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Pharm off

pillen
Foto: Jen

Die Marktwirtschaft ist großartig, wenn es um die Verteilung von Konsumartikeln geht. Ist die Frage: „Welches System bringt am zuverlässigsten Tütensuppen, Hygieneartikel, Südfrüchte, Automobile (nicht zu vergessen: Fernreisen, Fernseher… aber lassen wir das) an den erfreuten Verbraucher, lautet die Antwort aus Millionen Kehlen inklusiver meiner: „Die Marktwirtschaft, am besten die soziale!“
Ob die Marktwirtschaft für Medikamente dasselbe leisten kann, bezweifele ich.

Das Ziel eines börsennotierten Unternehmens ist nicht die Heilung von Krankheiten. Die Pharmaunternehmen streben nach Blockbustern. Und zu Blockbustern kann man Medikamente nicht da machen, wo sie benötigt werden. Die häufigste Todesursache weltweit sind Atemwegserkrankungen. Allein vier Millionen Kinder sterben Jahr für Jahr daran. Das umsatzstärkste Medikament der Welt ist jedoch Liptor, ein Mittel, das den Cholesterinspiegel senken soll. Nun ist es für einen Konzern, der seine Aktionäre zufriedenstellen will, wenn auch nicht löblich, so doch rational, die Kinder der dritten Welt ihrem Schicksal zu überlassen und sich um die Menschen zu kümmern, die ihre Kassen füllen. Tatsächlich sind Herz-Kreislauf-Krankheiten die häufigste Todesursache in der westlichen Welt. Aber der Ursachenzusammenhang von Cholesterin und Herz-Kreislauf-Krankheiten ist keineswegs bewiesen, auch wenn er von den Pharmaunternehmen mit von ihnen finanzierten Studien und von ihnen gesponsorten gemeinnützigen Vereinen herbeigeredet wird. Den größten Umsatz erzielt die Pharmaindustrie also mit einem Medikament, von dem nicht bewiesen ist, ob es hilft. Aber wie das so ist, wenn man eine Goldader ergefunden hat: Der Ärger lässt nicht lange auf sich warten. Deutsche Steuerfahnder ermitteln wegen vermuteter Unregelmäßigkeiten bei der Umsatzsteuer. Und zwei ehemalige Anwender des Medikaments Lipitor haben Klagen eingereicht, weil sie unter Gedächtnisstörungen und anderen gesundheitlichen Problemen wegen der Einnahme des Blutfettsenkers litten. Ihnen zufolge hatte Pfizer es versäumt, Ärzte über diese Nebenwirkungen zu informieren. Nun, an alles kann man aber auch nicht denken. Ärgerlich für Pfizer ist auch, dass sein Arthritis-Medikament Bextra vom Markt genommen werden musste, weil die möglicherweise lebensbedrohlichen Nebenwirkungen den erhofften Nutzen überstiegen.

„Vom Markt genommen“ heißt allerdings lediglich, dass das Medikament in den USA und in Europa nicht mehr verkauft werden darf. In so einem Fall erinnert man sich gern wieder an andere Märkte. Nicht an die in der dritten Welt, die sind ja uninteressant und haben in diesem Fall Glück damit. Medikamente, die im Westen verboten sind, werden in Schwellenländer verkauft. Das klingt absurd, ist aber bestens belegt. Nur einige Beispiele aus dem obigen Link, die Lektüre der gesamten PDF-Broschüre ist dringend zu empfehlen (zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie den zuständigen Spreeblick-Autor):
In Pakistan verkaufte die Firma Merck bis 2004 das Schmerzmittel Dolo-Neurobion, das den Wirkstoff Metamizol enthält. Metamizol- Kombinationspräparate sind in Deutschland seit 1987 verboten, weil Metamizol lebensgefährliche Blutbildveränderungen hervorrufen kann. Mir ist nicht bekannt, ob deutsches Blut anders reagiert als pakistanisches. Aber sicher ist: Wer den pakistanischen Heller nicht ehrt, ist des Aktionärsdollars nicht wert.
Aventis bot den Lipidsenker Lesterol in Brasilien bis 2004 an, obwohl bekannt war, dass der enthaltene Wirkstoff Probucol schwere Herz-Rhythmusstörungen auslösen kann. In den USA wurde es schon 1998 vom Markt genommen.

Es ist müßig, alle Verfehlungen von Pharmaunternehmen aufzuzählen. Schon in den siebziger Jahren wurde im Spiegel bemängelt, dass es beispielsweise gegen Viruserkrankungen und Pilze kaum dauerhaft wirksame Medikamente und vor allem: keine vielversprechenden neuen Wirkstoffe gebe. Das hat sich bis heute nicht geändert. Die Strategie der Pharmaunternehmen war damals bereits absehbar. Sie würden versuchen, für bekannte Wirkstoffe neue Anwendungsgebiete zu finden. Der Innovationsmangel ist greifbar: Von 2500 Neuzulassungsanträgen beim Bundesamt für Arzneimittel betreffen nur 10 – 20 therapeutische Innovationen. Alle anderen Möchtegern-Medikamente sind Me-Too-Präparate. Daher weht also der Wind, wenn plötzlich verbreitet wird, Aspirin könne einem Herzinfarkt vorbeugen.
Was sich als trügerische Hoffnung erweist.

Es geht nicht um einzelne Skandale, Fehler können passieren. Der Fehler liegt darin, dass die Interessenlage der Unternehmen sich nicht nur nicht mit der der Patienten deckt – sie läuft ihr diametral entgegen. Denn nur ein kranker Patient ist ein guter Patient. Dafür werden Krankheiten erfunden, vom Damenbart über die Hyperhidrose bis zur Osteoporose, Medikamente entwickelt, wie im Fall von HIV, die man möglichst ein Leben lang nehmen muss. Und kritische Stimmen werden gezielt mundtot gemacht, indem man Werbeaufträge nach Wohlverhalten verteilt.

Ich habe keine Lösung für die Frage: Wer soll uns mit Medikamenten versorgen, wenn nicht die Pharmakonzerne? Alles staatlicher Gesundheitsforschung überlassen? Bei unserer Haushaltslage? Möglicherweise sollte man eine zusätzliche unabhängige Kontrollinstanz einrichten. Bis das geschehen ist hilft wohl nur: gesund bleiben und sich keine Krankheiten aufquatschen lassen, Beipackzettel nachgooglen und Bettruhe. Viel Bettruhe.

Nachtrag

Ein Leser hat ausdrücklich darum gebeten, darauf hinzuweisen, dass Hyperhidrose keine erfundene Krankheit ist. Wobei es ihm nicht um den Begriff Krankheit geht, sondern darum, dass die Probleme der Betroffenen ernst genommen werden. Ich zitiere:
„žRichtige Schwierigkeiten machen die Sachen, die sich nicht vermeiden lassen, Begrüßung mit feuchtem Handschlag, Gespräche mit anderen während einem der Schweiß von der Stirn läuft,
jeder Auftritt in der Öffentlichkeit mit Schweißflecken auf der Kleidung. Ständig hat man in solchen Situationen damit zu kämpfen, dass der andere einen nicht akzeptiert, weil es von den meisten als unangenehm bis hin zu ekelig empfunden wird.“
Zudem bestreitet er, dass Hyperhidrose überdramatisiert wird, um Geld damit zu verdienen:
„žBei Hyperhidrose habe ich aber den gegenteiligen Effekt: gerade weil es auch bei Ärzten weitestgehend unbekannt ist. Schnelles Geld ist hier kaum zu machen, weil es kein Massenmarkt ist und die meisten Behandlungsmethoden nicht genug Profit abwerfen.“

65 Kommentare

  1. 01

    Ich mache derzeit die Krankenpflegeschule und habe das Glück, im Fach Innere Medizin einen Arzt als Vortragenden zu haben, der sich selbst Gedanken über Medikamente macht und nicht nur die Werbeslogans der Pharmafirmen nachbetet.
    Laut seinen Schilderungen läuft im Krankenhausalltag bezüglich der Medikation einiges falsch. Lange erprobte und bewährte Medikamente werden nicht mehr verwendete da sie nicht „in“ sind (und wahrscheinlich auch zu billig, siehe Codein), andere Medikamente werden haufenweise verschrieben obwohl ihre Wirksamkeit nicht objektiv bestätigt ist.
    Teilweise sind die Nebenwirkungen extrem und vielfach Ursache für Folgeerkrankungen (Beispielsweise akutes Nierenversagen).
    Aber so lange Arzneimittel einen so hohen Prozentsatz am Gesundheitsbudget ausmachen wird sich da nicht so schnell etwas ändern.

