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Musik 2.0 — Eine Replik

René und ich (und nicht nur wir) diskutieren ja schon länger und konstant über das Thema der Musik im digitalen Zeitalter, auch mit den Spreeblick-Leser/innen gab es schon spannende Debatten.

Nachfolgend trotzdem eine Replik zu Renés letztem Artikel.

Grundsätzlich braucht man wohl nicht mehr darüber zu streiten, dass es ein „Zurück“ nicht mehr gibt. Jeder Versuch, die vorhandenen Technologien einzuschränken oder sie durch restriktive Maßnahmen zu verkrüppeln, muss und wird scheitern. Die Einschränkung von Handlungsfähigkeiten der Nutzer ist jedoch wahrscheinlich, doch dazu später mehr.

René und ich sind uns in vielen Punkten einig: Der Zugang zur digitalen Unterhaltung hat durch neue Technologien einen für die Rezipienten großartigen Komfort erreicht. Die Kopie gehört — in einigen Bereichen — der Vergangenheit an, und die Möglichkeit der verlustfreien Weitergabe von Daten beflügelt eine neue Generation von Kreativen. Alles verändert sich, und das muss man nicht schlimm finden, denn ebenso wie René habe ich noch nie so viel neue Musik gehört wie in diesen digitalen Zeiten (ich habe aber auch noch nie so viel Musik schnell wieder vergessen, doch das ist ein anderes Thema).

Die Mär jedoch, die u.a. auch der von mir wirklich geschätzte Marcel Weiss neulich wieder aufnahm, vom Künstler, der sich nun eben seinen Lebensunterhalt durch Live-Konzerte und T-Shirt-Verkäufe querfinanzieren wird, mag ich nicht mehr hören. Denn sie ignoriert auf eine naive Art einen großen Bereich der Gesamt-Thematik.

Da geht mit dem Begriff „Musiker“ los. Damit meint man in der Debatte gerne den Gitarristen, Basser, Schlagzeuger oder Sänger, der mit seiner Band, die gleichzeitig seine Marke ist, musiziert, und zwar häufig auch live vor Publikum.

Diesen Musiker-Typus gibt es, doch es gibt mindestens ebenso viele Musiker, die völlig anders arbeiten. Diese anderen Musiker spielen in keiner Band, sondern werden nur für Ton-Aufnahmen engagiert (die keine Einnahmen mehr bringen), sie können mit Live-Auftritten kein Geld verdienen (weil sich ihre Musik dafür nicht eignet, weil sie als Musiker eigentlich Programmier sind oder weil sie einfach nicht auftreten wollen) und ein T-Shirt von ihnen will niemand kaufen, denn sie machen vielleicht Musik für Menschen, die aus dem T-Shirt-Alter raus sind. Auch honorarpflichtige Fanclub-Treffen mit diesen Musikern sind vielleicht nicht so der Renner.

Hinzu kommen die Komponisten und Texter, die als Musiker gar nicht in Erscheinung treten. Ein nicht unerheblicher Teil der Musik stammt seit Bestehen der Popkultur aus der Feder von Menschen, die ihre Songs nicht selbst interpretieren, sondern sie an diejenigen weitergeben, die auf den „Verkauf“ spezialisiert sind. An Menschen, die gut aussehen, die tanzen können, die grandiose Live-Performer sind, die Öffentlichkeit lieben. Nicht jeder, der tolle Songs schreibt, kann Massen unterhalten, nicht jeder begabte Künstler möchte andauernd fotografiert werden.

Und schließlich werden all diejenigen ignoriert, die nicht als Musiker, sondern mit ihnen arbeiten. Ein Künstler, der den Hobby-Status verlassen hat, braucht Assistenz in vielen Bereichen (im Marketing, bei den Finanzen), er stellt Licht- und Ton-Experten an, er braucht Bühnenbauer, Designer und andere Kreative für die nicht-musikalischen Bereiche.

Musik, daran wird die digitale Zeit nichts ändern, sondern es im Gegenteil noch verstärken, ist (wie Unterhaltung überhaupt) eine Branche, ein Industriezweig, in dem der Musiker nur einen Bruchteil des Teams ausmacht. Mag sein, dass Fans einer Band das blöd finden, das verkaufte Emotionen etwas sind, an das man ungern „glauben“ mag, doch zu hoffen, dass diese Industrie mit dem Internet verschwindet, ist Augenwischerei. Zumal es absolut nichts schlechtes ist, wenn erfolgreiche Musiker Arbeitsplätze schaffen.

Man mag argumentieren, dass sich diese ganzen Menschen ab jetzt eben alle aus dem etwas kleiner gewordenen Topf bedienen müssen, Bands geben einen Teil ihrer Live-Einnahmen an ihre Komponisten und Manager ab — doch was das in der Praxis bedeutet, spüren wir schon jetzt: Das Erleben von Musik wird zu einem Luxusgut, das sich nicht jeder leisten kann. Nie waren Shirts und Konzerte so dermaßen hochpreisig wie heute, was zu einem Teil der Tatsache geschuldet ist, dass mit dem Verkauf der Musik selbst eben nicht mehr das gleiche Geld verdient wird. Schon lange ist es Usus, dass Plattenfirmen sich bei Vertragsabschlüssen mit neuen Künstlern nicht nur, wie früher, Beteiligungen an den musikalischen Werken sichern, sondern auch an Konzerten und Merchandising, denn die Einnahmen aus dem Verkauf der Musik genügen nicht mehr.

Label und Verlage sind nichts anderes als spezialisierte Banken. Sie finanzieren musikalische StartUps vor und fordern dafür einen großen Anteil am Gewinn. Doch ob dieser jemals eintritt, ist nie garantiert und immerhin ist der Künstler im Fall seiner Erfolglosigkeit nicht für immer und ewig verschuldet, das finanzielle Risiko liegt allein bei der Plattenfirma bzw. beim Verlag. Beide haben, immerhin, Erfahrungen und Kontakte, die für den Künstler nicht nur schlecht sein müssen. Es gibt ganz sicher Künstler, die es ohne Label, ohne Verlag schaffen, doch es gibt keinen Künstler, der im professionellen Bereich alle Arbeiten allein tätigen kann, er wird ein Team brauchen. Und auch das will bezahlt werden.

Und was, mal am Rande gedacht, passiert wohl mit Musikern, die sich plötzlich noch mehr als bisher auf den Verkauf ihrer „Marke“ statt ihrer Musik konzentrieren müssen? Für welches Star-Treffen wird wohl mehr bezahlt: Für das mit dem genialen Texter oder für das mit der mäßig begnadeten Selbstdarstellerin, die Fotografen gerne mal unter ihren Rock blitzen lässt?

Es ist weiterhin oft zu hören, dass Konsumenten ihr Geld zwar gerne dem Musiker geben würden, aber nicht der Industrie um den Musiker herum, weshalb sie sich weigern, Musik als Download oder als CD zu kaufen (solange es keine Flatrate gibt, solange die Musikbranche ihre Kunden kriminalisiert, bis wann auch immer). Das ist fair gemeint, handeln tun wir aber alle äußerst inkonsequent und kurzsichtig, wenn wir Musik „illegal“ downloaden, um der Industrie „eins auszuwischen“. Denn wir machen damit Leuten die Taschen voll, die sich für Musik noch weniger interessieren als der fieseste Klischee-Plattenboss, die in die Entwicklung von Künstlern keinen Cent oder Gedanken investieren und die vor allem an diejenigen, von deren Kreationen sie sich ernähren, rein gar nichts abgeben.

