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Wikipedia in der Krise

Ich war gestern zur Wikipedia-Diskussion in den Räumen von Wikimedia Deutschland eingeladen und war daher vor Ort, musste aber leider nach 90 Minuten schon wieder gehen (wofür ich gestern und heute nochmals um Entschuldigung bitte). Das Resüme der Veranstaltung selbst kann ich also nicht liefern, nur ein paar eigene Eindrücke und Gedanken.

Fefe hatte sich im Vorfeld darüber gewundert, warum ausgerechnet ich auf dem Panel sitzen sollte und ich konnte seine Frage nachvollziehen. Ich bin kein Wikipedianer, habe noch keinen Artikel dort verfasst (geschweige denn korrigiert) und war daher nicht wirklich Teil der Diskussion rund um Löschanträge und Relevanzfragen. Ich war als Nutzer eingeladen, für den „Blick von außen“.

Selbigen, das habe ich auch gestern gesagt, finde ich in Bezug auf die Wikipedia oft sehr verwirrend. Das geht los beim mittlerweile unglaublich angestaubt wirkenden „Design“, viel mehr aber bei Nutzerführung und Interface, die zum Mitmachen nicht wirklich einladen und die Wikipedia (deren prinzipielle Faszination und Großartigkeit hier nicht zur Debatte stehen soll) in meinen Augen sehr sperrig, viel zu nerdig und extrem anonym wirken lassen. In Zeiten, in denen man bei einem Bloghoster wie bspw. Squarespace sein Stylesheet mittels Schiebereglern und per Drag’n’Drop verändert oder wie bei Etherpad Dokumente extrem einfach gemeinsam bearbeitet, sollte es auch die Wikipedia den Nutzern leichter und angenehmer machen, zu kollaborieren. Die gerne beworbene Weisheit der Masse wird ansonsten zur Weisheit einer Klasse:

80% der Wikipedianer in den USA seien männlich, mehr als 65% alleinstehend, mehr als 85% kinderlos und rund 70% jünger als 30 Jahre (Quelle). Zahlen, welche so oder sehr ähnlich die gestern anwesende Wikipedianerin wisewoman auch für Deutschland bestätigte, wobei sie von nur 13% Frauenanteil sprach und außerdem darauf hinwies, dass Wikipedianer in Deutschland so gut wie ausschließlich weiß wären — Deutschsprachler nichtdeutscher Herkunft scheinen in der Wikipedia Seltenheitswert zu haben.

wisewoman betonte, dass sie das Anlegen neuer Wikipedia-Artikel aufgegeben habe, nachdem selbige immer wieder wegen angeblicher Irrelevanz gelöscht worden wären. Unter anderem hätten dazu Artikel über die Freiwillige Feuerwehr gehört, allerdings gibt es einen durchaus umfangreichen Eintrag zu diesem Thema, ich habe also entweder etwas falsch verstanden oder wisewoman sprach von noch anderen, vielleicht detaillierteren Artikeln.

Als Außenstehender war mir vor der gestrigen Veranstaltung nicht bewusst, wie akut die Themen „Löschungen“ und „Relevanz“ innerhalb der Wikipedia-Gemeinde tatsächlich sind, wie viel doch anscheinend gelöscht wird, welche Grabenkämpfe es zu geben scheint und wie umstritten die Arbeit einiger Admins ist.

Mir ist unklar, wie man auch nur versuchen kann, Relevanz objektiv und übergreifend zu beurteilen, ich halte Relevanz für ein individuelles und höchst subjektives Kriterium. Sicher gibt es Themen, bei denen Relevanz bzw. Irrelevanz keine Diskussion benötigen, doch wenn es dann eine solche gibt: Warum nicht im Zweifel für statt gegen einen Artikel entscheiden? Ist ja nicht so, dass es Platzmangel im Netz gibt. Warum lässt man nicht Nutzer anhand der Abrufe eines Artikels entscheiden, wie relevant er ist, wieso gibt es keine Bewertungsmöglichkeiten für die Leser („Ich fand diesen Artikel hilfreich/ weniger hilfreich“), keine leicht zu bedienbaren Möglichkeiten für Anmerkungen oder Kommentare? Könnte eventuell eine „zweite Ebene“ nützlich sein, die neben einer auf Qualität geprüften ersten, „offiziellen“ Ebene diejenigen Artikel gekennzeichnet anzeigt, deren Inhalt noch nicht vollständig geprüft wurde oder die als „weniger relevant“ eingestuft wurden?

Die Diskussion könnte überflüssig sein. Sollte ein Artikel angelegt werden, der für nur zwei Menschen relevant ist, würde er schließlich in den Tiefen der Wikipedia vor sich hin irrelevieren und niemanden stören. Doch zum Glück und verständlicherweise möchten Wikipedianer für eine Prüfung aller Artikelinhalte und deren Quellen sorgen, ließe man quasi jeden Artikel zu, würde die nötige Prüfung die Möglichkeiten der freiwilligen Mitarbeiter maßlos übersteigen. Denn, und vermutlich ist das der Kern des Problems: Die Wikipedia hat nicht genügend Aktive.

Und so scheint es, dass die Debatte eine streckenweise persönliche, weltanschauliche und mittlerweile recht aufgeheizte und daher duchaus auch mal aggressive geworden ist, der Ton einiger Löschdiskussionen verstärkt diesen Eindruck. Dabei wäre es vielleicht hilfreicher, sich mit einer Überarbeitung des Interfaces zu beschäftigen und mit der Frage, wie man darüber hinaus mehr aktive Wikipedianer zum Mitmachen gewinnen kann. Hier werde ich den Eindruck nicht los, dass man sich teilweise etwas zu wohl fühlt im quasi „geschlossenen Wikipedia-Kreis“ und dass einige es durchaus genießen, Teil einer vielleicht nur eingebildeten „Elite“ zu sein.

Die Wikipedia behauptet von sich, offen für alle zu sein, ihre Bedienbarkeit für interessierte Menschen mit Fachwissen, die aber vielleicht über eher wenig Computer- und Wikikenntnisse verfügen, widerspricht dieser Behauptung, und auch der Ton einiger Debatten ist alles andere als einladend für Neulinge. Diese werden aber ganz eindeutig gebraucht.

