Während alle, wenn es um die Ereignisse in Hessen geht, von Gewissen sprechen, kommt mir ein etwas anderes Wort in den Sinn: gerissen. Der Gerissenste wird seine Beute davontragen und die Parteiendemokratie hat ein weiteres Mal die Latte gerissen, die die Bevölkerung an sie anlegt. Wenn man sich die Splitter von der traurigen Gestalt gestern in der Talkshow Beckmann angeschaut hat und dazu die Interviewschnipsel von Ypsilanti und Simonis, die seit ihrem Waterkantloo* als ihre eigene Betroffenencouch herumtingelt, dann kommt man doch nicht herum um die Frage: Und mit denen soll man einen Staat machen?
Die vier sitzen da und eine erzählt von ihrer kranken Mutter und ihrem kranken Mann, eine erzählt, sie hätte weinend auf dem Küchenboden gesessen (WEINEND AUF DEM KÜCHENBODEN!), einer sagt so oft wie möglich: „Besser spät richtig als falsch“ und eine lächelt, weil sie es ja schon immer richtig gemacht hat.
Keiner spricht mitreißender als ein Chemielehrer kurz vor seiner Pensionierung, der ein Reaktionsschema erläutert, eine sagt ganz deutlich, dass sie zu feige war, sich rechtzeitig zu Wort zu melden, weil es dann ja Gegenwind gegeben hätte.
Gibt es überhaupt kein menschliches Mindestmaß, das man erreichen muss, um in einen Landtag gewählt zu werden?
Natürlich nicht. Wie auch?
Selbst eine Ebene höher, bei den Ministerpräsidentenkandidaten, sieht es ja schließlich bestenfalls düster aus.
Die Hessen haben nun die Wahl zwischen einem Unbekannten, der heißt wie eine Don-Martin-Figur und einem, dem jedes Mittel Recht ist, seine Macht zu erhalten.
Und am Ende gibt es eine große Koalition.
Wenn es am Ende in allen Ländern große Koalitionen gibt – ob dann jemandem auffällt, dass die Parteiendemokratie in ihrer jetzigen Ausprägung am Ende ist?
Woher soll in Zukunft denn das Personal für die Parteien kommen?
Wir denken heute in Projekten, nicht in Parteien.
Dabei habe ich es versucht. Ich war so angetan von der Haltung der Grünen zur Vorratsdatenspeicherung, dass ich Mitglied werden wollte. Und dann habe ich gesehen, dass ich da nicht reinpasse.
Nicht einmal über Claudia Roth kann man da Witze machen. Über was denn dann?
Die Machttechnik ist den Parteisoldaten um so vieles wichtiger als die Frage „Was denn dann machen mit der Macht?“, so kann man gar nicht denken als ein an einigen Themen interessierter Nicht-Soldat.
Die wiederaufflammenden Proteste in Gorleben sind ein Signal: Politik will man machen, aber nicht mit den Parteien.
Wir müssen mehr Demokratie wagen. Direkte.
Ich will zum Beispiel für ein vereinfachtes Steuersystem streiten und nicht nur die CDU wählen, die dann den Spitzensteuersatz senkt.
Ich will zum Beispiel für Cannabis-Legalisierung streiten und nicht nur die Grünen wählen, die dann in den Krieg ziehen.
Ich will zum Beispiel für mehr Bildung streiten und nicht nur die FDP wählen, die es sich dann gemütlich macht.
Ich will zum Beispiel für einen Rückzug aus Afghanistan streiten und nicht nur die Linkspartei wählen, die dann Kindergärten schließt.
Aber wie das an den Parteien vorbei durchsetzen?
*Es wurden keine mit Ihrer Suchanfrage – waterkantloo – übereinstimmenden Dokumente gefunden.
Vorschläge:
* Vergewissern Sie sich, dass alle Wörter richtig geschrieben sind.
* Probieren Sie andere Suchbegriffe.
* Probieren Sie allgemeinere Suchbegriffe.
Mehrheitswahlrecht einführen. Parteien auf Wahlkampfdurchführungsorganisatoren eindampfen.
Toll wären: Unabhängige, direkt gewählte Angeordnete, die den Bürgern ihres Wahlkreises und nicht der Parteiliste verpflichtet sind. Mehrheiten, die sich entlang von Überzeugungen und einzelnen Vorhaben bilden.
Insofern wäre Ypsilantis Weg in Hessen doch der Richtige gewesen: sich auf die einzige Konstellation einzulassen, mit der sie halbwegs ihre wirklichen Wahlversprechen hätte umsetzen können. Nicht an Parteien vorbei, aber an vorgeschobenen Ressentiments vorbei.
Volle Zustimmung! Parteien stammen aus einer Zeit, als es noch echte politische Lager gab, die sie repräsentieren konnten und sind einfach keine zeitgemäße Darstellung der politischen Willensbildung mehr und deswegen auch undemokratisch. Auch sehr schön dazu der Artikel von Plom.
Aber sei vorsichtig: Wer direkte Demokratie fordert, dem wird von „SPD-Rebellen“ und von Spiegel-Online ein „Demokratiedefizit“ vorgeworfen.
Wenn ich das lese: Dass halbwegs vernunftbegabte Menschen derart gesinnungsethisch, egoistisch und ignorant denken (die Grünen als „Kriegstreiber“, Steuerverinfachung statt Steuergerechtigkeit, Wegschauen in Afghanistan und, klar, Kiffen als wichtiges Politikthema), dann bin ich beinahe versucht für weniger Demokratie zu plädieren und die bestehenden Parteiapparate lieb zu gewinnen. Aber ach, Parteienbashing ist auch nur ein billiger Sport für diejenigen, die unter Politik allein Gesinnungszufriedenheit, aber kaum Verantwortung verstehen – und dann auch noch ernsthaft glaube, das sei nicht naiv und ignorant, sondern links.
In einem Land, in dem die Bild-Zeitung Leitmedium ist, fürchte ich mich vor der direkten Demokratie. Von den periodisch auftretetenden Kollektivpsychosen unter uns Deutschen ganz zu schweigen.
Man muß versuchen, den größtmöglichen gemeinsamen Nenner zu finden, muß schon ungeheuer kompromissbereit sein. Man kann ja versuchen, die Dinge, die einen stören zu ändern. Ist nur manchmal ein langer harter Kampf.
Ich zitiere jetzt mal einfach Guido Westerwelle, jeder sagt ja mal was richtiges;) Also sinngemäß:
„Wenn Sie Mitgleid einer Partei sein wollen, in der alle Ihrer Meinung sind, dann müssen Sie ihre eigene Partei gründen und ein Leben lang das einzige Mitgleid bleiben!“
Jeder weiß doch, wie schwer es manchmal schon in einer Partnerschaft ist, sich zu einigen. Und manchmal trifft man dann nach langem Überlegen eine halbwegs vernünftige Entscheidung.
