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Krisenfrei dank Sklaverei

Man muss diesen Artikel im Spiegel, in dem es um den anhaltenden Bau-Boom in Dubai geht, der von der globalen Krise unberührt bleibt, zusammen mit diesem Artikel im Guardian lesen. Dort geht es um Sklaverei in Dubai.

Ein aus Afghanistan stammender Arbeiter wird vom Reporter befragt.

How is life, I ask.

„What life? We have no life here. We are prisoners. We wake up at five, arrive to work at seven and are back at the camp at nine in the evening, day in and day out.“

Und das dazu passende Zitat aus dem Spiegel-Artikel:

„Betrifft uns nicht“, sagt Markus Giebel, Vorstandschef von Deyaar, der Firma, die den Schumacher-Turm verkaufen wird. „Wir sind nicht im hohen, wir sind im ultrahohen Preissegment. Und Leute mit Geld, die so etwas Exklusives haben wollen, wird es immer geben.“

Es geht immer noch ein bisschen weiter nach unten. Aber eben nicht für alle. Das Fett der Welt schwimmt oben.

33 Kommentare

  1. 01
    mx

    in der zeit stand vor einigen monaten auch ein interessanter artikel zum umgang mit den arbeitern in dubai: klick.

  2. 02
    Viva Hammonia

    Fragt sich nur wen die größere Schuld trifft,
    den ausländischen Geschäftsmann oder die einheimische Legislative ?

  3. 03
    jul

    „Das Fett der Welt schwimmt oben.“
    Da kann ich mir Jarvis Cocker nicht verkneifen, der das auch schon ähnlich sang: „Well, I say shit floats“.

  4. 04
    imani

    sklaverei in arabischen staaten betrifft nicht nur die baubranche. gerade in haushalten mit maids passieren schlimme dinge mit den angestellten, die oft aus indonesien, phillippinen oder südasien stammen, und die de facto entrechtet und machtlos gegen ihre arbeitgeber sind.
    ich erinnere an den skandal über den jemenitischen (?) diplomaten in berlin

  5. 05
    Beobachter

    Ich habe den Großteil diesen Jahres in der Region gearbeitet, insbesondere Saudi Arabien. Ich habe fast jeden Tag mit Taxifahren und Verkäufern, mit Arbeitern und einfachen Leuten aus den Asiatischen Ländern gesprochen.

    Die Geschichte im Guardian stimmt 100%ig, wenn auch nicht jeder das fast schon unmenschliche Schicksal hat, am Golf in der Baubranche arbeiten zu müssen. Schlimmer geht’s nimmer.

    Neben der Gier der sogenannten Sponsoren, die ca. die Hälfte des Lohns einbehalten und den Pass wie beschrieben als Faustpfand behalten, ist ein weiteres bestimmendes Element die „Herrenmenschen-Attitüde“ des Arabers gegenüber den (anderen) Asiaten. Es gibt eine regelrechte Werte-Skala: ganz unten die Bengladeshi, dann die Pakistanis, dann die Nepalis, die Sri Lanker und Inder, dann die Malaien und Philippinos. Wer Muslim ist, hat es noch etwas besser als die „ungläubigen“ Hindus aus Indien oder Nepal.

    Und was Imani #04 schreibt ist ebenfalls richtig. Extremfälle sind die gefolterten und von Hunger geschwächten Hausmädchen, die dann in Tötungs- bzw. Vertuschungsabsicht in die Wüste gekarrt werden, um sie dort sterben zu lassen. Eine Philippina hat in Dubai im Frühjahr das nicht mehr ausgehalten und hat den drei Kindern ihrer „Gastfamilie“ die Kehle durchgeschnitten (zwei überlebten) und sich aus dem Fenster gestürzt, was aber wegen der geringen Höhe des Hauses nichts brachte. Todesstrafe.

    Das ist alles natürlich weder juristisch noch religiös erlaubt, rechtlich wird aber so gut wie nie etwas gegen die Araber unternommen. Ausländer, auch westliche, sind praktisch ohne Rechte in Saudi Arabien und man glaubt ihnen sowieso nie. Notfalls wird der Vorwurf der Gotteslästerung oder der schwarzen Magie (kein Scherz!) bemüht und ab geht es ohne Beweise in den Knast.

    Und das Ganze steht dann sogar in der Zeitung, z.B. Arabnews oder Saudi Gazette. Schon am Flughafen geht es los. Da viele nicht lesen können, können sie nicht mal den einfachen Registrationszettel mit ihren persönlichen Daten ausfüllen. Dann stehen sie nicht 10 Minuten an wie wir, um einen Stempel in den Pass zu bekommen, sondern 10 Stunden.

