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flickr: Es geht weitr

Um das Jugendschutzgesetz geht es also, erklärte flickr gestern den Nutzern des Dienstes. Man suche nach einer Lösung für die Altersverifizierung.

Dass diese mit der Zahlung eines Pro-Accounts (Kreditkarten werden nicht so oft an 12-jährige vergeben) bereits erfolgt sei und dass flickr vorauseilenden Gehorsam leiste, erwidern die Nutzer.

Denn der Münchner IT-Anwalt Arne Trautmann betont, dass ein „Hosting-Provider“ wie flickr keineswegs für die Inhalte seiner Kunden haften würde. Der Dienstanbieter unterliege lediglich einer Prüfpflicht.

Ein findiger alternativer Online-Bilder-Dienstanbieter (von dem ich noch nie gehört habe, war auch gleich im Spam-Ordner) schicken übrigens bereits erste Abwerbungs-Mails und preisen sich als Alternative an, wahrscheinlich sitzen sogar schon Speed-Start-Ups an der Programmierung dreister Kopien, die nächste Woche in alpha-Versionen den schnellen Euro suchen.

Auf Ipernity (hab‘ ich vorher auch noch nie gehört) scheinen sich jedoch tatsächlich viele ehemalige flickr-Nutzer geeinigt zu haben, ein flickr-Import-Tool steht dort bereits zur Verfügung.

Was mir noch bei allen kurz angeklickten Alternativen fehlt ist die Integration von auffindbaren CC-lizensierten Fotos, auf die wir trotz der auch bei CC bekannten Lizenz-Inkompatibilitäten (sag‘ das mal jemand fünfmal schnell hintereinander…) in der Vergangenheit zugriffen. Für Tipps, die über archive.org hinausgehen, wäre ich sehr dankbar. Bis zu einer guten Lösung arbeiten wir halt mit eigenen Symbolfotos, macht ja auch Spaß.

Ich empfand die aufbrausende Zensur-Hysterie der ersten Stunden als reichlich übertrieben und hatte kein Problem damit, flickr ein paar Tage Zeit zu geben. Natürlich waren die offiziellen, größtenteils einfach aus dem Englischen übersetzten Statements bescheuert und man hätte davon ausgehen können, dass sich die Firma im Vorfeld des Deutschland-Starts einen Anwalt leisten konnte, um sich nicht erst hinterher mit rechtlichen Fragen zu beschäftigen. Aber poo poo happens (wie ich ziemlich gut weiß) und nicht alles kann in wenigen Stunden ge- und erklärt werden.

Mittlerweile empfinde ich den Deutschland-Start flickrs jedoch ebenfalls als Desaster und glaube, dass die meisten Nutzer doppelt und dreifach verärgert sind, da flickr einer der wirklich herausragenden, weil sehr durchdachten Foto-Dienste ist.

Oder war.

22 Kommentare

  1. 01

    flickr kann sich gehackt legen.

  2. 02
    Roman

    Als Yahoo flickr gekauft hatte, wurde man als „Oldschool-User“ zunächst wortreich getätschelt: Ohne euch wäre flickr nicht das, was es heute ist; deshalb verehren wir euch und keine Angst, trotz des Besitzerwechsels bleibt alles beim alten bzw. nichts wird schlechter, höchstens besser. So in der Art.

    Irgendwann später, als man den flickr-Aufkauf „verdaut“ hatte, konnte man sich plötzlich mit seinem flickr-Account nicht mehr anmelden und wurde gezwungen, sich eine Yahoo-ID zuzulegen. Wieder wurde man wortreich umschwärmt: Das Ganze sei im Grunde genommen nur ein technischer Vorgang, flickr gehöre ja sowieso zu Yahoo usw. usf.

    Dann neulich dieser Filter-Blödsinn. Eigentlich war der Bogen an diesem Punkt schon überspannt. Hysterie wäre jedoch auch übertrieben und da man schon soviel Geduld für flickr aufgebracht hatte, kam es auf ein paar Tage auch nicht mehr an. Die kapieren das bestimmt noch. Die suchen sich jetzt einen deutschen Anwalt, der ihnen die Gesetzeslage ein wenig erklärt und dann wird das schon wieder …

    Und jetzt das. Nach tagelanger Nicht-Reaktion so ein halbherziger Abspeisungsversuch. Jetzt reicht’s wirklich, der flickr-Account wird gelöscht. Schade um flickr. Yahoo killed the Internet-Star.

