91

Eine Frau wie Krebs

Sven war ein gutaussehender Mann. Gutaussehend auf diese Fernsehmoderatorenart. Man hätte sich von ihm fragen lassen, welches der Worte schwul, Reißverschluss, Glasnost und Doping es nicht in eine Liste der hundert Begriffe des 20. Jahrhunderts geschafft hat und ihn trotzdem sympathisch gefunden. Seine Freundin Maria sah aus wie mit feinstem Pinsel gemalt. Sie hatte deutsche Eltern, aber man hätte schwören können, der Briefträger sei Japaner gewesen. Sie hatte Manga-Augen und wie bei jeder tatsächlich dramatischen Schönheit versteckte sich in ihrem Gesicht ein Hauch von Verschlagenheit. Ein Traum.
Wenn Sven und Maria gemeinsam weggingen, konnte es passieren, dass Maria stolz und froh von der Toilette zurückkam und berichtete, dass sie dort einen anderen Gast gevögelt hatte.

Ich weiß weder, was Maria dazu bewog, mit einem anderen zu – nun schlafen wäre in diesem Fall wohl nicht das angemessene Wort, sagen wir also: rammeln, noch weiß ich, warum sie es erzählte. Ob sie nun ein fundamentales Gefühl von Unsicherheit zu bekämpfen versuchte oder aber einfach Schwänze liebte und zwar in allen Sorten, ich kann es nicht beurteilen. In einem Psychologiewälzer habe ich mal gelesen, es gebe Männer, die erwarteten, für das Fremdgehen Applaus von ihrer Frau zu erhalten. Vielleicht erwartete Maria also Applaus, weil sie schon als Kind für jeden Haufen, den sie gesetzt hatte, Ovationen von ihrem Vater erhielt. Wie schon erwähnt, ich weiß es nicht. Ich war nicht Marias Freund, ich war der Freund von Sven.

Nach der ersten Enthüllung dieser Art stand er nachts um drei vor meiner Tür. Er war farbarm, zittrig, verlangte nach Wodka Lemon, bekam aber nur Zitronenlimonade. Er erzählte mit brüchiger Stimme in nicht aufeinander abgestimmten Halbsätzen die Geschichte, nippte an der Zitronenlimonade und war immer wieder von Neuem enttäuscht von der nicht betäubenden Wirkung. Die Worte Schlampe, Hure und Drecksau fielen. Aber auch Mutter meiner Kinder, ehrlich heiraten wollen und bester Sex, den ich jemals hatte. Er würde sie nun nie wieder sehen, das war selbstverständlich.
Schließlich dämmerten wir ein.

Nach zwei Stunden wurden wir von Svens Handy geweckt. Er ging dran, murmelte wacher werdend ein paarmal „Ja“, zog seine Jacke an, sagte: „Maria hat ihren Schlüssel verloren“ und verschwand.

Beim nächsten Telefonat erzählte er, dass er jetzt mit Maria zusammenziehen werde. Ich vermied das Thema Toilettensex und tat so, als würde ich mir für ihn freuen.

Zwei Tage später stand er wieder vor meiner Tür. Er hatte den Abend mit Maria verbracht, danach war er zur Tankstelle gegangen und hatte ihr ein Überraschungsei, das er ihr noch schnell vorbeibringen wollte, gekauft. Vor ihrer Wohnung hatte er dann durch das Fenster gesehen, dass sie mit einem anderen Mann den weiteren Verlauf des Abends begonnen hatte. Dort stand er dann mit seinem Ei. Und überrascht war er durchaus. Während er das erzählte, rauchte er eine Packung John Player Special, nagte seine Fingernägel leidenschaftslos ab, flitschte sie mit der Zunge auf den Boden, ging zweimal aufs Klo, um sich zu übergeben, zog nicht ab und rupfte meinem Ficus die Blätter aus.

Er schlief wieder auf meinem Bett ein und ging dann morgens zu Maria, weil sie momentan an ihrer Hausarbeit schrieb und Strafrecht ihr schwer fiel.

Ein paar Tage später trafen wir uns in einem Café, er wirkte ernst, aber zuversichtlich. Ihm schienen ein paar Zähne ausgefallen zu sein und sein dürr gewordener Leib wirkte windschief, doch seine Worte gaben Anlass zur Hoffnung. Er hatte Maria auf den Überraschungs-Ei-Zwischenfall angesprochen, sie hatte geweint, drei weitere Zwischenfälle gestanden und ihm vorgeworfen, ein Voyeur zu sein. Sie sehe allerdings nun ein, dass es ein Problem gebe. Sven raunte etwas von Missbrauch bei Doktorspielen mit ihrem 8-jährigen Cousin, einem pornosüchtigen Onkel und einem Reitunfall, dessen Bedeutung ich nicht genau einordnen konnte. Sven lief Remoulade auf sein Jackett, die er nicht weiter beachtete. Dann ging er sich übergeben.

Die Sache mit Christian Södelmann war dann allerdings nicht so leicht aus der Welt zu schaffen. Christian Södelmann war der größte Ficker des Juridicums. Er war der Älteste aller Studenten, sah aus, als hätte er schon seit hundert Jahren Sex, war verlebter als die Mutter von Helmut Berger, in einer Vorabend-Krimiserie wäre er der Zuhälter mit Herz. Sein Spitzname war erstaunlicherweise nicht Dödelmann sondern Untendick. Sein Leitsatz: „Die bock‘ ich auf.“ Er hatte Frauen schon ins Badezimmer geschickt, um sich die Schamhaare abzurasieren, als uns anderen noch keine wuchsen.

Maria hatte Christian Untendick auf einer Party angemacht wie eine läufige Rehpinscherdame einen indifferenten Ochsen. Und Christian Untendick, der hodigste Mann westlich des Rheins, hatte sich verweigert. Weil er Sven mochte. Ob Maria Sven mochte, wusste zu diesem Zeitpunkt niemand mehr genau zu sagen. Als Sven die Untendick-Geschichte zugetragen wurde, zerstörte er sein Aquarium, schnitt sich die Finger an dem Glas, was für den Rest des Tages die angenehmste Erfahrung sein sollte und teilte seinem Vater, der zufällig anrief, einige ödipale Unsanftheiten mit, die sich ungünstig auf seine Testamentsituation auswirken sollten. Dann wurde er auf Initiative seiner durch hysterische Schreie aufgeschreckten Nachbarn ins Krankenhaus eingeliefert, floh und suchte am nächsten Tag mit Maria Vorhänge bei IKEA aus.