  2. 02

    hab mich noch nicht durch die links geackert, aber schon mal ein paar bemerkungen:
    „die pharmaunternehmen“ gibt es schonmal nicht. in dieser diskussion wird viel zu gerne übersehen, was arzneimittel schon alles an gutem über die welt gebracht haben, eben bei deinem beispiel hiv, was kein todesurteil mehr sein muss.
    und diese industrie als geldgeil hinzustellen, weil sie nicht genügend innovationen bringt, ist mehr als platt. weisst du, was die entwicklung eines medikamentes kostet und wie lange sie dauert? so an die 20 jahre können da schon mal ins land gehen, mit laborversuchen, tierversuchen, studien etc. etc. finanzier das erstmal! und es kann weitere 20-30 jahre dauern, bis das medikament sich rentiert hat. erzähl den angestellten einer pharmafirma mal, dass sie jetzt leider alle ihre jobs verlieren, weil medikamente an die dritte welt verschenkt werden müssen.
    wir leben im kapitalismus, und da geht es um gewinn. warum sollte die pharma-industrie eine ausnahme machen, wenn die soziale marktwirtschaft doch so toll ist? sich imemr bestimmte zweige rauszupicken, die dann die „bösen“ sind, ob das jetzt bauunternehmen, die werbebranche oder eben die pharma-industrie ist, ist zu einfach. so, später mehr. bin gespannt auf die diskussion.

  3. 03
    Marty

    Heidrun, glaub nicht das hier gesagt worden ist, das die Pharmaindustrie auch nie was Positives geleistet hat. Nur ist es was Positives wenn hier verbotene Medikamente in Schwellenländer weiterhin verkauft werden. Wieviele neuartige Heilmittel sind denn die letzten 20 Jahre auf den Markt gekommen. Die meiste Innovation wird in kleinen Veränderungen gelegt um einen neuen Patentschutz zubekommen. In die Forschung nach HIV-Medikamenten wird das zigfache mehr reingesteckt als in einen Impfstoff.

    Keiner verlangt das Medikamente in die 3-4-5 Welt verschenkt wird. Nur komm mir bitte nicht mit der Arbeitsplatzkeule. Wir können sie ja auch da zu normalen westlichen Preisen verkaufen. Dann sterben sie da in den armen Ländern halt wie die Fliegen, der Rest wird dann halt weiterhin versuchen zu uns zu kommen. Dann mauern wir uns halt ein und die Arbeitsplätze sind auch futsch. Aber vorher werden noch schnell die Dschungelapotheke geplündert. Immer dran Denken das die Menschen da nicht in Ergebenheit auf ihr Schicksal warten. Die werden dahin kommen, wo sie meinen das es ihnen besser geht.

    Warum gibt es kaum Medikamente die extra für Kinder sind. Kinder sind bei dir Medikation immer Versuchskaninchen. Man rechnet die Dosis auf Körpergewicht runter und hofft das das reicht. Das die kindlichen Organe aber noch anders arbeiten kann man nicht berücksichtigen.

    Da wird der normale Durchschnittswert des Blutdrucks was runter gerechnet und schwupps hat man paar Millionen Kranken mehr.

    Wir haben hier in D mit die höchsten Medikamentenpreise mit der Begründung weil die Forschung hier so Teuer ist. Nur wieviele echte neue sind denn die letzten 20 Jahre gekommen?

  4. 04

    in dem oben unter „Blockbuster“ verlinkten pdf kann man auf s. 24 unten einen kleinen eindruck davon gewinnen, wie lange ein medikament braucht, um von der forschung auf den markt zu kommen. vielleicht habe ich oben mit 20 jahren etwas übertrieben, aber auch 9 jahre sind eine verdammt lange zeit, um hunderte von mitarbeitern finanziell bei der stange zu halten. in diesen 9 jahren muss ein pharma-unternehmen also irgendwie geld reinkbekommen, sei es über den verkauf von „me too“-produkten, deren herstellung nur kurze zeit benötigt und günstig ist, da man keine lizenz zahlen muss (btw: me too-kopfschmerztabletten und andere haus-und-hof-medikamente sind keinesfalls immer teurer, erzielen aber natürlich höhere gewinne, weil die finanzierung der forschung weitgehend ausbleiben kann.)
    die forschung an einem medikament erfordert zahlreiche studien und versuche, wie klar sein dürfte. um kosten zu sparen, wird nie ein medikament auf einmal entwickelt, da das viel zu riskant wäre, sondern es werden so 2-4 andere durch die selben oder ähnliche studien und versuche gejagt. das sind dann oft die hier bemängelten „möchtegern-medikamente“, die die eigentliche innovation mitfinanzieren.

    in deinem vorletzten satz sprichst du einen wichtigen punkt an: den beipackzettel. es gibt leider schon genug ärzte, die sich mit nebenwirkungen nicht gut genug auskennen (wobei man als guter arzt nicht mehr als 7-10 medikamente wirklich gut kennen kann, wie mir von verschiedenen medizinisch versierten menschen gestanden wurde), aber der schwachkopf, der sich jede pille reinpfeift, ohne den beipackzettel zu lesen, und risiken abzuwägen, wenn er sich schon nicht erst einmal umfassend informiert , ob er das medikament überhaupt braucht, der braucht nicht auf die halsabschneider-pharma-industrie zu schimpfen.
    es gibt genug deppen, die den cholesterin-mythos zwar glauben, aber keinesfalls bereit sind, ihre ernährung umzustellen, sondermn sich lieber irgeneine scheisse verschreiben lassen. kritische stimmen und alternative möglichkeiten (ob die besser helfen, sei dahingestellt) gibts schließlich genug.
    aspirin kann durch seine blutverdünnende wirkung herzinfarkten und schlaganfällen vorbeugen. ebenso thrombose. aber: kein medikament ohne nebenwirkungen. in dem verlinkten faz-artikel kommt erst ganz am ende die banale, aber wichtige feststellung: „Mit gesundheitsfördernden Maßnahmen, etwa mehr Bewegung, kann man jedenfalls mehr erreichen.“
    achwas.

  5. 05
    hgef

    in der tat gestaltet sich eine lösungsfindung schwierig. da klingt die bettruhe etwas hilflos, wenn nicht gar zynisch. irgendwann muss man ja wieder aufstehen und der kapitalistischen welt in die augen schauen. macht aber nichts, oder?

  6. 06

    „In die Forschung nach HIV-Medikamenten wird das zigfache mehr reingesteckt als in einen Impfstoff.“
    weil das vielversprechender ist als einen impfstoff gegen einen permanent mutierenden virus zu entwickeln. und weil man so bereits infizierte noch retten kann. man kann sie natürlich auch ihrem schicksal überlassen und sich erstmal in ruhe dem impfstoff widmen. ich fänd das nicht so gut.

  7. 07
    fredge

    Wieviele NEUE Medikamente es gibt? Ich weiß es nicht.
    Ist das HI-Virus lediglich erfunden? Ich weiß es nicht.
    Kann Aspirin einem Herzinfarkt vorbeugen? Ist mir egal.

