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Gartenfreuden

Anfangs war da vor einem Jahr nach dem Umzug in die neue Wohnung nur meine große Klappe und die verwilderten Beete hinterm Haus. Da könnte man doch für den Eigenbedarf anbauen! Dann kam der Nachbar aus dem Urlaub zurück und nahm mich beim Wort. Jetzt bin ich Hobbygärtner.

Gartenarbeit war eigentlich nichts, was ich positiv aus der Kindheit in Erinnerung hatte. Der elterliche Garten war Stressfaktor und Ort vielfältiger Unfälle. Spätestens wenn ein Elternteil mal wieder auf der Gartenböschung einen Knochenbruch erlitten hatte, musste ich mithelfen beim Hegen und Pflegen der Hecken, Beete und Geranienkästen.
Ätzend, aber immerhin erfolgreich. Mindestens zwei Mal gab es einen Blumentopf beim jährlichen „žUnser Dorf soll schöner werden“-Wettbewerb.

Gärten in denen ich nicht mit anpacken musste, mochte ich hingegen schon immer. Oma und Opa mütterlicherseits hatten einen top gepflegten englischen Rasen, der sanft von der Terrasse zum Nachbargrundstück hin abfiel, auf dem es sich perfekt Kugeln ließ und der so wunderbar hat geprickelt an meine Fußsohle. Bei den anderen Großeltern gab es ein gemauertes Planschbecken zwischen den Johannisbeersträuchern, eine wilde Wiese, Obstbäume und unzählige Katzen — ein wahrer Abenteuerspielplatz. Mittlerweile leben dort Onkel und Tante, das Planschbecken ist weg, dafür gibt es Hühner, einen Hund sowie Kräuter- und Gemüsebeete. Letztes Jahr ernteten sie violette Kartoffeln, die als Brei einen großartig giftigen Blauton bekamen.

Im Herbst gruben der Nachbar und ich dann unsere Beete mitten in Berlin um, warteten einen einigermaßen verschneiten Winter lang, kauften im März Unmengen Saatgut und ein paar Beerensträucher und ich entdeckte, dass wir Erdbeeren, Rhabarber, einen Kirsch- und einen Apfelbaum im Garten hatten.
Die erste Aussaat Kräuter und Tomaten ging komplett ein, ebenso die Zwiebeln (Sorte „žStuttgarter Riesen“, wir dachten, in Berlin Mitte gedeihen die besonders gut). Die Kohlrabi aber kamen.
Ich kaufte mir aus Gründen der Professionalisierung ein Fachbuch zur Biogärtnerei, dass das ganze Projekt nach Arbeit aussehen ließ und beschloss, es nicht mehr zu lesen.

Den Rhabarber haben wir zu spät geerntet, die Erbsen gar nicht. Erd- und Johannisbeeren hat fast alle ein Nachbarskind geklaut, die Kirschen sind wohl den Vögeln zugute gekommen. Unsere Tomaten und Sonnenblumen wachsen ziemlich langsam, die zweite Saat Kräuter scheint überlebt zu haben. Die Äpfel, Him- und Brombeeren sehen aus, als ob wir gute Ernte einfahren können.
Auch der Kompost, den ich im Auftrag einer Nachbarin aufstellte, sieht geradezu vorbildhaft aus. Ich habe gleich zwei Holzstiegen gebaut, damit wir die verwesenden Pflanzen und Speisereste fachgerecht umsetzen können.

Stolz war ich auf meine Gurken- und Kohlrabisetzlinge. Allerdings fragte ich mich seit einigen Wochen, wie und wo Kohlrabi wohl seine Knollen bildet und wann der geerntet werden kann.
Am Wochenende habe ich den Garten der Schwiegereltern meines Bruders kennengelernt. Nun weiß ich: Unsere Tomaten, Sonnenblumen, Gurken und Kohlrabi sind völlig verkümmert, Kohlrabiknollen wachsen über der Erde und sollten längst ausgebildet sein. Nur unsere Kartoffeln sahen gefühlt besser aus, als in deren Garten. Das liegt wohl am preussischen Sand. Oder die Regel mit den dümmsten Bauern greift doch. Nur, wann werden Kartoffeln aus dem Boden geholt?

Ich habe mir vorgenommen, jetzt doch mein Gartenbuch zu lesen. Und so ein Hühnerstall würde auch ganz schick in unserem Garten aussehen.