Und wie jetzt? Man darf bei den Grünen keine Witze über Claudia Roth machen? Sowas auch, dabei eignet gerade sie sich wie keine andere dafür…
Stimmt auch auffallend: Roland Koch ist jedes Mittel recht, um seine Macht zu erhalten. Und Andrea Ypsilanti war jedes Mittel recht, um an die Macht zu kommen.
Danke Malte, ich denke, du triffst den Nagel auf den Kopf.
Volksentscheide a la Schweiz wären vielleicht ein nicht ganz so krasser Schnitt, allerdings gibts dann bestimmt genug „Basisdemokraten“, die dagegen sind.
gruß, Frank
@#697089: Andrea Ypsilanti hat einen Auftrag. Politik links der Erzkonservativen und Neocons/Neoliberalen. Leider sitzen die Neocons und Erzkonservativen inzwischen in der SPD an wichtigen Stellen (siehe Seeheimer Kreis) und blockieren eine sozialere Politik.
gruß
Spricht manchmal jemand mit diesen ominösen Schweizern? Wie müde die dieses oft sehr verschachtelten Abstimmungsirrsinns bisweilen sind? Von Blocher und der Einheitsregierung als Rahmenbedigungen mal ganz abgesehen.
Was lehrt uns die DDR hierzu? Blogparteien könnten DIE Lösung sein…
@#697087:
interessanter stil, daniel, mich als halbwegs vernunftbegabten menschen zu bezeichnen. aber nun gut:
bei der legalisierung von cannabis geht es nicht darum, dass mir kiffen so lieb ist – es geht darum, dass absurd viele menschen kriminalisiert werden. und das kann nicht egal sein.
es gibt gute gründe, sich in afghanistan zu engagieren. zu diesem engagement kann ien kriegseinsatz nicht gehören, weil ein krieg unter allen umständen die schlechtere wahl ist. lies mal human smoke. da geht es auch um hitler, müsste dich also interessieren.
und steuergerechtigkeit wird nicht dadurch erreicht, dass der mit dem besseren steuerberater weniger steueren bezahlt.
@#697093: Ja, sie hatte den Auftrag, nichts mit der Linken zu machen.
Hat jemand den Auftrag, wenn er weniger Stimmen hat als der Gegner?
Warten wir ab, wer den nächsten Auftrag im Januar bekommt.
In einer modernen Partei gibt es halt auch sogenannte linke und rechte Flügel. Gibt auch in der CDU durchaus linke. Ist das nicht eine gute Korrekturmöglichkeit? Die fallen ja auch nicht vom Himmel, wenn sie in Führungspositionen sind, dann wurden sie von einer Mehrheit dahingewählt… vielleicht sogar vom Volk.
„Wir denken heute in Projekten, nicht in Parteien.“
Das ist ein zentrales Problem. Es ist jetzt nicht so, dass ich unser Parteiensystem als der Weisheit letzter Schluss sehe. Aber ich frage mich, wie nachhaltige Politik (sorry für den bullshittigen Ausdruck, aber er trifft ganz gut, was ich meine) auf Projektbasis stattfinden soll.
Auf der einen Seite haben solche Projekte eine Komplexität, wie man sie sonst höchstens bei hochkomplexen und lang laufenden Industrieprojekten findet, auf der anderen Seite müssen sie aber gerade wegen ihrer Durchführung außerhalb stabiler Strukturen quasi nebenbei laufen, also neben Job, Schule, Studium etc. Erschwerend kommt dazu, dass solche Projekte in der Regel mit einer ziemlich schwierigen „Personalsituation“ zu kämpfen haben, weil im Zweifelsfall immer was anderes vorgeht (also Job, Schule, Studium etc.) oder weil man sich nur einbringt, wenn alles hundertprozentig so läuft wie man selbst das möchte.
Solche Vorschläge wie „Mehrheitswahlrecht“ führen auch meistens zu nix Gutem. Erstens stärkt das (wie man z.B. in England sehen kann) eher die großen Parteien und damit die Einfalt. Zweitens stehen die Abgeordneten in einem solchen System zwar weniger unter der Knute ihrer Partei, dafür aber stärker unter dem Druck ihres Wahlkreises, neue Straßen, subventionierte Fabriken und andere Dinge in den Kreis zu holen. Das führt in letzter Konsequenz ebenfalls zu einer Politik, die dem Wohl einer kleinen Gruppe mehr verpflichtet ist als dem Gemeinwohl.
Die größte Chance sähe ich, wenn die Parteien sich stärker für „Projekte“ öffnen würden und quasi als Projektsponsor (2) auftreten würden. Außerdem bin ich ein großer Freund von Minderheitenregierungen, die sich im Parlament wechselnde Mehrheiten beschaffen müssen und daher viel stärker inhaltlich als machtpolitisch argumentieren müssten. Aber da befürchten die meisten ja gleich wieder Weimarer Verhältnisse.
Was die Identifikationsmöglichkeiten mit einer Partei angeht, kann ich Maltes Probleme ja durchaus verstehen. Aber ich habe mich trotzdem vor einer Weile entschieden, einer beizutreten, weil ich hier immer noch die beste Chance sehe, etwas zu bewegen. Politik ist zu wichtig, um sie den anderen zu überlassen.
Die inke schließt Kindergärten? Wo denn?
@#697087: Man darf nicht vergessen: Wir sagen hier unsere Meinung zu Meinungen. Mehr nicht. Es ist oft leider nur das Hinwerfen von Brocken. Wenig Differenzierung, wenig Fachkenntnis. Meinungen eben. Ich komme mir manchmal echt komisch vor, wenn ich mehr als einen Haudrauf-Kommentar schreibe. Die meisten können die Welt ja in einer Headline erklären. Meines Erachtens kann man so keinem Thema gerecht werden. Ansonsten hast du wohl mit deinem Kommentar nicht ganz unrecht. Links ist ja auch in. Das sind nämlich immer die Guten – und wer will schon der Bösewicht sein?;)
@#697101:
am nachhaltigsten denkt vermutlich ein monarch. bin trotzdem nicht für die monarchie.
warum wird das bundesverfassungsgericht nach parteienproporz besetzt und ebenso die redakteursposten der öffentlich-rechtlichen? das hat doch alles ncihts mit nachhaltigkeit zu tun.
aber den link schaue ich mir mal an:)
@#697105:
woran merkst du, dass links in ist? in österreich jedenfalls nicht, da ist die fpö die partei der jugendlichen.
@#697106: Ich sage ja auch nicht, dass unser derzeitiges System toll ist. Ich habe berufsbedingt ganz gute Einblicke hinter die Kulissen und mir geht ziemlich vieles gegen den Strich, gerade das Proporzdenken der Parteien. Trotzdem bin ich der Meinung, dass es ohne Parteien nicht geht, da stabile Strukturen für die Demokratie enorm wichtig sind.