    @marty: „In die Forschung nach HIV-Medikamenten wird das zigfache mehr reingesteckt als in einen Impfstoff.“ Belege, bitte. Ich möchte das gerne glauben, weil ich es für eine, wie für mich gemachte Verschwörungstheorie halte – kann es aber so leider nicht. Davon einmal abgesehen: Wieso ist das so? Aufgrund der Geldgeilheit eines Komplexes von tausenden oder, inklusive der Aktionäre, von millionen von Menschen, die, um die Sache greifbarer – und damit scheinbar rational – zu machen, auf die Bezeichnung „Der Pharmakonzern“ heruntergebrochen werden?
    Oder gibt es auch andere Gründe, bspw. die Unmöglichkeit des Findens eines Impfstoffes für ein Virus, das sich alle paar Tage oder Wochen (ehrlich gesagt: keine Ahnung) eine neue Hülle zulegt und sich somit im Organismus erneut verstecken kann? Dies soll in keiner Weise eine Entschuldigung für Pharmakonzerne darstellen. Ich möchte lediglich mal wieder darauf hinweisen, wie schnell grade bei diesem Thema etwas gesagt wird, ohne, dass wirkliches Hintergrundwissen als Ausgangslage zum Tragen kommt. Fehlendes Hintergrundwissen werfe ich dir allerdings nicht vor.

    Ein Beispiel aus jüngster Zeit, eine Freundin berichtete mir davon, dass das HI-Virus lediglich erfunden sei und in Wirklichkeit ein (leicht heilbares) Bakterium darstelle, -> (Quelle: Weinabend unter Freunden.), hat mich aber mal wieder skeptisch aufhorchen lassen. Das geht eben doch am Besten. Oftmals wird keine Information ausgetauscht, sondern lediglich „Boah-Krass-Wissen“. Und „den Pharmakonzern“ kann man auch durch „das Böse“ ersetzen, und das gibt es eben nicht. Freunde, die das eigene „Wissen“ bestätigen können, findet man sowieso am Besten durch „Ich-habe-es-ja-schon-immer-gewusst“-Erzählungen.

    Super Zitat von Ernst Stuhlinger, das eigentlich immer passt:
    „The way to belief is short and easy, the way to knowledge is long and hard.“ (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Mondlandungsl%C3%BCge)

  8. 08
    Florian

    Unabhängig von den konkreten Beispielen, hat Malte mit seinem Grundgedanken recht.

    Ein Arzt und auch ein Pharmaunternehmen steht immer im Widerspruch zwischen Geschäftsgrundlage (= kranke Menschen) und Geschäftsziel (= gesunde Menschen).
    Wie groß wird die Begeisterung eines Pharmaunternehmens wohl sein, womöglich zig Jahre in vergebliche Forschung für ein Medikament zu investieren, dass am Ende eine chronische Krankheit heilt und einen Blockbuster durch einen Einmalverkaufsartikel ablöst?

    Am Ende löst sich eine solche Situation wohl nur auf, wenn wir bereit sind unsere Gesundheitsversorger pauschal zu bezahlen.
    Feuerwehrleute bekommen ja auch das selbe Gehalt, egal ob sie viele oder wenige Brände löschen mussten.

  9. 09
    Malte

    @ heidrun
    Ich versuche mal, in Stichpunkten auf deine Einwände einzugehen, damit auch nichts verloren geht.
    – von „böse“ ist nicht die Rede. Ich bewerte das Verhalten nicht moralisch, sondern frage mich, ob man die Bedingungen verändern muss.
    – „Die Pharmaunternehmen gibt es nicht“, sagst du. Nun, Pauschalierungen sind natürlich zum einen der Lesbarkeit geschuldet. Wenn du dir den Link zu den Geschäften in Schwellenländern anschaust, siehst du aber, dass kleine, große, mittelgroße, deutsche, internationale Pharmafirmen alle diese fragwürdigen Geschäfte betreiben.
    – Ich belege mit der fehlenden Innovationskraft nicht die Geldgeilheit. Geld muss ein Pharmaunternehmen erwirtschaften, um existieren zu können. Die fehlenden Innovationen liegen wohl vor allem darin begründet, dass Viren verflixt schwierig zu bekämpfende Organismen sind und Krebs noch immer nicht vollständig verstanden ist. Das ist auch ein Problem der Grundlagenforschung. Für Forschung bekommt man doch am ehesten Gelder bewilligt, wenn eine Anwendung absehbar ist. Für eine Erforschung biologischer Prinzipien, die vielleicht erst in mehreren Jahrzehnten auf Umwegen zu Heilungserfolgen führen, ist sicherlich weniger Geld da.
    – Natürlich kann ein Pharmaunternehmen als im Wettbewerb stehende Organisation nicht einfach Geschenke verteilen. Die Frage ist: Wer soll dann Medikamente für Drittweltländer erforschen und herstellen?
    – Was die Me-too-Präparate angeht, kann man der Auffassung sein, dass es sich um nützliche „Step-by-Step“- Entwicklungen handelt. Abschließend beurteilen kann ich das nicht, weil ich weder Pharmazeut noch Mediziner bin.
    – Wenn du selber vom Cholesterin-Mythos sprichst, fragst du dich doch sicher, wer ihn in Umlauf gebracht hat und warum. Und damit bist du am Kern des Problems angelangt. Du sagst, man könne nicht einzelne Branchen aus dem Kreis der Marktwirtschaft herauspicken. Aber ist es für dich wirklich dasselbe, ob du dir einen Fernseher kaufst oder mit Schmerzen zum Arzt gehst? Wenn du einen Fernseher kaufst, dessen Bildröhre in einem von Hundert Fällen explodiert, möchtest du dann auf Informationen von vorgeblich gemeinnützigen Vereinen angewiesen sein, die von genau diesem Gerätehersteller bezahlt werden? Vielleicht genügt es ja tatsächlich, ein unabhängiges Institut einzurichten, dass den Nutzen für die Patienten abwägt mit den Risiken. Vielleicht ist aber auch die Gesundheit ein zu kostbares Gut, um sie wie einen beliebigen Konsumartikel zu behandeln.

  10. 10
    Malte

    @ Florian
    Es ist zumindest zu befürchten, dass so ein Medikament (das eine chronische Krankheit durch einmalige Einnahme heilt) nicht auf den Markt käme. Das sind aber nur Spekulationen (mein innerer Anwalt sagt, ich solle das hinzufügen).

  11. 11

    Na ja, was ist das für ein Artikel? Hier mal antippen, böse, böse sagen und sich mit dem Fazit verabschieden, dass Gesundbleiben das Beste ist, finde ich schwierig. Jetzt könnte man sich im Einzelnen über die Waffenindustrie, die Müllentsorgungsindustrie, die Tabakindustie, die Alkoholindustrie, die Biotech-Industrie, ja eigentlich über alle Zweige echauffieren, deren grundsätzlicher Impetus die Maximierung von Gewinn bei Minimierung der Investitionen ist. Ist ein Markt generell abgesättigt, schafft man gern auch Bedürfnisse, das gilt auch für alle. Deswegen verstehe ich den Punkt dieses Textes nicht. Die Pharmaindustrie verkauft hier verbotene Medikamente in Länder, in denen sie nicht verboten sind und wenn sie es doch wären, würde sie es durch auf der Hand liegende Mechanismen trotzdem versuchen. Alle wissen, dass es falsch ist, trotzdem wird es gemacht. Dafür gibt es nur einen Grund: Es ist uns egal. Kurz mal aufregen, ein bisschen Gewissen hat man schließlich noch, dann ist wieder gut. Was wird der nächste Artikel in diese Richtung bringen? Wie wäre es mit einem Streubombenartikel, europäische Agrarsubventionen machen Dritte-Welt-Märkte kaputt, Giftmüllexport nach Afrika, patentierte genmanipulierte Nutzpflanzen erst propagieren, um später die Lizenzgebühren zu kassieren, das Prinzip ist immer das gleiche.
    Eine „unabhängige Kontrollinstanz“, ein bekanntes Oxymoron, ist generell für solche kurzatmigen Texte angesagt.

  12. 12
    fredge

    @Malte: Solch ein Medikament käme natürlich nie auf den Markt, weil: Erstens: Alle Pharmakonzerne unter einer Decke stecken, die Lieblingszahl 23 haben und in ihrer Freizeit Zigarren aus der Zeit anderer Leute rauchen.
    Zweitens: diese weltweite Verschwörung alle Medien längst aufgekauft hat, du und Johnny und der Rest der Bloggerszene, SpOn sowieso, Amnesty und alle anderen eigentlich nur ihre bezahlten Handlanger sind und es in Pharmakonzernen nur von geldgeilen Zombies wimmelt, die niemals – aber auch wirklich niemals – mit ihrem Wissen, ein Heilmittel für XY gefunden zu haben, an die Öffentlichkeit gehen würden. Dafür regiert das Geld einfach zu sehr die Gedankenwelt dieser Dollar-Zombies.