Wir beschweren uns zurecht über eine Industrie, die zu wenig Anteile an Künstler ausschüttet, wir kritisieren zurecht eine Branche, die uns als Kunden kontrollieren und bevormunden will und die sich den technischen Entwicklungen entgegenstellt — aber wir machen gleichzeitig Leute zu Millionären, deren Portale wir besuchen oder deren Software wir benutzen, weil sie uns kostenlose — und nach geltendem Recht gestohlene — Werke anbieten. Wir bezahlen dafür nicht mit Geld, aber mit unserer Aufmerksamkeit, die für die den Betreiber der einschlägigen Portale bares Geld ist, Geld, von dem der von uns geliebte Künstler keinen Cent bekommt. Wir akzeptieren, dass Künstler sämtlicher Rechte beraubt werden von Menschen, denen Künstler völlig egal sind.

Was genau ist daran cool?

Die Lösung kann nicht so aussehen, dass ein Musiker oder Komponist, dessen Rechte von Dritten eingeschränkt werden, jetzt eben T-Shirts verkaufen muss. Sondern sie muss darin liegen, den Künstlern viel, viel mehr Rechte zu geben. Immer wieder: Creative Commons. Wir brauchen die Befreiung der Künstler aus den Klauen eines veralteten Rechtssystems, das auf kaum mehr existierenden Grundlagen basiert, wir brauchen außerdem viel mehr Online-Dienste, die sich tatsächlich für Musik interessieren und die nicht im Kern Computer-Hersteller oder Content-Maschinen sind und dann finden wir Konsumenten, die bereit sind, für diese Dienste Geld auszugeben.

Ich glaube, das man solche Dienste schaffen kann, denn mir bieten die großen Download-Portale derzeit zwar eine gewisse Bequemlichkeit, aber immer noch weniger Inhalt, Qualität und Erlebnis als eine CD oder ein Vinyl-Album.

Dabei gäbe es soviel zu tun: Wann wurde der Song aufgenommen, wer hat ihn produziert und geschrieben? In welchen anderen Bands war der Gitarrist, wo finde ich das aktuellste Interview? Schickt mir eine Mail, wenn die Band auf Tour ist, gebt mir die einzelnen Tonspuren des Songs, damit ich damit meine eigene Version mixen kann, lasst mich die Karaoke-Version auf der nächsten Party verhunzen.

Solche Services kann eine neue Form einer Musikindustrie schaffen. Und wenn die Künstler der wichtigste Teil davon sind, würde ich dafür sogar bezahlen.

61 Kommentare

  1. 01

    Sehr schöner Artikel, mal wieder. Obwohl noch nicht alle Aspekte angesprochen wurden. Ein Punkt – und ich glaube, darauf wollte auch Rene hinaus – ist ja auch, dass mit der Digitalisierung des Vertriebswegs durchaus Teile der industriellen Maschinerie obsolet werden: Wenn Musik digital runtergeladen werden kann – wie auch immer das finanziert wird – muss dann der Kunde trotzdem noch für den Overhead an CD-Produktion, Cover-Artwork, Zwischenhändlerprofiten und dergleichen bezahlen?

    Warum kostet ein Album bei [ITunes|musicload|mediamarkt|amazon|usw.] immer noch 12 EUR oder so, wenn es doch gar kein physischen Tonträger mehr gibt. Wieviel bekommt der Künstler davon? Wieviel das Management? Wieviel der Zwischenhändler? Wo ist die transparenz?

    Es ist zwar nicht richtig, die Sachen kostenlos runterzuladen, zu stehlen, aber das ist eben auch die einzige Möglichkeit, die der Kunde hat, gegen das intransparente und unfaire System zu rebellieren.

  2. 02

    Danke, Johnny. So ähnlich hätte wohl auch mein Kommentar unter Renes Text ausgesehen, den ich für heute abend fest eingeplant hatte. Du hast zusätzlich noch einige Punkte aufgegriffen, die mir in der ersten Verärgerung gar nicht eingefallen waren. Natürlich muss die Branche zum jetzigen Zeitpunkt auch Utopien gegenüber offen sein. Ich präferiere allerdings ebenso wirtschaftlich darstellbare Utopien, die auch tatsächliche Bedürfnisse der Protagonisten abdecken. Ich arbeite seit einem Jahr nur noch als Teilzeit-Verleger, ich habe also meinen Beruf zum Hobby gemacht. Auch ein Weg, es gibt aber sicherlich noch schönere.

  3. 03

    Ich stimme euch beiden zu.

    Aber ich befürchte, es wird langfristig alles noch mal ganz anders kommen.

    Beide Ansätze argumentieren mir zu stark aus der Perspektive der heutigen Gegebenheiten. Ich habe das schleichende Gefühl, dass die Verhältnisse in einigen Jahren (Jahrzehnten) nicht im Ansatz einen Bezug zur heutigen (eigentlich schon vergangenen) Situation haben. Nicht nur im Bereich der Musik.

    Aber ich weiß nicht wie, in welcher Form. Ich habe nur dieses undefinierbare Gefühl.

  4. 04
    Oliver

    #1 „žWieviel bekommt der Künstler davon? Wieviel das Management? Wieviel der Zwischenhändler? Wo ist die transparenz?

    Dem Künstler bleiben – rein rechnerisch – 4% von jeder verkauften CD bzw. Download.
    Quelle: http://tinyurl.com/dlebg9

  5. 05
    Marc

    @#708947:
    Der physische Tonträger macht halt nur einen sehr, sehr, sehr geringen Bruchteil der Gesamtkosten eines Albums aus. CD + Cover kriegste in der Produktion für ca. 0,50 Euro. Natürlich spart der rein digitale Vertrieb einiges an Kosten: Transport, Porto, Lager, etc. Aber es kommen halt neue dazu – und die Kosten für Promo, etc. bleiben. Und auch die Zwischenhändler fallen nicht weg, nur dass der Zwischenhändler jetzt halt itunes heißt und nicht Mediamarkt.

    Natürlich stimmt es grundsätzlich, dass die Musikindustrie jahrzehntelang Tonträger zu überteuerten Preisen verkauft hat und sich die derzeitige Situation zum Teil auch selbst eingebrockt hat. Aber „das ist eben auch die einzige Möglichkeit, die der Kunde hat, gegen das intransparente und unfaire System zu rebellieren“? Klaust Du Dir auch Deinen iPod aus „Protest“ gegen ein intransparentes System? Und Deinen Joghurt?