Der Link zum Projektmagazin war ein Schuss aus der Hüfte, aber Überlegungen in die Richtung, dass Parteien sich stärker für außerparteiliche Aktivisten öffnen und deren Anliegen als Sponsor unterstützen, sollte man mal weiterdenken. Sponsor meint dabei nicht in erster Linie die Rolle als Geldgeber, sondern die als Machtpromotor. Die Parteiorganisation könnte aber gleichzeitig als Koordinator, Projektassistenz, „Kontaktbörse“, Projektconsultant und „Infrastrukturbereitsteller“ fungieren.
Ich bin auch der Meinung, dass Parteien die Demokratie (bzw. die Verwirklichung des Wählerwillens) behindern. Wie eine Alternative aussehen könnte, weiß ich nicht so genau, aber das eint mich mit etlichen Parteien, die das Finanz- oder Energiewesen umkrempeln wollen, ohne genau zu wissen, in welche Richtung.
Ich wäre zunächst einmal dafür, mehr Volksentscheide wie in der Schweiz oder den US-Bundesstaaten einzuführen. Entweder führen diese zu desaströsen Ergebnissen (dann wissen wir, was wir an den Parteien haben), oder das Volk ist doch gar nicht so doof und schafft es, sich selbst zu regieren.
@#697096: Mich ärgert oft in diesen vermeintlich linksliberalen Beiträgen, wie unwichtig Wissen und wie wichtig das Gewissen ist. Und wie sehr es um politische Symbole und oberflächlich gebrauchte Begrifflichkeiten geht (zum Beispiel „Krieg“).
Du kannst mir glauben, ich lese sehr viel über Konflikte und Failed States. Allerdings eher nicht von Schriftstellern, eher von Wissenschaftlern, aber das macht bei einer Diskussion wie hier ja gar keinen Unterschied. Leider.
Im Falle von Afghanistan etwa endet der Krieg ja nicht, wenn alle westlichen Truppen abziehen, nur gewinnen dann halt wieder die, die auch schon vorher die Macht hatten – diverse Warlords, manchmal mehr, manchmal weniger religiös. Was die Linke da macht, ist irrführend und hinterhältig. Sie wissen ganz genau, dass die Deutschen sich gerne raushalten. Werte werden halt in Blogs und am Stammtisch verteidigt, sonst gilt die Parole: wegschauen.
Alles Weitere dazu hat Max Weber in „Politik als Beruf“ schon aufgeschrieben – 1918, 1919 (siehe Link).
@#697107: Naja, immerhin ist die Linke in den Hessischen Landtag eingezogen. Und in Deutschland sind die Grünen meines Wissens die Partei der Jugendlichen. Jedenfalls sind die meisten Studenten, die ich so kenne, ziemlich grün. Die anderen sind meist gar nichts. Ist leider so. Jetzt müßte man mal die Statistiken zücken. Das ist aber auch genau der Punkt. Ist grün links oder einfach nur vernünftig? Also manchmal. Es weiß doch kaum noch jemand, was links bedeutet… hat ja auch lange keiner definiert. In Berlin, 3,5 Mio Einwohner, hat die Mehrheit sowas von links gewählt. Nimm mal die Grünen noch dazu und du beginnst zu schielen, so links ist das. Meines Erachtens läuft momentan alles unter links, was angeblich sozial, ökologisch und menschenfreundlich ist. Aber lies dir mal die Parteiprogramme durch. Die Linke hat ja immer noch keins, soweit ich weiß. Die Versuchen doch alle mit sozialer Gerechtigkeit auf Stimmenfang zu gehen. Die machen das ja nicht umsonst. „In“ ist, was der Wähler will. Und soziale Gerechtigkeit läuft gemeinhein noch unter „links“. Dabei meinen viele aber nur „Hartz-IV-weg“ oder „Hartz-IV-rauf“, dabei ist das, was die FDP will: „Lieber Arbeit statt Hartz IV“, viel sozialer. Aber käme einer darauf, die deshalb links zu nennen? Nö. Schau dir Schauspieler, Sänger, die allermeisten Künstler an, die die Jugend beeinflussen. Das ist schon sehr grün und rot, wenig schwarz, wenig gelb (braun lasse ich jetzt mal bewußt weg, sonst ufert das aus).
@#697111:
so ein gespräch macht nur so mittelviel freude, wenn immer vorangestellt wird, wie wahnsinnig niveaulos die debatte ist.
ja, in afghanistan würden sich vermutlich die taliban wieder durchsetzen. nun kann man aber doch schwerlich im nachhinein aus dem war against terror eine humanitäre mission machen. und wenn sie es wäre: wo denn dann nicht eine starten? warum nicht in somalia? mist – man klingt natürlich zynisch, wenn die, die sich im krieg befinden, sagen: und was ist mit den mädchenschulen? und man darauf nur zugeben kann: die werden dann brennen.
aber wenn man sich anschaut, woher die taliban kommen, dann ist es so: da hat man im westen gefragt, ob man denn die afghanen von kommunisten unetrjocht sehen will – und die freiheitskämpfer mit waffen ausgestattet. (man arbeitet mit pakistan zusammen, dessen geheimdienst die taliban erfunden hat und weiter unterstützt.)
wenn man immer wieder reinpiekst in ein system, das so hochkomplex ist und immer wieder glaubt, diesmal hätte der piekser genau die notwendige wirkung – ist das nicht noch naiver als die von dir als „wegschauen“ diskreditierte haltung?
2002 war so viel aufmerksamkeit auf afghanistan gerichtet, dass man über finanzielle möglichkeiten nicht klagen konnte. explodiert sind immobilien und immobilienpreise seitdem, die lage afghanistans aber hat sich bei weitem nicht in dem maß verbessert, das man erwartet hätte.
unter anderem, weil die taliban sich auf das gebiet unseres verbündetetn zurückziehen können.
@#697094: hallo? was soll denn bitte an uns schweizern „unheilvoll“ oder „verdächtig“ sein? die direkte demokratie? und eine diktatur wäre dann heilvoll, oder wie?
und den blocher haben wir nicht mehr. zum glück. aber wir konnten ihn, auch dank der direkten demokratie, loswerden, ohne darauf warten zu müssen, dass er mit dem auto die kurve nicht mehr kriegt…
um es vorweg zu nehmen, ich habe keine wirklich gute antwort auf die frage wie man unsere großteils aus dem 19.jahrhundert stammenden institutionen der gemengelage des 21.jahrhunderts angemessen anpassen könnte „¦
aber es ist eine frage die mich schon länger beschäftigt.
zur näheren beschreibung des problems der parteiendemokratie und ihrer rekrutierungsmuster kann ich als kurzweilige lektüre franz walters
die zielose republikempfehlen „¦
die lösung wird schon schwieriger „¦ die brd ist strukturell auf maximale widerständigkeit gegen grundlegende veränderungen hin ausgelegt, nirgendwo sonst in europa sind vetomöglichkeiten so breitgestreut wie bei uns, dies ist das eigentliche erbe der weimarer republik in unserer verfassung.
einen weiteren weltkrieg zu reformzwecken wollen wir mal lieber nicht in unsere überlegungen einbeziehen „¦
und dann wäre da noch die frage veränderung wohin?
