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Kleine Anthologie der Fussballpoesie V

„Sehr geehrter Herr Mitbewohner, jetzt kommen die Randgruppen dran. Nachdem wir die Frankfurter Schule rauf und runter geleitert haben, jetzt ein Österreicher. Was sagen Sie dazu?“
„Verdammte Hacke, weißt du eigentlich, wie spät es ist?“
„Früh genug, um einen kleinen Lobgesang auf den Gernhardt zu stimmen, der wundervolle Interviews gibt, so seltsam verschroben irgenwie… hach.“
„Müssen Nachträge eigentlich immer so spät zum Besten gegeben werden?“
„Herr Mitbewohner, den Sinngehalt dieses Satzes überdenken Sie bitte nochmal, aber besser später, da ich Ihnen jetzt den Torberg zum Besten gebe. Voilà:

5. Teil – Friedrich Torberg: Auf den Tod eines Fußballspielers

Er war ein Kind aus Favoriten
und hieß Mathias Sindelar.
Er stand auf grünem Plan inmitten,
weil er ein Mittelstürmer war.

Er spielte Fußball, und er wußte
vom Leben außerdem nicht viel.
Er lebte, weil er leben mußte,
vom Fußballspiel fürs Fußballspiel.

Er spielte Fußball wie kein zweiter,
er stak voll Witz und Phantasie.
Er spielte lässig, leicht und heiter.
Er spielte stets. Er kämpfte nie.

Er warf den blonden Schopf zur Seite,
ließ seinen Herrgott gütig sein,
und stürmte durch die grüne Weite
und manchmal bis ins Tor hinein.

Es jubelte die Hohe Warte,
der Prater und das Stadion,
wenn er den Gegner lächelnd narrte
und zog ihm flinken Laufs davon –

bis eines Tags ein andrer Gegner
ihm jählings in die Quere trat,
ein fremd und furchtbar überlegner,
vor dem’s nicht Regel gab noch Rat.

Von einem einzigen, harten Tritte
fand sich der Spieler Sindelar
verstoßen aus des Planes Mitte,
weil das die neue Ordnung war.

Ein Weilchen stand er noch daneben,
bevor er abging und nachhaus.
Im Fußballspiel, ganz wie im Leben,
war’s mit der Wiener Schule aus.

Er war gewohnt zu kombinieren,
und kombinierte manchen Tag.
Sein Überblick ließ ihn erspüren,
daß seine Chance im Gashahn lag.

Das Tor, durch das er dann geschritten,
lag stumm und dunkel ganz und gar.
Er war ein Kind aus Favoriten
und hieß Mathias Sindelar.

*räusper*“
„Und jetzt geh schlafen, Du Psycho!“

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