Sämtliche dieser Szenarien wiederholten sich in den folgenden Monaten. Mal verriet Maria sich, mal erzählte sie es offen, immer erfuhr Sven es, immer verzieh er ihr. Er quartierte sich bei mir für einige Wochen ein, um ihr nicht zu begegnen, zerstörte Ficus für Ficus, schlich abends aus der Wohnung, wenn er dachte, ich würde es nicht bemerken, weinte, um Maria zu erweichen, sie weinte zurück, die beiden vögelten bis zur Hirnerweichung und wenn sie fertig waren, musste Maria ein weiteres Missgeschick gestehen.

Ich schlug schließlich einen alexandrinischen Lösungsansatz vor: „Fick doch einfach auch einmal mit einer anderen. Vielleicht kommst du dann von ihr los. Und vor allem: Erzähl‘ es ihr am nächsten Tag.“

Svens Gesichtszüge entgleisten, sein Kinn wackelte und eine Träne lief seine Wangenruine herunter. „Ich hab’s ja schon versucht“, stammelte er, „aber jedesmal hat es nicht geklappt. Ich packe das nicht. Keine ist wie sie. Ich kriege einfach keinen hoch bei anderen.“

Als Maria dann schwanger war von einer ihrer Toilettenbekanntschaften und versuchte, Sven zur Vaterschaft zu überreden, meldete sich sein Überlebensinstinkt.

Sein Überlebensinstinkt schlug eine Schneise durch sein von seinem Penis besetztes Gehirn hin zu seinem Über-Ich und sagte: „Sven, wenn du das Kind anerkennst, wenn du diese Frau heiratest, dann sind wir geschiedene Leute, dann lege ich dich betrunken auf Eisenbahnschienen. Wenn du nicht sterben willst an dieser Frau, dann musst du lernen, damit zu leben, dass dein Schwanz in der Hose bleibt. Dass die ganzen Trostmädchen, die du betrunken abschleppst, während du in deiner Hosentasche die ganze Zeit über nachfühlst, ob dein Handy vibriert und Maria für dich Zeit hat, keinen Trost bedeuten können. Selbst ich und ich bin immerhin der Überlebensinstinkt und daher auch im Volksmund für meine Steherqualitäten bekannt, wäre in dieser Situation impotent. Diese Frau ist wie Krebs, du musst sie herausschneiden, auch wenn du dich dabei selbst verstümmelst. Entsage den Frauen, lies einmal ein Buch. Und geh verdammt nochmal nicht an die Tür, wenn es überraschend klingelt, das ist ja nicht zum Aushalten.“

Sven hielt sich daran, was sein Überlebensinstinkt sagte, zog seine Vorhänge zu, verriegelte die Tür, die er von da an nur noch für den Pizzadienst öffnete, stellte die Körperpflege ein, las Die Gebrüder Karamasow, wobei er vier Tage für die ersten drei Sätze brauchte, weil sein Penis die ganze Zeit auf ihn einredete und daran gemahnte, dass Maria dreifache nordrhein-westfälische Jugendmeisterin in rhythmischer Sportgymnastik war. Die Frage, ob Fjodor Pawlowitsch Karamasow und Lisaweta Smerdjastschaja, die Stinkende, mit Smerdjakow einem vierten Bruder das Leben geschenkt hatten, ließ Sven schließlich nicht mehr auf seinen Penis hören. Kam ihm von nun an Maria in den Sinn, nannte er sie in Gedanken Maria Smerdjastschaja, die Stinkende, was alle folgenden Gedanken in eine für ihn heilsame Richtung lenkte.

Nach einigen Monaten zog er die Vorhänge auf, stellte fest, dass es die Sonne noch gab, erinnerte sich an den Geruch von Milchkaffee und vorüberwehenden blonden Haaren, duschte sich das Ungeziefer vom Leib, das sich gemütliche Nester eingerichtet hatte und verließ seine Wohnung. Bald darauf sah ich ihn das erste Mal lächeln, zunächst noch zögerlich, dann mit größerer Überzeugung.

Die Sonne bräunte seine Haut, seine Zähne, die er in Verzweiflung an seinem Teppich ausgebissen hatte, wuchsen wieder nach und bald merkten auch die Frauen, dass ein neuer Cowboy in der Stadt war. Das erste Mädchen, das er mitnahm, machte ihm noch ein wenig Angst, aber schon beim zweiten brachte er einen vollwertigen Geschlechtsverkehr zuwege und beim dritten dachte er fast überhaupt nicht mehr an Maria, nur ganz kurz, als sein Handy vibrierte.

91 Kommentare

  1. 01

    Danke für den Text.
    Mehr will/muss ich nicht sagen.

  2. 02
    hanna

    wow, großartig, wirklich. und danke.

  3. 03
    sunny

    warum sven?

  4. 04
    Tom

    Ja, die ist mir auch begegnet.

    Danke für den Text – der ist in der Männerumkleide/heulende beste Freunde unbedingt weiter zu reichen…

  5. 05
    ajo

    großartiger text.

    wobei ich nicht verstehe, wie es im vorletzten absatz zu der wundersamen wandlung kam. warum zog er auf einmal die vorhänge auf? einfach so?

  6. 06
    Malte

    @ ajo
    heilung durch zeitablauf.
    @ sunny
    warum nicht sven?

  7. 07
  8. 08

    warum nennst du dich sven? steh doch zu deinem leben.
    und zu den gesprächen mit deinen, wie du es hier nennst: schwanz.

  9. 09
    Maltefan

    Dort stand er dann mit seinem Ei. Und überrascht war er durchaus.
    :-)

    Für mich immer wieder unfassbar dass es diese Menschen, die sich jahrelang wie Dreck behandeln lassen, tatsächlich gubt.

