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Verschlinge, Shredder, auch die Werke von DJ Danger Mouse!

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Am 9. Juni werden sie ihre Flagge hissen, Copy-Share-Remix Gesänge anstimmen und Kunst vernichten: die Piraten.

Kunst vernichten, die aufsetzt auf Vorhandenes, die sich Schnipsel borgt, eins hier eins dort — selbst von Disney — das Kulturgebräu kräftig rührt und schüttelt, und etwas Neues, Eigenständiges daraus macht. Mediale Ausdrucksweisen, die nach heutiger Rechtsprechung das Label illegal tragen — falls sie Copyright brechen, aber das tun sie.

Das von der Piratenpartei veranstaltete Festival der verbotenen Künste will mit der Vernichtungsaktion auf diesen Missstand aufmerksam machen. Das Urheberrecht kriminalisiert, so wie es heute ist, eine Vielzahl zeitgenössischer Kreativer, aber auch Millionen Kids von nebenan, die kleine Filmchen oder Musik aus geschützten Werken mixen, diese ins Netz stellen und dort doch eigentlich nur auf ihre fünf Minuten hoffen, nicht auf finanziellen Erfolg.

— meint Lessig, meinen die Piraten, und Recht haben sie. Nicht jeder muss sich eins zu eins den Gedanken einer komplett freien Kultur verschreiben. Kommerzielle Strategien jenseits des Modells, Inhalte umsonst anzubieten und über zig Umwege trotzdem irgendwie das Geld für die Miete zusammenzuklauben, können und sollten auch im Kulturbereich und auch im Netz durchaus legitim sein. Trotzdem: den Funken gesunden Menschenverstand, dass Mashups und verwandte Schöpfungen nach anderen Regelungen als dem Urheberrecht schreien, den sollte man schon mitbringen.

Welcher finanzielle Schaden entstand den Beatles oder Jay-Z durch DJ Danger Mouses Grey Album? Hätten sie nur eine Platte mehr verkauft, wäre das Mashup nicht entstanden? Sollten sie mitverdienen oder mitreden dürfen an einer Kreation, die — jesses! — doch ein vollkommen eigenständiges, neues und sowieso schlicht fantastisches Kunstwerk ist?

Auf dem berliner Bebelplatz sollte die Aktion der Piraten ursprünglich stattfinden. Mashups sollten zwar nicht zum Scheiterhaufen getragen werden, doch von YouTube et al. gezogen, gebrannt, gespielt und schlussendlich vernichtet werden. Der Art-Shredderer, Videokünstler und Musiker werden zwar ab 18 Uhr immer noch kostenlos mitzuerleben sein, doch die Veranstaltung wird an einen noch nicht feststehenden Ort umziehen müssen. Die Kommission Kunst im öffentlichen Raum hat den Bebelplatz nicht genehmigt. Er sei als Denkmal ausgewiesen, welcher eine politische Sensibilität aufweist — heute dort aktuelle Kunst zu vernichten, widerspricht wohl dieser Sensibilität.

11 Kommentare

  1. 01

    Man sagt, Humorlosigkeit sei mein zweiter Name, dennoch fand ich die Wahl des Ortes falsch: so honorig das Anliegen der Piratenpartei auch ist, finde ich die Parallele zur Bücherverbrennung etwas dämlich und ungefähr so geistreich wie andere vorschnelle Nazivergleiche auch.

  2. 02

    Schließe mich Stralau an. Ich würde so eine Aktion auch von der anderen Seite aufziehen, nämlich mit der Demonstration, was aus gemixten Werken alles entstehen kann. Etwas produzieren anstatt etwas kaputt zu machen. So kommt es für allzu freakig rüber und spricht nur wieder einen begrenzten Personenkreis an.

  3. 03

    Interessant vielleicht noch: die Kommission hat sich damals auch dagegen ausgesprochen, daß die häßlichen Buddy-Bären (die auch als Kunstaktion daherkommen) auf dem Bebelplatz aufgestellt werden. Das hat damals für heftigen Protest der CDU-Opposition gesorgt, die gleich eine kommunistische Verschwörung gewittert hat. Insofern sind sie (unabhängig vom jetzigen Inhalt der Aktion) bei solchen Entscheidungen ziemlich im Lichte der Öffentlichkeit.