Natürlich würde eine weitere Öffnung, eine Aufstockung aktiv Mitmachender eine enorme Veränderung für die Wikipedia bedeuten, und solche Veränderungen an bestehenden Strukturen und Umgangsformen können sehr anstrengend sein und würden bestimmt nicht völlig reibungslos ablaufen. Doch wenn die Wikipedia diesen Schritt einer neuen, tatsächlich weiteren Öffnung nicht wagt, muss sie sich unter Umständen die gleichen Vorwürfe anhören, die sie vor Jahren den gedruckten Enzyklopädien machte: Elitarismus, Arroganz, Intransparenz.

Als Alternative zur weiteren Öffnung sehe ich die Auslagerung einer Art „Wikipedia Pro“, die zusätzlich zur freien Variante als kommerziell agierendes Unternehmen mit angestellten Mitarbeitern arbeitet und dort ihr eigenes Relevanz—Verständnis umsetzen kann. Diese Idee widerspricht dem ursprünglichen Gedanken der Wikipedia massiv, doch die Zeit steht nicht still und dass Veränderung nötig ist, zeigt die aktuelle Debatte. Eine solche Pro-Version wäre keineswegs mein Favorit und ich bin davon überzeugt, dass die Wikipedia-Community die aktuellen Herausforderungen auch anders meistern kann und wird. Dennoch: Völlig undenkbar ist eine anders ausgerichtete, zusätzliche Version nicht, an dieser Stelle halte ich Paid Content im Netz ausnahmsweise für machbar. Und für eine mögliche Auslagerung oder „Abspaltung“ gibt es natürlich auch unkommerzielle Möglichkeiten, sie hierzu u.a. den unten verlinkten Artikel von Frank.

Ein paar abschließende Zeilen noch zum Thema Anonymität. Ich hatte gestern angemerkt, dass ich die Wikipedia bzw. ihre Administratoren stellenweise als sehr anonym empfinde und dass ich glaube, dass die an einigen Stellen auftauchende Hitzigkeit in Löschdebatten durchaus auch in solcher Anonymität begründet sein könnte. Manche Admins haben bspw. auf ihrer Wikipedia-Seite kaum Informationen und keine oder schwer zu findende Kontaktmöglichkeiten. Mein Wunsch nach etwas mehr Transparenz galt der Tatsache, dass man manchmal halt gerne wenigstens ungefähr wüsste, wer einen gerade in einer Löschdiskussion anfährt oder auf der Irrelevanz des Themas beharrt. Dieser Wunsch stoß auf wenig Verständnis, eher auf Protest (wobei es mir dabei überhaupt nicht um Name, Geschlecht oder Adresse eines Admins ging).

Es blieb jedoch andererseits völlig unkommentiert, als Wikimedia-Geschäftsführer Pavel Richter die Anwesenden darum bat, sich vor einem Redebeitrag (der auch für die Übertragung mitgeschnitten und aufgezeichnet wurde) kurz vorzustellen, „damit alle wissen, mit wem man es zu tun hat“. Ebenso verständlich schien (und ist) es, als Wikipedia-Admin Martin Zeise erklärte, dass er in Diskussionen denjenigen Admins mehr ver- und zutraue, die er persönlich kennt. Während es also einerseits völlig klar und verständlich ist, dass Gespräche und Debatten besser zu führen sind, wenn man sein Gegenüber nicht allein als anonymes Kürzel, sondern als Mensch wahrnimmt, scheint diese Tatsache für die Leser der Wikipedia hinsichtlich der Wikipedianer und Admins … irrelevant zu sein.

Die Wikipedia steckt in der Tat in einer Krise, daran habe ich seit gestern keinen Zweifel mehr. Ich bin aber ebenso sicher, dass diese Krise überwindbar ist und eher einen Prozess als eine Bedrohung darstellt. Die gestrige Veranstaltung war ein sicher (und vor allem technisch) noch nicht perfekter, aber richtiger erster Schritt in diesem Prozess. Viele weitere werden hoffentlich folgen, denn sie liegen im Interesse aller — den aktiven und passiven Nutzern der Wikipedia.

Andere Eindrücke und Meinungen (bitte gerne in den Kommentaren ergänzen):
jfenn beim freitag
Markus Kompa
Simon Columbus bei gulli
Fefe
Frank
Pavel Richter bei Wikimedia

75 Kommentare

  1. 01
    icke

    die debatte ging mal um relevanz und endete hier beim user-interface? schade.

    wie stets eigentlich im internationalen vergleich!?

    is die deutsche relevanze debatte in der internationalen wikipedia gemeinde bekannt?

    wie sieht es z.b. bei en.wikipedia.org aus?! dort können ja ein paar menschen mitmachen..?!

  2. 02
    Alberto Green

    Lieber Johnny, du stellst im siebten („Ist ja nicht so, dass es Platzmangel im Netz gibt.“) Absatz genau die Fragen, die ich mir hinter der auf meiner Stirn pochenden Ader stelle. Als (einst) leidenschaftlicher Blogkommentierer muss ich leider sagen, dass die Antwort im ersten Satz des folgenden Absatzes steht:

    Die Diskussion könnte überflüssig sein.

    Vieles (s. auch die Kommentarstränge bei Stefan Niggemeier) ist nur noch künstliches Hochkochen von Diskussionen, die immer lange beendet sind. Solange ein Konzept das verhindert, wird es bei wikipedia keinen Erfolg haben. Die Einführung eines Nützlichkeits-Button würde totdiskutiert werden.
    Solange nicht ausreichend geklärt ist, ob Apple besser ist als Microsoft und solange es noch Leute gibt, die Mario Barth lustig finden, wird die wikipedia ein unbewegliches Ungetüm bleiben.

  3. 03

    Zwei Dinge die ich gerne kurz aufgreifen möchte:

    Die Grabenkämpfe: die machen die Wikipedia für einen Otto-Normaluser unattraktiv. Ich habe es mittlerweile aufgegeben in der Wikipedia aktiv zu sein, weil hier stellenweise nüchtern betrachtet nicht nachvollzogen werden kann, warum etwas an einem Artikel zu ändern ist oder nicht, oder warum er eben gelöscht werden soll. Ein wesentlicher Aspekt sind die Grabekämpfe untereinander.