  10. 10
    Malte

    warum nennst du dich sven? steh doch zu deinem leben.
    und zu den gesprächen mit deinen, wie du es hier nennst: schwanz.

    den ersten absatz verstehe ich inhaltlich nicht und den zweiten sprachlich nicht. inhaltlich aber auch nicht.

  11. 11
    sunny

    sven ( wenn man sven als name in literarischen texten benutzt) führt bei mir zu assoziationen von einem 25 bis 30 jährigem ostdeutschen mit kurzgeraspeltem straßenkötergrauem haar – der zwar nicht mehr ausschließlich markenklamotten trägt aber immer noch davon geprägt ist. vielleicht hat er sich zum heilpraktiker umbilden lassen.

    edit. ovit – falls du glauben solltest, dass männliche autoren ständig über sich selbst schreiben würden, dann frag dich mal ganz persönlich, wie das angehen kann, dass herbert grönemeyer unendlich viele lieder über beziehungsschwierigkeiten geschrieben hat, aber bis zu dem tod seiner frau sehr eng und innig mit ihr verbunden war.

    phantasie und das leben der anderen.

    beschimpfe malte doch als spion! ;)

  12. 12
    Jakob

    Ja, die gibts zu genüge, wenn auch die Härte der Stories variiert, aber manche Menschen sind einfach zu gutmütig für diese ganze Scheiße…

  13. 13

    kleiner gutmütiger scherz mit rechtschreibfehler vor einer wand.
    nochmal: alle geschichten die mit „mein freund hat da ein problem“ anfangen, und das hat mir das fernsehen beigebracht, handeln immer vom erzählenden selbst. die unkenntlichmachung der eigenen person.

  14. 14
    sunny

    ovit du hast einen knall – aber einen ganz großen!!!!!

    warum sollen männer nicht über die probleme von anderen männern schreiben können

  15. 15
    Malte

    @ ovit
    tatsächlich wollte ich eine geschichte von mir erzählen, aber der einleitende schlenker ist mir zu lang geraten. eben der schlenker zu „sven“.

  16. 16
    sunny

    herrschaften, soll ich jetzt mein ganzes literaturstudium über den zaun werfen nur weil ovit davon erzählt, er hätte bei allen autoren eine ödipale phase gesehen – neee – oder – nicht wirklich und im übrigen ovit, falls du es wagen solltest zu antworten, dann werde ich hier die gesamte nacht verbringen. und schreiben. soviel dazu.

  17. 17
    sunny

    malte: hapüh.

  18. 18
    sven

    ovit hat nicht aufgepasst. Im Usenet lernt man, der „Freund eines Freundes“ oder kurz FeF ist immer der Autor selber und nicht „ein Freund“.

  19. 19

    sehr schöne kurzgeschichte…“seine zähne wuchsen nach.“ :)

  20. 20

    Danke Malte. Ich kenn das, das mit der Frau rausschneiden. Muss, glaube ich, jeder Mann einmal im Leben durchmachen. Scheiß Obsession.

  21. 21
    Huibuh

    Bis es dir passiert denkst du nicht, dass du der Typ für Selbstzerstörung bist. Dann kommt die „schönste“ Frau deines Lebens und schnell stehst du nachts vor ihrer verschlossenen Tür und heulst wie ein Schoßhund.

    Passiert, unter Erfahrungen abgelegt, weiter gemacht.

  22. 22

    „…ostdeutschen mit kurzgeraspeltem straßenkötergrauem haar …“

    Das ist aber nicht der Sven.

    Jedenfalls nicht der Sven, der mich morgens im Spiegel ansieht.

    Warum musste der denn Sven heissen? Wie wäre es mit Stefan, Siegfried oder Sören?

  23. 23
    Sven

    @Sunny:
    Ich finde, Sven passt schon. Wäre doch auch nicht sehr einfallsreich, wenn in literarischen Texten die Leute immer so heißen, wie man es erwartet?

  24. 24
    sunny

    @sven – das liegt auch nur an meiner svenkenntnis. ,)

  25. 25

    groß, malte, groß.

  26. 26
    Kaeseschnitte

    Ok jetzt weiß ich, warum mir spreeblick wärmstens empfohlen wurde.
    Vielen Dank für diese Geschichte.

    Und jetzt habt ihr einen Spreeblickfan mehr ;)

  27. 27

    ovit, du bist voll doof ey. hihi

  28. 28

    Ich habe keinen Ficus, aber ich könnte eine ähnliche Geschichte auch nicht so schön aufschreiben.

  29. 29
  30. 30

    Oh je, die armen Männer werden von bösen Frauen Schlampen fies betrogen und müssen dann weinen. Diese widerwärtigen Frauen Huren, die nur an Sex denken und einen nach dem anderen vögeln. Das ist wirklich skandallös und zeigt wieder einmal deutlich die böse, die unreine, die hinterhältige Natur der Frauen Monster vom anderen Geschlecht. Zwei enthusiastisch erhobene Daumen für diese grandiose Schilderung eines bemitleidenswerten armen Trottels, der von seiner Opferrolle so geblendet ist, dass er der Frau keine eigene, aktive Sexualität zugestehen kann, sondern sie zum Krebsgeschwür stilisieren muß, um sich besser zu fühlen. Willkommen zurück im 18. Jahrhundert. Bravo. Ganz großes Kino, Malte!

  31. 31
    Södelmann

    Ach ja, der Sven…

  32. 32
    sunny

    @lev, begeb dich mal in die rolle der frau – und wie isses? besser? ;)

  33. 33

    warum also dann dieser kommentar? und warum denn ausgerechnet das 18. Jahrhundert? Nur weil mal jemand darüber schreibt, dass nicht nur Männer ihre Frauen bescheissen? Gut gebrüllt, aber nur heiße Luft im großen Kino…

  34. 34

    Dein Roman erscheint wann?

