Er hätte es auch niemandem Recht machen können. Das Dilemma lag auf der Hand. In jedem Fall würde er Straftäter begünstigen, so oder so. Entweder die Steuersünder, oder den Datenanbieter. Auf jeden Fall würde er Dieben die Hand reichen.
Es gab den Liechtensteiner Präzedenzfall, als Steinbrück unter ähnlichen Bedingungen eine Daten-CD kaufte. Es gibt die SPD, die ihr Herz für die verarmende Mittelschicht und den Bodensatz der Geselschaft wiederentdeckt hat. Es gibt den ständig präsenten Vorwurf an die Regierung, Klientelpolitik auf dem Rücken der Armen zu machen.
Und es gibt die Möglichkeit, diese Vorwürfe kurzfristig aus der Welt zu schaffen.
Rechtlich gibt es so viele Meinungen wie Äußerungen. Die einen sagen, der Staat mache sich beim Ankauf mit Straftätern gemein und untergrabe das Rechtsprinzip; kurzum, es handle sich auf jeden Fall um einen Rechtsbruch*.
Dabei ist schwerlich vorstellbar, dass der Anbieter sich die Daten legal beschafft hat. Die Daten stammen, auch gemessen an den Vorgaben des deutschen Rechts, aus einer Straftat. Niemand kann außerdem nur anhand einer solchen CD die Echtheit der Daten zuverlässig beurteilen.
Auf der anderen Seite steht die Meinung, man mache sich zwar mit Straftätern gemein, das aber sei in Ausnahmefällen legitim.
Darf der Staat mit Kriminellen Geschäfte machen? Rechtlich gesehen ja, und er tut es ständig. Er kann auch an Entführer Lösegeld zahlen, Taliban durch Schutzgelder ruhigstellen und Informationen von Landesverrätern ankaufen. Bei der Strafverfolgung gilt zwar grundsätzlich das Legalitätsprinzip, doch in Ausnahmefällen wie diesem kann auch das Opportunitätsprinzip zur Anwendung kommen und von der Verfolgung des „Verräters“ abgesehen werden.
Es handelt sich um ein moralisches Problem: Ob die Daten tatsächlich verwendet werden dürfen, ist umstritten.
Steuerfahnder ist kein schöner Beruf. Niemand springt auf, um einem ein Bier auszugeben, wenn man am Tresen sitzt und sagt, man sei Steuerfahnder. „Bluthunde des Fiskus“ nennt das Manager-Magazin einen Steuerfahnder, die „ihre Opfer zur Strecke“ bringen. Steuerfahnder, das ist ein frustrierender Beruf, die Büros sind unterbesetzt, es gibt zu viel zu tun. Und dass an der eigenen Arbeit Existenzen zugrundegehen, geht nicht spurlos an so manchem Fahnder vorbei. Und wenn man es ganz schlecht trifft, wird man von Koch persönlich zwangspensioniert.
Es gibt ungefähr 2.600 Steuerfahnder in Deutschland. Im Schnitt verursacht ein Steuerfahnder laut ver.di 80.000 Euro Personalkosten und nimmt 700.000 Euro pro Jahr ein. Kai Beller schrieb vor zwei Jahren in der FTD:
Die Finanzverwaltung ist Sache der Länder. Sie entscheiden darüber, wie viele Finanzbeamte für die Steuerfahndung arbeiten. In Bayern waren nach Angaben der Deutschen Steuergewerkschaft im Jahr 2006 rund 340 Steuerfahnder im Einsatz. Mehr als 760 Mio. Euro brachten ihre Prüfungen dem Fiskus ein. Im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen sollen 520 Beamte für die Steuerfahndung im Einsatz sein. Im Saarland arbeiten dagegen nur knapp 20 Mitarbeiter an der Aufdeckung von Steuerbetrug.
Es würde sich also lohnen, Steuerfahnder einzustellen. Aber auch an anderen Ecken und Enden fehlt es bei den Finanzbehörden. Laut verdi feheln neben 330 Steuerfahndern „im Veranlagungsinnendienst bundesweit etwa 2.700 Beschäftigte, in der Betriebsprüfung über 3.000“. Und das, obwohl das Steuerrecht immer komplizierter wird.