    Ich gebe dir mit deinen Spekulationen recht, ABER: Es gibt glücklicherweise immer wieder diesen einen entscheidenden Zufall, dass ein strengstens gehütetes Geheimnis an die Presse gerät. Ich vertraue darauf – muss ich – wenn ich schon nicht an Gott glaube…

  13. 13
    Timo

    Zum angesprochenen Innovationmangel bei der Arzneimittelforschung:
    Von 2500 (Zahlendreher im Artikel) Neuzulassungen die beim Bfarm eingehen, sind also 10-20 wirklich innovativ. Ok, das klingt nach nicht so viel. Allerdings muss jedes Arzneimittel in D nach 5 Jahren am Markt „neu“ zugelassen werden, wodurch die Zahl 2500 etwas relativiert wird. Darüberhinaus finde ich, wenn wirklich 15 neue Arzneimittel (neuer Stoff, neues Wirkprinzip oder sowas) pro Jahr zugelassen werden, das schon recht beachtlich. Denn das wären – auf 20 Jahre verteilt – immerhin 300 völlig neue pharmakologische Wege Krankheiten zu heilen oder zumindest kranken Menschen durch Medikamentengabe zu helfen. Angesichts der Tatsache, dass es wirklich erheblicher Aufwand ist ein neues Arzneimittel auf den Markt zu bringen finde ich das sogar recht viel.

  14. 14
    Malte

    @ Spork
    Wie hättest du den Artikel denn geschrieben? Oder, anders gefragt: Wie hättest du dich der Problematik angenommen?
    @ Timo
    Der Zahlendreher ist im verlonkten Artikel. Weisst du sicher, dass deine Zahl die richtige ist?

  15. 15

    Das eigentliche Problem hast Du schoen zusammen gefasst. In unserer Gesellschaft verdienen privatwirtschaftliche Organisationen, wenn wir krank sind.
    Das geht auch anders herum. Ist aber wohl Utopie.

    Keine Utopie ist die Möglichkeit, über politische Marktregulierung diese Konzerne dazu zu zwingen motivieren, auch Medikamente für nicht lukrative Krankheitsbilder zu entwicklen.
    Solange unsere Vertreter in Berlin aber zu einem hohen Maß verbeamtet oder anders priviligiert und privat versichert sind, wird ein effektiver Kontrollmechanismus das gleiche sein, wie der erste Vorschlag: Utopie oder ehemalige chinesische Tradition – was im Endeffekt das Gleiche ist, so scheint zu befürchten.

  16. 16
    Timo

    So stehts beim zumindest auf der Homepage vom Bfarm.
    Bfarm > Arzneimittel > Statistiken > Bearbeitungsstatistiken
    gruß Timo…

  17. 17
    Malte

    @ Timo
    Danke.
    @ Erik
    Aber wie sollte diese Motivation aussehen? Sollte der Staat dann diese Medikamente in Auftrag geben und die Kosten übernehmen?

  18. 18

    @ malte (8):
    „Die fehlenden Innovationen liegen wohl vor allem darin begründet, dass Viren verflixt schwierig zu bekämpfende Organismen sind und Krebs noch immer nicht vollständig verstanden ist. Das ist auch ein Problem der Grundlagenforschung. Für Forschung bekommt man doch am ehesten Gelder bewilligt, wenn eine Anwendung absehbar ist.“
    – das finde ich auch ganz vernünftig, wenn man die größe der entsprechenden beträge bedenkt. warum beschwerst du dich über fehlende innovationen? mehr gehen imho gar nicht, den grund nennst du selbst.

    „Für eine Erforschung biologischer Prinzipien, die vielleicht erst in mehreren Jahrzehnten auf Umwegen zu Heilungserfolgen führen, ist sicherlich weniger Geld da.“
    – welche biologischen prinzipien meinst du damit? ich verstehe dich hier nicht ganz, vor allem im zusammenhang mit http://www.spreeblick.com/2006/10/09/bioresonanz-psychotronik-und-homoopathie-my-hairy-ass/#more-3639

    „Natürlich kann ein Pharmaunternehmen als im Wettbewerb stehende Organisation nicht einfach Geschenke verteilen. Die Frage ist: Wer soll dann Medikamente für Drittweltländer erforschen und herstellen?“
    – das ist nicht die frage. die frage ist, wer die medikamente, die ja größtenteils vorhanden sind, bezahlt. vielleicht sollte man mal bei dem ein oder anderen korrupten afrikanischen regime nachfragen, ob sie nicht von ein paar waffenkäufen absehen wollen und das geld in medikamente investieren.
    wir sollten der dritten welt helfen, keine frage. mit sinnvoller entwicklungshilfe könnte man sich die medikamente dort wohl früher leisten bzw. die hygienischen/aufklärerischen umstände derart verbessern, dass sie gar nicht erst benötigt werden. aber das ist ein anderes thema.

    „Was die Me-too-Präparate angeht, kann man der Auffassung sein, dass es sich um nützliche „Step-by-Step“- Entwicklungen handelt. Abschließend beurteilen kann ich das nicht, weil ich weder Pharmazeut noch Mediziner bin.“
    -naja, diese me-too-präparate werden in dem bukopharma-pdf auf s. 3 als „günstigere wirkstoffgleiche Generika“ bezeichnet. nur so.

    „Wenn du selber vom Cholesterin-Mythos sprichst, fragst du dich doch sicher, wer ihn in Umlauf gebracht hat und warum.“
    – nunja, ich glaube da weniger an eine verschwörungstheorie als an ein paar leute, die mit studienergebnissen und statistiken nicht umgehen konnten, was bestimmte andere leute sicher erfreut hat. immerhin ist so eine studie ziemlich komplex, und wohl jeder von uns ist schon auf die ein oder andere statistik reingefallen. mein vater, seines zeichens pharmakologe, beschwert sich am laufenden band über kollegen, die mit statistiken nicht umgehen können. ich glaube, da liegt das problem eher. ich will das nicht total entschuldigen, aber zu glauben, dass ärzte und pharmakologen nie irren, ist absurd.

    „Wenn du einen Fernseher kaufst, dessen Bildröhre in einem von Hundert Fällen explodiert, möchtest du dann auf Informationen von vorgeblich gemeinnützigen Vereinen angewiesen sein, die von genau diesem Gerätehersteller bezahlt werden?“
    nunja, da gibt es keine gemeinnützigen vereine, schätze ich. aber ich mache einen preisvergleich mit kosten-nutzen-rechnung, das risiko des kaufes trage ich, und nicht mein berater bei saturn. ein vergleich mit einem auto-kauf wäre hier vielleicht treffender. natürlich will der autohändler mir ein auto als sicher verkaufen, aber er kann mir hier keine volle garantie geben, weil das auch von meinem verhalten abhängt. alkohol am steuer ist genauso beschissen wie alkohol mit bestimmten medikamenten. aber ich schweife ab.
    ja, meine gesundheit ist mir kostbar, genau darum versuche ich im alltag darauf zu achten und glaube nicht sofort jedem arzt, der mir zeug verschreibt, dessen beipackzettel mir nicht geheuer ist.
    und geschätzte 98 % der nebenwirkungen, die immer angeprangert werden, sind im beipackzettel aufgeführt. wenn ich die pille nehme und rauche, habe ich ein hohes thromboserisiko, aber daran ist dann nicht merck oder whoever schuld.