    Wenn das illegale Ziehen von Musik ein Protest gegen die Musikindustrie ist – warum werden dann auch die Sachen von kleinen Bands und von Indie-Labels gesaugt? Warum sind die letzten zwei Jahre unzählige engagierte Kleinlabels den Bach runter gegangen? Warum müssen sich Bands auflösen, weil sie vor lauter Nebenjobs für den Broterwerb nicht mehr zum Musik machen kommen? Weil sie zu hässliche T-Shirts haben, oder was?

    Das schlimmste an der Geschichte finde ich, dass ich als Konzert-Veranstalter laufend miterlebe, wie angekotzt Musiker vom digitalen Diebstahl ihrer Werke sind, sie sich aber nicht trauen, dies öffentlich zu äußern, da es – warum auch immer – als cool und auch irgendwie „alternativ“ gilt, sich die Musik illegal zu besorgen.

  6. 06

    @#708958:
    „Klaust Du Dir auch Deinen iPod aus „Protest“ gegen ein intransparentes System? Und Deinen Joghurt?“

    Nein. Aus Protest gegen Apple kaufe ich ganz einfach keinen iPod. Aber unabhängig davon ist der Vergleich schon falsch: Das Argument der geklauten Musik = Einnahmeverlust lass ich so nämlich nicht gelten, denn Künstler die sich vor ihrem Konzert über runtergeladene Musik beschweren, spielen unter Umständen wenig später vor einem Publikum, das eben genau wegen der geklauten Musik überhaupt erst auf die Idee gekommen ist, sich überteuerte Tickets für das Konzert zu kaufen. Andersrum hätte ich das Album nicht zwangsläufig gekauft, wenns nicht runterladbar gewesen wäre. Könnte man IPods runterladen … ;)

    Ich weiß, dass das Argument auch ein bißchen hinkt, aber in meiner Welt funktioniert das ganz gut: Wenn ich einen Künstler nicht kenne, kopiere ich ein Album und hör mal rein. Wenns mir gefällt, geh ich unter Umständen zum Konzert. Für die nächsten Alben bezahle ich dann meistens.
    Ohne Musikklau hätte ich viele Sachen gar nicht gehört und viele Künstler von mir kein Geld bekommen. In Ansätzen funktioniert die digitale Revolution also schon. Ich find die Preisgestaltung der Tonträger (hah!) halt nur immer noch für deutlich zu hoch und zu intransparent, sonst würd ich vermutlich noch mehr Sachen legal beziehen.

  7. 07

    Sehr schön, dass mal jemand betont, dass bei weitem nicht alle Musiker mit Bands gleichzusetzen sind und dass die Geschichte mit den Konzert- und Merchandisingeinnahmen eben nicht auf jeden zutrifft.

    Zur ständigen Verfügbarkeit von Musik, muss man allerdings tatsächlich sagen, dass dieser Wunsch vieler (auch potentieller) Hörer tatsächlich besser von privaten Torrent-Trackern und mp3-Blog Archiven wie der Hype Machine als von höchst legalen Quellen abgedeckt wird. Amazon schafft es seit gefühlten 17 Jahren nicht einen mp3 Shop für deutsche User einzurichten (oder erhält keine Erlaubnis der Content-Industrie?), Apple fixiert sich so sehr auf die Unterstützung der eigenen iPods und -Phones sowie der iTunes-Software (welche zumindest unter Windows an Behäbigkeit und Ressourcenhunger kaum zu überbieten ist) und bietet leider keine mp3s an – unabhängig von eventueller qualitativer Überlegenheit des eigenen Formats, ist es schlicht nicht mit jedem älteren mp3-Player kompatibel. Nischenanbieter wie Beatport, Bleep & Co. machen es richtig, beschränken sich aber auf ihr Genre. Andere Alternativen mit großer DRM-freier Auswahl gibt es für deutsche Kunden meines Wissens nicht, oder? Beim Aspekt der Verfügbarkeit und speziell der Vielfalt der angebotenen Formate ist ein privater Torrent-Tracker wie what.cd allen voraus – was ein Armutszeugnis für die Industrie sein sollte.

  8. 08
    Frogster

    gebt mir die einzelnen Tonspuren des Songs, damit ich damit meine eigene Version mixen kann

    Das wäre toll. Na Johnny… ein paar Plan B Remixe gefällig?

  9. 09

    @#708968: Könntest du sofort haben, wenn ich sie hätte. Das Absurde bei unserem alten Kram ist doch: er wird nicht mehr hergestellt oder vertrieben, ich darf ihn aber auch nicht nehmen und verschenken. Auch nicht verkaufen. Die Aufnahmen gehören mir nicht.

    In dem Post oben fehlt ganz viel, aber ich wollte den raushauen, ist so schon zu lang. Und er ist natürlich auch Ergänzung zu vielen richtigen Punkten bei René, aber mich ärgert oft, dass man sich unter „Musiker“ so oft die Arctic Monkeys vorstellt, wenn aber das Gros der Musiker völlig anders existiert. Und: Dass man Leute unterstützt, die mit Musik noch weniger zu tun haben als jede Plattenfirma.

    Und außerdem: Dass mir keine echte Lösung einfällt. Wahrscheinlich wird es in der Tat alles ganz anders kommen. Man braucht Geduld.

  10. 10

    Das Berufsbild des Musikers verändert sich genau so wie jedes andere Berufsbild auch. Der Beruf des Studiomusikers ist genau so unsicher wie der Beruf „žDrucker“.

    Vieles wird im Alleingang produziert und der geniale Texter muss zusehen, dass er seine Texte mit minimalem Aufwand vertont und sich dabei unter den Rock blitzen lässt.
    Vielleicht ist die Zeit der 6-köpfigen Kapelle mit Interpretationen des genialen Komponisten-Paars einfach vorbei.

  11. 11

    wenn es möglich wäre, würde ich diesen artikel vermutlich heiraten. mindestens aber einige male daten und mit ihm knutschen. danke johnny für die formulierung dessen, was ich immer versuche zu sagen.

  12. 12

    @#708973: Drucker sind Handwerker. Musiker manchmal auch. Sie sind aber – im besten Fall – noch viel mehr.

  13. 13

    Das ist ein sehr schöner Artikel geworden, der das Problem gut beschreibt.
    Es ist ja so, dass die Gema sehr viel Geld einsammelt, aber immer öfter gar nicht genau wissen will, was da genau „eingesetzt“ wurde. Diese Einnahmen werden nach dem sogenannten Pro-Verfahren verteilt, dass „die Großen“ bevorzugt. Also genau die, die für eine Änderung des Verteilungsschlüssels gebraucht werden. Wir haben also auch ein Verteilungsproblem.

  14. 14
    peter h aus b

    Ich sehe das Problem nicht ganz:
    Wenn ein Komponist für eine Band gute Songs schreibt und die Band dann auf der Bühne erfolgreich ist, kann sie den Komponisten gut bezahlen. Hat die Band keinen Erfolg, was auch an den schlechten Liedern des Komponisten liegen mag, kriegt er nichts.
    Roadies werden vom Konzertveranstalter bezahlt (so stelle ich mir das zumindest vor).
    Arbeit sollte erfolgsmässig entlohnt werden, nicht nur in der Kunst übrigens..

    BTW: wieviel Roadies habe für einen Hungerlohn oder sogar umsonst geschuftet, als noch gar kein Internet gab? Ne Menge denke ich..