basisdemokratie erfordert eine engagierte und resourcenreiche bürgerschaft. sie braucht eine breite mehrheit die zeit, geld, bildung und lust hat sich die arbeit zu machen und das ist viel arbeit und sie ist anstrengend, sau anstrengend“¦
vor dem hintergrund sozialstruktureller polarisierung und extrem steigender beruflicher beanspruchung gerade des akademischen mittelstandes bei gleichzeitig wachsender wirtschaftlicher unsicherheit ein sehr schwieriges unterfangen.
und mit einer unterschicht die früher oder später 25-30% der bevölkerung ausmachen könnte fast unmöglich „¦
es geht also kaum ohne eine gleichzeitige veränderung der wirtschaftsgesellschaft „¦
auf nationaler ebene kaum zu leisten „¦ und wenn wir gerade dabei sind, die eu wird in allen politikbereichen zunehmend federführend und erweist sich als noch viel reformunfähiger, das nur am rande ( nein ich wünsch mir nicht den lissabonvertrag, aber es muß etwas passieren zwecks Demokratisierung und zwar bald)
das Grundproblem ist das die wahlstumme in ihrer jetzigen form zu informationsarm ist, man könnte sie also multidimensionaler gestalten „¦ nur wenn man in verwandten politikfeldern gegensätzliche mehrheiten bekommt „¦ vom albtraum der auszählung will erst gar nicht reden.
in kalifornien werden mandatsträger durchaus per direktwahl aus verschiedenen parteien in ein und dasselbe kabinett gewählt, funktioniert mal mehr und mahl weniger gut und kalifornien ist auch das paradebeispiel wie direkte demokratie richtig nach hinten losgehen kann „¦ nein nicht prop8, ich denke da eher an verschiedene an der urne erfolgreiche sich aber in der praxis widersprechende volksbegehren in haushalts- und steuerfragen.
wäre da noch die von luhmann angedachte steigerung der eigenkomplexität des politischen systems durch einführung politikfeldbezogener parlamente, ich meine es waren drei ein werte-, ein wirtschafts und dann noch ein drittes „¦ komm ich jetzt nicht drauf.
wie das aber zu operationalisieren sein sollte weiß ich nicht, sachfragen haben neben der unangenehmen eigenschaft meist auch machtfragen zu sein, die für diesen ansatz extrem unhandliche meist mehrere dimensionen zu haben die schlecht voneinander getrennt werden können.
projektbezogene politik ist ein schönes und auch richtiges stichwort, läßt sich aber besser im außerparlamentarischen bereich operationalisieren da wir ja auch nach 20 oder 30 jahren eine form von institutsioneller verantwortlichkeit für durchführung und ergebniskontrolle haben wollen „¦
ein naheliegendes gedankenexperiment wäre die abschaffung der parteien „¦ was würde fehlen ohne parteien und wie könnte man, so nötig, die aquivaltenzumformung leisten.
könnten wahlkämpfe ohne ortsvereine durchgeführt werden, vor allem die filterfunktion der parteien bei der rekrutierung von kandidaten wer soll diese aufgabe übernehmen? sollte es das überhaupt geben und würde eine verminderung der bewußt hohen markteintrittsbarrieren für politische strömungen ins parlamentarische system nicht alle möglichen rattenfänger und goldgräber anlocken „¦
wären die mandatsträger in einem system ohne parteien nicht noch mehr der beeinfußung durch wirtschaftliche partikularinteressen ausgesetzt als jetzt schon wo noch ein gewisser prozeß der nennen wir es ein mal „peer-review“ stattfindet.
diese und noch viele andere fragen stellen sich und ich habe keine eindeutigen antworten, aber in einer stimme ich mit malte überein unsere parteiendemokratie ist in ihrer jetzigen form mausetot.
p.s.: don-martin, danke! versuche schon seit tagen mich an den zeichner dessen feder schäfer-gümbel entsprungen zu sein scheint zu erinnern.
Als derzeit, ich sag mal, salomonische Alternative zur plebiszitären Demokratie finde ich das Model aus den USA gar nicht so übel. Dort gibt es zwar Parteien, aber wenig Parteipolitik. Warum? Weil Parteien dort kaum Macht haben.
Unser Problem ist die Zweitstimme. Jede Zweitstimme für eine Partei ist ein Blankoscheck für die Parteiführung, sie in den Parlamenten mit politisch willenlosem Stimmvieh (Opportunisten, Duckmäuser, Politkarrieristen) zu besetzen. Daher kann so eine Partei schön Top-Down in der Fraktion durchregieren und auf den Wählerwillen scheißen. Und vier „Gewissensentscheider“ können die Linke Mehrheit in Hessen einfach sabotieren.
Gäbe es nur Direktmandate, wäre diese Macht gebrochen. Die Abgeordneten würden zwar immer noch nicht nach dem „Gewissen“ abstimmen (Ich halte das „Gewissen“ für einen christliches Atavismus aus dem Sagenschatz der westlichen Kultur), aber zumindest würden sie nach dem Wähler abstimmen. Denn nur ihm wären sie noch rechenschaftspflichtig.
Auf dieser Basis wäre dann zumindest ein fraktionsübergreifendes Arbeiten an Projekten möglich.
Das einzige Problem: man kauft sich damit eine ganze Menge föderaler Eifersüchteleien der Wahlkreise ein, wie man in den USA besichtigen kann.
„Eine repräsentative Demokratie ohne Parteien kann nicht funktionieren. Parteien müssen in der demokratischen Struktur für die staatlichen Organe sowie für die Stimm- und Wahlberechtigten zeit- und kostenintensive Dienstleistungen erbringen, die von staatlichen Organen oder anderen privaten Institutionen nicht wahrgenommen werden können.“
sagt die Wikipedia und hat recht damit. Ergänzend bleibt noch zu sagen, dass auch eine direkte Demokratie nicht ohne Repräsentanten/Interessensvertretungen/Parteien auskommt.
@#697118: Naja, Malte, das Niveau steigt gleichzeitig auch nicht von alleine, nur weil man sich ein komplexes Thema raussucht.
Denn einmal davon abgesehen, dass es in Afghanistan zwei koexistente internationale Missionen gibt (die sich natuergemäß nicht zu 100% trennen lassen, rechtlich-politisch allerdings schon) – du argumentierst theoretisch-moralisch, nicht verantwortungsgemäß.
Natürlich wäre es in den Top Ten des Failed States Index richtig, den Menschen zu helfen. Aber das ist eine moralische Frage. Die konkrete Frage heute hier aber ist: Sollen die Mädchenschulen brennen usw. (und eben nicht: waren die Entscheidungen im Kalten Krieg so richtig)?
Und die Verantwortlichen wohl wissen, dass da langfristiges Engagement notwendig sein wird und dass das Neuland und daher viel Trial & Error ist. Aber was ist die Alternative? Wegschauen, ignorieren, den Krieg Krieg sein lassen, noch mehr Somalia und Sudan?