Aber weil nachlässige Kontrolle Unternehmen anlockt, verzichten die Länder darauf, Personal einzustellen oder sogar vakante Stellen zu besetzen. Besonders drastisch ist die Unterbesetzung in den südlichen Bundesländern. Andreas Kraft schreibt in der FR
Es ist eine ganz besondere Art der Wirtschaftsförderung: Seit langem tobt scheinbar ein Wettbewerb zwischen den Bundesländern um die nachlässigsten Steuerprüfungen. Deutlich spricht kein Politiker die Einladung zur Steuerhinterziehung aus.
Es existiert eine politische Tradition der Begünstigung, eine Tradition des Wegsehens bei Steuerhinterziehung. Das zeigt sich nicht nur in den nackten bürokratischen Zahlen. Es zeigt sich auch in der Terminologie. Wer dem Staat Einnahmen vorenhält, ist je nachdem ein armer (Steuer-)’Sünder‘, oder eben ein niederträchtiger (Hartz4)-‚Betrüger‘.
Einen ganz eigenen Thrill entwickelt die Geschichte aus eidgenössischer Perspektive. Im Cicero plädiert Gerhart Baum, Ex-FDP-Innenminister, dafür, die Beziehungen mit der Schweiz im Auge zu behalten:
Mit der Schweiz muss ein Abkommen ausgehandelt werden, so dass Auskünfte über deutsche Staatsangehörige mit Konten in der Schweiz möglich sind. Das Ziel muss genereller Informationsaustausch sein. Man darf sich nicht auf ein paar Daten beschränken, die man dann auch noch kaufen muss.
Ja, nun. Ein frommer Wunsch. Seit März vergangenen Jahres existiert ein Abkommen mit der Schweiz, das Amtshilfe auch bei Steuerhinterziehung betrifft. Zulässt. Fordert. „Dass dahinter auch die schlitzohrige Erwartung steht, der Amtshilfe könnten in der Praxis viele Zähne gezogen werden, steht auf einem anderen Blatt“, schreibt die FAS. Jedenfalls steht die Schweiz seiher nicht mehr auf der Liste der Steueroasen. Die Debatte darüber, inwiefern das Schweizer Bankgeheimnis gerettet werden kann angesichts der Informanten und dem internationalen Druck hält an. Wie die Sache ausgeht, ist nicht gewiss. Angesichts des Datenkaufs sprach Christoph Blocher von Kriminellen in der deutschen Regierung, lenkt inzwischen aber wieder ein. Teilweise.
Darauf zu warten, dass die Schweiz sich soweit einkriegt, Amtshilfe praktikabel zu gestalten, ist eine Option – aber eine stumpfe. Denn der Druck durch drohende Enthüllungen wird die Frage des Bankgeheimnisses in der Schweiz zur Lösung bringen: und dieser Druck entsteht maßgeblich durch die Informationslecke, die es wieder und wieder in Schweizer Banken geben wird.
Wie man die letzten Tage und die nächsten Monate sehen wird.
*In einem Update argumentiert Thomas Stadler, dass der Staat an der Tathandlung unmittelbar mitwirke, „wenn er die Daten ankauft. Daraus folgt zwanglos, dass der deutsche Staat, in Gestalt der konkret handelnden Personen, sich als Gehilfe oder Anstifter an einer Straftat beteiligt.“ Als Gehilfe oder Anstifter aber ist es notwendig, den Vorsatz beim Täter hervorzurufen – eben durch Anstiftung oder eine andere Hilfeleistung. Tatsächlich wurden erst die Daten geklaut, und dann mit der Bundesregierung verhandelt, der Diebstahl war also bereits vollendet. Man könnte an eine sukzessive Beihilfe oder Anstiftung denken, wenn man davon ausgeht, dass die Weitergabe eine Straftat ist. Aber da befindet man sich ganz tief in der Theorie.
Frédéric, in deiner Fußnote schreibst du, Thomas Stadler sehe eine unmittelbare Mitwirkung des Staates an „der Tathandlung“. Leider lässt du dabei ein entscheidendes Detail aus – nämlich worin diese Tathandlung besteht. Stadler bezieht sich ausdrücklich nicht auf die illegale Beschaffung der Daten, sondern auf deren „Mitteilung und Weitergabe“. Und die ist eben offensichtlich alles andere als beendet. Da muss man gar nicht so tief in die Theorie eintauchen. Wobei meines Erachtens ein wenig Theorie bei der Betrachtung moralischer und rechtlicher Fragen durchaus angebracht ist.