  35. 35

    ui, ich muss gestehen, dass ich mich im usenet nicht auskenne. ein fremder des internetfachs bin ich. und doof auch. sicher.
    aber jetzt schreibt sunny gleich die ganze nacht hier irgendwas. hofffentlich geht es ums ficken bumsen und blasen. soll ja ontopic bleiben.

    wieviele geschlechtspartner hatte der durchschnittliche spreeblickleser denn schon so? vielleicht kommen wir uns über knallharte fakten mal ein bisschen näher. und wer hat freunde mit potenzstörungen?

  36. 36
    Julius

    Svens Über-Ich bedient sich mit dem Bild des ‚herauszuschneidenden Geschwürs‘ hier doch nicht etwa des Nazisprachgebrauchs, oder?
    (Beim Stichwort ‚Usenet‘ reagier‘ ich halt pawlowsch mit Godwins law…)

  37. 37
    sunny

    So smile for a while and let’s be jolly love shouldn’t be so melancholy
    Come along and share the good times while we can

  38. 38
    Soggy Bottom Boy

    I am a man of constant sorrow
    I’ve seen trouble all my days
    I bid farewell to old Kentucky
    The state where I was borned and raised

  39. 39
    Maltefan

    @LeV
    Immer diese Dogmatiker. Eine eigenständige, aktive Sexualität heisst also, dass man seinem Partner ständig weh tun muss. Da kann ich ja dann froh sein, dass ich sowas nicht habe :-P

    Solche Geschichten gibt’s übrigens auch umgekehrt, hat dann der Mann auch nur eine eigenständige, aktive Sexualität und die Frau soll sich nicht so anstellen wenn er alles vögelt was bei 3 nicht auf den Bäumen ist?

    Aber mal im Ernst — eine offene Beziehung mag ja für manche Leute funktionieren, aber mit sowas sollten dann schon beide einverstanden sen, und wenn dann trotzdem einer dermaßen drunter leidet dann muss man entweder was anderes vereinbaren oder das ganze beenden.

  40. 40

    ja, so eine hab ich auch getroffen. war schmerzhaft.

  41. 41

    Werter Malte,
    das ist gut! Mein Lieblingssatz:
    „Entsage den Frauen, lies einmal
    ein Buch!“

    Herrlich
    FrauvonWelt

  42. 42
  43. 43

    @LeV: Als ich meinte, ich kenne auch eine solche Geschichte, nur könnte ich sie nicht so gut erzählen, da verschwieg ich, daß es sich um eine Geschichte aus einer schwulen Beziehung handelt. Ich denke nicht, daß es hier um ein Mann vs. Frau-Ding geht. Aber die Kampfemanzen alter Schule finden ja in jedem noch so kleinen Fürzchen den Beweis der Unterdrückung.

  44. 44
    dee

    Es gibt auch Maria-Männer. Ich hätte mal ein Buch lesen sollen…

  45. 45
    Conrad

    danke, haben hier schön gelacht. wunderbarer text

  46. 46
    freundin-vom-beef

    malte goes mal wieder bukowski.
    mir gefällt am besten, dass die bestie maria heisst.
    sowas kann einen mann schon verrückt machen, ist ja dann quasi das ding mit der hure und der heiligen in einem!
    malte, wie ist das so, wenn man so viele vertrottelte loser kennt?
    schön, weil man dann imer was zum schreiben hat?
    oder ist’s gar literatur und die sind alle in dir drin?

  47. 47
    Malte

    @ freundin-vom-beef
    findest du, dass sven hier als vertrottelter loser gezeichnet ist?
    @ LeV
    du kannst das natürlich so interpretieren, allerdings finde ich, dass diese auslegung den text etwas überdehnt. es ist eine geschichte, die rolle des leidenden musste besetzt werden. und da war die wahrscheinlichkeit, dass es ein mann ist, 50%. und um freie auslebung von sexualität geht es im grunde gar nicht. aber wenn du das da reinliest: nur zu.

  48. 48
    fredge

    „… oder aber einfach Schwänze liebte und zwar in allen Sorten, ich kann es nicht beurteilen.“

  49. 49
    lork

    und wie heißt sie mit Nachnamen? hast du zufällig die Telefonnummer von der?

  50. 50
    leo

    @lork: Vergiss es, die Frau führt mittlerweile bestimmt ein geordnetes Familienleben und ist ihrem jetzigen Partner natürlich so treu, dass es fast schmerzt. (Das ist zumindest Worst-Case für Sven, so rein gefühlsmässig)

  51. 51
    Talky

    Warum verstehe ich einfach überhaupt nicht, worum es in der Geschichte eigentlich geht???

  52. 52
    freundin-vom-beef

    @malte: ich bin nicht sicher. du?
    es gibt bei deinen vielen svens ja immer auch einen malte, der solches elend nur durch sven zu kennen scheint und somit auch nichts drüber weiss, wie sowas ziept. gute losergeschichten leben aber von der (echten) wärme für den loser.

  53. 53
    Lockengelöt

    sehr schön!
    Danke!

  54. 54

    @sunny: Ich lebe seit jeher in einer offenen Beziehung, könnte mir das auch nicht anders vorstellen und habe ergo überhaupt kein Problem damit, wenn mein Mann mit einer anderen oder einem anderen schläft, solange sie/er es wert ist. Im Gegenteil, ich unterstütze das sogar, weil es die Beziehung belebt. Ich bin mir meiner selbst und unserer Liebe sicher genug, um nicht eifersüchtig zu sein. Treue bedeutet nicht Monogamie, sondern Ehrlichkeit und ehrlich kann man auch in einer offenen Beziehung sein.

    @DrNI: Hierfür ist irrelevant, mit wem du am liebsten schläfst. Fakt ist, in Maltes Text wird eine Frau wegen ihrer sexuellen Aktivitäten als Schlampe, Hure und Krebsgeschwür bezeichnet. Der Umstand, dass du mich als Kampfemanze beschimpfst, weil ich dies kritisiere, zeigt deutlich, dass eine Kritik an solchen Klischees noch immer dringend notwendig ist, weil es einem Großteil der Menschheit (auch vielen Frauen) einfach an Perspektive mangelt. Über unerfüllte Sexualität, Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen kann man doch auch einen anderen, weniger konservativen als den hier präsentierten Diskurs fahren. Unaufgeschlossenheit und geistige Verankerung in althergebrachten Beziehungs- und Rollenklischees sind der Grund, warum das hier nicht passiert ist.