  3. 03
    René (der aus Kiel)

    Diese Geschichte ist ein einziges Trauerspiel. Ich finde es immer wieder erstaunlich wie merkbefreit Unternehmen vorgehen, und nie aus den Fehlern anderer Unternehmen oder aus den Vorschlägen seiner Kunden lernen. Die Kommunikation war katastrophal, die Maßnahme übertrieben und die Weise wie man jetzt damit (und den Protesten) umgeht, wirft ein ganz neues Licht auf die tollen „Freunde“ des Flickr-Staff. Da werden die Protestbilder kurzerhand aus den öffentlichen Photostreams gekickt, neue Threads zum Thema aus den Supportforen gelöscht sowie schwachsinnige Statements hinterlassen. Kurz gesagt: es wird vertuscht und kleingeredet was das Zeug hält. In der Regel sieht man daran die letzten Zuckungen eines untergehenden Startups, nur dass es in diesem Fall nicht so weit kommen wird – es betrifft eben nicht alle User. Dennoch hat sich der Dienst mit diesem Vorgehen keinen Gefallen getan. Die Unschuld hat er jetzt (möglicherweise auch schon nach der Yahoo-Übernahme und dem Yahoo-ID-Zwang) entgültig verloren. Den Ruf, seine Kunden im Zweifelsfall für Dumm zu verkaufen und so zu tun, als seien diese unmündig wird es nicht mehr loswerden.

    Ich war seit ziemlich genau drei Jahren (d.h. kurz nach dem Start) dort aktiv und empfand die Plattform als großartig. Man fühlte sich dort wohl, es war die perfekte Webanwendung. Aber alles hat sein Ende. Ich habe meinen Account dort bereits am Samstag gelöscht.

  4. 04
  5. 05
    Jack

    Ich fand die Plattform auch großartig, war echt schön da.
    Aber letztlich wars zuviel des Guten was die sich geleistet ham.
    Mein Account ist auch seit Montag gelöscht.

  6. 06
    Roman

    @micha: Eben nicht. Es ist nur ein fauler Kompromiss.

  7. 07

    micha, das stimmt nicht ganz, siehe zweiter Link im Artikel oben.

  8. 08

    Ich habe mich noch nicht dazu durchringen können, meinen Account zu löschen, lade jetzt aber auch nichts mehr hoch und bin auch froh, dass ich meinen pro-Account nicht verlängert habe.
    Gerade die tolle Community verliert man, wenn man sich von flickr abwendet. Das ist echt ein Problem von Social-Web-Diensten. Aber leider ist es alles andere als leicht, soetwas zu dezentralisieren.
    Die Grundfunktionen wären ganz leicht dezentral zu realisieren, durch das z.B. Zusammenführen von RSS-Feeds. Die Communtiy-Funktionen nachzubilden ist aber schon deutlich schwerer und man bräuchte wie bei OpenID auch große Firmen, die das Ganze „žpushen“.
    Von daher weiß ich echt noch nicht, was ich nun mit meinen Fotos machen soll, die flickr-Klone haben mich noch nicht so ganz überzeugt und außerdem ist das Konzept ja wieder das gleiche und irgendwann fängt das „žSpielchen“ vielleicht wieder von vorne an.

  9. 09
    Jack

    Siehe dazu den Artikel bei Telepolis:
    Wechsel nicht möglich
    Das triffts in einigen Fällen genau, aber irgendwo langts mir halt auch.

  10. 10

    Eingelenkt ist eingelenkt ;-) Dass das mehr oder minder ein fauler und unakzeptabler Kompromiss ist mir klar, deswegen bin ich ja dabei aus Flickr zu Zooomr auszuwandern. Denn auch wen ich mit einem US-Yahoo!-Account nicht betroffen bin, fühle ich mich von dieser Firma total verarscht.

  11. 11

    In Deutschland findet laut Grundgesetz keine Zensur statt, Zensur ist es aber laut einer Nebenklausel nur dann, wenn Vorzensur (vor der Veröffentlichung) stattfindet — demnach scheint sich kaum ein deutscher aufzuregen, wenn in Deutschland Naziseiten zensiert sind*. Das aber genau solche eine deutsche Zensur dann von etwa Google Inc als Beispiel herangezogen wird, um etwa die Zensur von Menschenrechts-Seiten in China zu verteidigen, sollte zu denken geben, warum manche eben nur all das Zensurfrei halten wollen, was die eigene Meinung widerspiegelt. Lange Einleitung, aber worauf ich hinaus will: vielleicht erklären sich so einige Zensur-Implementation ausländischer Firmen, wie etwa Flickr, weil die vielleicht einfach & vereinfacht denken „Germany doesn’t have real freedom of speech right? We’ll better implement a strong filter for them…“ — Deutschland, waren das nicht die ohne echte Meinungsfreiheit im Netz?

    *Schneller Vergleich: man suche in Google.de, dann Google.com, nach „site:stormfront.org“ (keine Anführungsstriche).

