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The First Days Of Spring — Der Film


Anfang August hatten wir hier zum ersten Mal das Konzeptalbum (Sofern Liebe [oder genauer: Entlieben] ein Konzept ist) und Filmprojekt The First Days Of Springvon Noah and the Whale, den Neofolkern aus London um Sänger Charlie Fink. Inzwischen war der so nett, den Film, bei dem er auch Regie führte, auf seinen Vimeo-Account hochzuladen und auch wenn beim Upload/Komprimieren etwas schief und Schärfe, Farbe und Kontrast ein wenig zu matschig geraten ist und sind, ist ‚The First Days Of Spring‘ doch eines der (wie in: DER) Musikererlebnisse des Jahres und fügt, wie von Fink versprochen, dem Album mit dem er die Trennung von seiner langjährigen Freundin verarbeitet, eine zusätzliche erzählerische Ebene hinzu.

Und die lässt sich zuallererst Zeit. Die erste Viertelstunde, des insgesamt 47 Minuten langen Videos, ist in ihrer Langsamkeit ein angenehmer Antipol zur Schnittgeschwindigkeit in Musikvideos. Ausführlich wird jede Einstellung, jedes Bild stehen gelassen, bis man es sich leer gesehen hat. Fink zeigt das englische Land mit lichten Wäldern, leichten Anhöhen und losen Siedlungen in kontrastarmen, gräulichen Bilder von seiner phlegmatischen Seite. Nichts geht. Alles steht. Und die zwei, drei Hauptdarsteller haben es nicht eilig, wenn sie mit gesenktem Kopf durch die Szenerien stiefeln. Der Film lullt einen mit seiner Besinnlichkeit so richtig ein und ist dabei dennoch nicht dröge, auch wenn er seine Akteure episodenhaft, beinahe soapig, ausschließlich dabei zeigt, wie sie in die Grafschaft wurlitzern („Wurlitzern“ entstand unter deutschen Soapautoren als Tätigkeitsbegriff für einen Charakter, der nach einem besonders emotionalen Plotpunkt, diesen im Anschluss alleine noch einmal verarbeitet. Er entstand, als irgendwann Mitte der 90er, ein Soap-Charakter neben einer Wurlitzer-Jukebox stehend in die Gegend sinnierte.).

Nach 15 Minuten sind die wesentlichen Charaktere von ‚The First Days Of Spring‘ ausführlich eingeführt und der Film nimmt mit dem vierten Song ‚My Broken Heart‘ langsam Fahrt und Dialog auf.

– „You need to live a little“
– „I have – it was brilliant, I remember it, I remember doing it, it was really good.“

Was sich danach entspinnt ist ein scheues Drama sufjan-stevensesker Größe. Der Film sammelt allerhand Metaphern für Verlust und Trennung an und schwankt immer zwischen eben diesen offensichtlich sehr intimen Momenten Finks und offeneren Szenen, die interpretationsbesessenen Deutschlehrern die Tränen in die Augen treiben würden. Höhepunkt und gleichzeitig hoffungsvoller Umschwung ist auf halber Strecke der Übergang von ‚Instrumental I‘ auf ‚Love Of An Orchestra‘, in dem nicht der Teenager oder die Mittzwanziger, sondern das Familienoberhaupt, einsam unter den Seinen, „If you gotta run — run from home.“ anstimmt. Ein Bruch der dem Film die aufgestaute Schwere nimmt und die besten Einstellungen kommen dann ja auch erst noch.

[VIDEO] Noah and the Whale — ‚The First days of spring‘

[MP3] Noah and the Whale — ‚The First days of spring‘

4 Kommentare

  1. 01

    och schade, ich dachte, es würde um diesen Fink gehen: http://www.youtube.com/watch?v=p3WoS3mntlI
    der gefällt mir deutlich besser.

  2. 02

    ganz ganz herrlich, film wie musik. vor allem die musik. und diese band ist zudem noch ein überaus liebenswerter haufen. ganz die kleinen britischen gentleman – das netteste interview das ich bisher gemacht hab. anschauen lohnt sich.

  3. 03

    Wer ist Daniel?
    AllyMcBeal hat ein Drittel jeder Folge verwurlitzert!

  4. 04
    RonjaRT

    @#742094: Janz herrlich ist vielleicht etwas zu übertrieben. Es ist nett, netter noch als dieses netteste Interview da welches doch tatsächlich die kleine Schwester von… Ach und die nette Musik ist ja wohl weder Neo, noch Folk geschweige denn gar: http://de.wikipedia.org/wiki/Neofolk