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Manierenfreie Meinungsfreiheit

michael j. fox

Spiegel Online berichtet über Tiefpunkte des Kongresswahlkampfes in den USA. Beispielsweise attackierte der Radiomoderator Rush Limbaugh den an Parkinson erkrankten Schauspieler Michael J. Fox, weil dieser eine Demokratin unterstützt hat, die sich für Stammzellforschung einsetzt. Limbaugh warf Fox vor, für den Wahlwerbespot absichtlich seine Pillen nicht genommen zu haben – oder eben ein Schauspieler zu sein. Immer würden die Demokraten sich hinter Opfern verstecken, weil die vermeintlich unangreifbar seien. In der Sendung Eye to Eye setzte Fox sich zur Wehr.

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Eine nicht nur öffentliche, sondern schlagzeilenerzeugende Debatte über Stammzellforschung? Bei uns verschwindet so etwas im durch nichts legitimierten Ethikrat. Und wird ab und an bei Maischberger zwischen einem Theologen und einem Mediziner hin- und hergewendet. „žZum einen ist zu bedenken..“ „žMan darf aber nicht vergessen…“ Wer wird wohl eher zu einer Lösung kommen (und damit nicht nur Parkinson heilen, sondern auch einen riesigen Markt erschließen): Deutschland oder die USA? Ich glaube, das Land mit den schlechten Manieren wird das schmutzige Goldnäschen vorne haben.

26 Kommentare

  1. 01

    und was sind wir? selber schuld, richtig!

  2. 02

    Das man überhaupt über irgendwas diskutiert, was ein Häufchen Kot wie Rush Limbaugh absondert, ist schon traurig. Ich hatte vermutet, MJF ginge es besser inzwischen. Berührt mich sehr, das Interview.

  3. 03
    Malte

    Ging mir auch so. Er sagt ja, er wolle kein Mitleid. Aber schwer, da nicht mit zu leiden. Zu dem Häufchen: Eigentlich ein Luxus, solche Feinbilder zu haben. So etwas wird heute gar nicht mehr hergestellt.

  4. 04

    Das große Problem an der Stammzellenforschung ist irgendwie, dass die meisten damit Embryonen oder gar Föten assoziieren. Dabei geht es um Zellmasse, die nicht mal annähernd das Stadium erreicht hat und täglich von vielen tausend Frauen ausgeschieden wird. Ein Großteil aller Schwangerschaften enden nach den ersten 2-3 Tagen und genau um diese Zellmasse geht es überhaupt nur. Von Menschen als Produktionsmaschinen und ethischen Bedenken sprechen daher nur Leute die keine Ahnung haben oder welche die ganz andere Ziele im Sinn haben.

  5. 05
    RC

    In der Stephen Colbert Folge vom 30.10.2006 war das auch Thema. Dort wurde auch noch gezeigt wie dieser Kerl Fox nachäffte und sich lustig drüber machte wie albern das (Fox) sei, da er ja sowieso schauspielern würde. Gutes Beispiel mal wieder wie „arm“ solche Hardliner eigentlich sind.

  6. 06
    boo

    Bezüglich des letzten Absatzes: Ich kenn‘ mich in der Stammzellenforschung nicht aus, ich find’s aber gut, dass das in Deutschland mit Formulierungen wie „žZum einen ist zu bedenken..“ „žMan darf aber nicht vergessen“¦“ diskutiert wird. Man muss weder religiös noch rechtskonservativ sein, um zu erkennen, dass die medizinische Forschung an einigen Punkten Grenzen berührt, deren Überschreitung wohl überlegt sein sollte.

    Wenn man dem Argument „wenn wir nicht jetzt mitmachen, sind die USA schneller“ folgt, kann man gleich jegliche staatlichen Regulationen von irgendwas kippen, denn die sind ja immer Standortnachteile im globalen (Wissenschafts-) Wettbewerb.

  7. 07

    Da kann ich nur meine Meinung zu einem anderen Thema von gestern repetieren: „Ich finde das [von Rush Limbaugh] äußerst unlustig, gerade zu widerlich bis ekeleregend.“
    Stammzellenforschung dagegen ist sehr interessant und wie es MJF schon richtig sagt: „…die Stammzellen werden weggeworfen/verschwendet [wasted]“

  8. 08
    Malte

    @ boo
    Natürlich ist Nachdenklichkeit und selbst Zögerlichkeit nicht per se verwerflich. Aber wie Julian schon sagt und wie es auch in folgendem Zitat aus dem oben verlinkten Wikipedia-Beitrag zur Kritik an der Stammzellforschung deutlich wird:

    Bemerkenswert ist, dass sich die Kritiker der Stammzellforschung letztlich eine Position der katholischen Kirche zu eigen machen, die historisch relativ jung ist: Ursprünglich war man in der katholischen Kirche davon ausgegangen, dass die Beseelung des Embryos schrittweise erfolge und die höchste Form der Seele, die anima intellectiva, erst ca. 90 Tage nach der Empfängnis übertragen werde.