  19. 19

    zu dem verkauf in schwellenländer: sorry, aber da müssen die schwellenländer ihre gesetzgebung ändern. natürlich finde ich das nicht toll, was da passiert, aber ich möchte da eher nicht so gerne den moralischen zeigefinder erheben, zumal dieses bukopharma-pdf, das ich aber gerade erst begonnen habe, zu lesen, mir recht fragwürdig erscheint. beispiel: s. 5: chinin? kava kava? wo ist da der skandal, bitte? chinin ist gefährlich, wenn man es überdosiert oder bestimmte körperliche dispositionen mitbringt. letzteres ist bei einer allergie nicht viel anders. so what?

    zu kava kava: http://www.innovations-report.de/html/berichte/medizin_gesundheit/bericht-13245.html
    und, soviel zu „höchst leberschädlich“:http://de.wikipedia.org/wiki/Kava

  20. 20
    Kunna

    Was ihr vielleicht nicht wißt:
    Es gibt ein Medikament – ich spreche jetzt von einem ganz speziellen, ganz neuartigen Antibiotikum, mit dessen Hilfe man sämtliche Problemkeime vor allem in Krankenhäusern (MRSA, auch die resistenten Stämme) auf einen Schlag erledigen könnte – das fertig entwickelt ist, alle Tests und Zulassungsverfahren erfolgreich durchlaufen hat und dann in der letzten Instanz – der Zulassungsbehörde der EU in Brüssel – abgelehnt wurde.
    Mit der Begründung, das Medikament wäre ja zytotoxisch.
    Na klar ist es zytotoxisch, es killt die Bakterien, sonst wäre es ja kein Antibiotikum der neuesten Generation. Ein Chinolon macht nämlich genau sowas: es schießt die Zellwand der Bakterien löchrig, so dass die Makrophagen, Leukozyten und wie sie alle heißen, das Biest erledigen können. Andere Zellen werden übrigens nicht geschädigt, die Verträglichkeit ist ausgezeichnet…
    Das ist nur eine der vielen Segnungen der EU.

    Übrigens: Osteoporose ist keine „erfundene“ Krankheit.

  21. 21
    sunny3d

    bextra ist gefährlich? vom Markt genommen? ich sollte wirklich öfter zeitung lesen. ich kann nur sagen, dass das medikament bei mir nicht geholfen hat und jetzt kann ich beruhigt die volle packung in den müll werfen.

  22. 22
    sunny3d

    edit: die haben das medikament schon 2005 vom markt genommen – du meine güte, aber stimmt ich habe es wohl gerade verschrieben bekommen und nur 5 mal genommen genommen, um zu merken, das meine beschwerden (rheuma, mb) davon auch nicht besser wurden – egal dachte ich – nehme ich halt nicht

  23. 23
    sunny3d

    als betroffene kann ich nur sagen, was mir mir bei einem kuraufenthalt in einem vortrag über die erforschung von rheumatischen krankheiten gesagt wudre – man weiß nichts über deren ursprung und geforscht wird daran intensiv seit bestimmt 50 jahren. man weiß nur, dass wenn ein oder beide elternteile es haben, die chance sich erhöht, es zu bekommen, bzw. müssen bestimmte aminosäuren vorhanden sein. altershreuma ist noch mal eine andere geschichte. haben tun es die menschen seit jahrhunderten, es ist keine erkrankung, die aus dem industriezeitalter stammt. aber wie und warum es tatsächlich entsteht, ist unbekannt und wenn es dafür ein medikament gäbe, welches es heilen könnte, würde vermutlich nicht nur ein pharmakonzern reich werden, sondern die gesamte industrie, selbst wenn sie dafür alle anderen medikamente vom markt nehmen müssten, weil die niemand mehr brauchen würde

  24. 24

    hyperhidrose ist übrigens auch keine erfundene krankheit.

  25. 25

    Drogen die Krankheiten machen sind dann gut gemachte Drogen wenn die Gesundmachdroge vom gleichen Band läuft!
    Bei 1000% Gewinn gibt es keine Moral!

  26. 26
    John

    DIY – Do It Yourself

    Bei weit verbreiteten Medikamenten betragen die gesamten Kosten für das Medikament, Packung, Transport und Logistik nur noch sage und schreibe: Drei Prozent!

    Antibiotika beispielsweise. Aspirin, usw. …

  27. 27
    Timo

    @kunna

    wenn die eu ein arzneimittel wirklich abgelehnt hat, noch dazu eins mit recht bekanntem wirkmechanismus wie die chinone, dann hatte sie wahrscheinlich einen guten grund dafür bzw. einen besseren als auf die zytotoxizität hinzuweisen. hast du da irgendwelche quellen oder links oder so ?

  28. 28
    Malte

    @ Heidrun
    Wo siehst du denn bei mir den moralischen Zeigefinger? Ich schreibe, dass Pharmaunternehmen Medikamente, die hier verboten sind, woanders verkaufen. Merck sagt, sie wären von den pakistanischen Behörden daran gehindert worden, Neurobion vom Markt zu nehmen. Für mich klingt das unglaubwürdig, aber es mag stimmen. Ob Kava Kava nun schädlich ist oder nicht: Zu dem fraglichen Zeitpunkt war es in der EU verboten.
    Hyperhidrose wird sich wohl unangenehm anfühlen – aber Krankheit? Die Betroffenen schwitzen stark. Ich kannte stark schwitzende Menschen, die sich nicht darum geschert haben – und gut damit gefahren sind. Das ist eben der Unterschied zwischen Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten: Man kann selbst entscheiden, wie ernst man sie nimmt.
    @ Kunna
    Hast du da einen Link?
    Zur Osteoporose:
    „žDie Krankheitserfinder“ — Zitate aus Die Krankheitserfinder

    # „žUm die Osteoporose zu einem Massenphänomen aufsteigen zu lassen, bedurfte es einer offiziellen Neudefinition der Krankheit.“ (Seite 92)
    # „žUm trotzdem von einem pathologischen Vorgang sprechen zu können, musste die WHO willkürliche Grenzwerte festsetzen“ (Seite 92).
    # „žDurch diese Definition hat die WHO das Krankheitsbild der Osteoporose auf dramatische Weise ausgeweitet.“ (Seite 93)
    # „žDie Knochenlobby hat die Vorgabe der WHO mehr als dankbar angenommen.“ (Seite 93)

    Und hier gibt es die Gegenmeinung.

  29. 29
    Malte

    @ John
    3% von was?

  30. 30

    Gesundheit scheint hier ja neuerdings ein Dauerbrennerthema zu sein… Positiv: Diesmal mit vielen Links statt Polemik pur.

    Allerdings Vorsicht bei HIV. Das es noch kein Heilmittel gibt liegt zum einen daran, dass Antibiotika nicht gegen Viren wirken, auch wenn viele Hausärzte das noch nicht mitbekommen haben. Zum anderen ist der interne Kontrollmechanismus des Virus ziemlich schludrig, so dass es eben dauernd mutiert und eine Behandlung/Heilung sehr viel schwieriger macht.

  31. 31
    Malte

    @ Heidrun (18):
    Mit „biologische Prinzipien“ habe ich mich furchtbar schlecht ausgedrückt. Ich meine nicht-medizinische Grundlagenforschung. Was die hygienischen Bedingungen angeht, hast du Recht. Die Cholera beispielsweise ist durch verbesserte Wasserqualität wesentlich besser zu bekämpfen als durch Medikamente. Bei den anderen Punkten liegen wir auch nicht allzu weit auseinander. Aber bevor wir uns jetzt in den Armen liegen (und es für die anderen langweilig wird):): Der Autohändler (genauer: die Autoindustrie) weckt in mir das Bedürfnis, ein Auto zu fahren. Gleichzeitig möchte ich aber tatsächlich längere Distanzen nicht zu Fuß bewältigen. Wenn jedoch einer kerngesunden jungen Frau suggeriert wird, sie müsse Medikamente nehmen, sei es, weil sie einen schicken Schnauz hat oder ihre Blutwerte einer imaginären Norm nicht entsprechen, schadet ihr das. Aus der Eigenverantwortung entlässt sie das natürlich nicht, da muss ich dir leider wieder zustimmen.
    @ SoE
    Stimmt schon, HIV ist u.U. nicht das glücklichste Beispiel, da die vorhandenen Mittel aus der Not geboren wurden. Es soll nur das Prinzip verdeutlicht werden, dass der Trend zu Medikamenten geht, die über einen langen Zeitraum genommen werden müssen.
    Ob Neuroleptika, Antikoagulanzien, Medikamente gegen ADHS
    oder den Grünen Star: Alle muss man über einen langen Zeitraum nehmen. Das geschieht nicht, weil die Pharmafirmen böse sind. Aber ich unterstelle, dass es sich mit diesen Medikamenten ganz gut leben lässt. Vielleicht vernachlässigt man die Suche nach anderen Lösungen. Nur so eine Vermutung.
    @ hgef
    Hilflos, nicht zynisch.

