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Hélas, Marianne

Je crois que je ne t’aime plus
elle m’a dit ca hier
ca a claqué dans l’air
comme un coup de revolver.
Cali – Elle m’a dit

sarkozy
Bild © montrealamoi

Hélas, Marianne. Schau nur, was aus Dir geworden ist. Man kann Dich ja kaum mehr ansehen. Früher warst Du mal stolz gewesen, bist durch Europas Strassen spaziert, mit erhobenem Kopf, und alle haben Dir hinterhergesehen. Aber das, Marianne, ist lange her. Deine Männer haben Dich zugrunde gerichtet. Restlos.

Du hattest ja schon immer einen fürchterlichen Männergeschmack, Marianne, aber die alten Geschichten, die wollen wir heute ausnahmsweise nicht hervorkramen. Wir wollen auch nicht über den senilen General sprechen, nicht über diesen schmierigen, korrupten Möchtegernsozialisten, oder den salbungsvollen, nicht weniger korrupten Dandyopa, der selbst aus der dreistesten Lüge einen Tropfen Pathos hat herauswinden können. Wir wollen lieber über den machtbesessenen kleinen Giftgnom sprechen, der auf seinem Hochstuhl Dich beim Bankett vertreten darf.

Es gab mal eine Zeit, da hast Du damit kokettiert, die Freiheit, die Wahrheit und das ganze Gedöns auf dem Kopf zu tragen. Und jetzt gehst Du mit einem ins Bett, der die Völkermorde Frankreichs an den Albigenser, den Hugenotten, in der Vendée, an den Malegassen, den Natchez, in Ruanda, in Algerien und an den französischen Juden einfach so leugnet (ab Minute 2:10). Früher warst Du einmal schön gewesen, mit all den Stellen, die eben nicht an Brigitte Bardot erinnerten. Und jetzt lässt Du Dir die Nase absaugen und den Bauchansatz korrigieren.. Früher warst Du mutig, unerschrocken; jetzt machen Dir schon ein paar Gruselmärchen so sehr Angst, dass Du noch nicht mal mehr über Nacht die Fenster offen lässt. Und merkst noch nicht einmal, dass Du nur Angst vor Dir selbst hast. Ach, Marianne, bist Du wirklich so ein Wrack geworden?

Nein, ich will Deine Begründungen nicht hören. Merkst Du nicht, wie lächerlich er ist in all seiner Aufgeblasenheit, der kleine Gernegroß? Sag nicht, Du hättest es nicht vorher gewußt. Er ist doch schon als Großmaul auf die Welt gekommen, und hatte es einzig und allein darauf abgesehen, mit Dir ins Bett zu steigen. Und Du, erbärmlich wie Du bist, hast Dich auch noch geschmeichelt gefühlt. Und sobald er drin war in Deinem Bett, mußtest Du die Hausfrau machen. Moral, Arbeit, Verdienst, dreimal täglich das phrygische Mützlein waschen und so, das solltest Du zu Hause leisten, während er mit seinen Kumpels um die Häuser zieht und sich feiern lässt. Und dabei Deine Familienerbstücke, die Menschenrechte, verscherbelt. Für ein bißchen Öl und Gas.

Sobald er wieder zu Hause ist, wird er an Dir herumdoktern, hier muss ein bißchen überflüssiges Fett abgesaugt werden, dort die Nase begradigt, was weiß ich. Alles, was stört, wird einfach weggeschnitten. Und irgendwann demnächst siehst du dann aus wie eine verdammte Mumie aus dem Louvre. Sag, bist Du schon so bankrott, dass Du Dir das bieten lassen musst? Dich so zur Gsell machen lassen?

J’espère que non.

18 Kommentare

  1. 01
    nils

    leider zu wahr um schön zu sein…

  2. 02
  3. 03
    nils

    Dann stehts ja jetzt nur noch 1:10, ach ne Punkten kann man mit nüchternheit auch nicht. Also 0:9.

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,496891,00.html

    Nachtrag: Ling ging nicht!

  4. 04
    Smou

    Er ist in dem Video lächerlich. Ob er betrunken war, ist egal.

  5. 05
    Frédéric

    Ob betrunken oder nicht – lächerlich wars allemal. Und lustig.

  6. 06

    Na, dann hoffe ich mal dass es nie von Euch ein Video gibt auf dem Ihr mal ein bisschen ausser Form oder laecherlich seid. Denn der Logik zufolge waert Ihr ja dann auch generell als Mensch peinlich und laecherlich.

  7. 07
    Frédéric

    @ Armin: Es ist wohl ein Unterschied, ob ich mich ständig, um an die Macht zu kommen, persönlich produziere, Homestorys mache, mich immer im besten Licht darzustellen versuche und der Liebling der Modefotografen sein will, oder eben nicht. Sarkozy hat sich selbst immer produziert, sich immer in den boulevard hineingedrängt, seine Ehe, als sie noch funktionierte, unablässig vermarktet – ihn jetzt daran zu messen, heißt, mit den gleichen Waffen zurückschlagen. Wenn ich später mal solche Sachen mache, darfst du mir diesen Satz gerne wieder um die Ohren schlagen. Dann hätt ich’s auch verdient.