„Die kleinen Diebe hängt man, die großen läßt man laufen“, weiß der Volksmund. Wer die Nachrichten verfolgt, scheint den Spruch leider viel zu oft bestätigt zu sehen. Zum Glück sind hier zu Lande vor dem Gesetz alle gleich.
Mitunter dürfte es vielleicht auch zuviel an Courage erfordern, gegen hochgestellte Persönlichkeiten zu fahnden; könnte ja anschließend die eigene Karriere blockieren oder Repressionen nach sich ziehen. Da dürfte es mit dem Hartz IV-Empfänger doch einfacher sein.
Es geht m. E. gar nicht mal sooo sehr darum, die deutschen Steuersünder zu bestrafen, sondern die Schweiz unter Druck zu setzen, wo sie bisher gemauert hat.
Weil egal ob die Daten vor Gericht verwertbar sind oder nicht – die Daten beweisen, dass Schwarzgeld in großem Umfang in der Schweiz liegt. Das ruft die EU und die andern Nachbarn der Schweiz auf den Plan und ist ein Hebel um Druck auszuüben. Wenn die Schweiz hier nicht nachgibt, hat die EU ja alle Möglichkeiten, das durchzusetzen und mit den Daten-CDs auch einen Beweis.
(Oder will die Schweiz nur noch mit Ländern außerhalb der EU Handel treiben und nur über den Flughafen und keinen Landweg mehr? :D)
Ob die Daten vor Gericht verwertbar sind, kann man ja noch in aller Ruhe später vor Gericht klären. Selbst wenn nicht, dann wäre das auch kein Beinbruch. Weil wenn durch den Druck der automatische Informationsaustausch mit der Schweiz kommt, dann muss sowieso alles versteuert werden.
@#746466: Ich habs präzisiert. Aber um mal ganz tief in die Theorie zu gehen (hehe):
Es stellt sich die Frage, ob der Empfänger der CD überhaupt als Mittäter (Gehilfe oder Anstifter) in Betracht kommen kann. Schließlich muss sich der Mittäter sozusagen auf der Seite des Täters befinden. Aber die Weitergabe der Daten kann ja durch die Bundesrepublik schlechterdings nicht angestiftet worden sein. Weil: Der Verkäufer kam auf die BR als potentieller Käufer zu und nicht umgekehrt. Anhaltspunkte dafür, dass die BR initiativ auf einen eventuellen Datenräuber zugeht, bestehen meines Wissens nicht. Dogmatisch bleibt jedenfalls zu klären, ob das Tatsubjekt, hier BR, geeignet ist, an der Tat als Mittäter beteiligt zu sein. Das wäre ungefähr so, als wäre derjenige, der wegen Bestechlichkeit zu bestrafen ist, gleichzeitig ein Mittäter desjenigen, der ihn besticht.
@04 Frederic Valin
Weil die BR jetzt aber öffentlich so viel Geld für die Bankdaten gezahlt hat und es deshalb jetzt am laufenden Band Angebote zu Bankdaten gibt, dann sieht die Sache schon was anders aus. ;)
Vielleicht werden diese Ankäufe auch deshalb vielleicht spätestens so nach der 3. Bankdaten-CD gestoppt. Weil wenn die BR einen so schwunghaften Handel damit etabliert bzw. regelmäßig daran mitwirkt, kann man das bestimmt wirklich als Anstiftung (oder so) werten.
Aber egal – Wenn die Juristen die Regierung so beraten, dass das angeblich straffrei ist, kann man keinen deshalb bestrafen. Selbst wenn später ein Gericht sagen sollte, das war strafbar bzw. illegal.
Und der Zweck wird erreicht:
Druck auf die Schweiz damit das Bankgeheimnis fällt und Beweise die den Druck rechtfertigen.
Schließlich hat man es lange genug im Guten versucht.
Spätestens wenn im Sommer die Sparvorschläge der Regierung vorgestellt werden, wissen wir, warum diese Steueroase Schweiz nicht mehr toleriert werden kann. Sonst zahlen die EU-Bürger die Zeche und die feinen Herrschaften setzen sich in die Schweiz ab.