  32. 32

    ich muss spork (#11) irgendwie recht geben. erst schimpft man ein bisschen auf die marktwirtschaft, dann kommen die toten kinder in afrika und am ende der damenbart und medikamente gegen aids, die so entwickelt werden, damit man sie ein leben lang einnehmen muss. dann ist aids ja doch gar nicht so schlimm. super.
    und wie man an so einen artikel rangehen kann? man lässt so ein fazit einfach weg. oder sollen die kinder in afrika (4 mio. jährlich) „gesund bleiben und sich keine Krankheiten aufquatschen lassen, Beipackzettel nachgooglen und Bettruhe“ verordnen lassen? viel bettruhe?
    hier wird ein großer großer rahmen abgesteckt und dann kommt hinten sowas bei raus? das ist irgendwie traurig und dann doch wieder sehr westeuropäisch und damit genauso wie die hier kritisierten prozesse. uns kann das ja nicht passieren…

  33. 33
    Malte

    @ ovit:
    Ich antworte hier nicht auf die Kommentare, damit ich das Tippen nicht verlerne: Vielleicht solltest du dann auch erst die Kommentare lesen, bevor du die Keule schwingst. Kommt dir das Ende so vor, als hätte ich es auf afrikanische Kinder bezogen? Worum geht es in dem Artikel? Kritisiere ich die Marktwirtschaft? Sage ich, dass AIDS keine schwere Krankheit ist?
    Was soll am Ende dabei rauskommen? Eine neue Weltordnung? Mit welcher Erwartung liest du eigentlich Artikel? Und warum nutzt du dein Blog nicht dazu, allumfassende Weisheiten zu verkünden? Bei dir lese ich stattdessen, dass heute Zeitumstellung war. Glückwunsch.

  34. 34

    ich habe gesehen, dass in den letzten kommentaren, #32 entstand wohl zeitgleich, schon so einiges relativiert wurde. aber ich bezog mich wohl auch hauptsächlich auf den ausgangsartikel und überflog so einige kommentare.
    und jetzt verspiel doch du nicht auch noch deinen stolz und deine würde, in dem du mir hier mit der keule drohst. das steht einem spreeblickautor nicht.

  35. 35
    kasos

    Übrigens Alkohol ist auch in jeder Dosierung giftig, also bitte nicht mehr denken, ein wenig Rotwein hilft gegen Herzinfarkt oder sowas, ach ja und was war mit den Impfungen, die kommen auch von der Pharmaindustrie…

  36. 36
    kasos

    by the way, all diese Medikamente werden übrigens von Ärzten verordnet zumindest bei uns…

  37. 37
    hgef

    die konfrontation mit der komplexität von problemen kann ja auch hilflos machen. laut atlas der globalisierung verlieren die europäer ebenso viele lebenstage aufgrund von neuropsychiatrischen krankheiten wie aufgrund von herz-kreislauf-erkrankungen. somit wären bettruhe als auch nachdenken quasi kontraindikativ und letztlich lebensverkürzend. aber vielleicht gibts ja was dagegen.

  38. 38
    Malte

    @ hgef
    Oh nein. Ich gehe jetzt joggen.
    @ kasos
    Es war ja nicht alles schlecht ;) Im Ernst: Ich habe doch in dem Homöopathie-Artikel recht deutlich gemacht, dass ich daran glaube, dass Krankheiten auf naturwissenschaftlicher Basis angegangen werden sollten.
    @ ovit
    Ich drohe nicht, ich frage ganz ernsthaft. Das ist doch das Großartige an diesem Blogdingens: Jeder hat die gleichen Ressourcen. Schreib einen treffenderen, besser recherchierten Artikel – und wir verlinken dich gern. Worum es mir geht? Ab und an möchte ich Themen anstossen: Ich hätte gern im Verbund mit den Lesern nach Lösungen gesucht: Denn die angesprochenen Probleme lassen sich schließlich nicht wegdiskutieren. Ein großes Blog kann im Idealfall wie eine riesige Redaktion funktionieren, mit Ideen von vielen Leuten aus verschiedenen Fachrichtungen. Die Leser zusammen wissen mehr als jeder Autor. Und diese Intelligenz der Vielen muss angestossen werden. Die Qualität des Artikels ist da nur ein Aspekt – wenn auch der Artikel die Diskussionsgrundlage ist.

  39. 39
    Florian

    @kunna: Zytotoxizität höhrt sich für mich nach einem verdammt guten Grund an, ein „Medikament“ nicht zuzulassen.
    Die Zytotoxizität beschreibt die Schädigung der Wirtzzellen, also nicht der Bakterien.
    Wenn man da nicht drauf achten würde, wäre auch ein Glas Salzsäure ein prima Breitbandantibiotikum…

  40. 40
    Marty

    @fredge sicher sollten auch weiterhin an den Medikamente für den Behandlung von HIV geforscht werden. Meinte nicht es auch schreiben zu müssen, dachte das man sich das denken kann. Quelle hab ich jetzt keine parat, musst halt was googlen oder wo auch immer.

  41. 41
    Kunna

    @Florian:
    Die meisten Antibiotika sind zytotoxisch. Sonst hätten sie ja gar keine Wirkung.
    Und um Schäden durch eine eventuelle Zytotoxizität erleiden zu können, musst man erst mal die Infektion überleben.

    Mich ärgert es maßlos, dass auf diese Weise zigtausend Menschen sterben werden müssen, obwohl mit einem Federstrich ein wirksames Medikament zur Verfügung stehen könnte.

    @Malte:
    Sowas wird nicht im Internet publiziert.

    Und was die „Krankheitserfindung“ betrifft:
    Es stimmt, dass bei der Festlegung der Grenzwerte viel zu oft ein (imho) zu enger Maßstab angelegt wird.
    Aber sie werden auch „nachgebessert“, sobald neue Forschungsergebnisse vorliegen, das wird aber normalerweise nicht an die große Glocke gehängt.
    Die Richtwerte von sicherlich „anerkannten“ Krankheiten wie Diabetes oder Hypertonie wurden in den letzten 20 Jahren auch ständig angepasst. Dadurch werden heute Menschen mit ziemlich radikal in den Organismus eingreifenden Medikamenten behandelt, die noch vor wenigen Jahren ohne Medikamente vom Arzt nach Hause gegangen wären. Auch dadurch werden Millionen von „neuen“ Kranken geschaffen. Müsste das unbedingt sein? Und wem nützt es?

  42. 42
    apfelbaum

    Um mal einen Kernpunkt des Artikels zu illustrieren: Die Schlafkrankheit verbreitet sich dreimal schneller als AIDS, und wird mit einem Medikament behandelt, dass 1929 (!) entwickelt wurde. Das Medikament basiert auf Arsen und tötet ungefähr einen von zwanzig Patienten. Die Forschung hat natürlich nicht geschlafen, es gibt weitere vielversprechende Stoffe, die unter Umständen positive Effekte auf den Krankheitsverlauf hätten. Einer dieser Stoffe wird in Nordamerika und Europa als Veterinärmedizin verkauft, um den Sexualzyklus der Hündinnen zu unterbrechen. Parallel dazu hat man festgestellt, dass DFMO gegen die Schlafkrankheit hilft. Allerdings hätte sich eine Entwicklung bis zum fertigen Medikament nicht gerechnet (und rechnet sich noch heute nicht). Das Mittel kam als Anit-Gesichtshaarwuchsmittel bereits einmal raus, Gilette arbeitet an einem neuen Anti-Bartwuchsmittel auf gleicher Basis. Aventis hält die Rechte und hat (löblicherweise) der WHO erlaubt, es in Afrika einzusetzen. Aber – wie gesagt: dazu müsste man aus dem Stoff erst einmal ein fertiges Medikament entwickeln. Obszöner geht nimmer.