21 Kommentare

  1. 01

    ich glaub darüber können nur leute lachen, die „berlin mitte“ und „garten“ ins verhältnis setzten können.

    viel erfolg bei der nächsten ernte

  2. 02

    Für mein persönliches Empfinden klingt das alles etwas ’salatig‘. Aber irgendwann kriegt die Natur jeden. Und Internet und Gardening ergänzen sich zugegebenermaßen sehr gut. Also: Auf die Schaufel!

  3. 03

    Kenn ich. Der Garten in der Heimat war auch eher Qual und wenig Freude. Jetzt wo ich in der Stadt bin würde ich mich für ein bisschen kultivierbare Grünfläche im Hinterhof durchaus begeistern können. Aber nix da, also bleibt einem nur ein wenig Blumentopf-Akrobatik auf dem Fensterbrett. Aber kein wirklicher Ersatz für eigene Kartoffeln, Kräuter aus dem Garten und mit Hacke und Spaten Lehmerde umzugraben.

  4. 04

    also ich würde mich spontan an einem gemeinschaftsgarten in berlin-mitte beteiligen.

  5. 05

    Erntezeit für Kartoffeln hängt natürlich von der Sorte ab. Das fängt jetzt schon an und geht bis in den Spätherbst. Wenn man leckere Pellkartoffeln haben will, sollte man möglichst früh erneten. Wir haben jetzt schon super Teile von den Schwiegereltern.

  6. 06
    haake

    „Etwas“ außerhalb von Mitte fressen einem dann die Schnecken und Rehe das sehr gut wachsende Gemüse weg – esst mehr Wild!

  7. 07
    tobi

    Kartoffeln (dieses Jahr habe ich hauptsächlich Bamberger Hörnchen) ernte ich immer erst dann, wenn das Kraut welk wird. Mein Freund, der Biobauer, gab mir außerdem den Tipp, dass man Kartoffeln, die man nicht sofort essen will am besten da lagert, wo sie gewachsen sind: In der Erde.

  8. 08

    Seit diesem Jahr bin ich auch unter die Hobbygärtner gegangen. Ich fande diese kleinen Gemüse- und Blumengärten in Slowenien immer toll und praktisch, aber sowas selbst zu machen ist ja schon was anderes. Jetzt habe ich eine riesige Dachterasse, aber nur 1 m2 Erde. und das ist jetzt mit 2 früchtetragenden Tomatensträuchern belegt, 3 Erdbeerpflanzen, aus denen nichts wurde und unzähligen Sonnenblumen (ca.30), die ich nicht gepflanzt habe. Habe noch kein Buch gelesen bisher. Gärtnern ist ein Abenteuer. Oder Punk.

  9. 09

    hihi, sehr schön!

    ich nölte neulich über die diesjährige schlechte tomatenernte auf balkonien, da erklärte man mir, da sei wohl die luft zu gut, denn tomaten würden viel CO2 in der luft lieben und dann besser wachsen.

    kann mal bitte jemand wieder den tempelhofer flughafen anschalten?

  10. 10

    Schrebergarten ist für mich nach wie vor ein absolutes Spießer-Feindbild.
    Aber vielleicht ändert sich das ja irgendwann.

  11. 11
  12. 12
    Björn Grau

    In Berlin-Mitte gibt’s jede Menge Gartenfläche. Zum Beispiel den Tiergarten.

    Ich möchte aber klarstellen, dass ich KEINEN Schrebergarten pflege, sondern Beete hinterm Haus.
    Allerdings gibt es auch teilunspießige Schrebergartensiedlungen. Bekannte von mir müssen zwar auch vorgeschriebene Heckenhöhen einhalten, haben aber ihre Parzelle in einer Multikulti-Schrebergartenanlage, in der Menschen als aller Welt ihr Gemüse ziehen und in der Laube piepen.

    Für alle, die sich weiterführend für urbanes Gärtnern interessieren, noch ein Einführungstext: http://www.brandeins.de/ximages/1384960_048b10509n.pdf

    @#721593: :)

  13. 13
    Jan(TM)

    Da ich öfter mal zu faul, depressiv bin und im Juni dank Heuschnupfen nicht in meinen Garten kann – habe ich mich jetzt auf Pflanzen beschränkt die relativ wenig Pflege brauchen und auf lange Frist eine Gartengestaltung zulassen. Hecken, Rosen, Bäume, Weiden, Sträucher und Schlingpflanzen.