Ich war mal so frei, eine neue Karrierechance in diesem Marktsegment zu formulieren:
http://www.gelsenclan.de/index.php/neue-karrierechance-feb/
Bitte nicht bewerben, ist nur Spass :-)
Möglicherweise sind viele Bürger nicht damit einverstanden, WIE der Staat ’seine‘ Steuern einsetzt. So wird selbst unter der neuen Koalition die Bürokratie lt. ‚Spiegel‘ weiter ausgebaut (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,675361,00.html)
Grundsätzlich muss ich sagen ist es eine schwere Entscheidung ob man nun die Steuer CD verwenden sollte oder nicht. Wenn es aber nach meiner Meinung nach gehen würde dann sollte man diese besser aus dem Spiel lassen, den wenn der Staat einem Verbrechen hilft dann kommt er seinen Bürgern nicht mehr als Vaterland entgegen sondern tut das was seine Bürger unterlassen sollten, Straftaten begünstigen.
Zum anderen sollten natürlich die Steuergelder auch im Staat bleiben und nicht aus dem Fenster hinaus geworfen werden, dafür sollte man die Steuersünder auch verurteilen.
Aber da der Staat ja auch nicht besser mit den Steuergeldern umgeht bin ich der Meinung das man diese CD nicht annehmen sollte und den Anbieter verurteilen sollte. Das die Schweizer Konten nicht mehr sicher sind sollte so einige Steuersünder schon aufschrecken lassen und zum andersdenken bringen.
und vielleicht ist das alles nur ein großer Hoax, damit Leute mit schlechtem GEwissen oder schwachen Nerven sich selbst anzeigen.
Wenn es nur um die Daten der CD gehen würde, könnte man die auch einfach kaufen, und dann ne konzertierte Razzienaktion im Bundesgebiet durchziehen. Aber jemand hat wohl mal mitgedacht und entschiden, dass der Anteil derjenigen, die so erwischt werden, kleiner ist, als der, der sich durch permanenten Medienbeglückung (seit wievielen Tagen ist das jetzt in fast jeder Nachricht und großen Kommentaren der Tageszeitungen?) zur Selbstanzeige treiben läßt. Razzien kann man dann immer noch machen.
Ein großartiger Fnord. Einfach mal alle paar Jahre mit viel Tamtam behaupten, man hätte jetzt wieder Daten und schauen, wer noch aus Löchern gekrochen kommt. Kostet quasi nichts (das übernehmen die Medien) und der Vorteil dürfte auf der Hand liegen.
Cronies kann man ja immer noch unter vorgehaltener Hand dezent beruhigen, dass es sie ja nicht betrifft…
@ 08 thinker
In 2 Wochen treten Schäuble und Merkel vor die Presse und sagen:
April! April! :D
Nee, das ist doch Quatsch. Die machen doch nicht halb Europa scharf auf die Bankdaten, ganz Deutschland verrückt, treiben die Schweiz fast in den Krieg und dann gibts gar keine CD. Sorry, aber dann wären Rücktritte fällig.
Totlachen würde ich mich trotzdem. :)
Ich denke es ne CD gekauft und die Gründe sind:
1. Aus Imagegründen den Leuten zeigen, dass es bei Schwarz-Gelb nicht nur gegen die Kleinen geht. (Auch im Bewusstein der Sparvorschläge im Sommer)
2. Die Schweiz unter Druck setzen, damit die beim Bankgeheimnis und Infomationsaustausch endlich nachgibt.
3. Steuersünder abschrecken.
4. Legal, illegal, scheißegal – solange die Juristen Wege finden das als legal einzustufen. Andere Staaten machen sowas mit Krieg und Folter. Die Regierung beruft sich auf die Juristen und die Juristen auf fehlende Urteile und Irrtum. Und alles ist in Butter. Und das ist ja tatsächlich nicht eindeutig.
5. Außerdem will doch auch keiner, dass 1000 Leute ins Gefängnis gehen. Denen die Möglichkeit zur Selbstanzeige einzuräumen ist fair. Und ne öffentliche Diskussion darüber ist auch sinnvoll. Das macht ja auch den Druck auf die Schweiz.
Mich würde mal ernstlich interessieren, wer die „verarmende Mittelschicht“ sein soll. Das ist vmtl. ein propagandistisches Lügenkonstrukt der letzten drei deutschen Regierungen (wie die „Freiheit am Hindukusch“).