  43. 43

    @ malte: (28) naja, moralischer zeigefinger… es kommt jedenfalls deutlich raus, dass du diese praxis verwerflich findest. ich finde das nicht unbedingt. es ist mir nicht egal, wie „schädlich“ kava kava ist, wenn wieder andere (in diesem fall bukopharma) einen skandal aus solchen dingen machen wollen, der so schlimm anscheinend gar nicht ist. wenn du den mroalischen zeigefinger in der hosentasche lässt, tut das deine quelle hier ganz bestimmt nicht.
    trotzdem mal kurz danke für die hochinteressanten links. ich wünschte der taz-artikel da wäre nur ansatzweise so gut verlinkt oder sonstwie mit quellenangaben versehen. den finde ich nämlich äusserst unglaubwürdig.
    „Ob Kava Kava nun schädlich ist oder nicht: Zu dem fraglichen Zeitpunkt war es in der EU verboten.“ ja, aber in anderen ländern nicht, und das verbotsverfahren wackelt auch hier wieder. insofern kann man ja nicht von großen „verfehlungen“ vieler konzerne sprechen, wenn einige dinge, die in deiner quelle dazu aufgeführt sind, offenbar dazu dienen, ein ahnungsloses publikum mitzureissen.
    dennoch finde ich es gut, dass wie hier so strenge richtlininen haben, die eingehalten werden müssen. die haben wir dank schlechter erfahrungen (z.b. contergan), gründlicher forschung und zahlreicher studien. was z.t. die hohen medikamentenpreise und die „niedrige innovationsrate“ bedingt. man kann eben nicht alles einfordern.

    zu krankheiten und befindlichkeitsstörungen: klar sind die grenzen fließend bzw. schwer zu definieren. eine erkältung, ist die eine krankheit? ich meine schon, nur muss man deswegen nicht zum arzt rennen oder sich irgendwas einwerfen. ähnlich sehe ich hyperhidrose. ich kenne betroffene, die ziemlich drunter leiden, sich jetzt trotzdem nicht irgendwelche nervenstränge durchtrennen lassen würden, aber sicher selig wären, wenn es ein wirkungsvolles medikament gäbe. sicher nimmt man aber bei solchen beschwerden weniger nebenwirkungen in kauf als bei schweren ktrankheiten.
    zu den „krankheitserfindern“: ich würde nicht bestreiten wollen, dass bestimmte leute großes interesse daran haben, dass leute sich wegen irgendwas krankfühlen.aber ich glaube, dass das schwarze schafe sind, die mehrere berufszweige in verruf bringen, was die meisten aus diesen berufszweigen nicht so lustig finden. aber es gehören halt immer zwei dazu. jeder weiss, dass werbung einem alles mögliche einreden soll, ich brauche ein neues auto, eine blonde frau, ein chanel-kleidchen, aber alle erwarten, dass die pharma-industrie anders handelt und eine weisse weste behält. das erstaunt mich schon, auch wenn ich es im ansatz noch verstehen kann. aber häufig wird alles mögliche kritisiert, nur wenn es um gesundheit geht, wird einfach geglaubt. gabs nicht neulich ein buch über gesundheit als religion?

  44. 44

    @ kunna: „sowas wird nicht im internet publiziert.“ nee, ist klar. wir dürften aber auch in der lage sein, in einer zeitschrift o.ä. zu lesen. also?

  45. 45

    @ ovit, malte: ich erwarte nicht, dass hier patentrezepte veröffentlicht werden, zumal es ja hier keins gibt. klar werden in dem artikel einige dinge zusammengeworfen, aber man kann sie ja in den kommentaren wieder auseinanderpflücken, was ganz gut fnktioniert. es geht schliesslich um die diskussion.

  46. 46
    Malte

    @ heidrun
    Ich habe mal ein Interview mit dem Autor gehört, weiß aber nicht mehr, wie das Buch heißt. Über diesen Aspekt wollte ich auch noch einen Artikel schreiben. Ursprünglich hätten sogar alle Medizinthemen, angefangen mit dem Rauchverbot (da ist Johnny mir zuvorgekommen darin enthalten sein sollen. Dann hätte Max mich jedoch getötet (aber das ist wieder eine andere Geschichte.
    Dein Ansatz, dass es sich häufig um fehlinterpretierte Studien handelt, liegt mir viel näher als eine etwaige Verschwörungstheorie. Nur muss man vlt auseinanderhalten, dass ich zwar einen Pharmakonzern pauschal in Haftung nehme (mit Zeigefinger oder ohne), bei genauer Betrachtung aber dort auch verschiedene Interessenlagen gegeben sind. Ich weiß nicht, inwieweit die Forschungsabteilung auf gut Glück vor sich hinforscht oder ob sie nur auf bestimmte Felder angesetzt wird. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass sie die Probleme, auf die sie trifft, nach bestem Wissen und Gewissen lösen will. Wie dann Vorstand und Marketingabteilung damit umgehen, ist eine andere Sache. Meine Schwester hat vor ein paar Jahren Testreihen mit Menschen organisiert. Da wird ja nicht bewusst geschummelt oder manipuliert. Nur ist die Zahl der Testpersonen natürlich viel kleiner als die der Menschen, die das Medikament später nehmen. Wenn dann ein 65jähriger Herzpatient im Bordell tot von der Streckbank fällt mit drei Viagra im Blut, hat die Firma den Salat. Das ist die Kehrseite der Medaille.
    @ apfelbaum
    Wie sich da der Kreis schließt, ist ja kaum zu glauben; in einem Bartuchsstopper für Frauen ist der Stoff enthalten, der gegen die Schlafkrankheit hilft. In dem Link steht aber, Aventis und die WHO hätten sich auf ein Programm geeinigt, das Mittel wieder als Medikament einzusetzen?

  47. 47

    „Wenn dann ein 65jähriger Herzpatient im Bordell tot von der Streckbank fällt mit drei Viagra im Blut, hat die Firma den Salat.“
    dafür sollte wohl kaum pfizer zur verantwortung gezogen werden. das ist genauso wie philip morris zu verklagen, weil man lungenkrebs gekriegt hat.

  48. 48

    Ich habe einen Traum! Einen Traum, in dem die Menschen vernünftig mit den ihnen gegebenen Ressourcen umgehen. Und das gerne im System der (sozialen) Marktwirtschaft. Nur, was wir uns als Gesundheits“markt“ in Deutschland haben, hat mit der eigentlichen Form von Marktwirtschaft nichts gemeinsam. Zu viele Akteure sind hier mit deutlicher Macht ausgestattet, die der Bildung von Angebot und Nachfrage im Wege steht. Ich wage die These: Warum subventionieren wir die Heilung von Krankheiten? Warum subventionieren wir nicht die Gesunderhaltung? Mehr Gesundheitsfürsorge, -erziehung und Selbstverantwortung von jedem! Ich weiß: Schwer durchzusetzen aber sicherlich diskussionswürdig!!!

  49. 49
    sunny3d

    also kinnings, gesundheitsvorsorge (fürsorge ist auch nicht schlecht:))
    ist ja gut und schön und jeder chronisch kranke lebt in der regel gesünder, als die gesunden, um sich nicht noch eine weitere baustelle aufzuhalsen, aber es gibt krankheiten, die weder mit vorsorge noch sonst wie aufzuhalten sind. punkt. und die müssen behandelt werden. punkt.

  50. 50
    Christian

    @heidrun:
    Warum nicht? Man konnte in den USA auch Bayer zur Verantwortung ziehen wegen Lipobay. Das Problem war nicht Lipobay sondern Medikamente mit denen es in Kombination verschrieben wurde, vor denen in der Packungsbeilage gewarnt wurde. Zugegebenermaßen wurden die Medikamente von zwei verschiedenen Ärzten verschrieben, aber wieso erfragt dieser nicht was der Patient noch nimmt? Ist ein Patient so unmündig, dass man nicht einmal erwarten kann, dass er den Beipackzettel ließt? Ich kenne einen Fall, in dem eine alte Frau drei verschiedene Diabetis-Medikmente einnahm. Wie kams? Beim Ersten beschwerte sie sich über Nebenwirkungen beim Arzt, woraufhin dieser ihr ein Anderes verschrieb, sie aber das Vorherige noch weiter nahm, etc.
    Vllt muss man, zumindest in der westlichen Welt, mal damit beginnen den Patienten mündiger zu machen. Das er nachfragt, „googelt“ oder sonst etwas. Er ist ja zumindest auch in der Lage zu erkennen, dass man das Leck in der Gasleitung nicht mit ner Kerze sucht.