    Normal bekommt der Sponsor oder sein Vertreter gleich den Pass vom Grenzbeamten ausgehändigt. Es gab aber auch mehrere Fälle, wo hauptsächlich philippinische Arbeiter nach der Einreise draußen in der Wartehalle angesprochen wurden, ob sie für eine der bekannten Firmen arbeiteten. Man wäre geschickt worden, sie abzuholen. Gutgläubige hat man gleich in die Wüste gekarrt und ausgeraubt.

    Das alles führte mittlerweile dazu, dass die Botschaft der Philippinen ihre Landsleute dazu drängte, sich nicht mehr um Jobs in Saudi Arabien zu bewerben und dem Land fern zu bleiben.

    Doch was bleibt den Asiaten in ihren Ländern? Hunger, Armut und Kriege und noch härtere Lebensbedingungen.

  6. 06
    Viva Hammonia

    @#692687:
    “ die „Herrenmenschen-Attitüde“ des Arabers gegenüber den (anderen) Asiaten “

    Nanana. Wie kannst du hier bei Spreeblick nur etwas über arabische Mentalität sagen ? Darum gehts hier nicht. Setzen, 6 !! ;-)
    Dieser Artikel will den westlichen Schweinekapitalismus darstellen, der überall seine gemeine Fratze zeigt, um die Araber gehts da nicht !

    Das Böse liegt nördlich des Mittelmeers, bzw. westlich des Atlantiks, äh, und westlich des Jordans natürlich. ;-)

  7. 07
    matze

    @6 ich glaube, Du verstehst Spreeblick nicht und gelesen hast Du Maltes 6 Sätze scheinbar auch nicht. Nur zur Anmerkung: Der Guardian ist nördlich des Mittelmeers. Dein KOmmentar ist nicht witzig, er ist einfach nur!

  8. 08
    peter h aus b

    @#692705:
    Sag mal „Iran“ zu Viva… hehe.. :D

  9. 09
    Frédéric Valin

    @#692722: Nanana, wir wollen doch keine Herzinfarkte provozieren.

  10. 10

    @Viva:

    Es geht nicht um den Schweinekapitalismus, der die Augen schliesst oder um die Herrenmenschen-Attitüde des Arabers. Es geht schlicht um das, welche Grausamkeiten der Mensch bereit ist zu übersehen und zu dulden, wenn es um seine eigenen Interessen geht. Völlig wurscht ob es sich dabei um westliche Nordeuropäer oder südliche Ostaraber handelt oder um Chinesen, Mexikaner, Sonstwen.

    Die Botschaft der Philippinen rät ihren Landsleuten nicht im Nahen Osten Arbeit zu suchen? Wäre die Weltgeschichte anders verlaufen, und die Araber würden auf den Philippinen arbeiten gehen, wäre diese Botschaft die Erste, die Plakate aufhängen würde zur Rekrutierung weiterer Arbeitskräfte.

    Zwar hat die westliche Kultur die Sklaverei geächtet und offizielle abgeschafft (was übrigens ein langer Weg war und über hunderte von Jahren ein schwieriger Prozess war), dennoch nutzen wir gerne die Vorzüge von Ausbeutung anderer Menschen. Das ist in Arabien so, oder in China, wo auf wundersame Weise ganze Millionenstädte in der Bruchteil der Zeit entstehen, die in Europa benötigen würde.

    Vor allem in Gesellschaften federt die Gemeinschaft viel ab, persönliche Schuld (-gefühle) können verteilt und auf andere oder die Lebensumstände (Kultur, Tradition, Religion usw.) abgewälzt werden. Dann lebt es sich mit einer bewußt begangenen Ungerechtigkeit auch gleich viel leichter.

    Nestroy: „Der Mensch is guat, aber d’Leit san a Gsindel“

  11. 11

    viva hammonia lebt in dem wahn, wir hier würden gottesstaaten mit hang zu steinigungen unterstützen, weil wir so selten schreiben, dass wir steinigungen ablehnen. pst, nicht stören.

  12. 12
    dralles

    @jul:
    Es liegt sicher auch an der Flüssigkeit ob Scheisse oben bleibt oder untergeht. Aber angesichts der Umstands, dass sich Autos in einem Stau genauso verhalten wie Wasserteilchen in einem Schlauch besteht da wohl einige Hoffnung.

  13. 13
    Beobachter

    Viva (06)

    Ich habe absichtlich den SPON Trash nicht mal angeguckt. Und wofür der Schumacher seinen Namen hergibt ist mir auch egal. Und doppelt egal ist mir, ober der nun 400 oder 800 Millionen auf dem Konto hat. Das interessiert mich einfach nicht.