Und da sehe ich also in den Parteien deutlich mehr Verstand, Sachverstand und Verantwortungsbewußtsein, als in allen Blogdebatten zusammengenommen.
Aber zu den Parteien: Franz Walter ist jedenfalls eine Leseempfehlung, mit der man anfangen könnte. Das ist ja der Segen als Ingenieur, Admin, Jurist etc: Dass man in einem Gebiet arbeitet, in dem sich nicht jeder als Experte fühlt.
@#697119: Bitte nicht im Duden nachschlagen und dann die Diktaturvergleich auspacken. Lieber das Wörterbuch Schwyzerdütsch – Ironisch zulegen.
Ich will, ich will, ich will, ich will … Es geht aber nicht darum was ein einzelner oder eine kleine Gruppe will. Du musst schon Mehrheiten finden und die Mehrheit der Eltern wird sich kaum für Legalisierung von Cannabis begeistern.
@#697127: das wäre eine extrem undemokratische reform da sie da facto das ende für alle kleinen parteien bedeuten würde die kaum eine chance auf direktmandate haben.
ich würde wenn dann eher in der entgegengesetzen richtung eine veränderung vornehmen also reines verhältniswahlrecht, aber mit sagen wir einer sieben statt einer fünfprozenthürde.
durch das gegenwärtige system zählt eine stimme füt eine kleinere partei ungleich weniger als eine für die beiden großen die dann ja immer noch überhangmandate + direktmandate abstauben können.
das für das durchdringen neuer anliegen im politischen system äußerst kontraproduktiv und trägt zu einer zementierung bestehender verhätnise bei.
außerdem wird das gerymandering ein zentrales problem eines solchen systems, insbesondere wenn die soziale segregation von wohngebieten mit parteipräferenzen korreliert.
im politischen system der usa gibt es übrigens durchaus mittel parteidiziplin durchzusetzen die laufen dann aber über wenig formalisierte kanäle wie gewährung oder entzug von wahlkampfunterstützung oder verhinderung von für den wahlkreis finanziell wichtiger projekte, stichwort “ pork-barell-politics“ und ähnliches.
und gerade das direktmandat würde ja die von dir beanstandete unabhängigkeit des abgeortneten von der partei stärken“¦ in hessen scheitere es ja nicht an einem übermaß an fraktionsdiziplin sondern am gegenteil und da läßt sich mit einem direktmandat im rücken ganz anders auftreten als mit einem listenplatz.
hast du überprüft wie die vier abgeortneten in den landtag gewählt wurden?
p.s. : was die oft gebetsmühlenartig beschworene „bipartisanship“ angeht das ist ungefähr so ernst zu nehem wie die gemeinschaft der demokraten bei uns wenn ein neuer mitspielen will im system oder die abendländischewertegemeinschaft.
diese fraktionsübergreifende zusammenarbeit gab es eigentlich nur in den 40er und 50er jahren in nennenswertem umfang, also in jener zeit als die republikaner eine wiedereinführung des „gilded-age“-kapitakismus gerade mal nicht ganz oben auf der agenda stehen hatten.
sorry „¦ kapitalismus „¦ die korrekturfunktion will nicht wg. ausgeschalteten cookies“¦
@#697134: Na, um die strukturellen Veränderungen einer solchen Maßnahme zu begutachten, muss man schon einen kleinen Schritt zurücktreten und das Gesamtbild sehen:
Kleinere Parteien wären doch egal. Der Pluralismus innerhalb der Parteien würde die Anwesenheit kleinerer Parteien mehr als substituieren.
Die Unabhängigkeit der einzelnen Abgeordneten würde dazu führen, dass es nicht mehr um mehrheitsstrategische Blockbildungen geht (was das eigentliche Anliegen der Abweichler war: die Linke verhindern) sondern es würden sich Sachbezogene Mehrheiten bilden, über Parteigrenzen hinweg. Sabotage wäre nicht mehr so einfach möglich, weil auch einzelne CDU-Leute gegen Studiengebühren sind etc.
Dass auch in den USA parteipolitisch Druck gemacht werden kann, stimmt zwar, aber die Mittel sind wenige und nicht sehr mächtig. Populäre Politiker brauchen dort nicht mal eine Partei, um in die Parlamente zu kommen. Zudem hat man über „seinen Abgeordneten“ einen direkten und recht mächtigen Hebel in das Parlament hinein. (Hierzulande wissen die meisten nicht mal den Namen ihres Abgeordneten. Wahrscheinlich zu recht.)
Die Fraktionsübergreifende Zusammenarbeit gibt es in den USA andauernd. Es gab sie unter Bush (leider auch bei den Kriegen), jetzt bei der Finanzkrise und unter Obama wird es sie noch viel mehr geben, wenn man ihm glauben schenkt.
Was an Deinem System demokratischer sein soll, verstehe ich nicht. Prozenthürden in Parlamenten sind per se undemokratisch, weil ein großer Teil der Wählerstimmen einfach wegfallen.
Generell wäre bei uns mehr Enthusiasmus in der Politik wünschenswert. Nur leider ist geschichtsbedingt in Deutschland dafür kein Raum.
Ein Mehrheitswahlrecht würde bei uns deshalb gar nichts bewirken. Jeder Politiker, der versuchen würde die Menschen für Ideale, für Veränderungen und für sich zu begeistern würde hier durch Medien und Heerscharen angejahrter Bedenkenträger unter einen solchen Generalverdacht gestellt, der wäre schnell weg vom Fenster.
Auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Überalterung Deutschlands – anders als in den USA, wo sich die Gesellschaft verjüngt – findet man sich also am Besten damit ab, dass es einen Obama oder irgendetwas auch nur im Ansatz mit diesem Phänomen vergleichbares hier niemals geben wird.
Bleibt nur auf die Altersweisheit der Politikerkaste zu hoffen.
Stellt euch mal vor, spreeblick wäre eine Partei. Und wir wären die Mitglieder. Vor mir waren über 30 Wortmeldungen und keine Einigkeit in Sicht.
So funktioniert Politik. Zähes Ringen um Lösungen. Ich will eine spreeblick-Partei!
Slogan: Uneinigkeit eint uns! Wir leben Demokratie.
Hach, es gäbe so vieles zu diesem Thema zu sagen. Ich beschränke mich mal auf wenige Aspekte.
1. Direkte Demokratie
Das klingt erstmal toll: Direkte Demokratie. Impliziert es doch vor allem die „wahre“ Demokratie, in der das Volk herrscht oder zumindest mehr herrscht als hier bei uns. In der Praxis sieht das auch etwas anders aus, wie zum Beispiel in Kalifornien. Will ich dort als Lobbyist ein Gesetz haben, geht das recht einfach. Als erstes lässt man Unterschriften sammeln durch professionelle Stimmensammler (Stückpreis pro Stimme zwischen 0,5-1$), was nicht bedeutet, dass die Stimmen gekauft sind, sondern dass professionelle Stimmensammler losgeschickt werden. Dann bezahlt man eine große Kampagne für diese Abstimmung (darf ich an die 100.000$ von Apple gegen Proposition 8 erinnern?) und wartet ab. Das ist in Kalifornien durchaus Realität. Und ich sehe keinen Grund warum die INSM hierzulande nicht auch mal eben eine „Initiative für ein einfaches Steuerrecht“ auf die Beine stellen könnte. Dazu ein paar Werbespots in guter Qualität, während die Gegner nur Geld für iMovie 08 haben, und fertig ist das mediale Werbefeuer. Und in Kalifornien haben 51% der Wähler beschlossen, die Rechte einer Minderheit stark einzuschränken. Schönen Dank auch.