    Die führen mich zu Punkt zwei: Die Anonymität der Admins. Wie von Dir schon angesprochen verführt die Anonymität im Netz dazu, sich wie die Axt im Walde zu benehmen und hier sollte die Wikipedia dringend etwas tun. Denn die Selbstherrlichkeit einiger Admins ist nicht auszuhalten und man könnte jetzt böswillig unterstellen, dass diese im realen Leben vielleicht einfach nichts zu melden haben und in der Wikipedia einen Platz gefunden haben wo sie sich abreagieren können.

    Insgesamt trägt das allerdings nicht unbedingt dazu bei, die Wikipedia als verlässliche Quelle zu sehen. Eher im Gegenteil. Als Startpunkt einer Recherche sicherlich nach wie vor die erste Adresse aber mehr auch nicht.

  4. 04

    @#736971: Ich hoffe, man kann dort oben auch ein paar Ansätze zu möglichen Lösungen für die Relevanzfrage lesen. Denn ich sehe das wie

    @#736973: Es kann kein Ende einer Relevanzdebatte geben, denn diese ist kein objektiv festlegbares Kriterium und es wird immer jemanden geben, der eine andere Meinung dazu hat.

    (Was endlose Diskusionen generell angeht: Schwierig. Debatten sind ja oft ergebnisoffen und immerhin kann man im Netz recht leicht entscheiden, ab wann man aussteigt. Im Grunde sprichst du die Frage an, in welchen Bereichen Basisdemokratie tatsächlich sinnvoll und zielführend sein kann, diese Frage stellt sich bspw. auch bei der Piratenpartei und wahrscheinlich kann man es nur testen, ausprobieren und abwarten. In Blogs geht es ja selten darum, einen Konsens zu finden, sondern eher darum, die eigene Meinung auch noch ins Spiel zu bringen. Manchmal ist das nervig, na klar, oft finde ich es aber sehr spannend. Dass ab dem 100. Kommentar dann aber im Grunde fast alles gesagt ist, bringt die Sache mit sich.)

  5. 05

    @icke: Die Relevanzdebatte ist ein wikipedia-weites Phänomen, was aber von vielen Kritikern so nicht wahrgenommen wird. Es gibt sehr hässliche „Notability“-Diskussionen in der englischsprachigen Wikipedia. Viele Kritiker sind hingegen der Auffassung, dass die Relevanzproblematik innerhalb der deutschsprachigen Wikipedia höher ist, da die Ansprüche höher sind, als bspw. in der englischsprachigen Wikipedia. Für beide Sichtweisen lassen sich Beispiele bringen.

  6. 06
    Marcus

    @icke: Genau *die* Frage habe ich mir auch gestellt, es hört sich nach einer typisch deutschen Diskussion an. Ist das tatsächlich so?

    Mein Eindruck ist, dass sich in den angesprochenen Diskussionen diejenigen tummeln, die sich früher in ähnlicher Weise im Usenet als Oberlehrer aufgespielt haben und mir irgendwann die Lust an einer Teilnahme genommen haben.

    Überhaupt, ich kenne niemanden mehr, der Newsgroups nutzt und habe den Eindruck, da diese Funktion heute von Web-Foren und Blogs abgedeckt wird. Kann das sein oder ist das nur meine subjektive Wahrnehmung? Wenn es so ist, dann könnte es sein, dass sich in nicht allzu ferner Zukunft auch der „Otto-Normal-Nutzer“ andere Wege sucht, um Wissen zu finden und zu teilen und die Oberlehrer unter sich bleiben. Das wird denen dann auch wieder nicht recht sein, denn wenn soll man dann noch korregieren :-)

  7. 07
    KL_Berlin

    Eine kritische Sicht der Dinge:

    Gut, dass wir darüber geredet haben auf dem Freitag.

  8. 08
    Tharben

    Was haltet ihr von folgendem Vorschlag? Lasst die deutsche Wikipedia sterben. Mit jedem gelöschten Artikel verliert die dt. Wikipedia selbst an Relevanz. Irgendwann blutet die Wikipedia aus. Ist zwar schade drum, aber so ist das wohl, wenn die Feinde der Wikipedia die Führung der Wikipedia übernommen haben.

  9. 09

    @Tharben: Du warst doch jetzt länger in das Thema involviert. Glaubst du wirklich immer noch, dass eher exklusionistisch veranlagten Personen „Feinde der Wikipedia“ sind? Und ein Interesse daran haben, die WP „leer zu löschen“?

    Sie haben die WP zu großen Teilen seit Jahren mit aufgebaut und mit zu dem gemacht was sie heute ist und nicht „mal eben“ die Macht übernommen.

    Man kann gerne unterschiedlicher Auffassung sein, was für die WP am besten ist, aber deinen Beitrag finde ich da weniger hilfreich.

    Insgesamt denke ich, dass – unabhängig von allen Streitereien, verlorener Zeit und Ärger – der beständige „Kampf“ zwischen Inklusionisten und Exklusionisten dazu geführt hat und weiter dazu führt, dass die WP ein gewisses fragiles Gleichgewicht erreicht hat und hält. Wobei das Pegel mal mehr zur einen, mal mehr zur anderen Seite ausschlägt.

  10. 10

    aus der letzten Chaosradiosendung zum Thema diesen kurzen kulturellen Beitrag^^

    http://en.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Song/Ich_habe_keinen_Eintrag

    ;-)

  11. 11

    Wo du schon um Ergänzungen bittest: Ich habe für netzpolitik.org noch einmal sehr ausführlich über die Veranstaltung geschrieben: http://www.netzpolitik.org/2009/wikipedia-die-grosse-relevanz-diskussion/

  12. 12
    Torsten

    Es gab doch mehrere Versuche, ein „Wikipedia Pro“ zu machen – zum Beispiel die Anstrengungen um das hundertbändige Lexikon, das nie erschien. Es funktioniert einfach nicht.

    Der Ansatz, dass halbfertige ungelesene Artikel niemanden stören, halte ich für naiv. Aus scheinbaren Nichtigkeiten werden in kürzester Zeit Kampfzonen, Abmahngründe und Verleumdungen. Man sehe sich nur an, wie Julia Seeliger darauf reagiert, dass ihr Artikel etwas unausgewogen ist: http://julia-seeliger.de/wo-sind-die-relevanznazis/

    Nicht alleine die Zahl der Mitarbeiter ist entscheidend, es muss ein gewisser Anteil vorhanden sein, der sich ums Ganze kümmert. Wenn beispielsweise Scientology 8000 Artikel zur Dianetik einstellt und die mit Zähnen und lauen verteidigt – welche Mechanismen sollen das Projekt noch retten? Oder wäre das völlig egal, wenn man nur 8000 Artikel daneben stellt, die Scientology beleidigen?

