalkulierte Wiederholung von 1994 sehen. Doch kalkuliert wurde gegen Kroatien gar nicht. Ja, wahrscheinlich hätte man zwei Gänge zulegen und einen kroatischen Ausgleich mit einem Gegentor beantworten können. Doch geplant war dieses Tipp-Kick von Trainer Parreira ganz sicher nicht. Ansonsten würden all diese Anfängerfehler, die Unmengen von Fehlpässen, die mangelhafte Abstimmung, das völlige Fehlen eines Kurzpassspiels und die “Arbeitsverweigerung” (O-Ton Netzer) Ronaldos als größtes Täuschungsmanöver der Fußballgeschichte in die Fußballblogs dieser Welt eingehen. Nö. Brasilien hat kacke gespielt und sich nur mit Routine gerettet.

Ich mag ja die Kroaten nicht. Wegen der Trikots und der Kovac-Brüder und überhaupt. Aber ich musste mir selber dabei zusehen, wie ich von Fehlpass zu Fehlpass den Adriakickern mehr und mehr den Ausgleich, ja den Sieg wünschte. Da seid ihr dran schuld, Brasilianer! Die im üblichen Pommes-Bahnschranke-Leibchen auftretenden Kroaten haben konzentriert verteidigt, wenig Fehler gemacht und – keine Tore geschossen. Warum, weiß ich nicht. An der soliden, aber nicht immer überzeugenden brasilianischen Altherren-Viererkette hat es nicht gelegen, denn die wollte meinen Lieblingsbrasilianer Dida öfters durch ein paar gute kroatische Konter mitspielen lassen. Doch wenn man einen Beinahe-Klose wie Klasnic auswechselt, kann das schon mal schwierig werden, das mit den Toren.

Was kann man also von diesem Spiel in die Nachtruhe mitnehmen? Nicht viel. Brasilien wird sich steigern, da bin ich mir sicher. Ob und um wieviel weiß nur Cristo redentor. Man ist seleçãomäßig nicht unbedingt schlauer, nur enttäuschter. Kroatien wird Gruppenzweiter, da bin ich mir halbwegs sicher.

Und um nochmal auf den beeindruckenden Dida zurückzukommen: die Kollegen WM-Blogger beschreiben nicht nur seinen höchst eleganten Torhüterstil, sondern erklären auch, warum Dida in Brasilien ein Rollenvorbild werden könnte.

Nach diesem Spiel weiß ich jetzt übrigens, wozu diese riesigen Leinwände in jedem WM-Stadion gut sind: damit Ronaldo bequem fernsehgucken kann.

(filed under “Fußballartikel, die versuchen, das Wort Arbeitssieg verkrampft kreativ zu umschiffen”)

4 Kommentare

  1. 01

    Ich glaub, ich hab noch nie einen Spieler so leidenschaftslos übers Feld stapfen sehen, wie Ronaldo in diesem Spiel. Ok .. er hat in seinem Heimatland ordentlich auf die Mütze bekommen. Was er mit seinem Verhalten gestern provozieren will, weiß ich nicht. Auf jeden Fall wirds jetzt für ihn nicht besser werden. Arme Superstars – zerbrechen immer an ihrem Ruhm. Irgendwie tut er mir sogar ein bißchen leid.

  2. 02

    “Ja, wahrscheinlich hätte man zwei Gänge zulegen und einen kroatischen Ausgleich mit einem Gegentor beantworten können.”

    Genau da habe ich bei den Brasilianern in ihrer aktuellen Verfassung meine Zweifel. Bei den Tschechen und Italienern hatte ich im gesamten Verlauf der Spiele den Eindruck: Wenn nötig, können die, aber sie müssen nicht.

    Brasilien gestern machte auf mich den Eindruck einer körperlich unfitten (Ronaldo, Adriano), überalterten (Cafu, Roberto Carlos), überspielten (Ronaldhino) und überschätzen (Lucio, Juan) Truppe. Mal sehen, ob sie in den nächsten Spielen zu ihrer Form finden…

  3. 03

    So schlecht wie Beckmann und Netzer ihn gemacht haben, war Ronaldo gar nicht http://www.football-crazy.de/?p=205

  4. 04

    Nun, ich bin gespannt ob Ronaldo noch ein Spiel macht… denn ein Robinho macht da mehr Alarm (ok, war gestern auch nicht schwer…)