2. Du engagierst Dich in einem Projekt – sagen wir mal zur Steuererleichterung. Als erstes suchst Du Mitstreiter, die Deine Position teilen. Wie findest Du Mitstreiter, die genau Deine Ansichten teilen, die Du durchsetzen möchtest? Der eine möchte höhere Spitzensteuersätze, der andere will eine Flat-Tax und der nächste möchte die Abschreibungen nicht abschaffen. Kurz: Du musst Kompromisse schließen mit Positionen, die Dir vielleicht nicht liegen. Nichts anderes geschieht in Parteien, die mehr als eine Person umfassen. Und da trägt man auch mal eine Position X mit, wenn man dafür bei Y unterstützt wird – und umgekehrt.
Und was ist, wenn das Projekt „Steuern“ beendet ist nach, sagen wir mal: 4-6 Jahren? Wendest Du Dich dann dem Umweltschutz zu und suchst Dir neue Mitstreiter weil die alten kein Interesse an dem Thema haben? Hangelst Du Dich dann von Projekt zu Projekt und wirfst gleichzeitig der Politik vor, sie denke ja nur in Wahlperioden und komme ohne große Entwürfe und Visionen aus?
Großartig. Ich reihe mich in den Kommentaren ja sonst gerne in die Reihe der Kritiker ein und motze über alles und jedes, aber dieser Artikel beschreibt meine Gedankenwelt des letzten Jahres perfekt. Danke für die Gewissheit, dass sich auch andere Gedanken machen und man vielleicht gemeinsam einen Weg findet in diesem Land etwas zu verändern ohne dass es zum großen Knall kommen muss.
Zur Debatte pro/contra Notwendigkeit einer Parteiendemokratie – ja meine lieben Parteifreunde ( :) ) ohne eine ordnende Vorauswahl und ein „auf Linie bringen“ der Abgeordneten könnte die Entscheidungsfindung im Bundestag bei knapp 600 Einzelmeinungen und -kompetenzen leicht überkomplex werden. Aber, aus den durchaus sinnvollen durch die Parteien erfüllten Funktionen eine Art Bestandsgarantie für den opportunistischen, technokratischen Filz abzuleiten den diese in den letzten Jahrzehnten in fast völliger Unabhängigkeit von irgendwelchen Wählermeinungen hervorbringen, abzuleiten wäre grundverkehrt. „Leichte“ Regeländerungen (Abschaffung Zweitstimme/Formen direkter Demokratie auf Bundesebene) könnten hier erfrischende Freiräume für Menschen schaffen deren Sozialisation als Abgeordnete eben nicht in jahrelangem hinterbankdrücken besteht. Dass es so nicht weitergeht sieht man an den Verlusten der etablierten Parteien (SPD sowieso und überall, CDU/CSU ebenso wenn auch nicht so massiv, dafür mittlerweile sogar in BAYERN(!) an die LINKE(!)) und den Gewinnen der Leute mit den populären Vorschlägen von links und rechts.
@#697136:
„Kleinere Parteien wären doch egal. Der Pluralismus innerhalb der Parteien würde die Anwesenheit kleinerer Parteien mehr als substituieren.“
das möchte ich stark bezweifeln.
es kämen ja immer nur die mehrheitsmeinungen der wahlkreise zum zuge, das hieße in jedem wahlkreis fallen mindestens 50% der stimmen unter den tisch, in einem zweiparteiensystem. nach dem britischen modell mit einer starken dritten patei sogar noch wesentlich mehr.
das finde ich sehr undemokratisch.
des weiteren sind dann ergebnisse möglich bei denen eine geschickt verteilte minderheit über die mehrheit der abgegebenen stimmen siegt.
„Die Fraktionsübergreifende Zusammenarbeit gibt es in den USA andauernd. Es gab sie unter Bush (leider auch bei den Kriegen), jetzt bei der Finanzkrise und unter Obama wird es sie noch viel mehr geben, wenn man ihm glauben schenkt.“
schau mer mal was da kommen wird „¦ rahm emanuel ist nicht gerade dafür bekannt, wirklich nicht.
es stimmt dass das abstimmungs verhalten aus regionalen interessens gründen oft nicht so strikt entlang der fraktionsgrenzen verläuft wie bei uns, man muß spenden sammeln „¦ man hat verständnis „¦, wahr ist aber auch das in einem zweiparteiensystem oft komfortable mehrheiten enstehen die dies eher erlauben ohne das die mehrheit eine niederlage erfährt. für die klare minderheit ist es eh aussichtslos und daher nicht so gewinnbringend hier strikte disziplin einzufordern.
du solltest mal die presse sehen wenn die mehrheit es nicht schafft wenn es zum schwur kommt „¦ es hat einen grund warum die fraktionsvorsitzenden whips heißen. da wird nicht vergeßen und nicht vergeben.
wir reden hier natürlich vom repräsentantenhaus, im senat sieht es anders aus, auf senatoren läßt sich weniger leicht druck ausüben, aber ich möchte nicht der republikaner oder demokrat sein der dem eigenen präsidenten eine abstimmungsniederlage beigebracht hat oder bei roe vs.wade mit der gegenseite gestimmt hat wenn es knapp ist „¦
was mich ja wirklich interessieren würde wär ob du dann auch eine präsidentialrepublik nach amerikanischem vorbild einführen willst, denn im britischen system das ja auch auf dem mehrheitswahlrecht aufbaut ist der fraktionszwang noch wesentlich härter als bei uns.
wenn die exekutive nicht institutionell von der legislative geschieden wird was macht dann den unterschied zum westminstersystem aus welches deinen intensionen völlig zuwiderläuft. weil eine regierung muß gebildet werden so oder so.
Ich möchte jemanden wählen, der sich der schleichenden aber konsequenten und letztendlich vollständigen Vernichtung der deutschen Hochschullandschaft wirksam widersetzen möchte. Aber ich kenne niemanden, weder als Person noch als Partei, der das machen will.
@#697158: die PARTEI ;)
@#697158: Das ist vielleicht auch eines der Probleme in der deutschen Ausprägung der Demokratie: Immer gleich die Apokalypse an die Wand malen. Hier: Die vollständige Vernichtung der deutschen Hochschullandschaft. Darunter macht’s ja heute keiner mehr…
Sachliche Problemlösungen, evtl sogar parteiübergreifend, erleichtert sowas nicht.