    Kartoffeln ernten – kommt auf die Sorte an. Aber mann kann auch mal vorsichtig mit den den Händen buddeln und dann vergleichen ob die so aussehen wie die vom ALDI(notfalls Vergleichsexemplar danebenhalten).

    So muß jetzt zu eBay und eine neue, von brasilianischen Kinderhänden gewebte Hängematte kaufen.

  14. 14
    sven

    Ich hab dieses Jahr auch mit Gemüseanbau angefangen.
    Auf die Nummer mit umgraben usw. hatte ich keinen Bock, also hab ich mir Mörtelbottiche aus dem Baumarkt besorgt, Löcher bebohrt mit reifem Kompost befüllt und ausgesät, wobei ich Mischkultur betreibe in meinem Hochbeet light, läuft gut.

  15. 15

    Die Äpfel, Him- und Brombeeren sehen aus, als ob wir gute Ernte einfahren können.

    Wie war doch gleich die Adresse…?

  16. 16
    Frogster

    Wer Geek ist oder aufgrund eines fehlenden Gartens oder aus anderen Gründen nicht in „großen“ Dimensionen planen kann, dem sei Microgardening empfohlen:
    z.B.
    http://technology.timesonline.co.uk/tol/news/tech_and_web/article1793257.ece

    Es gibt da aber noch ein paar andere Varianten.

  17. 17
    Daniel Ziegenberg

    Also Kartoffeln werden aus der Erde geholt, wenn sich die Schale NICHT mehr mit dem Finger abreiben lässt. Zur Probe einfach eine ausbuddeln und mal mit dem Finger kräftig drüber reiben – bleibt die Schale drauf, dann kannst du so langsam anfangen, die Kartoffeln zu ernten. Zur generellen Erntezeit: In Tübing (dort wohnen meine Großeltern) sind die Kartoffeln (frühe Sorte) jetzt schon reif, bei uns in Österreich brauchts wohl noch eine Woche und die späten Sorten musst du ihn zwei bis vier Wochen noch einmal testen.

    Daniel

    PS: Wie lagerst du denn die Kartoffeln? :)

  18. 18
    Frogster

    Ach ja, für den effizienten Kartoffelanbau auf dem Balkon gibt es das Kartoffelfass:
    http://www.brunnen-und-mehr.de/kartoffelfass-p-4138.html?cPath=565

  19. 19
    Björn Grau

    @#721657: Kartoffeln lagern? Ich dachte, die werden gegessen? ;)

  20. 20
    Daniel Ziegenberg

    Naja, ich würd mal sagen, kommt darauf an, wie groß dein Garten ist und wie viele Kartoffeln du so auf einmal in dich reinstopfen willst. Außerdem könntest du ja Vorratshaltung machen, dann musst im Winter nicht so viel kaufen. Ich sprech da aus Erfahrung, wir haben nämlich knapp 180 qm Gemüsegarten hinter dem Haus.

    Und fürs nächste Jahr ein Schlagwort: Fruchtfolge! Nicht immer das selbe auf dem selben Boden anbauen, da verschiedene Pflanzen verschiedene Nährstoffe brauchen oder auch produzieren. Außerdem vermindert man durch anpflanzen verschiedener Pflanzen an ein und der selben Stelle den Schädlingsbefall. In die gleiche Richtung geht auch das mischen von mehreren Pflanzenarten in ein und demselben Beet. Zwischen die Karotten einfach ein paar Zwiebeln setzten (bitte nicht zu viele!) und du verjagst dir gegenseitig die Schädlinge.

    Daniel

    P.S: Für die Lagerung eignet sich ein kühler Raum (max 12°C, besser 6-8°C), dessen Luftfeuchtigkeit gerne etwas höher sein darf, aber bitte keine Schimmel züchten. Und Kartoffeln dunkel lagern. Wenn sie zu hell und zu warm liegen, fangen sie mitten im Winter das Austreiben an. Karotten btw. lagert man in Sand!

  21. 21

    checkt doch mal diese seite: http://www.omlet.de
    vier britische designer haben schon 30000 ihrer patenten eglus in die gärten der insel bugsiert.