Als im letzten Sommer ein Märchen jäh endete, Theorien umgewofen, Statistiken korrigiert und nicht nur Pop-Songs umgeschrieben wurden, trugen ein paar Freunde und ich es mit etwas mehr Fassung als der Rest des Landes.
Wir nämlich hatten das alles bereits erlebt.
Ein dummer Passfehler im Mittelfeld, ein Aufschrei, hektische Abwehrversuche, die in planlosem Rumgerenne mündeten, Krämpfe in diversen rechten Daumen, der hilflose Versuch einer Grätsche, um das Schlimmste zu verhindern — vergebens.
Del Piero umkurvte Mertesacker und drückte den Ball in der 85. Minute zum 2:0 rechts unten ins Eck.
Es war das Endspiel, es war das Ende, und wir mussten zusehen, wie lachende Italiener den Weltpokal in die Höhe reckten, während buntes Konfetti den Bildschirm füllte. Mein Kopf war leer, ich konnte es weder glauben noch fassen, irgendein Controller lag rücklings auf dem Boden, und ich hätte mich in ähnlicher Lage dazugesellt, wäre ich nicht schon längst tief im Sessel versunken.
Oh, diese Schmach!
Da ist nix mit »Mund abputzen und weitermachen«. Schluss, aus, vorbei, fi-ni-to… ungläubiges Kopfschütteln, minutenlanges Haareraufen, Totenstille. Drei Stunden intensiv geführtes Spiel; England, Holland, sogar Brasilien aus dem Weg geräumt, aber wegen eines F-Jugend-Fehlers die WM vergeigt. Halleluja!
Was folgte waren Schuldzuweisungen und jede Menge Bier, Spielanalysen und die Gewissheit, dass es auch für Klinsmanns Jungs nix werden würde mit dem Titel.
FIFA hat schließlich immer Recht, spätestens seit 2003, als wir mit St. Pauli trotz diverser Transfertricks (Beckham und Kahn) auch virtuell in die Bedeutungslosigkeit purzelten. Im Jahr darauf holten wir mit Werder die Meisterschaft und scheiterten 2005 in der Champions League denkbar knapp an Liverpool. 2006 war, naja, 2006 eben: Letztlich doch abhaken, Mund abputzen, weitermachen. Hilft ja nix.
Neues Spiel also, neues Glück. 2007 — »unsere Saison«.
Aachen holt den DFB-Pokal.
Ich weiß es.
Ich halte den Pott gerade in der Hand.