    Hier wird eine Scheindebatte ausgetragen, religiös formuliert, eine Leidensethik wird propagiert auf dem Rücken der Betroffenen. Wir reden von Zellhaufen, die nicht etwa für den Zweck der Forschung hergestellt werden, die vielmehr sonst auf dem Müll landen.

  9. 09
    alex

    Es ist sicherlich schon vielen Aufgefallen, dass wir wenn wir in der Vergangenheit schwelgen, sehr oft an gesehene Filme, Serien und gehörte Musik denken.
    MJF war einer der Helden meiner Jugend. Ich habe mit ihm gelitten, gekämpft, geweint, gejubelt und gefeiert. Als ich aus dem Kino kam, fühlt ich mich wie ein Held, wie er. Jetzt sitzt er da und ist so offensichtlich krank, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Ja natürlich wird er instrumentalisiet aber sicher nicht dazu gezwungen. Was er allen versucht klar zu machen, ist das er zittert aber nicht dumm ist. Nicht mehr so gut sprechen kann, aber immer noch Herr seiner Gedanken ist. Als ich zum ersten mal Muhammed Ali sah, dachte ich naja meine Güte kommt vom Boxen, damit kann man rechnen. Aber als ich bemerkte das er fast gar nicht mehr reden kann, sich nicht mitteilen kann und so weiter, dachte ich selbstverständlich anders darüber, vor allem habe ich einfach mal ein wenig über Parkinson schlau gemacht.
    Ich finde es traurig das man nicht alles Menschenmögliche versucht, diese schlimmen Krankheiten zu verstehen um sie anschliessend zu heilen oder zu lindern. Krebs ist eine schlimme Sache die heimtückisch und schnell die Menschen vom Planeten wischt.
    Stammzellen Forschung ist notwendiger als Affen aufzuschlitzen um fest zu stellen das die neue Schminke doch nichts taugt (ist nur ein Beispiel, ein Metapher).
    Der Weg kann heutzutage nur sein, die Heilung von Krebs usw interessanter zu machen als in die Waffenforschung zu investieren. Mir ist es ehrlich gesagt egal wenn mal wieder die Amis die ersten damit sind und sich einige damit die Nase vergolden lassen, solange ich damit mehr von meinen Kindern, Eltern und Geschwistern habe.
    Sicher nicht jedes Opfer ist in Ordnung, aber ein paar Zellen von einer völlig ungeborenenen organischen Masse ist mir nicht näher als das Putengeschnetzelte von vorhin. Was macht es so schlimm? Die Würde? Haben Menscheneier mehr Würde als eine ausgewachsenen Kuh verdient?

  10. 10

    Was ist das Problem mit dem Ethikrat? Dass es ihn gibt und dass die Themen überhaupt diskutiert werden? Dass er ‚durch nichts legitmiert ist‘? (Da der Ethikrat keinerlei Entscheidungskompetenz hat, wozu braucht er da eine Legitimation? Und wer bitte, sollte so eine Einrichtung legitimieren? Die Politik, die Industrie, die Forschung?)

    ‚Globale Forschung — lokale Regeln? Chancen und Grenzen internationaler Vereinbarungen zur Bioethik‘, das Thema um das es in diesem Posting (u.a.) geht, hat der Ethikrat am 25. April diesen Jahres in einer öffentlichen Diskussion durchgenommen. Es gibt zahlreiche öffentliche Veranstaltungen des Ethikrates. Und wer mal dagewesen ist, wird feststellen, dass sich die Leute sehr kompetente und spannende Diskussionen liefern. Hingehen. Angucken. Urteilen. (Nein, nicht zu Maischberger.)

  11. 11
    boo

    @ Malte
    Scheindebatte versteh‘ ich nicht. Natürlich macht es keinen Sinn, von einer Beseelung 90 Tage nach der Empfängnis auszugehen. Die Frage die hier im Hintergrund lauert, ist aber doch: Wann fängt menschliches Leben an und wann hört es auf? Wenn Du darauf eine konsistente Antwort weisst, kannst Du sicher die meisten meiner Bedenken ausräumen. Bis dahin finde ich es äußerst schwierig, von schützenswertem menschlichen Leben auf der einen Seite und Zellhaufen (oder gar Menscheneier … man man man Alex) auf der anderen zu reden.