  8. 08

    Ich verstehe nicht ganz, worauf Du hinaus willst.

    Sarkozy ist ein Populist, in einigen seiner Auftritte im Wahlkampf war er demagogisch. Klar.

    Aber wenn Du die gesamte fünfte Republik so abfrühstückst – wohin willst Du? Zurück in die grandios gescheiterte vierte? Noch weiter davor? Kann ja nicht sein.

    Fakt scheint mir zu sein, dass Frankreich als Staat wandeln muss, um in einer globalisierten Welt bestehen zu können.

    Im Grunde geht Sarkozy die gleichen Probleme an, für die in D’land Schröder heftigst Schläge bezogen hat.

    Die Art und Weise wie er es tut – nämlich ganz gerne mal auf dem Rücken der Schwachen, ist zum Kotzen, keine Frage.

  9. 09
    Frédéric

    Oh, ich will am liebsten nach Honfleur jetzt gerade :)

    Nein, im Ernst: Sarkozy mag Probleme angehen, die mit dieser wie auch immer gearteten ominösen „globalisierten Welt“ zusammenhängen. Was auch immer man darunter versteht. Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung von Sarkozys Problemen, und ich meine das ganz und gar nicht ironisch. Aber wenn sie auf dem Rücken der Schwachen ausgetragen werden, dann habe ich ein Problem.

  10. 10
    marcus

    und deswegen reitest du auf seiner körpergrösse herum? spasti!

  11. 11
    Frédéric

    Nein, nicht deswegen. Sarkozy hat wie kaum ein anderer vor ihm seine Geschichte und auch seinen Körper als Zeichen genutzt. Dieser Wahlkampf zeichnete sich in erster Linie dadurch aus, dass er viel mit Symbolen und/oder Geschichten gearbeitet hat. Dazu gehörte auch die Zurschaustellung der eigenen Körperlichkeit. Kann man übrigens auch sehr schön am offiziellen Foto sehen, das Philippe Warrin geschossen hat, der sich, wie Du an seiner Seite sehen kannst, mit der Inszenierung von Körperlichkeit gut auskennt.

    Deswegen wollte ich auch keine dröge Analyse zu den Vorgängen vor, während und nach der Wahl schreiben – das hätte zu Jospin gepasst, aber nicht zu Sarkozy. Sarkozy hat sich als der starke, entschlossene Mann inszeniert, und in diesem kleinen Textchen inszeniere ich ihn als das Gegenteil. Das kann man durchaus als geschmacklos empfinden, genau so, wie ich Sarkozys Wahlkampf als geschmacklos empfunden habe. Normalerweise bin ich auch dafür, da eher drüber zu stehen.

    Diesmal nicht.

  12. 12

    @ marcus:

    Politische Inkorrektheiten mit politisch Inkorrektem zu vergelten ist schwach.

    @ Frédéric:

    Ich find den Text gut.

  13. 13
    Peter H aus B

    Wa ist das nur für ein seltsam deutsches Ding, auf anderen herumzuprügeln, anstatt den eigenen Hinterhof in Ordnung zu halten?

    Es ist schlicht langweilig.

    Oder ist Frédéric Franzose? Dann nur zu….

  14. 14

    @Peter H (#14)
    Abgesehen davon, dass Frédéric tatsächlich Franzose ist (oder ein halber) – wieso darf man den Anderen nicht kritisieren, wenn hier doch gefuehlt 99,9% der „politischen“ Artikel sich mit unserer Gesellschaft hier in D’land beschäftigen?

  15. 15
    ratzepansen

    „La France n’a jamais commis de génocide“, les exclamations de l’auditoire qui suivent me font penser au „Wollt ihr den totalen Krieg“.
    Faut se méfier des petits hommes politiques!

  16. 16
    Peter H aus B

    @Andreas(15):
    Man darf sich doch aufregen. Mach ich doch auch, gerne und viel.
    Ich sag nur, es ist langweilig und seltsam.
    Klar ist Bush ein Blödmann, klar ist Sarkosyz ein machtgeiles Würstchen.
    Aber was bringt es, darüber zu fluchen , wenn doch die Amis und jetzt die Franzosen, es so wollen.
    Natürlich nicht alle, aber die Mehrheit. Demokratie und so…

    Ich könnte mich auch jeden Tag über Frau Merkel echauffieren – allein: was soll´s?

    Man kann nur auf Besserung hoffen.

  17. 17
    Frédéric

    @ Peter: Und welche Funktion kommt Deiner Meinung nach der schreibenden Zunft zu, wenn nicht Zeitgeschehen schreibend begleiten, einordnen und urteilen? Funktioniert nicht dadurch die Meinungsbildung, also dass, was die Leute „so wollen“?