    @Malte: Was ich aus diesem Text für mich heraushole, Malte, gibt er tatsächlich her und es ist nicht so an den Haaren herbeigezogen, wie es scheinen mag. Für die Frau in deiner Geschichte geht es natürlich um das Ausleben ihrer Sexualität. Sie wird als starke, intelligente und gutaussehende Frau beschrieben, die aktiv für die Erfüllung ihrer Wünsche eintritt. Dein Protagonist aber ignoriert die Wünsche seiner Freundin und erwartet wohl eher, sie müsse seiner Vorstellung von Beziehung dienen und dürfe dahingehend keine eigenen Wünsche haben. Es wäre verständlich, wenn er einfach nur traurig wäre, weil er nicht (nach seiner Definition) ausreichend widergeliebt wird. Aber er versucht nicht einmal, einen Kompromiss mit ihr auszuhandeln, sondern macht sie für das Scheitern seiner Liebe allein verantwortlich, ohne in irgendeiner Form auf sie einzugehen. Stattdessen wird sie zum emotionslosen, unsensiblen Monster stilisiert, damit er sein Selbstmitleid rechtfertigen und sich entsprechend in seiner Opferrolle zelebrieren kann. Dein Protagonist ist ein konservativer Antiheld, ein beziehungsunfähiger Schwächling und Chauvinist und das wäre in Ordnung für mich, wenn dieses althergebrachte Motiv der famme fatale selbstkritisch reflektiert würde. Aber das wird es nicht. Der Text bleibt oberflächlich und eindimensional und widerkäut das Althergebrachte. Es wurde schlicht und ergreifend nicht an diese Möglichkeit gedacht!

    Auch wenn es dir bei deiner Geschichte nicht um diese Aspekte ging, Malte, so schwingen sie doch so offensichtlich mit, dass es mich große Mühe gekostet hätte, sie zu übersehen. Was ein Text sagt und was ein Autor meint – das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Lies mal Ecos „Lector in Fabula“.

  55. 55

    Yeaahh! Am besten hat mir das hier gefallen: »Während er das erzählte, rauchte er eine Packung John Player Special, nagte seine Fingernägel leidenschaftslos ab, flitschte sie mit der Zunge auf den Boden, ging zweimal aufs Klo, um sich zu übergeben, zog nicht ab und rupfte meinem Ficus die Blätter aus.«

  56. 56

    Manchmal dauert es. Aber dann kann man sich selber sagen: Geht doch!

  57. 57
    erlehmann

    mir gefällt diese eindringliche art und weise, in der der niedergang des protagonisten beschrieben wird. dass er sich nicht früher abnabelt oder alternativ – nicht auszudenken – damit einfach klarkommt, finde ich reichlich unsympathisch (weil mächtig inkonsequent).
    ich hab mir übrigens heute eine füllung machen lassen – wie macht man das mit den nachwachsenden zähnen genau ?

  58. 58
    Malte

    @ LeV
    Eins vorweg: Du weißt, das ich sehr schätze, was du machst und ich tue deine Kritik ausdrücklich nicht als Emanzengeschwätz oder sonstiges ab. Gerade deshalb ist mir daran gelegen, dich von meiner Sichtweise zu überzeugen.

    Sie wird als starke, intelligente und gutaussehende Frau beschrieben

    Nicht ganz.

    Maria hat ihren Schlüssel verloren

    ging dann morgens zu Maria, weil sie momentan an ihrer Hausarbeit schrieb und Strafrecht ihr schwer fiel

    Als Maria dann schwanger war von einer ihrer Toilettenbekanntschaften und versuchte, Sven zur Vaterschaft zu überreden

    In all diesen Passagen zeigt Maria sich schwach, um sich von Sven helfen zu lassen. Das ist kein Verhalten, das eine starke Frau auszeichnet.

    Die Option, dass die beiden eine offene Beziehung führen, bestünde natürlich trotzdem. Allerdings gab es diese Option weder in der zugrunde liegenden realen Konstellation noch gibt es sie innerhalb dieser Geschichte. Es geht eben nicht um frei gelebte Sexualität, sondern darum, dass Sven weiß, dass er so nicht leben kann, aber nicht los kommt von Maria. Eben nicht, weil sie so stark ist, sondern weil sie sich schwächer macht, als sie ist, weil er es nicht aushält, wenn sie weint, weil sie ihm signalisiert, dass sie ihn braucht.

    @ freundin-vom-beef
    Vielleicht spürst du diese Wärme für den Loser nicht, weil ich Sven nicht als Loser empfinde. Vielleicht gibt es auch nicht genügend Wärme in mir. Was weiß ich.

  59. 59

    Ich denke, ich weiß was LeV sagen will und ich denke auch, ich weiß, wo das Missverständnis liegt.

    Malte, LeV geht es weder um den Inhalt der wahren Begebenheit, noch um den deiner Geschichte. Es geht schlicht um das, in gewisser Weise tradierte und sicher auch reflexhafte Wording „Schlampe“ und ähnliche Begriffe, sobald von ausschweifendem Sexualleben einer Frau die rede ist. Das ist schon gerechtfertigt. Im allgemeinen jedenfalls.

    Nur, liegt das Problem wo ganz anders. Denn, ich würde Dir zustimmen, dass der Ausdruck „Schlampe“ bei der von dir beschriebenen Maria durchaus treffend ist. Wer sich in einer Beziehung auf dem Klo von X-beliebigen durchnudeln lässt und es in Kauf nimmt seinem Partner wissentlich zu verletzen, ist eine Schlampe. Ich persönlich würde, sicher ähnlich wie Du, „Schlampe“ aber nicht automatisch auf „Frau mit ausschweifendem Sexualleben“ benutzen. Aber hier passt der Begriff, egal ob Frau oder Ma… MOMENT

    Und, LeV, da liegt das eigentliche Problem: Es gibt keine sprachliche Äquivalenz für „Schlampe“, die man auf einen Mann anwenden könnte. „Stecher“, „Aufreißer“ und ähnliches sind im Gegensatz zu „Schlampe“ eben nicht rein negativ konotiert, sondern oft eher positiv-kokett.