    Aber Kulturflat, das fände ich gut..

  15. 15

    Also ich kaufe immer noch CDs. Viele sogar. Trotzdem bzw. deshalb finde ich alles über 12 Euro zuviel, denn die „Konsumentenschicht“, die sich besonders für Musik interessiert, hat nun mal nicht das höchste Einkommen (OT: wobei sie für Klingentöne dann doch viel Geld über haben). Aber herunterladen ohne zu bezahlen finde ich trotzdem nicht in Ordnung.

    Zum Glück sind die Konzerte, zu denen ich gern und oft gehe, im Bereich zwischen 7 und 15 Euro. Wie die Bands davon leben können, ist mir nicht klar, ich gehe von Nebenjobs aus.

    Dass Musiker mittlerweile aufs Musikmachen verzichten, weil sie damit keine Einnahmen mehr erzielen können, finde ich sehr traurig. Ich weiss nicht, ob das Angelika-Express-Modell für alle geeignet ist, ich würde es jedenfalls unterstützen.

    Auf jeden Fall möchte ich nicht, dass Musiker nicht nur von Merchandising und Sponsoring leben können. Auch wenn so mancher Kunstmaler sich in harten Zeiten auch als Auftragsmaler durchbringen musste..

  16. 16

    Seit Tausenden von Jahren gibt es Musik, seit vielleicht Hundert Jahren eine Musik-Industrie.

    Um Musik, die nicht gemacht wird, weil sich zu wenig CDs davon verkaufen lassen, werde ich niemals trauern.

  17. 17
    Ein Berufsmusiker

    Spot on, Leute! Der erste Blog-Artikel, der es wirklich beschreibt und bei dem man auch merkt, dass jemand Ahnung hat. Sehr gut!

  18. 18
    ber

    @#708984: „Arbeit sollte erfolgsmässig entlohnt werden, nicht nur in der Kunst übrigens …“

    Wuerdest Du unter der Bedingung „Geld-erst-bei-Erfolg“ fuer eine Band in irgend einer Form arbeiten, dein Studio vermieten oder Equipment verleihen? Wahrscheinlich nicht.

  19. 19

    „Die Mär jedoch, die u.a. auch der von mir wirklich geschätzte Marcel Weiss neulich wieder aufnahm, vom Künstler, der sich nun eben seinen Lebensunterhalt durch Live-Konzerte und T-Shirt-Verkäufe querfinanzieren wird, mag ich nicht mehr hören. “

    Ähm.
    Ich zitier mich mal selbst:

    „Musiker müssen also wertvolle, knappe Güter verkaufen. Was kann das zum Beispiel sein? Einige Beispiele:

    -Die eben angesprochenen Konzerte oder DJ-Auftritte
    -Merchandising, wie etwa T-Shirts
    -Die Produktion der Musikaufnahmen: anders als die digitalen Kopien der Aufnahmen ist die Produktion der Aufnahme selbst ein knappes Gut. Finanzieren lassen könnten sich die Musiker die Produktion zum Beispiel über Spenden von den Fans.
    -Zugang zu den Künstlern: Teurere VIP-Zugänge zu den Konzerten, (Online-)Fanklubmitgliedschaften, Zugänge zu nichtöffentlichen Foren auf den Websites der Musiker, in denen die Musiker sich beteiligen; die Zeit eines Musikers ist ein knappes Gut, nur wenige Fans können in den Genuss eines direkten Kontakts kommen
    -Streng limitierte, physische Editionen von Musikaufnahmen, am besten aufwendig gestaltet

    All das kann in Verbindung mit Musikaufnahmen/Tonträgern zu deren Aufwertung verkauft werden. Man sollte aber nicht den gedanklichen Fehler machen und die Tatsachen dabei verdrehen: Gekauft wird letztlich das knappe Gut (VIP-Zugang, die schöne Verpackung als Souvenir für“™s Regal, das Merchandising), die Musikaufnahme ist die Zugabe. Nicht umgekehrt.“

    Das ist weit von „nur Konzerte und Merchandising“ entfernt.

    Ich empfehle hierzu auch meinen Artikel mit den Beispielen, die nichts oder wenig mit Liveauftritten zu tun haben. Und meine Antworten auf Kritikpunkte, woraus ich einen Punkt noch einmal zitieren möchte:
    „!Nicht jeder Musiker kann Konzerte geben und T-Shirts verkaufen!
    Das ist richtig. Es gibt unzählige Möglichkeiten indirekter Einnahmen für Musiker. Konzerte und Merchandising sind dabei nur die offensichtlichsten. Verschiedene Beispiele, die bereits heute funktionieren, habe ich hier aufgezählt. Natürlich bietet sich nicht für jeden jede Form des Geldverdienens an. Die letzten Jahrzehnte haben die meisten Musiker ihr Geld auf die gleiche Art verdient: Mit dem Verkauf von Tonträgern und den Erlösen aus Liveauftritten. Jetzt beginnt auch auf der Einnahmenseite eine Zunahme an Vielfalt.“
    Nimm’s mir nicht übel, ich schätze Dich auch sehr, Johnny, aber: Kann es sein, dass Du meine Artikel nicht sehr aufmerksam gelesen hast?

    Anyway, schade, dass Ihr Euch damit nicht eher beschäftigt habt. Dann hätten wir über Blogs hinweg diskutieren können. Jetzt bin ich mittlerweile aber eigentlich erstmal ziemlich gesättigt von den Diskussionen, die daraus entstanden sind.

    Um die 90+ Prozent derer, die sich auf meine Artikel in Kommentaren oder Blogs berufen haben, haben meine Artikel nicht verstanden oder nicht aufmerksam gelesen. Da vergeht einem irgendwann die Lust am Diskutieren, wenn man immer wieder die gleichen Missverständnisse aufklären muss, wie zB „Aber es kann doch nicht jeder Konzerte geben!“, womit wir wieder am Anfang meines Kommentars wären. ;)

  20. 20

    Aber es kann doch nicht jeder Konzerte geben!

  21. 21
    Frogster

    @#708996: Der Artikel ist gut, aber du hast definitiv ein paar andere Artikel nicht gelesen.

  22. 22

    Ein kleiner Anfang wäre es ja vielleicht schonmal, Cds nicht mehr teurer als in Brokat gehülltes Gold zu verkaufen.

  23. 23

    Noch was, Johnny:

    „Man mag argumentieren, dass sich diese ganzen Menschen ab jetzt eben alle aus dem etwas kleiner gewordenen Topf bedienen müssen“

    Wie kommst Du denn auf die Idee, dass der Topf künftig kleiner sein wird?

    Alle Beispiele, die Masnick auf Techdirt anführt und die ich auf netzwertig wiederholt habe, deuten nicht darauf hin, dass die Musiker, die die neuen Wege ernsthaft beschreiten, mit weniger Geld am Ende dastehen. Ganz im Gegenteil.
    Da wir am Ende mit der effizientesten Distribution, die jemals existierte, dastehen, wird auch das Volumen des Marktes größer (auch: fragmentierter), weil mehr Menschen bekommen können, was sie wollen.

