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X Plain: Bomben auf“™s heilige Land

Dass es in Israel einen großen Nährboden für Satire und Sarkasmus gibt, ist so neu nicht. Doch angesichts der Tatsache, dass 82 Prozent der Israelis (selbst solche wie der gestern in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vorgestellte Friedensaktivist und Popmusiker Aviv Geffen) mit dem Militäreinsatz im Gazastreifen einverstanden sind, ist doch überraschend, wie kritisch und respektlos und gleichzeitig schlau und witzig die israelische Satireshow Eretz Nehederet (zu deutsch: Wundervolles Land) mit der Ziellosigkeit des Krieges, der argumentativen Vermengung von Nahostkonflikt und Holocaust und mit dem eigenartigen Selbstverständnis der israelischen Streitkräfte zu Gericht geht.

Mehr über dem Gazakrieg gegenüber kritische bis ablehnenden Stimmen schreibt die israelisch-kanadische und in Tel Aviv lebende Journalistin Lisa Goldman in ihrem generell sehr erhellenden Blog auf lisagoldman.net.

Wer dagegen an einer wirklich fundierten Einschätzung der Folgen des Gazakrieges interessiert ist, sollte unbedingt das sehr gute Interview mit Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) auf Al Sharq lesen.

Daniel Erk schreibt für diverse Blogs und Magazine, mehr Info über ihn gibt es hier.

13 Kommentare

  1. 01
  2. 02
    Peter

    geiler Song!

  3. 03

    Was sagt eigentlich der Zentralrat dazu?;)

  4. 04

    Danke für den Artikel.
    Zum Thema X-Plain wie immer ein guter Rat: Chomsky hören.

  5. 05
    s

    schon ein bisschen eindimensional, was da für links in dem artikel zusammengepostet wurden.
    um das bild von der hamas (mit der man laut muriel asseburg so ohne weiteres verhandeln sollte) ein wenig zurecht zu rücken:
    http://www.taz.de/1/politik/nahost/artikel/1/bei-kritik-schiesst-die-hamas-ins-knie/
    http://derstandard.at/?url=/?id=1231152738878
    http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,602988,00.html

  6. 06
    Mr.Blue

    Was oft vergessen wird ist, dass Israel ein „ganz normales“ westliches Land ist mit einem breiten pol. Meinungsspektrum.
    Dämonisierungen dieses Landes sind demzufolge auch nicht so töfte.

  7. 07

    @Mr.Blue:
    Du redest wirr.
    Israel ist (ganz unabhängig davon, was dort momentan passiert) kein westliches Land, sondern ein Land, dessen Kultur extrem vielschichtig ist und sowohl arabische und orientalische als auch westliche Anteile aufweist.
    Was Du vermutlich sagen wolltest, ist, daß in Israel Meinungsfreiheit herrscht. Das ist zwar prinzipiell richtig, allerdings ist Israel eben auch in dieser Hinsicht kein „ganz normales“ Land: Israel versteht sich ganz offiziell nicht als liberaler, sondern als religiöser Staat. Das führt unter anderem (mittelbar und unmittelbar) dazu, daß ein großer Teil der Bevölkerung systematisch benachteiligt wird.
    Ich weiß nun nicht, wo Du eine Dämonisierung zu sehen glaubst, würde Dir aber doch raten, dich mal grundlegend mit dem zu beschäftigen, wozu Du hier so gerne Stellungnahmen abgibst.

  8. 08

    @Matthias
    Israel versteht sich als säkularer Staat, wenn man zumindest nach der Präferenzen der Bevölkerung urteilt. Demnach bezeichnet sich die absolute Mehrheit als säkular bzw. nicht religiös.

    http://en.wikipedia.org/wiki/Demographics_of_Israel#Religions

    According to a 2004 Israel Central Bureau of Statistics Study on Israelis aged over 8% of Israeli Jews define themselves as haredim (or Ultra-Orthodox); an additional 9% are „religious“ (predominantly orthodox, also known in Israel as: Zionist-religious, national-religious and kippot srugot); 12% consider themselves „religious-traditionalists“ (mostly adhering to Jewish Halakha); 27% are „non-religious traditionalists“ (only partly respecting the Jewish Halakha), and 43% are „secular“. Among the seculars, 53% say they believe in God.

  9. 09

    @Maksim:
    Auch wenn sich viele Israelis als säkulär bezeichnen mögen — Israel ist dennoch als jüdischer, zionistischer Staat gegründet worden (vgl. die Unabhängigkeitserklärung). Der Staat garantiert zwar offiziell Religionsfreiheit, dennoch dominiert die Staatsreligion massiv (und weit mehr als in „westlichen“ Staaten). Und das führt halt dazu, daß es faktisch eben keine Gleichberechtigung der arabischen Bevölkerung gibt.
    Um nicht falsch verstanden zu werden: Daß Israel ein jüdischer Staat ist, ergibt sich aus seiner Geschichte. Nur hat der Staat halt den Geburtsfehler, daß sich die Errichtung eines jüdischen Staates (so richtig und notwendig sie auch war) durchgeführt wurde, ohne dem Umstand Rechnung zu tragen, daß das Staatsgebiet nicht so unbesiedelt war, wie man das gerne geglaubt hätte. Mit der Besetzung der Westbank und der unseligen Siedlungspolitik hat man diesen Geburtsfehler weitergetrieben und den (dringend notwendigen) Interessenausgleich mit der nichtjüdischen Bevölkerung und den Palästinensern weiter erschwert.