    Das Dilemma ist also in gewissem Sinne sprachlich/kulturell. Jetzt kann man darüber streiten, wie darauf zu reagieren ist? Das Wort „Schlampe“ nicht mehr in diesem Kontext oder gar nicht mehr benutzten? Es gab auch mal postfeministische Versuche, den Begriff Schlampe selber ähnlich kokett zu benutzen, wie „Stecher“, ihn sich also anzueignen, wie es die Afroamerikaner mit „Nigger“ gemacht haben. Oder vielleicht einen männlichen Schlampenbegriff einführen? Schwierig schwierig.

    Das größte Problem sehe ich allerdings darin, dass ich diesen Begriff mit Abstand am häufigsten von Frauen höre. Viel öfter als von Männern. Und dann natürlich nicht kokett, sondern, wenn Frauen über Frauen lästern.

  60. 60
    Peter H aus B

    Wir haben uns früher in der Schulzeit (das war die Zeit, in der wir solche Probleme wie von Malte beschrieben hatten) einfach eine durchsichtige Kloschüssel vorgestellt, unter der wir in dem Moment liegen, in dem sich das Objekt unserer Begierde entleert. Und schon waren wir geheilt…

    (Allerdings habe ich mittlerweile gelernt, das es im KitKat Menschen gibt, die sich sowas mit Vergnügen vorstellen)

    „der hodigste Mann westlich des Rheins“ – den merk ich mir…

  61. 61
    Lutz

    Irgendwie fehlt mir noch ein befriedigendes Ende. Dass sich Sven wieder fängt und seine Errektionsstörungen in den Griff bekommt, reicht für ein Happy-End noch nicht aus. Es muss nämlich noch geklärt werden, was denn nun aus der Maria und ihrem Kind geworden ist.

    Strafe muss sein! Ist sie nun alleinerziehende (Vater unbekannt) Hartz-IV-Empfängerin mit abgebrochenem Studium? Ist Ihre Schönheit endlich verblasst? Hat sie eingesehen, dass sie wahre Liebe und ein schönes Leben an zahllose Affären und One-Night-Stands verlor, die letztlich vergänglich waren (Ausnahme: Kind) und sie jetzt alleine und unglücklich ist?

  62. 62
    Maltefan

    „der hodigste Mann westlich des Rheins“ – den merk ich mir“¦

    Jetzt kommt bestimmt wieder gleich lana und motzt, aber mir hat das auch gefallen. Erinnerte mich an Arno Schmidt, der einen jungen Mann mal mit dem unglaublichen Neologismus „Anfang schwanzig“ beschrieb, irgendwie hatte ich den Typen gleich sehr lebendig vor Augen. *g*

  63. 63
    erlehmann

    @mspro: bei mir an der schule wurde „schlampe“ gleich ab- oder auf-wertend (je nachdem, ob da wer wem was ausgespannt hatte oder ob es nur um sexuelle ausschweifungen ging) für männlein und weiblein genutzt. hängt wohl mit den ganzen libertären spinnern zusammen, die da rumhingen.

  64. 64
    Bernd

    Das Bild von der Rehpinscherdame und dem Ochsen scheint mir etwas schief zu sein. Ein ‚Ochse‘ ist ein kastriertes männliches Rind. Die ‚läufige Rehpinscherdame‘ sollte wahrscheinlich besser einen indifferenten Zuchtbullen anmachen – schließlich ist es beim Ochsen mit der ‚Hodigkeit‘ nicht weit her und die Indifferenz gründete sich in Asexualität. (Aber vielleicht kriege ich die Metapher in den falschen Hals und das ist so gewollt – um den Grad der Indifferenz zu betonen? Dann allerdings sollte ‚Untendick‘ nicht bloß Sven zuliebe verzichten.)

  65. 65
    bartsche

    Wie sich hier über Begriffe wie Schlampe aufgeregt wird.

    Oder Levs Verteidigung der offenen Sexualität der Protagonistin.

    Die Frau hat mit großer Wahrscheinlichkeit ein echtes Problem.

    Jedenfalls deckt sich ihr Sexualleben, ihre Tränen und Lebensgeschichte mit

    etwas 2/3 aller meiner borderline patientinen. Wenn Lev meint ihr eigenes Sexualleben

    sei frei bestimmt, dann ist das schön für sie und gehört unterstützt. Sie sollte

    sich nur von dem Gedanken frei machen, das die meisten Menschen solche

    Beziehungen im tiefsten Herzen freiwillig führen möchten. Levs Beziehungsart

    ist eher etwas am Rande der Normalverteilung. Sie sollte deswegen nicht kritisiert werden, jedoch ihre eigenes Sexualleben nicht als förderlich anpreisen.

  66. 66

    @malte + mspro: Stärke und Schwäche sind hier wohl deutlich von der Perspektive des Betrachters geprägt. Ich finde nämlich nicht, dass es ein Zeichen von Schwäche ist, einen Schlüssel zu verlieren, Probleme beim Strafrecht zu haben, einen Freund um Hilfe zu bitten oder sich im tiefsten inneren evtl. doch nach einer konventionellen Familienstruktur zu sehnen (na ja, letzteres vielleicht schon, aber aus anderen Gründen). Aber sei dies mal dahingestellt. Was ich in diesem Falle mit „starke Frau“ meine, zielt hauptsächlich auf den Umstand ab, das Maria durchaus alternativ und überdurchschnittlich ist. Maria lebt ihre Sexualität selbstbestimmt und dies ist etwas, vor dem sich viele Menschen (Männer wie Frauen) fürchten, weil sie es nicht verstehen, weil es unüblich und gesellschaftlich wenig etabliert ist. Dahingehend ist Maria gegenüber Sven stark, weil sie sich traut, anders zu sein, Sven gegenüber Maria schwach, weil er das andersartige nicht akzeptieren kann (nicht verstehen will?) – sie mögen auf anderen Gebieten andere Stärken und Schwächen haben, das ist für diese Geschichte und meine Kritik irrelevant.