    Und was meinst Du mit Portalen, deren Betreiber durch illegales Filesharing zu Millionären werden? Wer soll das denn sein?

    Und wenn es die gibt, wäre deren finanzieller Erfolg nicht noch mehr ein Grund, Musik kostenlos anzubieten und von der Aufmerksamkeit, die durch deren Zugang erzeugt werden kann, zu profitieren, wenn das so profitabel ist?

    Was ich in diesen Diskussionen auch immer verwundert feststelle, ist der von vielen implizierte Gedanke, dass Musiker oder am Musikschaffen beteiligte Personen irgendein – man möchte fast sagen gottgegebenes – Recht haben, von ihrer Arbeit zu leben. Egal, ob diese sich darum kümmern, ob überhaupt genügend Leute gewillt sind, ihr Produkt zu kaufen oder nicht (Und wenn die Leute nicht gewillt sind, sind sie pauschal Verbrecher, Diebe, Geizhälse).

    Nicht jeder Beruf aus der Musikbranche wird im digitalen Zeitalter überleben. Die meisten Berufe im Dunstkreis der Musiker (Manager, Label generell, Songschreiber) aber schon. Natürlich nur für die, sich anpassen können. Weil für die auch weiterhin Nachfrage und damit Verdienstmöglichkeiten vorhanden sein werden.

  24. 24

    @#709000: Oh you cheeky little monkey!

  25. 25
    ber

    @#708998: Deine Beispiele (oben und auf netzwertig) wuerden zum Teil nur weitere Kosten/Aufwand fuer Bands und Labels bedeuten. Ich bezweifel, dass der mittlerweile fuer viele Bands/Musiker noch moeglich ist. Musiker wollen/sollen Musik machen und nicht lauter Klimbim drumherum.

  26. 26
    Johannes

    Ich bin immer noch ueberzeugter und zahlender Spotify Kunde (die haben gerade einen grossen Deal mit ADA gemacht. d.h. bald gibts nochmal die vielen „alternativen“ Artists die u.a. bei Epitaph sind, die ich jetzt noch vermisse).

    @Johnny wie sind denn deine Erfahrungen mit Spotify gewesen?

  27. 27

    now we’re talking.

    die in renes artikel angesprochenen mediengruppe telekommander sind ein gutes beispiel. ich hab für das label der band gearbeitet und man glaube mir, dass die verdienste der band per schallplattenverkauf (=physischer tonträger) und download gen null gingen. und um das durch merch und touren zu kompensieren, müsste man schon 365 tage im jahr auf die bühne gehen und ticketpreise verlangen, die indie-leute als beleidigung empfänden.

    und das ist die crux. die beyonces und depeche modes verfügen über genug reichweite und industrielles backbone, um alternative geschäftsmodelle geltend zu machen. die kleineren bands nicht und bleiben auf der strecke, werden für harte arbeit nicht fair oder gar nicht bezahlt.

    deshalb finde ich die share-all-einstellung aus dem hause nerdcore fatal. das klingt ja grade so, als wäre der spaß, den man als musiker angeblich am beruf hat, schon lohn genug für die tätigkeit. man bedenke mal, wie viel einem kleine indie-bands geben können. mehr als die meisten kulturgüter, die man sich aber gerne und gedankenlos leistet. das dumme ist ja eigentlich der idealismus der kleineren bands, denn die machen ja ihre musik für umsonst oder gegen spritgeld. würden die unternehmerisch denken, gute nacht, musiklandschaft.

    es gibt kein zurück mehr, das mag sein, aber es gibt so etwas wie respekt vor dem lebensunterhalt. denn man schreit ja hierzulande auf, wenn ejn postbote nicht 7,50 pro stunde bekommt. von so einem stundenlohn kann eine mediengruppe telekommander ihr ganzes leben lang träumen.

    und ich rede hier nicht von bands, die sich auf ihr „gottgegebenes“ ertragsrecht berufen, herr weiss, ich rede von einer menge bands, die nachweislich eine menge fans haben, eine menge mp3s auf einer menge rechner auf dieser welt und nie auch nur einen pfennig dafür sehen werden.

  28. 28
    peter h aus b

    @#708997:
    Oh doch, ähnliches tue ich sogar..
    Ich spiele u. a. Kindertheater, ich entwickle die Stücke selbst, ich probe für mau und kriege Geld erst, wenn ich gebucht werde. Kein Problem für mich..

    Ich kümmere mich selbst um die Werbung (ist sehr zäh, geht aber nicht anders), ich verhandle die Preise (die sehr gering sind) und habe dennoch Spaß dabei.

    Ist zwar keine Musik, aber eben auch Bühnenkunst..

    Irgendwie ist auch seltsam, das Musiker einmal eine Aufname machen und dann ein lebenlang bezahlt werden sollen. Warum eigentlich? Ich mache als Theaterschauspieler nicht viel anderes als Musiker, kriege aber nur Geld, wenn ich auf der Bühne stehe.
    Musiker sollten froh sein, das sie zusätzlich mit Aufnahmen sozusagen Werbung für ihre Konzerte machen können.. Diese Möglichkeit habe ich nicht!

    BTW: welche Musiker können nicht auftreten? Lampenfieberfreaks? Ich bin noch nicht dahinter gekommen. Sogar komplett elekrtonische Bands, deren Sound zu 90% vom Computer kommt, könne Live auftreten.. The Orb sage ich mal oder Aphex Twin..

    Schon mal Ticketpreise für klassische Musik gesehen, da schlackern einem aber die Ohren. Und die Leute rennen hin wie blöd.. weil sie für ihr Geld meistens Qualität geboten bekommen und eine Oper/Konzert im Fernsehen/auf Platte niemals mit einer klassischen Livedarbietung konkurieren kann..

    Also liebe Musiker: Arsch hoch, i wanna see you sweat..

  29. 29

    @#709017: Wenn es die Bands nicht schaffen, dass ihre Fans für _irgendetwas_ Geld ausgeben, dann sind die Bands vielleicht nicht gut genug, um von ihrer Musik leben zu können. Das hat es immer schon gegeben.

    Wer eine MP3 runterlädt, ist btw. nicht automatisch ein Fan.

  30. 30
    peter h aus b

    Meine Zeit war abgelaufen, hier gehts also weiter:

    Und jetzt kommt nicht mit sozialem Scheiss, das es sich nicht jeder leisten kann. Ich kenne Klassikfreunde, die sich die Butter vom Brot sparen um Bayreuth bezahlen zu können. Genauso wie es Ferrarifreaks gibt, die in Einzimmerwohnungen hausen, um sich ihren motoriserten Traum leisten zu können. Man muss dann halt Prioritäten setzten.. alles haben können nur sehr wenige..

    Wer für Madonna nicht 150€ bezahlen will, muss es nicht. Ich habe dafür damals auch auf einiges andere verzichtet.. weil ich sie live sehen wollte (Ich besitze nur eine CD von ihr (Ray of Light) und keine Raubkopien ( was für ein Wort) , musikalisch ist sie nämlich wirklich nicht der Bringer, live ist sie aber der Hammer..

