18

Auschwitz aus Sicht der SS

auschwitz.jpg
Bild: United States Holocaust Memorial Museum

Im Online-Archiv des United States Holocaust Memorial Museums ist das private Fotoalbum des Lageradjutanten Karl Höcker zu sehen.

Das Album ist ein Musterbeispiel der Banalität des Bösen. Laut eigener Aussage hat Karl Höcker in Auschwitz nie jemandem etwas zu leide getan. Er habe nur seine Pflicht erfüllt, verteidigte er sich während seines Prozesses. Neben der Pflichterfüllung hat er sich prächtig amüsiert. Das ist also die tiefere Bedeutung von „es war nicht alles schlecht“.

Mehr zum Hintergrund in der New York Times.

18 Kommentare

  1. 01
    jan

    was hast du erwartet? dass sie in der zeit, wenn sie grad mal nicht irgendwem nichts zu leide tun, fledermausartig von der decke hängen?

  2. 02
    Schreibvieh

    Aber das Schlimmste ist wie fröhlich und, ja, normal die Frauen aussehen. Nix Monster, nix Sadisten, nix Entmenschte – Wie meine Mutter auf alten Fotos. Nur eine Generation früher.

    Wenn meine Enkel mal Fotos von mir sehen, was denken die dann wohl?

  3. 03
    schläfer

    Ich habe vor einigen Monate ein Radio-Feature von Bruno Schirra über den SS-Arzt Hans Münch gehört. Schirra hatte diesen 1998 zu seiner KZ-Zeit als Arzt interviewt. Der antwortete bereitwillig auf jede Frage mit selbstgerechter Eiseskälte, schilderte teilnahmslos schrecklichste Dinge, die er dort begangen hatte, dass ich nur zuhören und mich schämen konnte ein Mensch zu sein.

    Bruno Schirra, der nicht mit dieser „Offenheit“ gerechnet hatte, interviewte wie in journalistischer Trance, war fast beseelt vom Glück, so etwas auf Band aufzeichnen zu können. Nach dem Gespräch, auf dem Nachhauseweg erst, wurde ihm bewußt, WAS er dort gehört hatte und er weinte die komplette Autofahrt hindurch.

    In Auszügen ist dieses Interview im SPIEGEL erschienen und kann hier nachgelesen werden: http://vho.org/VffG/1997/3/Spiegel.html
    Allerdings ist der einstündige Radiobeitrag mit seinen O-Tönen Münchs, den (nachträglich) kommentierenden Gedanken Schirras, den nochmals wiederholten Antwort-Passagen durch einen Sprecher, viel besser geeignet, die Interviewsituation wiederzugeben.
    Nach dieser Stunde ist man nicht mehr fassungslos oder erschüttert, das kommt schon viel früher, sondern seltsamerweise gar nichts mehr. Vielleicht noch ein Hauch von Ekel – vor irgendwas.

  4. 04

    „dass ich nur zuhören und mich schämen konnte ein Mensch zu sein.“
    Erbärmlich, noch schlimmer, als sich für sein Deutschsein zu schämen, wie es anscheinend Münchs Frau tut. Warum heiratet man denn so einen?

    Vielleicht ist diese beschriebene „Eiseskälte“ auch nur ein Schutzmantel…
    Danke für den guten Link.

  5. 05

    –> edit:
    Hab das Interview gelesen; nix mit Schutzmantel, ich bitte um Verzeihung.

  6. 06

    interessant finde ich die beisetzung der „kameraden“ nach einem terrorangriff. aus deren selbstverständnis (über das das album ja aufschluss gibt)heraus war es natürlich terrorismus.
    da fällt man terroristen zum opfer obwohl man für eine gute sache ist, und überhaupt eh nur blaubeeren in den bergen isst.

    bush hat diese woche, beim werben für die verlängerung des „protect america laws“ gesagt dass das gesetz vielleicht in sechs monaten auslaufen mag, die terroristische bedrohung durch al kaida aber nicht.

    notstand ist jetzt irgendwie immer. terroristen sind die anderen, man selber erfüllt ja nur pflichten. so will das herr jung z.b. ja auch verstanden wissen.

    es könnte nicht schaden wenn manxhe unserer politiker sich mal wieder über diese psychologischen gegebenheit in nazideutschland informieren würden, statt sonntagsreden vom „aus der geschichte lernen“ zu halten.

  7. 07
    schläfer

    @ Christoph (5)
    Erbärmlich? Ich schämte mich beim Zuhören einer Spezies anzugehören, die Individuen hervorbringt, die mitleidslos solche Grausamkeiten vollbringen können. Nicht, Deutscher zu sein. Passiert mir öfter; ist wohl ’ne gesteigerte Form des Fremdschämens. (Schade, das man diese Sendung nicht irgendwo abrufen kann, das würd‘ dann vielleicht einiges erklären.)

    Aber stimmt schon: Erbärmlich, so habe ich mich gefühlt.

  8. 08

    Hm, meines Erachtens brachte nicht nur diese Spezies, sondern in erster Linie eine bestimmte Gesellschaft solche Individuen hervor.
    Schämst du dich eigentlich auch deiner Menschlichkeit, wenn du an Ruanda denkst?

    Mir ist dieses Gefühl der Scham fremd; ich bin höchstens froh, dass ich nicht in solchen Gesellschaften lebe. Wer weiß, vielleicht wäre ich auch ein prima Mengele gewesen?

    Was ich sagen will: Wenn Münch 20 Jahre später geboren wäre, wäre er nicht so eine Kreatur, wie jetzt. Allerdings wäre er dann auch nicht Münch.