Ein moralisches Problem kann ich aber nicht wirklich erkennen. Bzw. das Problem ist die Politik. Eine Regierung, die aus reiner Geldgier Hehlerei betreibt (und die fremde Länder in einem völkerrechtswidrigen Krieg besetzt und die Einwohner tötet), ist selbst das Problem und stellt eine Räuberbande dar oder noch Schlimmeres. Und diese Personen erwarten allen Ernstes von der Bevölkerung Vertrauen und Gesetzestreue!
Im übrigen ist doch schon lange klar, daß nur deshalb Daten gestohlen werden, weil man sie (teuer) verkaufen kann. Das ist ja gerade die Stellung des Hehlers, daß er die Kriminalität am Laufen hält.
für den staat ist das eine reine kostenrechnung. die moralische frage ist da sekundär geworden und wird am ende unter vielen millionen euro begraben liegen.
danke für diesen schönen artikel, ich denke er fasst das thema sehr umfassend zusammen.
Wenn nun schon die deutsche Regierung offen und unverblümt als Hehler auftritt und Diebstahl mit Millionen belohnt, wie kann man dann noch irgendwelche moralischen Werte von seinen Bürgern verlangen?
Ich empfehle: http://www.focus.de/finanzen/steuern/steuerfahndung/steuersuender-cd-rechtsstaat-auf-der-resterampe_aid_478242.html
Letzter Satz in dem Artikel, noch ergänzt mit einem Punkt von mir:
Die Stimmung könnte allerdings schnell kippen. Sollte der Regierung irgendwann ein detailliertes Verzeichnis aller Bürger angeboten werden, die seit Jahren ihre Putzfrau schwarz bezahlen (> oder mit allen Hartz4-Betrügern), sollte die Politik nicht mehr auf eine breite Zustimmung für den Datenkauf setzen.
Am Rande noch eine Bemerkung:
Niemand fragt sich, wie der Datendieb an die Daten-CD gekommen ist. Das weiss und interessiert auch niemand.
Mal folgende Fälle überlegt:
a) Der Datendieb hat der Tochter eines Bankberaters eine Knarre an Kopf gehalten und gesagt er drückt ab, wenn der Berater nicht diese Daten für ihn stiehlt.
b) Der Datendieb erpresste einen Bankberater, dass er die Daten stiehlt (z.B. mit Seitensprungfotos)
c) Der Datendieb ist eine ehemaliger Bankberater, der heimlich eine Kopie der Bankdaten seiner Kunden gezogen hat.
Würden die Befürworter hier tatsächlich in jedem dieser Fälle die Daten-CD kaufen und den Datendieb mit 2.5 Millionen belohnen?
Oder was kommt als nächstes? Sollen deutschen Truppen Richtung Schweiz marschieren und sich grenznah aufbauen – nur als Drohkulisse, erstmal … denn der Zweck heiligt ja die Mittel, oder? Wer 5min nachdenkt wird zu dem Schluss kommen, dass es niemals gerechtfertigt ist in einem Rechtsstaat so einen Deal abzuschliessen. (http://www.lawblog.de/wp-content/uploads/2010/02/100208a.jpg)
@14 Hajole
> „Wenn nun schon die deutsche Regierung offen und unverblümt als
> Hehler auftritt und Diebstahl mit Millionen belohnt, wie kann man dann
> noch irgendwelche moralischen Werte von seinen Bürgern verlangen?“
Wie soll die deutsche Regierung denn irgendwelche moralischen Werte von ihren Bürgern verlangen, wenn sie millionenschwere Steuerhinterzieher laufen lässt, obwohl sie diese eigentlich dingfest machen könnte? ;)
Außerdem geht es auch darum, die Schweizer mit Druck von ihrer selbstgerechten Lebenslüge Bankgeheimnis zu befreien.
@#746583: Jetzt lass mal die Kirche im Dorf. Das sind 1500 Datensätze, die geschätzte 400 Millionen Euro Steuern hinterzogen haben. Und der Vorwurf der Hehlerei ist ganz offensichtlich fernab jeglicher juristischer Kenntnis. Wie der Focus-Artikel, der einerseits sagt, es gebe da keine Rechtsprechung zu (was falsch ist), und andererseits, deswegen dürfe der Staat auch nicht handeln. Was für ein Quatsch. Und der letzte Absatz ist auch ganz großer Unfug: denn natürlich muss das, wenns zur Klage kommt, ein Gericht klären. Und das dauert nunmahl. Soll die Politik etwa Druck auf das Gericht ausüben, damit dieses schneller entscheidet?