Ich weiß es tut nix zur Sache, aber macht mal wieder einen Podcast.
Ich denke auch, man sollte so etwas eher strukturell angehen. Ein Öffentlichkeitsprinzip von Verfassungsrang muss her ! Zudem, sollte, um taktisches Wählen zu vermindern, ein Präferenzwahlsystem wie die Schulze-Methode genutzt werden.
Dirkte Demokratie mit 90 Mio. – na dann mal viel Spaß!
Das Problem sind nicht die Parteien, sondern eine Überforderung demokratischer Institutionen. Wer überall nach politischen/staatlichen Lösungen von Problemen, am besten noch auf Bundesebene schreit, muß sich nicht wundern, wenn am Ende nur ein undefinierbarer Brei rauskommt und alle unzufrieden sind. Der kleinste gemeinsame Nenner von 90 Mio. ist nun mal ziemlich klein.
Demokratische Institutionen sind stark beim Rahmensetzten. Schwach beim Regulieren im kleinen. Daher weniger Macht (und Geld) für die Politik. Und mehr Macht auf lokale und reginale Ebene. Da funktionieren dann auch direktere Formen der Dem.
Und bitte mit dem Politikerbashing aufhören. Wer die Ilusion hat Politiker seien dem Allgemeinwohl verpflichtet, lebt sowieso hinterm Mond. Politiker verfolgen wie jeder andere auch ihre eigenen Interessen. In ihrem Fall ist das Wiedergewählt zu werden. Am besten Mal bei der Public Choice Schule stöbern um ein paar Illusionen abzubauen. Ist fast so wichtig wie der Abbau von Vorurteilen und auch fast so schwierig.
Dieses Politikerbashing ist ja auch immer ganz einfach: Die wollen alle nur wiedergewählt werden. So einfach ist das. Dass das jemand aus Überzeugung und für das Gemeinwohl macht: ausgeschlossen. Hach, wie einfach.
@#697158: Word.
@#697183: Bologna ist für mich schon seit einiger Zeit das Synonym für die Vernichtung der deutschen Universitäten.
@#697082: Hast Du mal Rudolph Bahro „Die Alternative“ gelesen?
Hier findest Du die Idee wieder mit den „Unabhängige(n), direkt gewählte(n) Angeordnete(n), die den Bürgern ihres Wahlkreises und nicht der Parteiliste verpflichtet sind“ und zudem auch wieder abwählbar sind.
@#697242: Bei Bologna wurden politische Fehler gemacht, aber die Hauptschuld für das Chaos an den Hochschulen tragen diese selbst. Ich kenne auch kaum einen Bereich, in dem Dünkel und Reformunwilligkeit so stark ausgeprägt sind. Ich hatte in meinem Studium nur ganz selten das Glück, etwas anderes als Borniertheit zu erleben.
Aber selbst, wenn an den Hochschulen einiges im Argen liegt, ob wegen Bologna, Unterfinanzierung oder sonstigen Gründen, kann man nicht ernsthaft von einer Vernichtung der deutschen Universitäten reden. Ich tue mich jedenfalls immer äußerst schwer, gemeinsam mit Leuten nach Lösungen zu suchen, die pauschal alles verdammen. Und was anderes sind die Gesänge von der Apokalypse nicht.
@#697272: Ich verdamme nicht pauschal alles, ich verdamme den Bologna-Prozess. Weil er ein zwar verbesserungsfähiges, aber durchaus nicht schlecht funktionierendes und in der ganzen Welt angesehenes System (den Diplomstudiengang) durch einen absolut gequirlten Scheiss ersetzt hat, der teurer ist als was wir vorher hatten, das Studium komplett verschult und sein Ziel (europäische Vergleichbarkeit von Abschlüssen, Wechselmöglichkeiten) haushoch verfehlt. Das ist so ähnlich wie mit der Gesundheitsreform: Hauptsache, man reformiert — ob man vorher schon weiss, dass hinterher etwas rauskommt, was schlechter ist als vorher, spielt keine Rolle.
Aber Du hast schon recht, Bologna ist nicht der Alleinschuldige, auch die Feudalisierung des Hochschulwesens hat nicht unwesentlich dazu beigetragen, die deutsche Forschung endgültig in die Bedeutungslosigkeit absinken zu lassen. Die neuen Tarifsysteme der Länder und der Entzug der Privilegien, die den Professorenberuf noch so attraktiv gemacht haben, dass Leute den extrem riskanten Karriereweg dorthin trotz der eher bescheidenen Bezahlung einschlagen wollten (natürlich ohne diese Privilegien durch etwas anderes zu ersetzen), führen vermutlich ziemlich zuverlässig dazu, dass jeder, der was taugt, ins Ausland geht und ganz sicher kein Ausländer herkommt.
Ich denke nicht, dass die Hochschulen an diesem Chaos allein schuld sind. Natürlich waren die genauso reformunwillig wie jeder andere Bereich in Deutschland auch (nichts fürchtet der Deutsche so sehr wie Veränderung), aber das Chaos, das in den letzten 15 Jahren von Kultusbeamten in Deutschland und Europa erzeugt, wurde gibt ihnen doch auch absolut recht!
@#697275: Sagt doch schon alles, da Lügen die Zahlen nicht: Steigende Anzahl der Abiturienten und sinkende Erstsemesterzahlen. Die 500 Euro Studiengebühr, zudem steigende Kosten im Lebensunterhalt Bedingen für den Durchschnitt einen Nebenjob. Doch diese lassen sich in viele Studiengänge nicht mehr einbauen. Ein Hauptgrund ist dafür, dass sich sagen wir mal 99% der Studiengänge im Bachelor auf 6 Semester festgelegt wurden. Möglich wäre auch die Alternative mit 8 Semestern gewesen. Pech für die Studenten, muss man halt 8 Klausuren in einer Woche schreiben, in 8 völlig verschiedenen Bereichen.
In der Forschung hapert es vor allem bei den Geisteswissenschaften, da fehlen etliche Stellen. Die sind meines erachtens die Verlierer des Bologna-Prozesses. Gewinner ganz klar die Ingeneure.
@#697218: Der Witz ist ja eigentlich, dass einerseits keiner Bock hat, sich das anzutun – gleichzeitig aber alle glauben „die da oben“ hätten total viel Spaß dabei, „eh'“ zu machen, „was sie wollen“. Allesamt Menschen, die vermutlich noch nie in irgendeiner Art von politischer Sitzung waren und sich zu einem Ergebnis gequält haben.
Ich will nicht auftrumpfen, echt nicht, aber ich habe mich mal eine Weile wissenschaftlich mit direkter Demokratie beschäftigt und das Ergebnis ist – nun ja – mittelmäßig bis katastrophal (Einzelfälle).
Versteht mich nicht falsch, ich liebe die Freiheit, je mehr desto besser, ich kann gar nicht genug davon bekommen, auch wenn die Verantwortung manchmal nervt…, aber die Realität sieht unter den schonungslosen Flutlichtscheinwerfern der Empirie immer ein bisschen schrumplig und abstoßend aus.
