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Moby Dick, Seite für Seite für Seite illustriert

Matt Kish illustriert Melvilles Klassiker — seitenweise.
Auf Seite 140 ist er inzwischen, etwa 900 weiter stehen ihm noch bevor, wenn er durchhält.
Auf seinem Blog erfährt man über Matt Kish, dass er gar kein Künstler sei und mit dem ambitionierten Projekt kein konkretes Ziel verfolge.
Die großartige grafische Umsetzung des Romans lässt mich aber zweifeln. Kein Künstler? All die Mühe für „nur so“?
Ich habe ihn gefragt — seine Antworten nach dem Klick.

(Die deutsche Übersetzung von Thomas Benle findet ihr in den Kommentaren)

SB: As you say you’re not a professional artist. What’s your profession?
Matt Kish: I have been interested in art ever since I was a very small child, but other than a few classes in high school and one in college, I never pursued it as a career. Partially because I’ve always had a lot of self-doubt about my art and my abilities, but mostly due to the practical concerns of looking for a more stable career. After spending several years as a high school English teacher, retail book store manage, patient registrar in a large urban hospital, and finally bookseller at a used book store, I went back to school and earned a master’s degree in library and information science. For the past few years I’ve been working for a large urban public library system in Ohio, and I enjoy it a great deal. I do find myself thinking about art every day, but I’ve never had any regrets that I didn’t pursue it as a career.

SB: What led you to the idea of illustrating Moby Dick?
Matt Kish: I had seen a similar project where the artist Zak Smith created one illustration for every page of Thomas Pynchon’s novel Gravity’s Rainbow several years before, so I have no doubt that planted the seed, but I didn’t set out to basically follow in Zak’s footsteps. I’m really not sure exactly how the idea came to me. It was late summer 2009 and it had been quite a few months since I had worked on something creatively that I felt really excited about. I was very bored and very uninspired, and I felt like I needed something challenging and ambitious, something already, in a sense, decided on by someone else. Moby-Dick has long been my favorite novel, and a brief online conversation with an old friend reminded me that I hadn’t read it in quite a few years. All of these things combined with my frustration and my unfocuses energy and in what to me seemed like a flash of divine inspiration, the idea of illustrating the entire novel shot into my head almost fully formed. It was a huge endeavor, challenging, already structured…I simply needed to get to work.

SB: Is there an answer to the question „Why are you doing this?“.
Matt Kish: There is, and it’s remarkably simple. I am doing it because I wanted to. No more, no less. I never set out to publish it, exhibit it, sell it, make money from it, earn fame for it, or even really to please anyone else with it. These illustrations are very much my Moby-Dick, how I see the novel, and what it means to me. When I finish an illustration and look at the completed piece in my hands, I’m very happy. I like what I’ve done so far, I am proud of it, and I look at the art often. So as simple and perhaps even foolish as that seems, the reason I am doing this is because I wanted to.

SB: There surely couldn’t be any better reason than this! I really hope you finish this precious project.
Until then: So long and thanks for all the Kish!

[via]

17 Kommentare

  1. 01
    Ste

    wenn es grundeinkommen gäbe würde ich das auch den ganzen tag machen :(

  2. 02

    Na da freuen sich ja alle, die Englisch sprechen können. Leider nur die.

  3. 03
  4. 04

    Boah, ist das großartig. Also auch wenn das nicht seine Absicht ist: Ich würde es wohl kaufen…

  5. 05

    @Aro:

    was ist „Berlin Street“ nochmal für ne Sprache? :D

  6. 06
    Ste

    @3: äh…achso? Was denn sonst? Schlafen?

  7. 07

    @jens: Soweit ich das sehe, alles in deutscher Sprache.

  8. 08

    @jens: lol! :)

    @Ste: es geht ja darum, das der typ das macht OBWOHL er nen job hat. der macht das aus leidenschaft. weil er es machen will, kann und muss. wäre das bei dir auch so, dann hättest du vermutlich schon längst damit angefangen. nur weil einer viel zeit in etwas investiert, muss er nicht gleich arbeitslos sein. mann mann mann.

  9. 09
    Ste

    @8: Nein natürlich nicht, ich schreibe beispielsweise an einen Roman, aber wenn ich meine beiden Jobs nicht mehr hätte würde ich noch viel mehr solcher Kreativarbeiten machen, mit Leidenschaft. Und wenn ich Grundeinkommen anspreche, spreche ich nicht von Arbeitslosigkeit!