    „Homefucking is killing prostitution..

    Stand auf den Aufklebern der seligen deutschen Band Kiwi Sex. Das war eine Antwort auf die Werbekampagne der Musikkonzerne von 1982 mit dem tollen Slogan „Hometaping is killing Music“.“

    http://www.bootsektorblog.de/2005/04/homefucking_is_.html

  31. 31

    Hui, das ist viel.

    @#708998: Ich hab deine Artikel gelesen und fand es schon nicht so super, das vieles davon von Techdirt übernommen wurde, glücklicherweise nicht annähernd so arrogant. Ich fand die Techdirt-Artikel streckenweise unfassbar überheblich und ich bilde mir ein, dass der Mensch keinen Schimmer hat.

    Die von dir zitierten Passagen deiner Artikel ändern die Sache aber doch auch nicht groß. Speziell die Kiste mit den VIP-Zugängen gegen Geld „¦ wo wollt ihr denn bitte hin mit sowas? Ex-Politiker machen sowas: Wer viel Geld bezahlt, bekommt ein Dinner mit einem Medien-Star, aber das ist doch kein Geschäftsmodell. Das ist noch mehr Hurerei, als viele Musiker ohnehin schon machen.

    Marcel, ich bin ganz sicher, dass wir beide nur aktiv Lösungen suchen wollen und bestimmt am liebsten eine, mit der wir beide einverstanden sind (als würde uns jemand fragen! Pah! :)), aber im Moment kommen wir noch nicht richtig zusammen, das müssen wir mal F2F machen, das dauert beim Tippen immer so lange. :)

    @#709017: Danke. Ich hab mich nicht getraut, solche Zahlen (bzw. die Abwesenheit derselben) in den Artikel zu schreiben, da ich es nicht hätte nachweisen können, aber ich habe es vermutet.

    Allgemein: Ich habe ebenfalls oft gesagt (und sage das immer noch), dass kein Musiker irgendein Recht hat, eine Entlohnung einzufordern, nur weil er eben Musiker ist. Doch wenn selbst erfolgreiche und hart arbeitende Bands einfach keine Chancen mehr haben, ist das einfach Dreck. Und führt sie direkt in die Arme der Werbeindustrie, die in Zukunft noch stärker in den Kulturbereich eingreifen wird.

    Und auf Konzerten gibt es keine Adblocker.

    Rest folgt. :)

    (Spotify-Review will ich auch noch machen)

  32. 32
    ber

    @#709018: Du bringst einiges durcheinander. Ein Musik- oder Theaterstück aufführen ist nicht dasselbe wie das Stück schreiben.

  33. 33

    @#709030: Ja, ich hatte ja in meinen Artikeln geschrieben, dass vieles, über das ich in Bezug auf den Musiksektor schreibe, ich durch die Techdirt-Artikel gelernt habe (Mein Artikel vom Juni letzten Jahres ging ja schon in die gleiche Richtung, dem fehlte aber noch die theoretische Unterfütterung und Ausdifferenzierungen seinerzeit). Ich hätte das aber vielleicht noch mehr hervorheben müssen.

    Ich halte Mike Masnick von Techdirt übrigens für das genaue Gegenteil von arrogant. :) Ich lese dort schon eine Weile mit und schau mir manchmal auch die Kommentare an. Und besonders nach den letzten Wochen und Tagen habe ich mehr Respekt denn je vor seiner Engelsgeduld, mit der er in den Kommentaren die immer wieder gleichen Vorwürfe und falschen Anschuldigungen beantwortet. Du musst bei ihm wissen, dass er über diese Dinge schon seit Jahren schreibt und immer wiederholen muss (mittlerweile weiß ich warum, ich könnte den gleichen Artikel nochmal veröffentlichen und es würde die gleiche Diskussion in den Kommentaren nochmal stattfinden).

    „Die von dir zitierten Passagen deiner Artikel ändern die Sache aber doch auch nicht groß. Speziell die Kiste mit den VIP-Zugängen gegen Geld „¦ wo wollt ihr denn bitte hin mit sowas? Ex-Politiker machen sowas: Wer viel Geld bezahlt, bekommt ein Dinner mit einem Medien-Star, aber das ist doch kein Geschäftsmodell. Das ist noch mehr Hurerei, als viele Musiker ohnehin schon machen.“

    Das ist _ein_ Beispiel von vielen (Eins das auch bereits für einige Musiker funktioniert btw.). Es geht um das grundlegende Verständnis um den Unterschied von freien und knappen Gütern und der simplen ökonomischen Konsequenz, die offensichtlich ziemlich schwer zu schlucken ist. Damit muss man sich aber arrangieren und von dieser Grundlage aus nach Einnahmemöglichkeiten suchen (oder das Internet komplett abstellen).

    Sagt doch niemand, dass jeder Musiker das Gleiche machen muss. Der Eine fühlt sich wohl mit x, der andere nicht. Beim nächsten funktionier es gar nicht, dafür läuft y gut. Und wer von der Musik einfach nicht leben kann, tja: bad luck. Es gab noch nie eine Zeit, bei der jeder, der sich zum Gitarrehalten berufen fühlte, automatisch seinen Dayjob aufgeben konnte.

    „Doch wenn selbst erfolgreiche und hart arbeitende Bands einfach keine Chancen mehr haben, ist das einfach Dreck.“

    Ist das denn durch die Bank so? Ich sehe das nicht. Ich sehe viele Musiker und Bands, die gut zurecht kommen. Es geht sicher heute nicht allen so gut wie noch vor 10 Jahren. Aber zu sagen, dass eine erfolgreiche Band heute trotzdem auf keinen Nenner kommt, das sehe ich nicht. Maximal wenn Verträge mit schlechten Konditionen unterschrieben wurden.

    Und überhaupt sollte man nicht vergessen, dass auch vor dem Internet es viele Bands gab, die auf keinen grünen Zweig gekommen sind, obwohl sie ‚gut‘ waren. Velvet Undergrounds erstes Album etwa, legendär und eines der einflussreichsten Rockalben, hat es in den US-Charts seinerzeit auf den Platz #171 geschafft. Ich würde mal sagen, dass sich solche Musik frei verfügbar im Netz ein bisschen besser verbreitet hätte. So ohne Radiostationen, die sich weigerten das Album zu spielen zb. etc. VU hätte aus der größeren Bekanntheit dann auch mehr Kapital schlagen können, als mit den physischen Verkäufen je drin waren.
    Hypothetisch aber nicht unwahrscheinlich. Man sollte die Welt des Vinyls oder der CDs nicht verklären, nur weil man sich nicht damit anfreunden will, Musik zu verschenken, um eine Fanbasis aufzubauen (oh, ich schreibe mich schon wieder in Trance, ich reiß mich besser zusammen). Entgegen der Major-Hysterie und unabhängig von der schwierigen aktuellen Übergangsphase sehe ich in naher Zukunft rosige Zeiten für Musik allgemein. Vielleicht ist es sogar schon soweit.