  4. 04

    In meinen Augen steckt da auch eine ewig alte Debatte über den Kulturbegriff dahinter. In Deutschland wird traditionell zwischen „echter“ Kultur, der „Hochkultur“ (Goethe, Bach, Grass etc.) und eben der „Massenkultur“ (DJ Ötzi, Mickie Krause, RTL) unterschieden. Ich denke, diese Unterscheidung ist in gewisser Weise anschlussfähig an die Debatte über Copyrights. Wer kopiert ist per se Teil einer „niederen Kultur“, unkreativ und im Zweifel geschäftsschädigend. Das durch eine neue Kontextualisierung ganz neue Perspektiven geschaffen werden können, wird dabei gerne mal ausgeblendet. Bla …

    Allerdings bin ich in diesem Punkt durchaus auch etwas „deutsch“. Im Gegensatz zu dem guten Herrn Prof. Lessig wäre ich vorsichtiger mit Begriffen wie „Demokratisierung“ oder „neue Alphabetisierung“ sein. Ich hab da durchaus auch so meine Zweifel, ob jedes noch so dilletantische Video, dass bei You Tube eben auf „seine 5min“ hofft, nun als Kunst zu betrachten sei. Ich halte das für Quatsch. Auch wenn es natürlich sehr viel sehenswertes und kreatives gibt und ich persönlich der letzte bin, der als „Entscheidungsinstanz“ dafür herhalten kann, was Kunst ist und was nicht. In jedem Fall aber unterstütze ich die Forderung, nicht jeden sofort latent zu kriminalisieren, nur weil er ein paar Akorde von Linkin Park geklaut hat, um sein neues Counter Strike Video akkustisch zu untermalen.

    Ich bitte nur darum, nicht zu großzügig mit dem „Kulturlabel“ um sich zu schmeißen. Das sind postmoderne Marotten. :P

  5. 05
    heutehier

    Ich finde das eine falsche Entscheidung. Die Parallele zwischen Schriftstellern, die von einer totalitären Regierung verfemt wurden und größter Gefahr an Leib und Leben ausgesetzt waren und den „Millionen Kids von nebenan“, die anderer Leute Werke verwenden und „doch eigentlich nur auf ihre fünf Minuten hoffen, nicht auf finanziellen Erfolg“ sollte noch viel stärker herausgestellt werden. Das könnte, angesichts der „Verfolgung“ von „Piraten“ noch ausgeweitet werden, z.B. durch eine Soli-Aktion in Auschwitz, oder eine amüsante, aber nachdenklich stimmende Ausweisung von P2P-Benutzern durch (grüne?) Sterne.

    Oder anders gesagt, könnte es vielleicht sein, dass Leuten, die auf solche Ideen kommen, kaum zu trauen ist, und möglicherweise ihre sonstigen Argumente ähnlich defekt sind wie ihr Geschmack?

  6. 06
    Acid

    Man sagt doch immer „Wehret den Anfängen“ – und den Anfang einer fragwürdigen Entwicklung haben wir längst überschritten, nicht nur was Urheberrechte angeht. Daher war der Platz sehr gut gewählt.

  7. 07

    Hmm“¦ ich finde es auch geschmacklos, auf dem Bebelplatz egal was zu verbrennen“¦ wenn man schon irgendwas verbrennen muss, was ich selbst von der Symbolwirkung her als nicht besonders supiklasse einschätze, dann woanders“¦

  8. 08

    (Trackback geht nicht, scheint’s, daher manuell)
    Moin!

    Ich habe mal eine Offenen Brief an die „Kommission Kunst im öffentlichen Raum“ verfasst, in der ich als Künstler darlege, warum ich die Entscheidung zum Verbot der Durchführung der Kunstperformance „Verbotene Kunst“ für falsch halte:

    http://blackblogx.midvinterland.de/2007/05/29/offener-brief-an-die-kommission-kunst-im-offentlichen-raum-berlin/

    Ich freue mich über kritische Kommentare!

    Gruß,
    Cristof