  10. 10
    Thomas Benle

    @Aro:

    Na dann will ich mal nicht so sein:

    SB: Du gibst an kein professioneller Künstler zu sein. Was machst du beruflich?
    Matt Kish: Ich habe mich schon als kleiner Junge für Kunst interessiert, aber abgesehen von wenigen Kursen in der Highschool und einem am College nie die Absicht gehabt, das beruflich zu machen. Teilweise weil ich eine Menge Selbstzweifel hatte, was meine Kunst als auch meine Fähigkeiten anbetraf, aber vorallem aus ganz pragmatischen Gründen: Ich war auf der Suche nach einem sicheren Einkommen und Berufsleben. Nach einigen Jahren als Englisch-Lehrer an der Highschool, Leiter eines Buchladens im Einzelhandel, Patientenregistrar in einem großen städtischen Krankenhaus und schließlich als Buchverkäufer in einem Antiquariat, ging ich wieder zur Schule und machte meinen Master in Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Seit einigen Jahren arbeite ich nun für eine große öffentliche Bibliothek in Ohio und genieße meine Arbeit dort sehr. Ich denke täglich an Kunst, aber ich habe nie bereut, es nicht beruflich angestrebt zu haben.
    .
    SB: Wie kamst du auf die Idee Moby Dick zu illustrieren?
    Matt Kish: Ich war auf ein ähnliches Projekt des Künstlers Zak Smith aufmerksam geworden, der etliche Jahre zuvor jede Seite in Thomas Pynchons Roman „žGravity’s Rainbow“ mit einer Illustration versehen hatte und es besteht kein Zweifel daran, dass das die Saat gesetzt hat. Aber ich habe nicht prinzipiell damit begonnen, um in Zaks Fußstapfen zu treten. Ich bin mir absolut nicht sicher wie genau ich damals auf diese Idee gekommen bin. Es war im Spätsommer 2009 und es war schon einige Monate her, dass ich an etwas Kreativem gearbeitet hatte, dass mich wirklich begeistert hatte. Ich war gelangweilt und uninspiriert und fühlte mich als bräuchte ich etwas herausforderndes und ehrgeiziges, etwas das gewissermaßen schon von jemand anderem festgelegt war. Moby-Dick war lange Zeit mein Lieblingsroman und eine kurze Online-Konversation mit einem alten Freund erinnert mich daran, dass ich ihn in den letzten Jahren nicht einmal gelesen hatte. All diese Dinge, gemeinsam mit meiner Frustration und meiner ungenutzten Energie ließen die Idee einen ganzen Roman zu illustrieren wie ein Blitz göttlicher Inspiration fast schon vollständig geformt durch meinen Kopf schießen. Es war eine große Aufgabe, fordernd und bereits strukturiert. Ich musste bloß mit der Arbeit beginnen.
    .
    SB: Gibt es eine Antwort auf die Frage: „Warum tust du das?“
    Matt Kish: Die gibt es und sie ist bemerkenswert einfach. Ich mache es weil ich es wollte. Nicht mehr und nicht weniger. Ich habe nicht damit begonnen, um es zu veröffentlichen, auszustellen, zu verkaufen, Geld damit zu machen, Anerkennung einzuheimsen oder irgendjemand anders damit zu erfreuen. Diese Illustrationen zeigen vor allem meinen Moby-Dick, so wie ich den Roman sehe und was er für mich bedeutet. Wenn ich ein Bild fertigstelle und das fertige Stück in meinen Händen betrachte, bin ich sehr froh. Mir gefällt was ich bis hierhin geschaffen habe, ich bin stolz darauf und betrachte meine Werke oft. So einfach und vielleicht sogar albern das klingt: Ich tue das, weil ich es tun wollte.
    .
    SB: Es könnte sicherlich keine besseren Grund geben als diesen! Ich hoffe wirklich dass du diese wertvolle Projekt fertigstellst.
    Bis dahin: So long and thanks for all the Kish!

    (Den letzten Satz hab ich mal — als Anspielung auf „žThe Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ – im Original belassen, wer’s ganz genau wissen will, wird wie so oft bei Wikipedia fündig: http://de.wikipedia.org/wiki/Macht„™s_gut,_und_danke_für_den_Fisch Alles in allem eine sinngemäße und weniger eine wörtliche Übersetzung.)

  11. 11

    @Thomas Benle: Wow, das ist aber nett. Dankeschön!

  12. 12
    Thomas Benle

    @Johnny Haeusler: Ich habe zu danken. :) Das Projekt ist großartig!

  13. 13
    ber

    Eigentlich wollte ich was kritisches schreiben, aber ich verkneifs mir diesmal. Der Mann ist offensichtlich glücklich mit dem was er macht und das zählt.

  14. 14

    @Thomas Benle: Cool. Meistens stört mich das ja nicht so, aber das hier wollte ich schon lesen. Und die Übersetzung über Google war – naja, nicht wirklich hilfreich.
    Vielen Dank!

  15. 15
    a.

    Wow! This is awesome …

  16. 16

    Interessant ist, dass Thomas Benle hier etwas ähnliches tut wie Matt Kish – er investiert Zeit und „Arbeit“, obwohl er es nicht müsste. Und so kann Aro das Interview auch verstehen.

    (Über Aufwand und Schwierigkeit mag man denken, wie man will, aber doch ist es bemerkenswert, dass Thomas es überhaupt tut.)