  13. 13
    Tharben

    @Tim ‚avatar‘ Bartel: Ich habe mir den Vorschlag und die Schlussfolgerung oben nicht zu eigen gemacht („Vorschlag, so ist das wohl, wenn„), sondern zur Diskussion gestellt. Aber um deine Frage zu beantworten, im Grunde: ja.

    Ich bin zwar selbst immer noch dabei, mich in die Details der Interna der Wikipedia einzuarbeiten, aber das Argument derer, die eine möglichst hohe Relevanz der Wikipedia für deren (auch potentielle / ehemalige) Nutzer erreichen wollen, was offensichtlich gleichbedeutend mit einer möglichst hohen Anzahl an Artikeln ist, überstrahlt jeden elitären Qualitäts- und Relevanzanspruch bezogen auf den einzelnen Artikel.

    Ich weiß leider nicht mehr, in welchem Blogeintrag ich die einleuchtende These gelesen habe: Je höher die Relevanz für die Existenz und die Qualitätskriterien eines Artikels bei einer festen Größe an Resourcen an Autoren, Sichter, Korrektoren, Administratoren gesetzt wird, desto geringer wird die Gesamtqualität und die Gesamtrelevanz der Wikipedia.

    Dieser Prozess beschleunigt das Desinteresse an der Wikipedia, was unweigerlich zu ihrem Ausbluten führen muss.

  14. 14
    Torsten

    Tharben: Bei der These gibt es einen Mangel: Das Interesse an der Wikipedia ist riesig und steigend. Die Mitarbeit ist schwerer geworden – davon automatisch auf eine „Gesamtrrelevanz“ zu schließen, ist etwas voreilig.

    Mein Tipp: Versuch Deine Thesen zu operationalisieren und anschließend zu überprüfen.

  15. 15

    Ich habe vor nunmehr sechs Jahren selbst einen Eintrag vorgenommen. Durch die jetzigen Diskussionen um die Löschdiskussionen fühlte ich mich bemüßigt, mal nachzuschauen, was daraus geworden ist. Und siehe da, der Eintrag wurde über die Jahre verändert, erweitert, umgestellt, WasAuchImmer und von meinen ersten Zeilen ist so gut wie nichts gebieben.

    Aber genauso hatte ich Wikipedia verstanden. Jemand eröffnet einen Eintrag, er wird ergänzt, umgestellt … und somit hoffentlich immer besser. Wenn ich heutzutage manche Löschdiskussion sehe (abseits von offensichtlicher Irrelevanz) kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Der Eintrag genügt (in seiner Urfassung) nicht den Kriterien und ist somit zu löschen, außer der Autor bringt Belege und/oder textliche Verbesserungen bei.

    Das ist nicht mehr die Wikipedia, wie sie antrat. Eine Community, in der jeder jeden Artikel erweitern und verbessern kann, so dass der irgendwann (nicht zwingend am ersten Tag (könnte ja mal „aus versehen“ klappen)) wirklich gut ist. Eine wachsende Enzyklopädie, in der den Einträgen Zeit gegeben wird, zu reifen.

  16. 16
    Tharben

    @#737002:

    Bei der These gibt es einen Mangel: Das Interesse an der Wikipedia ist riesig und steigend.

    Riesig ist relativ. Vielleicht wäre das Interesse ja gigantisch, wenn die ensprechenden Artikel vorhanden wären. Steigend ist auch die Zahl an Menschen, die sich einen Computer und einen Internetzugang kaufen. In diesem Licht betrachtet ist die Bilanz der dt. Wikipedia womöglich gar nicht so glänzend.

    Außerden kann eine gewisse Höhe und eine – in welcher Relation auch immer – steigende Kurve der Zugriffzahlen den Anspruch der Wikipedia, so wie er ursprünglich gedacht war, nicht genügen.

  17. 17
    Torsten

    @#737004: ja, keine These lässt sich zweifelsfrei belegen – auch wenn ich dafür einiges an Statistiken aufbieten könnte.

    Meine Frage ist: Welche Empirie steckt hinter Deiner gefühlten Gesamtrelevanz?

  18. 18
    Tharben

    @Torsten: Freunde der Sachlichkeit lesen bitte nur die folgenden ersten drei Wörter.

    Gar keine Empirie. Ich bin ja ein Freund der Mathematik, obwohl meine Leistungen in diesem Fach eher ausbaufähig sind. Trotzdem mag ich diese verblüffend klare, nicht zu fehlinterpretierende, eindeutige Sprache der Mathematik. Da ist 2 2 immer = 4, egal wie kalt es draußen ist oder wie wichtig sich Wikipedia-Administratoren nehmen. Ich spreche in diesem Zusammenhang auch gerne von Logik oder dem s.g. „logischen Denken“.

    Versuchen wir hierzu ein einfaches Gedankenexperiment.
    Nehmen wir an, in der dt. Wikipedia stünde nur ein einziger Atikel, der von der dt. Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das Resultat dieses – für einige Leute in der dt. Wikipedia womöglich erstrebenswerten – Zustandes wäre, dass die deutsche Wikipedia für x Personen relevant wäre.

    Nehmen wir als zweites an, in der deutschen Wikipedia stünde jeweils ein Artikel zu allen Mitgliedern der aktuellen deutschen Bundesregierung, was für einige Leute in der dt. Wikipedia womöglich nicht mehr ganz so erstrebenswert wäre. Das Resultat dieses Zustandes wäre, dass die deutsche Wikipedia für y Personen relevant wäre.

    Das, was ich oben so flapsig als „logisches Denken“ tituliere, lässt mich folgern, dass x < y ist.

    Sorry, ich bin gerade so in Schreiblaune und kann nicht glauben, dass deine Frage – zumindest so, wie ich sie verstehe – ernst gemeint ist.

  19. 19
    Tharben

    *2 plus 2 … das pluszeichen ist aus dem Post raus und das Edit-Script geht bei mir nicht wikrlich.

  20. 20
  21. 21
  22. 22

    Die jetzt bemängelte Krise der Wikipedia gibt es seit über zwei Jahren, wenn nicht noch länger. Nur ist zum ersten Mal ein Artikel über ein Thema gelöscht worden, das im Netz sehr aktuell ist, was für entsprechend Aufsehen gesorgt hat.