    Aber da ich aus eigener Anschauung die Verhältnisse dort unten kenne und selber Mitleid für die Menschen da empfunden habe, dachte ich, ich schreib mal ein paar Eindrücke. Man hört ja so selten authentische Berichte von da unten.

    Ein Schwank am Rande, fällt mir gerade wieder ein: im Carrefour Supermarkt in Doha (Katar) gehe ich Obst einkaufen und man muss da wie hier seine Tütchen mit dem Zeug an einer zentralen Wage zum Wiegen abgeben. Steht da die Traube von Menschen an. Araber kommen von der Seite und drängeln sich vor. Bengladeshis in Bauarbeiterklamotten stehe unschlüssig und wissen nicht, was sie tun soll.

    Da komme ich, der deutsche Gutmensch, dem man das Vordrängeln nicht mehr extra beizubringen braucht, schnappe mir ihre Tüten und gehe direkt damit zur Wage. Die Araber gucken verdattert und lassen mich gewähren. Und die armen Jungs haben vielleicht geguckt als ich ihnen die Tüten wieder in die Hand gedrückt habe. :-)

    Das nenne ich Antifa! So und jetzt kommt ihr dran. Lästert mal ein Bisschen. Kommt schon. Gebt’s mir.

    P.S. Nicht in allen Ländern der Region zu empfehlen.

  14. 14
    flat

    „Es geht schlicht um das, welche Grausamkeiten der Mensch bereit ist zu übersehen und zu dulden, wenn es um seine eigenen Interessen geht. “
    schön gesagt Zirfeld!

    Eine Stilblüte dazu:
    Gutmensch B. Pitt unterstützt grosszügig die Nachkommen amerikanischer Sklaven beim Wiederaufbau ihrer Häuser in St. Louis, gleichzeitig lebt er voller Freude seine Architekturleidenschaft aus und baut ein schickes 5 Sterne Öko-Hotel in Dubai.

  15. 15
    Viva Hammonia

    @#692726:
    Das ist mir klar, ich wollte nur die einseitige Betrachtungsweise kommentieren.
    Kausal ist eben nicht NUR die Scheffelei skrupel- und pietätloser Geschäftsleute, sondern auch die präzivilisatorische Mentalität/Ordnung der Region, die dem Mammon zuliebe fraglos hingenommen wird.
    Alles zusammen ist zum K***.

    @#692722:
    Hätten Europäer/Westler heutzutage Rückgrat, würden sie solch einen Staat ächten, statt Handel mit demselben zu treiben.
    Der große Diabolus des Orients wäre in so einem Fall auch nicht Israel.
    Lässt mich ganz kalt, weit enfernt vom Herzkasper :-p

  16. 16
    heidrun

    @#692740:
    bei diesen themen sollte man doch immer hübsch vor der eigenen haustür kehren, bevor man mit dem finger auf andere leute zeigt. mit recht hoher wahrscheinlichkeit brauchst auch du – ebenso wie ich – nur mal kurz gucken, wo der kram herkommt, der sich in deinem kühlschrank, in deiner wohnung und an deinem körper befindet, um zu sehen, dass du genau dasselbe tust wie brad pitt, nur in klein. was es nicht weniger schlimm macht.

  17. 17

    @Beobachter

    …scheint mir, als hätten wir dieses Jahr dasselbe erlebt. Auch ich war fast ein halbes Jahr beruflich in Saudi und habe die angrenzenden Staaten kennengelernt.
    Ich bin froh, dass ich da weg bin. Einer der Gründe ist zweifelsohne das permanent schlechte Gewissen als gutbezahlter Sklave dieses System zu unterstützen.

    Es geht dabei nicht um ein (Saudi)Araber-Bashing sondern eher um die von vielen Kommentatoren angesprochene Blindheit gegenüber den Zuständen nur weil für „Westler“ eine Menge Kohle dabei abfällt.

  18. 18
    flat

    @ heidrun

    oh liebe heidrun
    you made my day!

    ich und Brad Pitt
    eins geworden
    in unserer schuld!

  19. 19
    MakeAMillYen

    Der arbeitet also von 7 bis 7 und findet das viel? Um 9 schon zu Hause? Waer ich gern.

  20. 20
    sven

    Es gibt einen Trost bei der Geschichte, Erdöl ist endlich und spätestens dann müssen sich die Saudis ihre Finger wieder selber dreckig machen.