    Nun geht es mir, wie mspro schrieb, tatsächlich nicht um den erzählten Inhalt an sich oder eine eventuelle wahre Begebenheit, sondern um die Assoziationen, die bei mir aufgrund der sprachlichen, perspektivischen und inhaltlichen Entscheidungen des Autors entstanden sind. Was ein Autor in einer Geschichte wie schreibt, das ist ja Ergebnis einer Wahl. Dem Autor steht das gesamte Spektum der Fiktion und eine der gewählten Perspektive entsprechende sprachliche Konnotation zur Verfügung. Aber du hast bei deiner Wahl nicht einberechnet und also den Text nicht darauf ausgelegt, dass es Leser geben könnte, die sich eher mit Maria, der Außenseiterin, identifizieren. Jenen Lesern, die das tun, bietest du keinen erkenntnisfördernden Ansatz, weil du mit Sven und Svens „Gefühlen“ eine stereotype Rolle beschreibst, und das macht deinen Text in meinen Augen eindimensional. In ihrer Eindimensionalität bleibt die Geschichte die bloße Nacherzählung eines alltäglichen Vorfalls, ohne dabei literarisch-inhaltlich neuartige Anreize zu bieten. Dein Text ist, böse ausgedrück, nur die Reproduktion einer Reproduktion einer Reproduktion…, und das macht ihn in meinen Augen unoriginell. All das sage ich nicht, um dich zu ärgern, Malte (liegt mir voll total fern), sondern einfach, weil es das ist, was mir ad hoc eingefallen ist, als ich den Text las und ich dachte, dass es dich als Autor (nicht so sehr als potentieller Protagonist einer evtl. dahinterstehenden wahren Begebenheit) interessieren könnte.

    Übrigens habe ich heute eine Arbeit veröffentlicht, in der ich über die Paare intentio auctoris – intentio operis und Interpretation – Überinterpretation anhand zweier Bücher von Umberto Eco spreche. Weil ich mit Ecos Thesen zu dem Thema symapthisiere, setze ich hier mal den Link: http://abgedichtet.org/?page_id=153

  67. 67
    dingsda

    @LeV:

    literarisch unvoreingenommen (um nicht zu sagen ungebildet) wage ich mal, meinen senf dazuzugeben.

    für mich ist an der geschichte nicht der punkt, dass maria sich durch die gegend vögelt. das kann sie gerne machen, und da hat vermutlich auch keiner was dagegen, usw usf. für mich ist ihr egoismus der punkt: du schreibst, sven will sich nicht auf marias alternative lebensweise, ihre ausgeprägte sexualität einlassen. sie akzeptieren. sehe ich nicht so: er kann nicht. der „alexandrinische lösungsansatz“ führt bei ihm nicht weiter. und genau darauf nimmt maria keine rücksicht. sie muss es einfach sehen, was sie da anrichtet. aber es scheint ihr egal zu sein. und das nehme ich ihr – als mit sven sympathisierender rezipient – übel. der gipfel ist ihr versuch, sven eine vaterschaft unterzujubeln. da bleibt bei mir kein bild einer starken frau übrig. starke frauen müssen auch nicht toiletten-sex-bekanntschaften verheimlichen, wie sie das mitunter tut. dass sie ihre macht in dieser beziehung wissentlich und willentlich ausnutzt macht sie nicht überdurchschnittlich – sondern einfach arm.

    btw: für mich ist das keine geschichte zwischen mann und frau, sondern zwischen zwei menschen.

    dass die geschichte, dass der plot nicht wahnsinnig originell ist – mir egal. es ist eine geschichte, die auch in hundert jahren noch erzählt werden wird, mal aus weiblicher, mal aus männlicher perspektive. das spielt keine rolle. sie mag nicht originell sein, aber sie ist aktuell. und gut erzählt, mit einer sprache, die nach milchkaffee und john player special schmeckt. deswegen ist sie großartig.

  68. 68

    @dingsda: Danke!

  69. 69

    Ich will mich nicht gar nicht erst in stuemperhafter Literaturkritik versuchen, ich bin einfach nur ein Leserin, die durch eine Linkempfehlung hergekommen ist und eine Geschichte entweder mag oder nicht. Kriterien -fuer mich-:
    Kann die Geschichte meine Aufmerksamkeit in den Anfaengen schon wecken?
    Kann die Geschichte meine Aufmerksamkeit im Verlauf halten?
    Ist die Geschichte gut erzaehlt?
    Dreimal ja.
    Mir hats gefallen.

  70. 70

    Sehr gelungener und schöner Text, Kompliment!

  71. 71
    drexen

    Malte, ich nehme alles zurück was ich über deine bisherigen Texte gesagt habe.

    Dieser ist das absolut genialste was ich seit langem auf Spreeblick gelesen habe.

    Und ich finde ihn zu tiefst traurig :(

  72. 72
    inga

    grosses Kino!

  73. 73
    MakeAMillYen

    betrunken auf Eisenbahnschienen

    Das kenn ich.

  74. 74

    Gottseidank gibt es Menschen die sowas schreiben und beschreiben können

  75. 75

    Ein großartiges Stück Text. Realität und Fiktion liegen dicht beieinander.

  76. 76

    Phantastische Episode, und so aus dem Leben gegriffen!
    Von loskommen müssen, und nicht loskommen können, können wohl so einige aufzeuchen und ein Lied anstimmen.

    Ich wage im Übrigen gar nicht darüber nachzudenken, wie viele Male schon ein befreundeter Ficus in einer freundlichen Wohnung eines freundschaftlich Zitronensaft pressenden Freundes mitleiden musste …

  77. 77

    Ich glaube für Sven kann man auch jeden anderen Namen einfügen. Ist doch jedem schon mal so gegangen, oder wird wohl jedem Kerl widerfahren. Ich hatte diesem Scheiß vor 3 Jahren. Hat sich 2 Jahre hingezogen… Auf ein nächstes mal kann ich gut und gerne verzichten :)

  78. 78
    mammarazzi

    ich denke, nur kerle können sich so gehen lassen….
    wir frauen würden nie so an einem hängen, bis auf die ausnahmen, die eher am portemonnaie des kerls hängen…
    müssen die jungs auch immer so sentimental sein???