Denn in punkto Direkte Demokratie (D.D.) beginnt es immer gleich – über den ganzen Globus betrachtet. Erst rennen alle zu den kostenaufwendig und ziemlich privilegiert verfügbaren Wahlstellen und -anlässen, geben innerhalb von teilweise abstrusen Zeitspannen (notwendig für den komplizierten Gesetzesbildungsprozess) ihre Stimmen zu so bedeutsamen Regelungen wie der Straßenbegrünung ab (und ja, ungefähr auf dem Level bewegt sich das allgemeine politische Interesse des wahlaktiven Kleinbürgers), wenn denn auch ihr Lieblingsbaum zur Wahl steht, bevor das ganze Spektakel nach spätestens einem Jahrzehnt merklich ankühlt und sich für diese Form der Demokratie nur noch Lobbygruppen (Kalifornien. Hey die haben die Schwulenehe gerade so direktdemokratisch abgeschafft, wie sie sie eingeführt haben), verbitterte Ausländerhasser (Schweiz) oder Fortschrittsverweigerer (Irland, Dänemark,… und die ganze Schar der geizigen Europagegner), nur um mal einen kleinen Einblick zu geben, interessieren. Auch dort wo die D.D. verhältnismäßig unproblematisch den Willen des Souveräns wiedergibt, sind die Ergebnisse – nun ja – suboptimal zu nennen. In Brasilien hinken die Städte mit Bürgerhaushalt (Volk entscheidet über Staatssäckel maßgeblich mit) den straf von oben geführten immer noch hinterher, haben dafür aber nun die schicksten Favelas. Und seien wir mal ehrlich; die D.D. von der wir (das gebildete und politisch mehr oder minder aktive (die GRÜNEN also wirklich…) Bürgertum) sprechen ist nicht mehr als ein abgekoppelter Elitismus, der nur von der eigentliche Verachtung der Gesellschaft („jede Gesellschaft erhält die Politiker, die sie verdient“) und des aufwendigen Willensbildungsprozesses (wie mich dieses ganze Gedöns und Prügeln auf die parlamentarischen D. langsam ank****), der für ihr fortbestehen notwendig ist, kündet – und glaubt mir mit 80.000.000 freien Akteuren statt 600 wird das nicht einfacher. Würden wir so frei und gleich verfahren, wie es dem menschlichen Ideal zukämme, hätten wir in Deutschland im nu wieder die Todesstrafe, die dicksten Renten und die schmalsten Kulturbudgets, kein arte mehr und wahrscheinlich den fest installierten Überwachungsstaat (ja, der verängstigte Kleine Mann tauscht seine Freiheit lieber als die naturgemäß gut hörbaren Presseorgane gegen die beschwichtigende Wärme der sanften Hand Papa Staats auf der Bettdecke ein).
Ich bin Radikaldemokrat, und weiß auch welche Irrwege diesem Wort inzwischen anhaften, aber D.D. ist vor allen Dingen ein auf Generationen angelegtes Bildungsprojekt, für welches man zivilgesellschaftliches Engagement Hand in Hand mit dem Parlament braucht.
Also holt euch gleich morgen das SPD-Parteibuch!
Die Alternative zu einer parlamentarischen Demokratie, die das Volk einfach so lange wählen lässt, bis den Parlamentariern das Ergebnis passt, muss ja wohl nicht unbedingt die direkte Demokratie sein. Mein pragmatischer Vorschlag wäre, einfach all die Kasper vom passiven Wahlrecht auszuschließen, die es in dieser Runde nicht geschafft haben, eine Regierung zu bilden … und das schließt auch Heinis von den Grünen und der FDP ein, die ne Ampel oder Schwampel verhindert haben, weil man mit „denen da“ schon gleich gar nicht reden will. Wieso sollen solche Idioten nochmal die Chance kriegen, es zu verbocken?
Hier steckt die Antwort auf Maltes Frage(n) drin.
@#697458: Ich hab fast alles gemacht was da geschrieben steht. Hat offensichtlich nichts genützt.
@#697458: Wäre schön, wenn der Spreeblick auf diese und andere Anlaufstellen direktdemokratischer Anteilnahme dauerhaft an exponierter Stelle verlinken bzw. informieren könnte. Ihr habt die Politik ja sowieso im Auge ;)
bei der direkten demokratie gehts doch nicht darum, die todesstrafe einzuführen. *zynismus an* das wird unsere jetzige regierung schon noch einführen *zynismus aus* in der d.d. gehören einige sachen ausgeschlossen. und zwar alle, die für einen populistischen zweck mißbraucht werden können. dafür gehören für mich die artikel des grundgesetzes, die eine relativ gute grundlage waren, um die menschen voreinander zu schützen. glaubt doch nicht immer, das die menschen alle dumm sind. millionen, die gegen die einführung der bundeswehr waren. die größten demonstrationen gegen die pershingII stationierung in deutschland. niemand will atomkraftwerke (oder endlager) vor seiner tür. vorgestern über 100.000 schülerInnen gegen die bildungspolitik auf den straßen. wenn hier jemand keine direkte demokratie will, soll er/sie jura studieren und gegen solche sachen klagen; das ist nämlich im moment die einzige möglichkeit, etwas zu bewirken.
@#697565: Du scheinst Ahnung zu haben. Hiermit ernenne ich dich ich zum offiziellen Grenzziehungsbevollmächtigen in Bereichen der politischen Mitbestimmung zu Belangen der Moral/Ethik, Bundeswehrbeobachtung und -natürlich- Vollstreckung der Todesstrafe.
Nebenbei: Naturrechte, wie es die Menschen- und Grundrechte sind, gelten spätestens seit der kritischen Diskussion über die Unantastbarkeit des Eigentums als ziemlich überholt in der Philosophie; um nicht zu sagen lächerlich. Die Idealvorstellung geht dahin, dass man wirklich jedes Recht, und das sind dann mehr als die paar lumpigen aus dem Gesetzeskatalog, individuell einfordern/-klagen bzw. verhandeln musst. – Ach ja, die wunderbare Welt des „kommunikativen Handelns“…
also zu afganistan: gegen den kriegseinsatz per se hab ich nix. man sollte aber, wenn man schon truppen hinschickt „um den zivilen wiederaufbau zu schützen,“ auch wirklich GELD in den zivilen wiederaufbau stecken. es wird das fünffache verbraten um unsere soldaten vor anschlägen zu schützen, als in den aufbau von schulen, infrastruktur etc. gesteckt wird. ich bin mir sicher, wenn man sich ernsthaft darum gekümmert hätte, bräuchten wir heute weniger um sie zu schützen, da zivilbevölkerung zufrieden. es wird m.e. sowieso zu wenig geld in dinge gesteckt, die den leuten helfen. wo war der marshall-plan für afganistan (irak usw.)? bei uns hat es doch auch geklappt- zumindest relativ gut, womit mir wieder beim thema wären.