  21. 21
    Beobachter

    @Foxxi: und wie man hört, hast du dich da ziemlich an den Datteln überfressen ;-)

    Wenn ich über die Herrenmenschen-Attitüde schreibe, tue ich das nicht, um die Saudi Araber abzuwerten, oder gar den Islam oder so, sondern weil es einfach so ist. Und ich finde es auch ziemlich daneben, wenn der Saudi-Taxifahrer mir gleich bei Beginn der Fahrt schon zu Hitlers Leistungen gratuliert. Aber eben, andere Länder andere Sitten.

  22. 22

    Habe den Spiegelartikel nicht angeklickt.
    Es lohnt sich einfach nicht!

  23. 23

    @Beobachter

    früher es war ja nicht alles schlecht ;-)

  24. 24

    von wegen:

    die saudis sitzen auf riesigen devisenreserven. und da der westen jetzt sein geld professionell verbrannt hat, hat sich das kräfteverhältnis eklatant verschoben.

    die orientalischen player werden dick bei uns einsteigen und z. b. der finanzintensiven hochtechnologie-branche (silicon valley z. b.) wieder den geldhahn öffnen. dafür werden sie natürlich renditen einstreichen. und zwar massig.

    man hat uns im sack. und wer einen im sack hat, macht die regeln.

  25. 25
    Viva Hammonia

    @#692903:
    Na dann isses ja soweit, nech ;)

  26. 26
    Phil

    War letztes Jahr im Herbst in Dubai um ein Training zu geben (Netzwerksicherheit etc.).
    Halb sechs landet der Flieger (morgends), schon 35 Grad, schnell ins Hotel duschen.
    Auf der Fahrt vom Hotel zum Trainingsort („Knowledge City“) sehe ich viele Baustellen und halbnackte Menschen, die dort arbeiten.
    Frage daher den Fahrer: „… how do they survive the heat ?“
    – Pause
    – Unverständnis im Gesicht des Fahrers
    – Erleuchtung im Gesicht des Fahrers
    Antwort: „… oh, THEY ! … they don’t …“
    Nächster Morgen wieder auf der Fahrt nach „Knowledge City“
    Ein riesen Stau.
    Frage warum, sehe es dann selbst.
    Wir fuhren parallel zu einer neuen Hochstraße, die aus Fertigsegmenten errichtet wird.
    Eines dieser Fertigsegmente ist bei der Montage herabgestürzt und begrub einige Baumaschinen unter sich. Vermutlich nebst Insassen.
    Strasse ist eingeengt durch die Kräne, die die Trümmer räumen.
    Keine Ambulanz.
    Frage (mit böser Vorahnung): „… there’s no ambulance …“
    Antwort: „… too late anyway …“

    Das war schon alles in allem ein klein wenig unwirklich … eher wie im Film …

  27. 27

    vielen dank für die eindrücke aus dubai. wenn jemand von euch interesse daran hat, etwas ausführlicher darüber zu schreiben: malte at spreeblick.com
    würde mich freuen

  28. 28

    Schreiben kann ich nicht. Nur fotografieren. Aber sowas lässt ein Spreeblick-Budget wohl nicht zu. :( Wäre ein verdammt gutes Thema für ein Fotoessay.

  29. 29
    Beobachter

    Morgen geht’s wieder nach Riad. Mal sehen, vielleicht gebe ich mir nochmal ein Wochenende in Dubai, obwohl ich es da nicht so toll finde. Die Stadt ist die reinste Immobilienblase, künstlich, überlaufen und teuer. Es hat ein paar nette Sachen (z.B. Dinner Cruise auf dem Dubai Creek oder die Emirates Mall) und einige schöne Hotels, aber das war es schon.

    Abu Dhabi, Muskat, Jeddah, Doha (mit Einschränkungen) und Amman/Jordanien sind ganz nett. Von Dubai, Bahrain und Kuwait bin ich teilweise gelangweilt bis entsetzt gewesen. Sana’a, Beirut, Damaskus und Riad haben was von Abenteuerreise, ganz schön unheimlich manchmal und den Rest der Zeit fragt man sich bloß, weshalb man sich eigentlich Sorgen macht. Der Fatalist: „man muss nur sehen, dass es möglichst die anderen trifft.“

    Hast du ein Thema, an dem du besonders interessiert bist?

    Foxxi hat ca. eine Million Fotos gemacht, von denen er sicher auch ein Paar hergibt.

  30. 30

    @Beobachter

    …nun mach’s mal nicht so spannend. Kennen wir uns?

  31. 31
    Beobachter

    Aber ja doch, wir kennen uns! Schau mal am Schnittpunkt von Riad, OTC und Zürich nach.