    „Und führt sie direkt in die Arme der Werbeindustrie, die in Zukunft noch stärker in den Kulturbereich eingreifen wird.“

    Das ist aber arg schwarzgemalt. Das sehe ich nicht. Sorry, das hängt einfach von den Musikern ab, wie weit sie gehen und welche Einkommenströme sie aufmachen können (bzw. ihr Management für sie aufmacht etc.).

    Du gehst weiter davon aus, dass es schlimmer für alle Musiker wird. Das sehe ich nicht. Dafür gibt es zum einen bereits jetzt genug Gegenbeispiele, und zum anderen gibt es unzählige Musiker, für die die Releases schon immer nur WErbung für die Auftritte war. Für die ändert sich erst recht nix zum schlechteren.

    Das behaupten nur die Majors, die uns am liebsten wieder zum CD-Trog führen würden. Dass die Übergangsphase jetzt hart ist und wird, bezweifel ich nicht. Das liegt aber auch an der Lahmarschigkeit der gesamten Branche (explizit auch die Indies, die genauso gepennt haben). Es hätte längst eine funktionierende Infrasstruktur da sein können, ist es aber nicht. Das fängt gerade erst an, zb mit Jamendo und deren Programmen.

    „aber im Moment kommen wir noch nicht richtig zusammen, das müssen wir mal F2F machen, das dauert beim Tippen immer so lange. :)“

    Du weißt, wann ich wieder in Berlin bin. :)

  34. 34

    Großes Lob für diesen sachlichen Artikel!

    Viele Grüße von Zippo!

  35. 35

    Ich bin mir sehr sicher, daß für die große Mehrheit jamaikanischer Musiker die Digitalisierung von Musik zu Mehreinnahmen geführt hat. Es ist für sie jetzt viel billiger individuelle Dubplates zu produzieren und sie an DJs in aller Welt zu verkaufen.

  36. 36
    oregonian

    Vielen Dank für diesen Artikel, Johnny! Bei sir sieht man wirklich dass du dir Gedanken machst und auch wirklich was zu sagen hast, vor allem abseits der „alles-teilen“-auffassung anderer Blogger/Nerds. Kommt – klar – auch durch deine Erfahrungen als Musiker denk ich mal. Netter Kontrast zur vorherrschenden Meinung in diesem Internet.

    Weiter so fordere ich.

  37. 37
    peter h aus b

    @#709048:

    Ich mache beides… schreiben und aufführen..

    Mir ist noch folgendes aufgefallen:
    Letztendlich kommen Musiker und Schauspieler aus einem Topf.
    Noch vor 150 Jahren, als es noch keine Konserven gab, mussten alle diese Künstler direkt von ihren Auftritten leben, von Stadt zu Stadt ziehen und so ihr Geld verdienen. Dann kam die Erfindung der Konserve, die vor allem den Musikern eine neues Geschäftsmodell eröffnete.. Diese Möglichkeit bricht jetzt weg und man muss sich als Musiker auf seine Roots besinnen..

    Wie ist das eigentlich mit Malern? Wenn ich einen Neo Rauch kaufe und der wird wertvoller, ich verkaufe ihn nach 10 Jahren für das doppelte- was hat Neo Rauch davon? Und wenn ich das Bild gekauft habe, davon einen Druck machen lasse und den 100000000 mal verkaufe: was hat Neo Rauch davon? Wenn ein Bild von Neo Rauch im Netz auftaucht und ich ziehe mir das auf den Rechner: Raubkopie oder wie?

    Wieso glauben Musiker, in einer andern Liga zu spielen? Ihr hattet unglaubliches Glück das sich eure Kunst so mannigfaltig unter eurer Kontrolle kopieren und verkaufen liess, mehr als 100 Jahre lang, und die Strähne ist jetzt eben zu Ende.. Was soll das Gejammere?

    Das Pfund der darstellenden Künste ist das Einmalige.. beim Maler das Original, beim Schauspieler und Musiker der Auftritt.

  38. 38
    Badexp

    Ein echt toller Text, ist wirklich sehr gut gelungen!!!
    Mach weiter so und der Blog schafft doch noch den ganz großen Durchbruch! Sowas will ich lesen.

  39. 39
    fridge

    Ich gehöre hier offensichtlich einer Minderheit an, aber ich möchte nicht, dass CDs und Vinyl so schnell von der Bildfläche verschwinden.
    Ich kann hier nur für mich sprechen, aber Live-Auftritte meiner Lieblings-Musiker haben mich noch nie sonderlich interessiert und das wird sich sicherlich nicht mehr großartig ändern. Das gilt ebenso für Merchandising – ich will die Musik, in guter Qualität und genau dann, wenn ich sie hören will. Ja, ich kaufe viele CDs gebraucht, weil ich sie mir neu nicht leisten könnte, aber durch den Sammeltrieb landen doch viele neue im Regal.
    Als damals die DVD eingeführt wurde, wurde auch von den tollen Extras geschwärmt, wie den Audio-Kommentaren etc. Davon nutze ich ebenfalls nix, ich will nur gute Bild- und Tonqualität.

    Warum ich für einen Album-Download mehr bezahlen soll als für einen physischen Tonträger, soll mir bitte mal jemand darlegen. Wenn sämtliche Kosten für Produktion, Logistik, Lager und Transport wegfallen und nur die für Server und Abrechnungssystem hinzukommen – wie kann die Summe da gleich bleiben?

    Und was mich an dem Argument mit den teuren Klassik-Aufführungen amüsiert hat: Sind denn die Opern und Konzerthäuser nicht alle bis zum Stehkragen von der öffentlichen Hand subventionert?

    Ich bin gespannt, wohin sich das Ganze entwickelt.

  40. 40
    peter h aus b

    @#709096:

    Woran liegt das mit den Subventionen? An der Beliebigkeit. Es gibt zu viele Opernhäuser und Konzertsäle, genauso wie es zu viele Bands gibt. Nicht jeder der gerne Musik machen möchte, kann das auch.. da gehört nämlich auch Talent dazu, Arbeit und Fleiss.. Und genau dies drei Dinge spreche ich vielen sog. Künstlern ab.. Da hat mal wer einen Hit – und glaubt jetzt, davon ein Leben bestreiten zu können? Lottogewinn oder wie?

    Jeder will ein Stück vom Kuchen, und je mehr das sind, desto kleiner wird das Stück..

    Wer hat eigentlich angefangen, Musik zu kopieren? Die Hörer oder Künstler? Es waren die Künstler Und jetzt: die Geister die ich rief..

    Durch die Konserve ist Musik zu einem beliebigen Gut verkommen.

    Es bleibt allein der Auftritt.

  41. 41
    ber

    @#709090: Ich glaube Du müsstest dich einmal mit dem Thema Urheber- und Nutzungsrecht etc. befassen. Wenn Du ein Werk schaffst, besitzt Du die Rechte daran. Die Nutzung deines Werkes durch Andere ist daher eingeschränkt und u.U. kostenpflichtig. Der Druck von Neo Rauch Postern ohne Zahlung von Nutzungsrechten an seinem Bild würde dir ne Menge Ärger bringen.

  42. 42

    @#709093: Ab jetzt werden alle Einträge deines URL hier in Rechnung gestellt, bitte bei werblichen Links auf unser Impressum achten.