  12. 12
    alex

    Bin gespannt wie lange es dauert bis wir hier über Abreibung und Todesstrafe diskutieren….

    @boo
    was du für schwierig hälst ist es vielleicht für andere nicht. Ich weiss nicht warum du hier werten musst. Wenn ich es für Sinnvoller erachte über harte Fakten zu sprechen, als über die Theorie ab welchem Tag ein Embryo über seinen Seele verfügt, ist das meine Sache. Nimm mal einfach die „Eier“ nicht allzu wörtlich, es war künstlerische Freiheit um meinen Standpunkt darzulegen.
    Es wird keiner eine Antwort darauf finden, ab wann genau ein Menschenleben anfängt, es geht nur darum eine Entscheidung zu finden ob man nun Stammzellen untersuchen oder verwenden darf/sollte oder nicht. Und dazu gehört wohl eher die Entscheidung, sehen wir daüber hinweg, glauben wir nicht an „Leben“ im vorembryonalen Stadium oder lassen wir es und finden einen anderen Weg. Du kannst eine Meinung haben, aber deswegen werte ich dich nicht.

    Ist überhaupt schon bewiesen ob Forschungen an Stammzellen sinnvoll sind oder nicht?

  13. 13

    Zu MJF: ich kenne ihn auch aus so vielen Filmen und Serien, und finds toll das er sich trotz seiner schweren Krankheit dafür einsetzt das betroffenen Menschen geholfen werden kann.

    Zur Debatte: ich erinnere mich da an einen Sketch, weiss leider nicht mehr von wem der ist, bzw wie er genau ging aber die Kernaussage ging in etwa so:

    Berater: Mr. President sie haben Krebs und Aids geheilt
    President: wie habe ich das getan?
    Berater: Sie haben die Bosse der Pharmakonzerne mit Krebs und Aids infiziert, innerhalb von 3 Monaten waren Gegenmittel auf dem Markt

    … wo ich das so schreibe denke ich der könnte von MadTV gewesen sein …

  14. 14

    Ach, die Rush Limbaugh. Die wird doch eh als eine der ersten beim Endgericht in der Hölle verschwinden. :p

  15. 15

    Ich meinte „der“ Rush Limbaugh.

  16. 16

    Entschuldigung. Habe zweimal nacheinander gepostet. Bitte einen löschen.

  17. 17

    Ich finde Du hast 4 mal gepostet, ist aber Auslegungssache. So wie alles.

    KwT

  18. 18

    Hmmm, ja. Da habe ich nicht überlegt.

  19. 19
    matze

    Es geht gar nicht um US vs. Europa, asiatischen Forscher, z.B. die koreanischen machen’s einfach. Da ist wenig mit Ethikrat sondern da geht es um Erfolg, dort sind die Menschen stolz, wenn jemand Stammzellen beforscht. Oder wenn nicht da, warum nicht in Afrika?
    Südafrika hat auch Unis mit Genforschern.

    Das Problem ist ja nicht die Heilung von Parkinson sondern dass es 100%ig dazu kommen wird, daß Eltern ihre Kindern optimieren.
    Man macht es ja jetzt schon mit Gemüse.

    Vor allem wird es anfangs so gehen: „Die Kinder, die sonst
    -Bluter wären
    -Erbkrankheiten hätten

    und dann geht es weiter zu blonden Haaren, blauen Augen.

    Läßt sich Menschlicher Fortschritt aufhalten?

    Ich habe dazu keine Meinung.

  20. 20

    @matze (#20): Ich weiß ja nicht, wie ich das zu sehen habe, aber wenn man, wie weiter oben, darauf hiwneist, dass ein Zellhaufen nicht gleich einem Embryo oder einem Fötus ist, dann ist es keine Frage einer etwaigen ‚Optimierung‘, sondern eine Frage danach, wie man welchen Menschen helfen kann. Im Zweifelsfall kann man so, auf diese Art und Weise, das beste aus den kominierten Genen der Eltern ziehen und einfach mal das Roulette der Natur zu einem Großteil ignorieren.