    Die Idee, einen Artikel zu behalten, wenn er auch nur zwei Menschen interessiert, setzt sich nie im Leben in einer Löschdiskussion durch. Ein einzelner Fachmann, selbst wenn er einen Doktor in dem entsprechenden Spezialgebiet hat, verliert im Zweifelsfall gegen prominente Löschbefürworter ( = bei den Wikipedia-Admins geschätzter Nutzer).

    Es gibt auch eine gute Möglichkeit, ein Spezialthema auszudünnen, das man selbst für unwichtig hält: Einfach mal Löschanträge gegen ca. 30 Artikel aus der Sparte stellen. Folge: Die wenigen Spezialisten müssen nicht einen, sondern Dutzende Artikel gleichzeitig versuchen zu retten, was sie natürlich Nerven kostet. Am Ende werden mindestens einige Artikel gelöscht, denn „so viele können ja gar nicht relevant sein“. Macht man dieses Spiel 2-3x, kann man einen guten Prozentsatz von Artikeln über ein Spezialthema aus der Wikipedia entfernen.

    Das war einer der Gründe, warum ich mich nach zwei erfolgreichen, aber anstrengenden Rettungsaktionen für Artikel, die mir wichtig waren, aus dem Wikipedia-Geschehen zurückgezogen habe.

  23. 23

    Bis auf die „Pro“-Geschichte kann ich Johnny zustimmen, denn für mich ist der kostenlose Zugang zum „Weltwissen“ ein noch wichtigereres Standbein der Wikipedia als der Community-Aspekt.

  24. 24
    Torsten

    Tharben: Sorry, aber ist keine Logik, wenn man Missverständnisse und Vorurteile addiert.

    Deine Annahme ist offenbar: egal, was da steht: die Leute wollen es lesen. Und egal wie das Umfeld aussieht: die Leute wollen beitragen. Beide Prämissen sind meines Erachtens falsch. Sonst wäre nicht Wikipedia, sondern eines der anderen zahlreichen Projekte aufgestiegen.

    Zudem: Gerade die Exkludisten-Ecke müht sich darum, Artikel über Bundestagsabgeordnete zu schreiben. Guck Dich Mal in der Wikipedia-Redaktion Politik und den verbundenen Initiativen um.

  25. 25
    Tharben

    @#737031: Du hast vielleicht gestern mitbekommen, dass ich dich für einen ganz netten Kerl halte. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir beginnen im Kreis zu reden.

    Mein Beispiel oben ist natürlich frei erfunden, Verweise auf tatsächliche Artikel der deutschsprachigen Wikipedia zu Mitgliedern der Bundesregierung oder MdBs sind unnötig. Dass du andeutest, x < y basiere auf Vorurteilen und Missverständnisse empfinde ich als interessant, gelinde gesagt.

    Weil du zumindest in letzter Zeit vermutlich auch zu den Fefe-Lesern gehören dürftest, fasse ich mich kurz: Wie oft ist es mir schon passiert, dass der erste (!) Google Hit ein Wikipedia-Eintrag war? Auch wenn es nur ein eher kurzer Artikel zu einem Randthema war, so habe ich zumindest einen kurzen Überblick erhalten und konnte mich anhand der Referenzen und der gelisteten Websites weiter durch das WWW klicken. Die Wikipedia dürfte für viele ein Ausgangspunkt sein. Für eine kurze Begriffsklärung, auch wenn diese unkonkret oder sogar fehlerhaft ist, reicht es oft schon. Falls das Interesse an dem Thema / Begriff so groß ist, dass mehr Informationen erforderlich sind, kann sich der Nutzer immer noch weiter durch die Links klicken.

    Ich spreche übrigens von der englischsprachigen Wikipedia.

    Was die Motivation der Leute angeht beizutragen, so lese ich immer wieder Kommentare wie den von Kunar (#22). Aber womöglich ist das in deiner Wahrnehmung nur ein bedauerlicher Einzelfall und basiert auch nur auf Vorurteilen und Missverständnissen.

  26. 26

    Das Problem ist doch recht offensichtlich, dass die Wikipedia-Admins die Grundprinzipien wissenschaftlichen Arbeitens auf den Kopf zu stellen versuchen. Ums mal kurz zu machen: Im akademischen Sektor hat erst einmal jeder das Recht, zu publizieren und Thesen (!) aufzustellen. Eine These gilt dann gemeinhin so lange als korrekt, bis das Gegenteil oder ein Makel bewiesen wurden. Warum macht man dies in akademischen Kreisen so? Ganz einfach: Man ist sich seiner Unwissenheit bewusst und weiß, dass das eigene Wissen nicht vollkommen ist und nie sein wird, weswegen man erst einmal vieles zulässt, um hinterher auszusieben. Das ist auch der Grund, warum in Deutschland erst einmal jeder studieren darf. Genau das Vollkommene verlangen aber die Admins der Wikipedia: Vollkommene Beweisführungen unter dem Decknamen der Relevanz. Nun, die klügsten Akademiker dieses Planeten haben erkannt, dass diese Arbeitsweise den Forschungsfluss und damit das Entdecken der Welt hindern. Warum nehmen sich einige (sicher auch akademisch nicht unbewanderte) Wikipedianer das Recht heraus, es besser wissen zu wollen als die akademische Zunft? Ein meiner Meinung nach trauriges Verhalten, welches mich schon vor einigen Jahren davon abgebracht hat, in der Wikipedia auch nur noch Rechtschreibfehler zu korrigieren – meine Motivation ist mir aufgrund von (ja, das muss jetzt gesagt werden) strunzdummen Admins genommen worden – einige haben teilweise nicht einmal verstanden, dass die Korrektur von Rechtschreibfehlern evtl. förderlich sein könnte für einen Artikel und haben selbst solche Änderungen sofort rückgängig gemacht. Von begonnenen Artikeln und weitläufigen Artikelergänzungen ganz zu schweigen. Die Wikipedia ist für mich schon seit Jahren tot – selbsternannte Admingötter haben sie für mich absolut unattraktiv zum Beitragen gemacht.

  27. 27
    captcha

    Das Interface steht doch nicht zur Debatte und ist ironischerweise wie die Relevanz selbst ein subjektives Kriterium. Zu dem hat Wikipedia doch gerade ein verändertes Aussehen im Betastatus.