  12. 12

    Ich finde ja zooomr recht gut. Scheine da aber recht allein in Dtl. dazustehen. Bin nicht sicher, ob dass da für alle Accounts gilt, aber ich zumindest kann so viele Fotos pro Monat hochladen wie ich will. Keine Begrenzung. CC-Suche bieten die auch noch nicht an, wollen das aber demnächst einbauen.

    Hat man in Dtl. nicht das Recht vom Vertrag zurückzutreten wenn dieser einseitig geändert wird, wie das hier der Fall war? Nehmen das die Pro-Nutzer in Anspruch?

  13. 13

    Hmm, ich kann mit @yahoo.com Adresse trotzdem nicht alle Bilder sehen?! Irgendwie nervt mich das ganze auch so langsam….

  14. 14

    Ich benutze Zooomr schon, seit Flickr mir nur 200 Bilder gönnen wollte. Da habe ich gewechselt und bin ganz zufrieden. Bis vor kurzem wurde bei Zooomr noch gewerkelt und gebastelt, aber seitdem scheint alles bestens zu sein.

  15. 15
    leo

    Auf eine andere Plattform zu wechseln, verschiebt das Problem nur, statt es zu lösen, da die Problematik strukturell bedingt ist. Es ist nur eine andere Firma, die prinzipiell das gleiche Zensur- / Missbrauchspotential hat und mirnichtsdirnichts an den nächstgrösseren Medienkonzern verkauft werden kann. Im Grunde widerspricht diese Systematik dem Communitygedanken auf ganzer Linie. Ich denke, dass hier speziell die Communities selber gefordert sind und sich Gedanken darüber machen sollten, wie und wo sie ihre Daten speichern wollen. Ich erwarte mir von der Zukunft eine Verschiebung in Richtung P2P und Dezentralisierung, da dies der einzig konsequente Weg ist, auch wenn das in einigen Punkten evtl. unbequemer sein wird, als die Verantwortung der Firma XYZ zu überlassen.

  16. 16

    @cem dieser kommentar ist nicht umsonst number one. ich hab viereinhalb minuten gelacht.
    zu flickr ist alles gesagt. ipernity als so freche kopie ist war mir zunächst unangenehm, jetzt finde ich langsam, dass sie sehr nette features haben. und verflucht schnell ist die seite auch. bei 23 ist es auch sehr nett und ich überlege noch wie ich meine bilder aufteilen könnte. zooomr kann ebenfalls einiges , aber muss ich den immer meine daten über den atlantik schieben?

  17. 17
    Acid

    Kurz und knapp:
    wenn flickr Web 2.0 war, ist ipernity 2.5
    Wir haben dort alles unter einem Dach (einen Steve Urkel suchen wir noch):
    Blog, Audio, Video und Katzenbilder. Das Ganze ohne Yahoo. Und so hatte das Desaster auch sein Gutes:
    zum einen hat es die befremdliche Gesetzeslage in Deutschland etwas ins Bewusstsein gerückt, zum anderen haben viele (>500 _vor_ flickrs letztem Statement) diesen kleinen französischen Laden entdeckt, der wesentlich attraktiver wirkt als flickr.
    Flickrs Reaktion war abzusehen (censrshit light), ebenfalls abzusehen ist, dass das kleine gallische Dorf nun noch mehr Besuch bekommt.

    Flickrst du noch oder bist du schon bei ipernity? – mein Motto des Monats.

  18. 18
    René (der aus Kiel)

    Hmm Ipernity wirkt wirklich toll, allerdings ist das schon eine sehr dreiste Kopie. Man macht sich dort nicht gerade Mühe, den offensichtlichen Designdiebstahl bei Flickr zu verbergen…selbst die Formulierungen sind größtenteil identisch. Ich habe ein schlechtes Gefühl meine Fotos bei einem Anbieter unterzubringen, der das Urheberrecht seiner Konkurrenz derart mit Füßen tritt – auch wenn das Design einer Seite (zumindest in Deutschland) rechtlich nicht schützbar ist. Ich frage mich dann dennoch, was da mit meinen Fotos passiert. Vor allem bei Formulierungen wie dieser hier (in den Nutzungsbedingungen):

    „5.10 In addition, by submitting, posting or displaying Content which is intended to be available to the general public, you grant Ipernity a worldwide, non-exclusive, royalty-free license to reproduce, adapt, distribute and publish such Content for the purpose of displaying, distributing and promoting Ipernity services.“

    Ich bin da jetzt hin- und hergerissen. Grundsätzlich gefällt mir Ipernity, weil es eben die Features mitbringt die Flickr hat – und mehr. Aber dann sind da eben auch die von mir benannten Einwände. Seufz.