  10. 10
    avital

    „Der Staat garantiert zwar offiziell Religionsfreiheit, dennoch dominiert die Staatsreligion massiv (und weit mehr als in „westlichen“ Staaten). Und das führt halt dazu, daß es faktisch eben keine Gleichberechtigung der arabischen Bevölkerung gibt.“

    Wo können wir das genau so nachlesen, das interessiert mich jetzt. Quellenangaben, bitte. Und bitte ein paar Beispiele, wo Religion mehr „dominiert“ als in anderen westlichen Staaten.

    In Schulen hängt jedenfalls kein Davidsstern über der Tafel und Schüler treten nicht zum Betappell an. Frauen werden nicht verdonnert, züchtig gekleidet zu laufen, ausser sie bewegen sich in religiösem Umfeld – in Kirchen/Moscheen kommt man in Hotpants auch nicht rein, soviel ich weiss, und religiöse Christen/Moslems finden „unzüchtige“ Kleidung auch nicht prickelnd. Aber das hat in einer Demokratie nichts mit dem Staat zu tun, und Israel ist eine Demokratie.

    Israel hat keine Staatsreligion, aber Israelkritiker finden in der dämlichen Gleichsetzung von „jüdisch“ = Religion immer wieder vermeintliche Argumentationsgründe, weil sie nicht damit klarkommen, dass sich „jüdischer Staat“ auf Nationalität bezieht, nicht auf Religion. Komischerweise sind die wenigsten von ihnen Juden.

    Der Staat Israel ist ein Staat, der auf jüdischen Werten beruht, so wie andere demokratische Staaten auf christlichen oder islamischen oder noch anderen Werten beruhen. Das macht ihn noch lange nicht zu einer Theokratie. In Israel gilt Religionsfreiheit.
    http://en.wikipedia.org/wiki/State_religion#States_without_any_state_religion

    Und zur Declaration of Independence:

    „THE STATE OF ISRAEL will be open for Jewish immigration and for the Ingathering of the Exiles; it will foster the development of the country for the benefit of all its inhabitants; it will be based on freedom, justice and peace as envisaged by the prophets of Israel; it will ensure complete equality of social and political rights to all its inhabitants irrespective of religion, race or sex; it will guarantee freedom of religion, conscience, language, education and culture; it will safeguard the Holy Places of all religions; and it will be faithful to the principles of the Charter of the United Nations.“
    http://bit.ly/qmg5

    „s:

    schon ein bisschen eindimensional, was da für links in dem artikel zusammengepostet wurden.“

    Das mag daran liegen, dass dieser Post ein Linkpotpourri ist, das aus anderen Blogs zusammengetragen wurde – ganz nach Geschmack des Autors und ohne Quellenverweise.

    Die ständige Verlinkung zwischen dem Staat Israel und der jüdischen Religion kann echt auf den Keks gehen (auch in Bez. auf Kommentator #1), weil sie so einfach nicht stimmt, aber vielen die geniale Grundlage zur ressentimentgesteuerten Polemik bietet – da nehmen sich Christen und Muslime echt nicht viel.
    Aus dem gleichen Grund hat man viel zu oft das Gefühl, vielen wäre es lieber, wir wären alle im Gas krepiert. Dann sagt’s doch gleich, Leute.

  11. 11
    Olaf

    „mit dem Militäreinsatz im Gazastreifen einverstanden sind, ist doch überraschend, wie kritisch und respektlos und gleichzeitig schlau und witzig“

    Was ist daran eigentlich überraschend?
    Es ist kein Problem mit dem Einsatz im Gaza einverstanden zu sein und trotzdem witzig und selbstironisch zu sein.
    Mit dem „Einsatz einverstanden“ meint nicht, dass man den Einsatz super findet. Man sieht eben keine andere Möglichkeit, aber das bewirkt ja nicht automatisch eine Ironiesperre.
    Es ist eher umgekehrt; die leidensvolle Geschichte der Juden kann man im Prinzip nur mit Witz und Ironie ertragen.

    Hier dann mal gleich noch was zum Thema:
    http://www.youtube.com/watch?v=4sWcAawkvM0

  12. 12
    Pete

    Ich weiß, ich bin etwas spät…

    Dennoch möchte ich Olaf völlig zustimmen.

    Dieses Video zeigt sehr anschaulich den einzigartigen jüdischen Witz, der darauf beruht, über sich selbst zu lachen statt über andere. Während das Video natürlich ein Problem adressiert macht es gleichzeitig deutlich, dass einfache Erklärungen völlig unzureichend sind und sonderbare Propaganda-Blüten treiben.

    Der für manche vielleicht nicht erkennbare implizite Unterton:

    Diese Satire ist möglich in einer freien, säkularen, aufgeklärten und offenen Gesellschaft. Mag sich jeder berufen geglaubte Kritiker der Isrealis (auch hier) fragen, ob es gleichwertige massenmediale Veröffentlichungen in muslimisch geprägten Staaten gibt.

    Ein ganz wunderbares Beispiel für die Überlegenheit unserer westlichen Zivilisation.