    Die Anonymität will ich auch nicht als Problem begreifen. Im Gegenteil finde ich es sehr erstrebenswert, dass man nicht zwingen identifizierbar ist. Sicherlich wäre eine Kontaktmöglichkeit wie eine E-Mailadresse nicht falsch, aber die Diskussionsseiten der User finde ich bisher eigentlich ausreichend.

    Die Relevanzdebatte ist ja viel mehr ein absurder Versuch, die Wikipedia nicht mit Unwichtigkeit überfluten zu lassen. Im Vergleich mit der Englischen ist das ziemlich deutlich zu spüren – dort finde ich zum Teil zu allen Kleinigkeiten einen Eintrag und ehrlich gesagt ist das auch nicht schlecht, zum Drucker XY aus dem Jahre XY einen detaillierten Eintrag lesen zu können. Insofern sollte sich die deutsche Wikipedia ein Vorbild am „Original“ nehmen.

    Ich bin allerdings gegen ein privates Unternehmen, das außen herum arbeiten soll. Das halte ich für einen sehr gefährlichen Schritt.

  28. 28
    Jan(TM)

    „anhand der Abrufe eines Artikels“
    Unsinnig. Themen können durchaus mal unwichtig werden und trotzdem aus rein historischen Interesse für wenige Leute wichtig sein. http://de.wikipedia.org/wiki/VC1541

    „Ich fand diesen Artikel hilfreich/ weniger hilfreich“ Gott bewahre. Sowas bringt gar nichts, außer Klickwars. Schau mal in den App Store, da feiert das die wildesten Blüten.

    Naja ich werde auch immer angestaunt wenn ich sage das ich in Wikipedia schreibe. Große Einträge mache ich aber sehr selten. Meist korrigiere ich Links oder setzt auch mal einen „Bitte überarbeiten – ist veraltet“ Baustein rein. Angefangen habe ich aber bei Tuxfutter.de, Wikipedia war mir erst unheimlich. Hab auch sehr lange keine Lust gehabt mir einen Wikipedia Account zu machen. Einen Artikel hab ich bis jetzt angelegt und der wurde lustigerweise nicht zur Löschung vorgeschlagen – obwohl er sehr rudimentär ist. Hab jetzt erst rausgefunden warum, der Autor hat 4 Bücher geschrieben.

    Für mich ist das größte Manko das die „Community“ so eine undefinierte Masse ist, das Autorenportal erschlägt mich, ich finde da kein Forum bzw. nur Textwüsten, mit Mailinglisten, IRC und Usenet kann ich mich nicht anfreunden. Einzig bei Twitter kamen unerwartet hilfreiche Antworten.

    Beim Design kann ich nur zustimmen. Ich lese am liebsten mit wikiamo auf dem iPod. Da bleibt mir das Design erspart und die Bedienung ist simpel. Es gibt zwar eine Beta aber die streut nur etwas Glitter über das ganze.

  29. 29

    Ein schöner Artikel.

    Die „Wikipedia Pro“ gab es allerdings bis vor kurzer Zeit schon. Unter dem Namen Brockhaus.

    Die Wikipedia war großartig, solange sie Ergänzung und Gegenentwurf zu den professionellen Lexika war. Sie ist dabei, sich zu Tode zu siegen.

  30. 30
    julian

    @Johnny Haeusler: Fefe hat nochmal ein aktuelles Resumee von Gestern gezogen, vielleicht kannst Du das ja noch in deiner Liste ergänzen: http://blog.fefe.de/?ts=b40a9dcc

  31. 31
    Henriette

    @Stephan: „žGenau das Vollkommene verlangen aber die Admins der Wikipedia: Vollkommene Beweisführungen unter dem Decknamen der Relevanz.“ — das ist nicht richtig: Löschanträge auf Artikel stellen und Relevanz bezweifeln kann jeder Benutzer zu jedem Zeitpunkt (es ist prinzipiell egal, ob der Artikel 5 Minuten oder 5 Jahre alt ist): Ein unangemeldeter Benutzer als IP, ein Nicht-Admin, ein Admin, ein Bürokrat etc. Der Weg ist folgender: Jemand stellt einen Löschantrag, dieser wird dann normalerweise 7 Tage von der Community diskutiert, danach entscheidet ein Admin anhand der Argumente in der Diskussion auf behalten oder löschen — dabei gibt es eine eiserne Regel an die sich _alle_ Admins zwingend halten müssen: Eigene Löschanträge entscheiden sie _nicht_ und kein Admin, der sich in der Löschdiskussion mit einem klaren Votum pro Erhalten oder Löschen des Artikels geäußert hat, arbeitet diesen Antrag ab.

    Ist jemand mit dem Ausgang der Löschdiskussion unzufrieden, dann gibts noch die Löschprüfung: Hier kann die Entscheidung des Admins — natürlich wieder unter Beteiligung der Community – überprüft werden; und das prinzipiell ohne Zeitlimit. Auch hier gilt: Abgearbeitet — also entschieden — wird diese Diskussion wieder von einem neutralen Admin, der sich bisher noch nicht gegenüber diesem Artikel positioniert hat. Nun bin ich Wikipedianer und mag einen zu positiven Blick aufs Projekt haben, aber nach meiner über 5-jährigen Erfahrung klappt das im Großen und Ganzen gut und produziert ausgesprochen selten derart umstrittene Entscheidungen wie bei z. B. MOGiS.

    Nochmal ein Zitat von Dir: „žWarum nehmen sich einige (sicher auch akademisch nicht unbewanderte) Wikipedianer das Recht heraus, es besser wissen zu wollen als die akademische Zunft?“ — hier möchte ich mal fragen, warum sich einige in den Regeln und Abläufen des Projekts nicht bewanderte Leute eigentlich das Recht herausnehmen, es besser wissen zu wollen, als die Wikipedianer die täglich im Projekt arbeiten? (Womit ich ausdrücklich nicht speziell Dich meine!) Die Fokussierung der ganzen Diskussion auf die Administratoren geht an der Sache vorbei. Admins sind qua Definition der Wikipedia lediglich Hausmeister die Entscheidungen der Community abarbeiten. Admins sind keine Relevanzpäpste, sie legen die Relevanzkriterien nicht fest (die werden von der Community erarbeitet) und sie entscheiden auch nicht allein über (Ir-)Relevanz eines Artikels. Sie setzen lediglich Entscheidungen und Diskussionen der Community um — natürlich mit einem gewissen Entscheidungsspielraum. Haben sie den in der einen oder anderen Richtung überzogen, dann greift wieder das Korrektiv der Community oder eines anderen Admins.