  79. 79
    Arnold

    Der Text ist wirklich super :-)

  80. 80
    Prinegon

    Auch wenn die letzte Kritik schon etwas her ist, möchte ich an der Diskussion teilnehmen…

    Hier wurde von einem stereotypen Geschlechterbild gesprochen, von einer eindimensionalen Erzählweise, davon, daß sich der Author auf einen Protagonisten festlegt und mit der Wortwahl die andere, den Handlungsstrang durchziehende Person zum Antagonisten und gefühlslosen Monster abstempelt. Dieses ist alles in gewisser Weise korrekt. Natürlich hätte man die Geschichte auch aus anderer Sicht aufschreiben können. Natürlich hätte man hier auch Verständnis für Maria bewirken können, hätte vielleicht herausarbeiten können, daß ihre Lust an ihrer Sexualität auf der einen Seite existiert, das Wissen darum, daß sie damit ihrem Lebenspartner Schaden zufügt, auf der anderen Seite, und daß diese Dualität sie innerlich zerreißt (falls das denn so ist). Nur wurde diese Position in dieser Geschichte bewußt nicht gewählt.
    Der Author schreibt es ganz deutlich:
    [quote]Ich war nicht Marias Freund, ich war der Freund von Sven.[/quote]

    In dieser Sichtweise hat Sympathie für Maria nichts verloren. Ob- oder ob nicht, der Erzähler hätte offener für offene Beziehungen sein können, bleibt dahingestellt. Aber auch hier mußte sich der Author halt nur für eine Haltung des Erzählers entscheiden, und dies hat er gemacht. Und die Haltung des Erzählers ist nunmal, daß für ihn eine offene Beziehung nicht in Frage kommt:
    [quote]Ich vermied das Thema Toilettensex und tat so, als würde ich mir für ihn freuen. [/quote]
    Ganz eindeutig sind jedoch 2 Sachen aus der Geschichte herauszustellen: Der erste Punkt ist, daß die Loyalität des Erzählers bei Sven liegt, nicht bei Maria. Denn während er das Verhalten von Maria verachtet, schlägt er gleiches Verhalten Sven gegenüber vor und ist nicht im mindesten Entrüstet, davon zu erfahren, daß Sven selbst bereits den Betrug versucht hat.
    Und zweitens, die Beleidigungen: Schlampe, Hure, Drecksau sind Termina, welche Sven, also der Betrogene benutzt, und aus seiner Sicht auch vollkommen zurecht. Denn Maria ist nicht die unschuldige Person. Die Geschichte geht nicht: Wir haben uns auf eine offene Beziehung geeinigt, und nun komme ich damit nicht klar. Maria drängt Sven ihre Lebensweise auf, ohne ihn zuvor gefragt zu haben und ohne ihm eine Alternative zu lassen. Und das macht sie eindeutig zum Täter und Sven zum Opfer.

    Ich stimme mit Lev überein, daß das Konzept der offenen Beziehung funktionieren kann. Ich stimme weiterhin darin überein, daß i.A. eine Person nicht dadurch zu einer Schlampe (einem Schlamperich) wird, daß sie viele Geschlechtspartner hat. Maria qualifiziert sich dadurch als Schlampe, daß sie ihre eigenen Bedürfnisse ohne Rücksicht auf den Partner auslebt. Wenn sie ein Sexualpartner nicht ausfüllt, ist das ein Punkt, der in einer Beziehung angesprochen werden sollte und in den beide Partner eine Lösung herbeiführen sollten (wie auch immer diese Lösung aussehen mag, und sei die die Beendigung der Beziehung). Einfach ausleben, so daß der Partner vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ist jedoch die schlechteste und am wenigsten gleichberechtigte Lösung.

    Ein Kritikpunkt: Wieso nun Christian Untendick Söndelmann eine gesonderte Rolle in den Beschreibungen von Marias Eskapaden einnehmen sollte und „schwieriger aus der Welt zu schaffen sein sollte“, als andere Entgleisungen, erschließt sich mir nicht so ganz. Untendick hat Sven ja nicht hintergangen, somit sollte diese Erfahrung für Sven doch weniger schmerzhaft sein, als die tatsächlich begangenen Seitensprünge. Auch wird Untendick nicht als besonders guter Freund von Sven dargestellt, so daß Marias Avancen hier eine besonders bösartige Qualität bekämen.

    Alles in allem finde ich die Geschichte gelungen, doch die nachwachsenden Zähne haben mir persönlich nicht gefallen.

  81. 81
    Kickstaer

    @#720538:
    Zu deinem unten angeführten Kritikpunkt über Christian Untendick Söndelmann:
    Die gesonderte Rolle hier spiegelt sich in folgendem Punkt wieder: Er hat sie zwar abblitzen lassen, da die beiden befreundet sind, die Tatsache allein aber, dass Maria diejenige ist, die diese Eskapaden beginnt, überkommt Sven hier nun noch um einiges stärker, da er normalerweise nur zu hören bekommt, dass es geschehen ist, nicht aber wie es zustande kam.
    Somit ist Untendick der perfekte Beweis für die billige Art seiner Freundin, und kein Beleg für das Arschlochdaseins des Mannes (Das in meinen Augen trotzdem gut heraussticht ;D)

    Die nachwachsenden Zähne find ich genial. Wundervolle Metapher für das „Zähnefletschen“, das reflektiert „Sven schlägt zurück“. Denn ohne Zähne geht von keinem Hund eine Gefahr aus ;D

    Toller Text,
    abgesehen von mehrern Schmunzlern hätte mir der Text bei weniger satirischen Elementen und guten Wortwitzen vielleicht sogar die eine oder andere Träne entlockt. Ich bin selbst so ein … ehm … NETTER :D

    Gruß, Kickstaer