Es ist ja in Frankreich nicht unüblich, dass vor kurzem noch hoch gehandelte Clubs, die über Jahrzehnte ganz vorzüglich Fußball gespielt haben, und halb Europa mit großartigen Spielern beliefert haben, plötzlich gegen den Abstieg spielen und über Jahrzehnte in der Versenkung verschwinden. St. Etienne darf da als frühes Beispiel herhalten, Paris St. Germain und AS Monaco haben diese traurige Tradition in jüngerer Zeit fortgesetzt. Und jetzt hat es also auch die Kanarienvögel aus Nantes erwischt.
Kaum ein Club hat den Fußball der 90er Jahre in Frankreich so sehr geprägt wie der FC Nantes. Im „goldenen Jahr“ 1994/1995 blieben die Canaries 32 Spiele lang ungeschlagen, erzielten 71 Tore, damals noch mit Patrice Loko, Claude Makéléle und Christian Karembeu. Vor allem spielten sie einen erfrischenden, direkten Offensivfußball und integrierten immer wieder junge Spieler aus den eigenen Reihen. Weil deswegen Jahr für Jahr die besten Spieler zur Konkurrenz wechselten, war langfristiger Erfolg zwar ein Ding der Unmöglichkeit, aber man hielt die Klasse und gewann hin und wieder einen Titel. Zuletzt 2001 den Supercup.
Mit dem Einstieg des neuen Hauptsponsors Socpresse 2001 wird ein Präsident eingesetzt, der von Fußball soviel Ahnung hat wie Beckenbauer von Verhütung: Jean-Luc Gripond. Der möchte aus Nantes das „Manchester United Frankreichs“ machen. Was folgte, kann man getrost als Anweisung zur nachhaltigen Zerstörung eines Fußballclubs lesen, der in die Maschinerie nationaler Wirtschaftsmagnaten geraten ist. Gripond polt Nantes zum Unternehmen um und trennt sich von einigen technischen Verantwortlichen, die die alte Philosophie der Canaries aufrechterhalten wollen: Nantes soll aufhören, ein Ausbildungsverein zu sein, und europäische Spitze werden. Sofort. Jetzt. Auf der Stelle.
Seither geben sich die Trainer die Klinke in die Hand. Während zwischen 1960 und 2002 sechs verschiedene Trainer den Verein leiteten, verbrät Gripond in den fünf nachfolgenden Jahren pro Jahr einen Trainer. 2004 kauft Dassault Socpresse und damit auch den FC Nantes, und macht sehr schnell klar, dass der Club nichts weiter ist als ein unliebsames Anhängsel des Medienunternehmens. Das Unternehmen FC Nantes soll keinen Verlust abwerfen, alles andere ist erstmal egal. Nachdem man 05/06 in buchstäblich letzter Minute dem Abstieg entkommt, ist dieses Jahr alle Hoffnung vergebens gewesen. Nantes, abgeschlagener Letzter der Division 1, wird wahrscheinlich auf Jahre von der nationalen und internationalen Bildfläche verschwinden.
Ursprünglich wollte ich den ganzen Artikel anders schreiben, satirisch vielleicht oder halt sonstwie. Aber ehrlich gesagt ist diese Geschichte so verdammt traurig, da vergeht einem schnell die Lust am Spässchen machen. Verdammte Idioten.