    Und als versöhnlicher Schluß: Ich mag die Wikipedia und ich bin von vielem dort zu 100% überzeugt; die derzeitige Debatte — auch wenn sie in Teilen von uninformierten Leuten mit falschen Prämissen geführt wird — finde ich hervorragend: Sie zeigt uns Wikipedianern an welchen Stellen wir noch erheblich nachbessern müssen (auch an den Relevanzkriterien, die — das konnte man komischerweise nur ausgesprochen selten mal lesen — auch und vor allem projektintern seit ihrer Erfindung ganz und gar nicht unumstritten sind!). Ich habe jedenfalls viele kluge Ideen gelesen, die jetzt unaufgeregt und sachlich in die Community getragen und dort umgesetzt werden müssen. Das allerdings müssen wir _alle_ tun: Nicht nur Admins und eingefleischte Wikipedianer :)

  32. 32
    Torsten

    @#737046:

    Für mich ist das größte Manko das die „Community“ so eine undefinierte Masse ist, das Autorenportal erschlägt mich, ich finde da kein Forum bzw. nur Textwüsten, mit Mailinglisten, IRC und Usenet kann ich mich nicht anfreunden. Einzig bei Twitter kamen unerwartet hilfreiche Antworten.

    Genau das ist das Problem

    Besonders hier zeigt sich das – wie soll man in disem Wirrwarr Hilfe finden?

    http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:WikiProjekt_Kategorien/Fachbereiche

  33. 33

    Verfolge die Diskussion um die Wikipedia nun schon seit einiger Zeit und war nicht so sicher, wie ich die Selbstwahrnehmung der Wikipedia-Organisatioren einschätzen sollte. Umso erschreckender, weil so optisch evident, war dann das Bild von der Veranstaltung, das auf Schneeschmelze verlinkt wurde.

    Zur Frage der Rekrutierung neuer Autoren: Als Wissenschaftler hatte ich schon mehrmals den Impuls Beiträge der Wikipedia zu bearbeiten, da wesentliche Aspekte fehlen oder die Darstellung schlichtweg falsch ist. Aber obwohl ich technikaffin bin, schreckt mich die undurchsichtige Struktur ab. Eine unrepräsentative Umfrage unter Kollegen gibt eine ähnliche Stimmungslage wider.
    So ist es nicht verwunderlich, daß beispielsweise ein Enzym wie die SGK1 (mit 300 Pubmed-Einträgen) keinen deutschsprachigen, wohl aber einen Artikel in der englischen Wikipedia hat. Und das, obwohl dieses Enzym in Deutschland kloniert und maßgeblich erforscht wurde. Meine Schlußfolgerung ist momentan klar: ich benutze vorrangig die englische Variante.

  34. 34
    Torsten

    @#737074: Inwiefern ist die Struktur in der englischen Wikipedia besser? Das Userinterface ist das doch gleiche, und es gibt nur minimale Unterschiede in den Abläufen und Regelungen.

    Ich sehe nicht, dass die en.wp in der Beziehung irgendeinen Vorteil hätte. Vielleicht kannst Du das etwas genauer erklären?

  35. 35
    ricki

    für mich ist und bleibt die wiki ein werbeportal, in dem anfänglich der hohe page rank genutzt wurde um juce abzugreifen. jeder depp ist mit seiner noch so kleinen unwichtigen seite in der wiki vertreten. dadurch wird zuviel man und womapower in unnützes zeug gesteckt, das in 100 jahren kein schwein mehr interessiert, wie z.B. power point karaoke. dadurch eröffnen sich grabenkämpfe nach dem motto: „wieso sie/er und ich nicht“ und dadurch binden wir noch mehr arbeitskraft. Dann haben admins keine zeit mehr artikel zu verfassen sondern müssen schlichten, bewerten, löschen, etc. Besinnt sich die wiki nicht irgendwann zurück auf das was es sein will, eine anhäufung von wissen, und wirft den unnötigen balast wie z.b. die sammlung und dokumentation von webseiten, noch lebenden personen, etc, über bord wird das projekt irgenwann niemand mehr interessieren… digitale demenz lässt grüßen…

  36. 36
    Tim

    Klar ist das User-Interface ein relevanter Faktor. Das Herumgstöpsel mit Tags und Template-Standards schreckt jeden nicht-Nerd ab.

    Wie sehr die wikipedianer in ihrer Welt leben, sieht man schon an der Einschätzung, dass die Diskussion bald von alleine verebben würde. Wikipedia ist erfolgreich. Z.b. erste Anlaufstelle für Schüler, Eltern, Lehrer. Demenstprechend gross ist ds öffentliche Interesse an der Weiterentwicklung. Selbst unsere Lokalzeitung (Ippen-Presse) hat einen grossen Artikel in auf der Computerseite der Samstagsausgabe über dei Relevanzdiskussion veröffentlicht.

    Der Druck von aussen wird grösser, was gut ist.

  37. 37
    Phil

    Das User-Interface wird ja seit Anfang 2009 schon weiterentwickelt, Release ist dann wohl April 2010.

    http://usability.wikimedia.org

  38. 38

    Da hat Johnny mit seinem Artikel überdeutlich (ich meine: großartig) gezeigt, warum seine Einladung sinnvoll war. Schöner Artikel, viele gute Anregungen. Danke dafür!

  39. 39
    Christian

    Ganz ohne Häme frage ich mich, was nun ausgerechnet Felix von Leitner und Dich, Johnny, als selbsterklärten Nicht-Bearbeiter, Nicht-Korrektor und Gelegenheitsleser von Artikeln der deutschsprachigen Wikipedia dazu prädestinieren soll, dem Lexikon „die große Krise“ zu attestieren. Felix von Leitner nennt diejenigen, die sich auf Wikipedia als Administratoren engagieren und seine Standpunkte zur Relevanz nicht teilen, heute ein halbes Dutzend mal „Blockwarte„, was ein Begriff ist, den man nun wirklich nur mit dem Nationalsozialismus in Verbindung bringen kann.