  9. 09
    Matthias

    Banalität des Bösen oder Gefangen in der eigenen Ideologie? Ich möchte hier niemanden verteidigen, aber die Überschreitung von Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen, löst seelische Mechanismen aus, die versuchen, sich der Umwelt anzupassen. Ob das nun bei Kindersoldaten im Kongo ist, oder bei der SS in Auschwitz.

    Trotzdem ist die Monströsität der Bilder erschreckend.

  10. 10
    heidrun

    stanley milgram! stanley milgram! es ist nicht zu fassen, aber es ist menschlich. leider.

  11. 11
    schläfer

    Hallo Christoph, ich verstehe was Du meinst. Viele können in der „passenden Stituation“ mit einer bestimmten Persönlichkeits-Prädisposition schlimme Dinge tun, wären aber ohne diese Situation völlig unauffällig geblieben.

    Und Ruanda wollte ich schon fast als weiteres Beispiel anführen. Keine Angst, ich bin kein Berufsbetroffener, mittlerweile geht’s mir auch wieder distanziert. Es war damals eine Reaktion auf das Gehörte und die Unmöglichkeit, dem etwas entgegensetzen zu können.

    Münch wurde übrigens vom Alliertentribunal freigesprochen und kam dadurch ironischerweise fast zu Schindlerschen Ehren. Nach dem Krieg arbeitete er Jahrzehnte im Allgäu als netter und angesehener Landarzt.

    Ich habe noch einen weiteren Artikel Schirras zu Hans Münch in Der Welt gefunden: http://www.welt.de/print-welt/article373312/Erkennen_Sie_mich_noch__Herr_Doktor.html , und der vollständigkeithalber Infos zum Radio-Feature des WDR, es hieß „Bei uns zu Hause in Auschwitz – Der Jude und der Landarzt“: http://www.lernzeit.de/sendung.phtml?detail=424692
    Läßt sich angeblich mit einigen Umständen als Mitschnitt beschaffen. Oder es läuft dir irgendwo mal über den Weg.

    Danke das du geantwortet hast!
    Gruß,

  12. 12
    maria

    Tja eure kleinen Adical-Leichenfledderpartys bei Spreeblick und Co., wo ihr über die kleinen dummen, gefolterten, eingesperrten Chinesen gelacht habt, während ihr von Cisco und Yahoo die Kohle in Urlaub und teure Nokia-95-Übergangshandys-bis-iPhone-kommt gesteckt habt sind ja wohl nun vorbei:

    http://www.tagesspiegel.de/medien-news/Blog;art15532,2385853

    hoffentlich!

  13. 13

    @Schläfer!:
    Verzeih bitte, meine Aggressivität; mittlerweile hat sich wohl ein echter Beißreflex gegen diese „Schlag mich, ich stamme vom selben Planeten wie Pol Pot“ Menschen entwickelt.

    Wir sollten vielleicht nicht vergessen, dass wir hier in einem sehr schönen, goldenen Palast sitzen, und es vielen Menschen nicht janz so dolle geht.
    Schön, dass wir drüber geredet haben : >

    @maria:
    Diese Hysterie…
    Du bist vermutlich eine von denen, die bei den Supermärkten anruft, die länger als bis 20 Uhr aufhaben, und den Chef als Menschenschinder beschimmpfst.

    Wobei mich ein „offizielles“ Statement von Johnny zu adical schon interessieren würde. Jetzt nicht zu den Millionen Dissidenten, die er dank Yahoo auf dem Gewissen hat, sondern, wie genau er sich die Zukunft von adical vorstellt.
    Mein persönlicher Tipp am Rande: Das nächste Mal JEDEN Kunden recherchieren; am besten nur „Gutmenschen“-Firmen werben lassen, von Bionade bis zu den Gesellschaftlern; das sind auch eher die Produkte, die den gemeinen Blogger ansprechen. :-P

  14. 14

    Christoph, adical geht es gut, wir haben viel zu tun und natürlich sieht man davon nicht alles sofort (Technik, mögliche Partner, Ausbau für weitere Blogs etc.).

    Die Tatsache, dass es auch Wochen ohne Banner gibt, irritiert weniger die Beteiligten als einige Dritte. Eine 100%ige Auslastung werden wir wohl erst in einer Weile erreichen, aber das ist auch okay und war uns und den bisher beteiligten Blogs von Beginn an klar.

    Interessant ist, dass der Tagesspiegel-Artikel ja genau jene Reaktionen lächerlich macht, die wir hier (off topic ist gar kein Ausdruck…) wieder sehen. Was wiederum nur zeigt, dass eben jeder seine eigene, unumstößliche Sicht auf die Dinge hat, die jeden tatsächlichen Diskurs im Keim erstickt.

    Und auch wenn ich deine augenzwinkernde Sicht auf die Kunden-Debatte verstehe beschäftigen wir uns natürlich auch mit diesen Fragen. Auf die es, wer hätte das gedacht, keine so leichten Antworten gibt wie es mancher suggeriert. Denn dass Bionade u.a. von Coca-Cola vertrieben wird weiß doch sicher jeder, oder?

  15. 15

    @maria
    @Johnny
    Adical kann man diskutieren, muss man aber nicht – aber bestimmt nicht im Kontext privater SS-Fotos.

  16. 16
    paolo pinkel

    …und außerdem kann man Adical zum Glück auch einfach blockieren, wie den sonstigen Werbemüll im Netz auch.