  51. 51
    sunny3d

    @christian, das ist auch wieder hübsch, dass mit dem mündig werden, nachdem ärzte für ihre patienten in der regel nur noch 5-10 Minten zeit haben (habe ich hier schon mal an anderer stelle was dazu gesagt). ich sehe es nicht ein, dass ich stunden damit zubringen muss, mir alle informationen selbst zu besorgen, weil ein spezialist, also der arzt, keine zeit mehr für mich hat und gerade für ältere patienten bedeutet dies die absolute hilflosigkeit.

  52. 52
    Christian

    Warum Ärzte nur 5-10 Minuten für ihre Patienten Zeit haben ist wieder ein anderes nicht weniger kontroverses Thema. Aber ich wollte die Ärzte da auch nicht aus der Verwantwortung nehmen, ich denke auf beiden Seiten muss sich da etwas ändern.

  53. 53
    sunny3d

    nein, das ist kein anderes thema, denn ärzte sind die vermittler zwischen pharmaindustrie und patient, neben den apotheken und sie müssen ebenso verantwortlich mit der medikamentenverschreibung umgehen, wie die pharmaindustrie sich darum bemühen muss, medikamente auf den markt zu bringen, die möglichst geringe nebenwirkungen haben und die patienten sollten sich auch informieren, das ist klar, aber sie sollten vorerst von ihrem arzt mit allen notwendigen basisinformationen ausgestattet werden.

  54. 54
    hgef

    nehmen wir einmal an, dass die moderne medizin an sich ein produkt des gesellschaftlichen diskurses, der letztlich von den interessen des kapitals und seinen vertretern erzeugt wird, ist. dann sind ansichten zu fallstudien und auch etliche krankheiten irgendwelcher art ein teil dieses diskurses. das beklagen, dass irgendein medikament zugelassen werden soll oder nicht, dass es krankheiten gibt oder nicht, ist damit dann keine kritik am diskurs, sondern teil dessen. die frage ist demnach weniger, ob beispielsweise cholesterin gesengt werden sollte oder nicht, sondern, warum das kapital darauf drängt, das denken der menschen dahin zu bringen, sie darüber nachdenken zu lassen. die medizin als handlanger des kapitals formte (und mit dem konjunktiv I bin ich wieder bei der annahme gelandet) somit das subjekt selbst. nämlich: euch! pardon: uns. und was kann man dagegen tun? an dieser stelle muss ich den schon gesetzten link doch noch einmal zum besten geben. ich finde berhards idee einfach überzeugend.

  55. 55
    sunny3d

    @hgef – mmh, ich bin einfach mal ne zeitlang nicht zum arzt gegangen und habe mich stattdessen mit anderen dingen beschäftigt – aber manchmal muss man eben doch zum arzt :)

    achso, der link funktioniert nicht, aber der aus deinem anderen kommentar

  56. 56
    hgef

    @sunny: und welche dinge waren das? kunst? ironie? gar beides?

  57. 57
  58. 58
    k567123

    Ich hab die Kommentare nicht mitverfolgt. Möchte aber was erwähnen.
    In Deutschland können die Pharmakonzerne beliebige Preise festsetzten, auch wenn alternativ Produkte mit dem selben Wirkstoff im Umlauf sind. Solche kosten ein vielfaches des „alten“ Medikaments. In anderen Ländern der EU, wie Frankreich, gibt es Behörden, welche Richtlinien festsetzen. Dabei werden Preisspannen festgesetzt für Medikamente mit dem selben Wirkstoff. Für die Pharmakonzerne ist Deutschland so ein lukrativer Markt

  59. 59

    Vielleicht gibt es ja nicht zuviel, sondern zuwenig Marktwirtschaft im Gesundheitssektor? Wenn ein Markt nicht funktioniert, könnte es auch an den falschen Anreizen liegen, nicht nur für die Forschung und die Produzenten von Medikamenten (die Pharmaindustrie), sondern auch für die anderen wichtigen Teilnehmer, z.B. die Krankenversicherungen, die Ärzte, die Apotheker und nicht zuletzt die Patienten.
    Auch wenn ein kranker Patient im Interesse des Medikamenten-Herstellers liegt, liegt er nicht im Interesse der Versicherung. Und sollte eigentlich auch nicht Interesse des Arztes liegen…Eine Stärkung der Interessen der anderen Marktteilnehmer könnte also zu einem Interessenausgleich führen, der im Endeffekt dem Patienten hilft.

  60. 60
    apfelbaum

    @ Malte: Meines Wissens ist es so, dass Aventis die Nutzungsrechte abgegeben hat. Kostenlos. Schon mal nicht schlecht. Leider wird aus einem chemischen Stoff nicht einfach so ein Medikament. Vor einem halben Jahr wars noch so, dass keiner das Medikament entwickeln wollte (zu teuer, zu wenig rentabel etc). Lieber Vollbart-Frauen erlösen. Is auch christlicher.

  61. 61
    hockeystick

    Schöner Artikel.

    Das Thema Cholesterinsenkung habe ich schon ein paar Mal bei der BooCompany gestreift; einmal zur Frage der „Unabhängigkeit“ der deutschen Herzstiftung in dieser Frage:

    http://www.boocompany.com/index.cfm/content/story/id/13914

    einmal zu den aktuell in den USA laufenden Lipitor-Prozessen:

    http://www.boocompany.com/index.cfm/content/story/id/13959/

    und im Zusammengang mit der Lobbyarbeit der Lipid-Liga und ihrer „Schwesterorganisationen“:

    http://www.boocompany.com/index.cfm/content/story/id/14314/

  62. 62
    Malte

    @ hockeystick
    Das macht die Recherche zu dem Thema auch nicht leichter: Man muss tasächlich immer schauen: Wer zahlt das Ganze? Interessante Artikel, danke.
    @ apfelbaum
    Für die Links kommst du in die Hölle. Großartig.
    @ lusiol
    Ja, so sollte das eigentlich funktionieren. Aber ob die Krankenkassen die geeigneten Vetreter der Patienteninteressen sind?
    @ k567123
    Die Generika-Hersteller machen es sich aber auch besonders leicht. Die forschenden Pharmafirmen haben ja durchaus Anspruch auf eine ausreichende Vergütung.

  63. 63

    Das System krankt doch daran, dass alle pro erbrachter Leistung bezahlt werden. Jedoch ist eigentlich die Leistung am Patienten nicht das gewünschte Resultat sondern die Gesundheit bzw. Gesundung desselben.

    Vergleichbar in etwa mit einem Jäger der für das Ansitzen auf Wild bezahlt wird. Das funktioniert ewig, ohne dass ein Schuß fällt.

    Nachdem sich der Kapitalismus die Marktwirtschaft nicht einfach so aushebeln lässt, müsste man sie für sich arbeiten lassen und statt einzeln zu vergüten imho eine Prämie für die Gesundung des Patienten, eine Aufwandsentschädigung für dessen Nicht-Gesundung aussetzen an der alle Beteiligten partizipieren (Arzt, Apotheker, Pharmaindustrie).

    Pharmafirmen hätten kein Interesse mehr nutzlose Medikamente unter die Leute zu bringen, da es lediglich den Aufwand erhöht, die Gesundheit nicht fördert. Die Ärzte würden auf überflüssige Methoden verzichten, weil ein rascher und nachhaltiger Heilungserfolg mehr bringt. Eine möglichst hohe Anzahl von „Scheinkranken“ würde kein Geld mehr bringen, da für Krankheit nichts bezahlt wird, sondern nur für die Verbesserung des Zustands.

    Die verbleibenden chronisch Kranken könnte man nach einer Stabilisierung/dauerhaften Verbesserung bewerten, Gesunde könnten über einen kleinen Gesundheitsbonus vergolten werden. Alles sollte darauf ausgerichtet werden, dass eine möglichst gesunde Gesellschaft das meiste Geld für alle beteiligten bringt. (just my 2cents)