    @Beitrag: Jedoch ist dieses Thema ein Streitfall, der nur dazu führen wird, dass A ganz fürchterlichen Kinderstreit mit B haben wird, weil B As Meinung nicht teilen mag und darüber hinaus geht es nicht direkt darum, was irgendjemand am Ende einer tatsächlich sehr langen Reihe an Einzelfeldern, die alle unter den Sammelbegriff ‚Stammzellenforschung‘ zwecks Bequemlichkeit gequetscht werden, in Zukunft in der Lage sein wird zu machen, sondern es geht im Moment darum, dass wir hier einen Menschen haben, der öffentlich leidet, ein Tabu damit bricht und gewisse bornierte Individuen darauf hinweist, dass ein rigides Richtig/Falsch- Denkmuster dazu führt, dass gewisse Defektkrankheiten nach wie vor nicht behandelbar sind, wenn man von der Behandlung von Symptomen absieht.

    Generell zolle ich meinen wertlosen, zynischen Respekt Michael J. Fox dafür, dass er die Cojones hatte, sich so und so leidend und zuckend und nervlich ausser Kontrolle zu zeigen, beschämt es doch alle die, die gesund sind und von moralischen Idiotien faseln, die nichts anderes bewerkstelligen können, als aussparbares Leid zu zwingendem Leid zu machen.

    Was die Vorwürfe angeht, dass Mr. Fox mit Absicht seine Drogen abgesetzt hat, um möglichst gravierend und emotional wirksam zucken zu können:
    wenn dem so sein soll, dann hat er es richtig gemacht, Westländer brauchen recht oft einen Faustschlag in ihre Fressen, damit bei ihnen das Denken wieder einsetzt.

    @Johnny: ich bin wieder da, war lange genug weg.

  21. 21
    tofu

    der Mann hat´s nicht verdient so durch den Schmutz gezogen zu werden, nicht nur weil ich die „Zurück in die zukunft“-Filme liebe. Er hat eine Position, die man einfach mal diskutieren sollte und er ist krank und man könnte mit Stammzellenforschung vielleicht eine Menge in diesem Punkt erreichen. Das muss man erstmal so wie es ist feststellen. Natürlich regen sich da in den USA große Widerstände.

    @matze
    ich weiss nicht, ob es 100%-tig dazu kommen wird, deswegen meint d

  22. 22
    tofu

    @matze nochmal:

    ich weiss nicht, ob es 100%-tig dazu kommen wird, deswegen sagt Michael ja, dass man diese „neuen Gewässer“ sehr vorsichtig befahren sollte, aber Amerika und auch Europa waren immer Kontinente des technologischen Fortschritts und man muss die Menschen im Auge haben, die heute und in der Zukunft an so einem „Scheiss“ wie Parkinson leiden werden. Soll man sie leiden lassen und es sein lassen, alles Erdenkliche für sie zu tun um sie von ihren Qualen zu befreien? Ich denke, wir sollten uns in manchen Punkten nicht sooo viele Gedanken machen, denn solange es lebendige Wesen gibt, gibt es auch Seelen, die den Weltgeist erkennen, ob sie nun so oder so entstanden sind, spielt keine Rolle. Ich denke, dass Stammzellenforschung durchaus neue medizinische Möglichkeiten enthüllen kann. Damals hatten die Menschen auch Angst vor elektrischem Strom und der Wechselstrom wurde bsp. von Edison verteufelt. Natürlich haben wir Menschen Ängste, aber sie müssen überwunden werden! Ohne Technik befänden wir uns doch alle noch in irgendeiner Höhle, also warum nicht auch in diesem Bereich weiterforschen.

  23. 23
    matze

    @ tofu

    Deswgen macht Harvard ja die Forschung aus eigenen Mitteln und setzen nicht auf staatliche Gelder (die der Präsident ja gekürzt hat)

    Ich denke,d er Fortschritt läßt sich nicht aufhalten, aber die Angst davor, daß man Kinder später so schneidern wie Kleider, gruselt halt.

    Und Elektrischer Strom ist etwas anderes als das gezielte Arbeiten am Menschen.

  24. 24

    Der Ethikrat ist ein Schritt in die richtige Richtung. Seine Verfahren und die Diskussionsergebnisse sind jedenfalls brauchbarer als das oft geübte blödsinnige Bashing. Das Eine ist Politik, und da geben sich die oben und die unten die Hand, das Andere ist Diskussionskultur.

  25. 25
    tofu

    klar muss diskutiert werden und natürlich hat man Angst vor dem menschlichen Monster oder auch dem Idealtypus, aber davon sind wir noch ein bisschen entfernt, es wäre doch aber wunderbar, wenn wir bsp. ein effektives Allheilmittel gegen Krebs hätten…