  43. 43

    @#709052: Ich mache mir mal Gedanken, wie man das auf der re:publica weiterführen kann. Vielleicht holen wir @#709017 dazu (wenn er Bock hat) und noch jemanden?

  44. 44

    Danke, Johnny.
    Ja, es gibt viele Vorteile bei der großen Verbreitung von Musik. Und ja, auch sonst und überhaupt.
    Aber wenn ich diese hochgestochenen FreiheitundLuftundLiebe-Argumente, die ja teilweise auch wirklich Argumente sind, keine Frage, höre, dann krieg ich das Kotzen. Soll mir niemand weismachen wollen, dass die Musik nicht hauptsächlich gezogen wird, weil sie umsonst ist.
    Natürlich, ihr kauft euch die Musik, wenn sie euch gefällt. Sicher. Deshalb gehen ja auch die Verkaufszahlen runter, weil alle sich das Album kaufen, nachdem sie es sich angehört haben.

    Ja, dann sind von mir aus die Preise zu hoch. Daran muss man was ändern. Wenn ich für jeden Download meiner letzten CD auch nur einen verfickten Euro bekommen hätte, hätte ich jetzt fast 20.000. Und ein Euro für 74 Minuten Musik, das ist wohl bitte nicht zu viel verlangt. Wär mir auch genug. Aber so hab ich absolut nichts, nicht mal irgendein Feedback. Vielleicht in drei Jahren, wenn ich dann auf dem Splash sein darf oder sonstwas, dann kommen die zu mir und sagen, dass sie alle meine Alben seit Jahren feiern und voll geil finden. Aber das T-Shirt haben sie schon, ein Kumpel hat es vom Pressefoto gerippt und sie haben es in der Türkei nachdrucken lassen. Zwar etwas schlechtere Quali, aber ey, selbstgemachte Fanbootlegshirts! Wenn ich ihm ein Original gebe, krieg ich auch eins.

    Ich gebe mein Geld für Essen, Filme und Musik aus. Weil diese Dinge mir etwas wert sind. Ziemlich einfach.
    Und die, die sie runterladen und mehr nicht (das sind mindestens 90%, wenn nicht mehr), wollen ganz einfach nichts bezahlen. Weil sie zu geizig sind. Macht euch doch nichts vor. Wenn das überall ginge, wärs mir ja auch scheißegal. Aber meine Vermieterin hat mir gestern gesagt, dass sie meine Heizungsflatrate nicht so cool findet und ich mir auch den Balkon bitte nicht herunterladen soll, weils sonst aufs Maul gibt.

    Also, ganz einfach:
    Musik wichtig: Zeigt es den Künstlern. Von mir aus, geht eben aufs Konzert und kauft Merchandise. Aber wieso kann man denn nicht für ein T-Shirt das Geld bezahlen, das das T-Shirt kostet? Dieses Wischiwaschigeschwätz „Hätte ich die Musik nicht gehört, wäre ich nie aufs Konzert gegangen“ (die Aussage selbst mag stimmen) soll doch nur davon ablenken, dass die Penner ganz einfach nur nehmen wollen, was sie kriegen können.

  45. 45
    Jazz

    @#709098: Die meisten großen Kulturstätten in Deutschland würden selbst bei einer Auslastung von 100% nicht wirtschaftlich arbeiten. Das hat mit Beliebigkeit nichts zu tun, auch wenn diese im deutschen Kulturbetrieb sehr weit verbreitet ist.

  46. 46
    Ein Berufsmusiker

    @Frogster: Ich hab jede Menge gelesen, inklusive all der Marcel Weiss Artikel. Nen Haufen Theorie ohne Praxis da draußen.

  47. 47

    @#709151: Wo kann ich ein Album von Dir kaufen? Ich habe sehr lange gesucht, aber nichts gefunden.

    Was ich manchmal anstellen muss, um Musik zu kaufen, fällt fast schon unter Beschaffungskriminalität (CD’s aus Kanada schippern lassen, Videoversionen von Youtube am Rechner mitschneiden, wie einst mit dem Cassettenrecorder vorm Lautsprecher, Downloads nur aus/in anderen Ländern möglich, CD noch gar nicht erhältlich etc.)

    Hört endlich auf, die Kundern (mich) verantowrtlich zu machen, nur weil noch kein vernünftiges Verkaufmodell zum Verbreitungsmodell gefunden ist.

  48. 48

    @#709197: this comment made my day. :-)

  49. 49

    Für Indie-Musiker ist es recht einfach, selbst Musik zu verkaufen. Ich habe mit http://CDBaby.net sehr gute Erfahrungen gemacht. Die Bedingungen sind äusserst künstler- und kundenfreundlich: letztes Jahr wurden 28 Mio USD an die Künstler/Labels ausbezahlt. Vertrieben werden CDs und Downloads.

    Als Beispiel verlinke ich mal exemplarisch das Beese & Brstschitsch Album, damit man mal sehen kann, wie das so aussieht, und vor allem, dass auch andere Downloadportale verlinkt werden, damit der Käufer wählen kann:
    http://cdbaby.com/beesebrtschitsch
    (Disclaimer: Lieber Johnny, c.o.r.n. recordings ist mein Label, der Link dient eben aber auch als Beispiel, ich wäre ja schön blöd, wenn ich was anderes posten würde. Er dient in erster Linie dazu andere Musiker und kleine Labels zu ermutigen.)

  50. 50

    Danke für diesen super Artikel, aus der Sicht eines Musikers kann ich dir nur voll und ganz zustimmen. Was sonst meist im Netz geschrieben wird, ist zwar oft durchdacht und intelligent, aber ziemlich unbefleckt von Wissen über die Realität des Musikgeschäfts, die Vernetzungen innerhalb der Branche und die Sorgen und Wüsche der beteiligten Akteure. Nervig ist auch, dass viele zu Recht die oftmals dumme Kritik verdammen und auch entkräften, aber nie *wirklich* auf die Aspekte eingehen (können), die Leute wie Du hier aufzeigen.

  51. 51

    @#709197: Bei mir, zum Beispiel :). Oder bei mzee. Oder im leave music Shop. Bald auch bei hhv und im Wildstyle Shop. Aber hast ja Recht, ich müsste mich noch mehr kümmern. Willst denn eins?

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    @#709248: Ja will ich, ich meld ich per Mail :-)

  53. 53
    Jan(TM)

    Was für ein peinliches rumgeflenne, 12 Euro sind zuviel für eine CD wäh. Ein Lied gibts für 99 cent DRM frei, das ist deutlich weniger als ein Liter Benzin kostet. Warum klaut ihr nicht das Benzin? Gibt sogar kostenlos einen Adrenalinkick und gegen die Öl-Multis lässt sich auch prima demonstrieren.

  54. 54

    FTR: Danke Johnny für diese Antwort. Wäre auch die meine auf den gut gemeinten Artikel von René gewesen, dem man aber dringend die deinen Worte beifügen sollte.

  55. 55
    flawed

    @#709133: hach, was waren das zeiten, als man konversationen noch in blogs geführt hat und nicht auf bloggerkonferenzen.