    Schöne Entourage, mit der Du Dich da verbündet hast …

  40. 40
    WiseWoman

    Der 13% hatte eine meiner Studentinnen vor einigen Jahren gefunden. Zum nichtrepräsentativen Bildbeweis: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:02-06-12.jpg

    Bei den Freiwilligen Feuerwehre war es so, dass ich bei http://de.wikipedia.org/wiki/Feuerwehr_L%C3%BCbeck angefangen habe, die Geschichte der einzelne Freiwillige Feuerwehre – die auf dem Lande eine wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllen und oft sehr alt sind – aufzunehmen. Wurde von den Städter-Admins als irrelevant gelöscht. Nachdem das oft genug passierte, hörte ich auf, neue Artikel zu schreiben.

  41. 41

    @#737120: Wieso erzählst du mir, was dir am Stil von jemandem anderes nicht gefällt (statt ihm)?

    Entourage? Verbündung? Mach‘ mal halblang, ich muss dich enttäuschen: Es gibt schon wieder keine Verschwörung.

  42. 42
    Christian

    Johnny, ich sehe nirgendwo eine Verschwörung, aber meiner Erinnerung nach hast Du doch selbst noch vor kurzem eine dieser Blockwart-Gleichsetzungen von Felix unter der Überschrift „Relevanz-Tanz“ in blockquote zitiert und für „lesenswert“ gehalten. Das soll ich dann als Stil eines anderen verstehen?

    Mich hat gewundert, das hier zu lesen, weil solche Beschimpfungen für die zivilisierten Verhältnisse dieses Blogs (so empfinde ich es) eigentlich ein Stilbruch sind …

    Edit (nach nochmaligem Nachlesen): Hoppla. Das Zitat war nicht eine Blockwart-, sondern eine ‚Preußische Beamten‚-Gleichsetzung von Pawel (… auch nicht schmeichelhaft, aber wenigstens ohne Nazi-Bezug). Bitte entschuldige, dass mich meine Erinnerung da Lügen gestraft hat …

  43. 43
    floho

    Das lustige an der Sache ist ja, dass richtig irrelevante Artikel einfach auch deswegen irrelevant sind, weil sie niemanden stören und sie man eigentlich wie ein gelungenes Fake, erstmal suchen müsste. Eigentlich besitzt jede Enzyklopädie im Hypertext ein recht gutes Kriterium für die Relevanz, über ihre internen Verlinkungen auf einen Artikel. Über diese Erreichbarkeit regulieren sich die Auswirkungen entsprechender Artikel dann auch ganz gut von selbst. Mal im Ernst, wenn es die entsprechenden Diskussionen nicht gäbe, würde ich auf die entsprechenden Artikel einfach nicht stossen. Zwar muss ich einerseits schon zugeben, dass die boulevardesquen Eskapaden hinter den Artikeln mich streckenweise bestens unterhalten. Auf der anderen Seite finde ich mich dafür inzwischen immer öfter, auch jenseits der klassischen Themen, auf der englischsprachigen Wikipedia wieder. Das eigentliche Problem ist, wie hier schon angemerkt wurde, nicht das hürdenreiche Einstellen neuer Artikel, sondern eher der Geist der dahinter steht und der seit geraumer Zeit auch das Anbringen kleinster Änderungen richtig mühselig macht. Und das schlägt inzwischen merkbar auf die Qualität.

  44. 44

    @#737128: Kein Problem, kann vorkommen.

    @#737122: Ah, prima, vielen Dank für die Ergänzung!

  45. 45
    Enssen

    Dieser Konflikt innerhalb der Wikipedia ist etwas, was mich schon länger interessiert. Nach viel Gelese muss ich sagen: Wikipedia ist sehr lehrreich, aber auf andere Art als vorgesehen. Man lernt da sehr viel über z.B. die Dynamik von Gruppenbildungen(Das Selbstverständnis des harten Kerns und sein Umgang mit Kritikern(legendär ist wohl der Konflikt um den kritischen Autor Brummfuss, der ein unfassbares Mobbing erleben durfte)), Systeme politischer Meinungsbildung(Es gibt eine recht grosse Basis rechter Autoren und teilweise auch Admins, die gerne mal so kleine aber feine Änderungen an politischen Artikeln vornehmen. Ausserdem fällt auf, dass es irgendwie über scheinbar jeden Wehrmachtsoffizier, aber nur über recht wenige Widerstandskämpfer dieser Zeit Artikel gibt), oder auch der Eristik und Rhetorik allgemein.

    Es ist sehr interessant und teilweise belustigend, aber seit ich weiss, wie die Artikel entstehen und in welchem System sie überarbeitet werden, lese ich nur noch die Diskussionen ^^

  46. 46
    Matthias

    @#737122: Auch bei mir war’s mit dem Wikipedia-Engagement nach der Löschung eines Artikels über eine Freiwillige Feuerwehr vorbei: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Löschkandidaten/28._Januar_2006#Feuerwehr_M.C3.BCnchen_-_Abteilung_Sendling_.28erl._gel.C3.B6scht.29

    Ach, nein, ich habe doch nochmal einen Artikel erstellt! Wurde natürlich umgehend gelöscht: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Löschkandidaten/21._September_2008#HiMoNN_.28gel.C3.B6scht.29

  47. 47
    n0rm

    sagt mal, warum taucht der Admin WB aka Weissbier nicht in der Administratorenliste auf? Jemand ne Ahnung?

  48. 48
    anna

    da muss ich jetzt mal auf dieses geniale t-shirt hinweisen:
    http://www.3dsupply.de/shop/detail.php?PID=00005327&KPATH=16.136.88
    und ich hoffe für die meisten von uns das auch so bleibt ;-)

  49. 49
    Leo

    @#737779: Auch wenn die Frage schon älter ist: Weißbier ist kein Admin.

  50. 50

    Dieser Link beweist es:

    http://www.pluspedia.de/index.php/Kurt_und_Sebastian_-_irrelevant_f%C3%BCr_Wikipedia

    Die Vorstände der WikiMedia sind aus Sicht der WikiPedia irrelevant!

    Unglaublich?
    Aber Wahr!!!

  51. 51

    Eigentlich landet fast jeder Artikel, den ich bei Wikipedia einstelle, in die Löschdiskussion. Ich bin daher fast nur noch hier http://wikibay.org/Hauptseite unterwegs.