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Blogschau #23: Medienwirksame Medienschelte

rosinen

(Foto: schoschie)

Es kommt nicht sonderlich oft vor, dass sich Mainstream-Blogs eines Videospiel-Themas annehmen. Letzte Woche war es aber mal wieder soweit.

Ein 21 Jahre alter Bremer Jurastudent wirbelte eine beinahe gesundheitsschädliche Menge Staub auf — mit einem Video über die tendenziöse Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender zum Thema »Killerspiele«.

YouTubeDirektDings

Richtig bekannt wurde das Video durch ein Interview bei jetzt.de. Dieses landete in der medienlese und von dort bei Stefan Niggemeier:

Ich habe die Richtigkeit von Dittmayers Aussagen nicht überprüft, aber seine Argumentation ist beeindruckend und allemal überzeugender als die ahnungslosen, berufsempörten Gesichter und Floskeln der gezeigten Protagonisten.

Die »Medien im Blutrausch« brachten es in der Folge nicht nur auf über 200 Kommentare, sondern auch auf breitgestreute Trackbacks, u.a. von nerdcore, Spreeblick und ganz vielen anderen, die den Kopf schüttelten und dabei kräftig nickten.

Gegenstimmen? Fehlanzeige

Ausgewiesene Gamer-Blogs ließen sich dagegen lange bitten und winkten dankend ab. Immerhin wurden Vier Fäuste gegen Ryu vom »Don Quijote« inspiriert, lenkten die Aufmerksamkeit jedoch geschickt und völlig zurecht auf die freigeistigen Brainsorming-Aktivitäten einiger zu unrecht besorgter Psychotherapeuten.

Auf d-frag wurde sich dagegen (wie immer gut überlegt und unaufgeregt, Daumen hoch) gar nicht erst mit Kleinigkeiten aufgehalten, sondern sich direkt mit der Stellungnahme des ZDF (als PDF) zu den im Original-Video aufgestellten Behauptungen auseinandergesetzt.

So viel mal dazu. :)

Auf der anderen Seite des Großen Teichs war das beherrschende Thema der Gaming-Szene sicherlich der Rauswurf des GameSpot Editors Jeff Gerstmann. Dieser wurde offenbar entlassen, weil seinem Arbeitgeber die Anliegen der Werbekunden wichtiger zu sein scheinen, als die Glaubwürdigkeit der Testberichte.

Der interessierte Boabachter wird bei joystick über die neuesten Entwicklungen in dem Fall auf dem laufenden gehalten — ich muss mal zum Schluss kommen und dabei noch ein paar Absätze zum Killerspiel-Video loswerden.

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Ich kann mich ja so schon nur schwer zurückhalten, aber… also… hierbei…

Ich halte den Film jedenfalls für absolut misslungen, weil er in abartig kleinkarierter Art auf vollkommen unwichtige »Fehler« hinweist. Weder die Fehler noch deren Pseudo-Aufklärung tragen in irgendeiner Weise zum eigentlichen Thema bei. Ob GTA nun ein Ego- oder Taktik-Shooter ist, oder ob es sich bei irgendeinem gezeigten Spiel um Version eins, zwei oder drei handelt, und wann genau es verfügbar war, ist schnurzpipegal. Ob da irgendwer lacht, weil er gerade jemanden abknallt, oder ob er in diesem speziellen Fall lacht, weil er einen Witz vernommen hat, ebenfalls.

Gänzlich schnuppe ist, ob ein Spiel »ab 18« freigegeben ist, wenn die Aussage lautet, dass 50% aller 15-jährigen bereits brutale Ego-Shooter gespielt hätten.

Der Autor setzt sich über den gesamten Film weder mit den im Raum stehenden Vorwürfen auseinander, noch gelingt es ihm, fundiert und schlüssig eine Art absichtliche Fehlinformation der Öffentlichkeit o.ä. abzuleiten. Schlimmer noch: Sein Rumgereite auf USK-Kennzeichnungen spielt den angeblichen Demagogen in den GEZ-finanzierten Anstalten formidabel in die Hände, zeigt es doch, wie zynisch-blauäugig der bewegte Ballerspieler durch die Gaming-Landschaft schlendert.

Der Film, und nicht minder die in der Blogosphäre losgetretene Aufregung, ist der Sache denn auch in keiner Weise dienlich. Es entsteht im Gegenteil der Eindruck, als säßen hinter den Tastaturen, Gamepads und virtuellen Mordsimulatoren ein Haufen aufgeregter Klugscheißer und feixender Korinthenkacker, die ihre schlaflos-geröteten Augen vor der eigentlichen Diskussion verschließen. Ich hoffe, ich darf das hier schreiben, ohne Gerstmanns Schicksal teilen zu müssen.

Das einzig bemerkenswerte an der ganzen Geschichte bleibt für mich, dass es YouTube ganz offensichtlich auch hierzulande geschafft hat, eine Plattform zu etablieren, deren Output von »denen da oben« ernstgenommen wird.

Dasmawas!

Ansonsten bleibt mir nur zu sagen, dass es zwar wirklich nicht oft vorkommt, dass sich Meinstream-Blogs eines Videospiel-Themas annehmen, dass sie es in dieser Art jedoch in Zukunft auch gerne bleiben lassen können.

Nix für ungut.

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