Und noch eine Anmerkung … hier in Deutshcland wird sich über die Vorratsdatenspeicherung, SWIFT, KWG24c, etc. > den gläsernen Bürger beklagt, aber auf der anderen Seite der Schweiz vorwerfen, wenn sie den Bürger vor dem Staat schützt. Das ist scheinheilig!
Bürgerrechte schützen IMMER auch Täter, aber das muss man in Kauf nehmen. Anstatt die Schweiz zu unterstützen werden in dem Fall die Steuerhinterzieher genommen ( wie in Deutschland die Kinderpornoraubkopierterroristen) um Bürgerrechte zu untergraben.
Ich wäre eher dafür in Deutschland das Bankgeheimnis wieder einzuführen, denn so witzig ist das nicht, wenn jeder dahergelaufene Praktikant auf dem (Sozial/Finanz-)Amt ALLE meine Konten mit einem Knopfdruck durchforsten kann.
Ich denk‘ mal, der deutsche Staat wird das Ganze nicht „nur“ wegen einigen Millionen machen, da erhofft man sich schon noch mehr davon: Druck auf die Schweiz, automatischer Datenaustausch, wie schon gesagt.
Nun, ob der CD-Kauf okay (moralisch und rechtlich) ist oder nicht, kann man jetzt lange diskutieren, aber um mal noch einen anderen Aspekt zu betonen: Ich wäre froh darüber, wenn die unsägliche Steuerhinterziehungs-Differenzierung fallen würde.
Es ist so absurd: Wenn man ein Konto angibt und den Betrag runterkorrigiert (und dafür Belege fälscht) ist es Steuerbetrug, wenn man das Konto gar nicht angibt, Steuerhinterziehung, und die ist nicht strafbar. Gegen das Argument der Bankenlobby „die Abschaffung der Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und -hinterziehung zerstört den Schweizer Finanzplatz“ (was IMHO ein Eingeständnis ist, dass man Geld macht mit moralisch verwerflichen, aber gesetzlich abgesegneten Handlungen) kam in der Schweiz lange Zeit niemand an. Als in Deutschland ein Professor von der Uni St. Gallen sagte, in der Schweiz bestehe in dieser Sache kein Unrechtsbewusstsein, wurde er hier niedergebuht (er war übrigens Deutscher, super Feindbild, und Wasser auf die Mühlen der SVP).
Wenn nun die Steuerhinterziehung endlich nicht mehr als Mäntelchen funktioniert, wäre ziemlich viel gewonnen —Â ironisch nur, dass das die Schweiz nicht selbst geschafft hat. Aber das zu beurteilen ist dann unsere Sache, und das „kaufen oder nicht“-Dilemma ist wohl Sache von Deutschland. Sowieso amüsiert mich die ganze Geschichte mehr, denn dass ich es skandalös finde, zugegeben, da schwingt Schadenfreude mit.
So schlimm ist doch das Ganze auch wieder nicht, Staaten spielen einfach dieses Spiel namens Politik — auch wenn man sich wünscht, dass es danach wieder etwas transparenter und ordentlicher her und zu geht. Rechtfertigt der Zweck die Mittel? Soweit ich das beurteilen kann, in diesem Falle ja.
Das ist doch ein Dammbruch.
a) Die Daten sind gestohlen worden (jaja, auch wenn Herr Geissler das bei Anne Will nicht so gesehen hat – die wurden ja nur kopiert… ähm ja. Sagt das mal der Content-Industrie) und der Dieb bietet sie dem deutschen Staat an. Gegen Geld. Da gibt es im StGB doch diesen Artikel bezüglich Hehlerei? Ja. Nix anderes ist das.
b) Es wird ein Markt für gestohlene Daten etabliert. Was kommt als nächstes? Krankenkassendaten, Versicherungsdaten ???
c) Der „Staat“ stellt sich über das Gesetz, sagt: „Ja, die lieben Bürger halten sich bitte dran, wir (als Gesamtheit der Bürger… schon vergessen?) müssen das aber nicht. Weil wir hier eine Güterabwägung vornehmen, und weil uns das viel Geld einbringt. WIE verklickerst Du dem „kleinen Mann von der Straße“, der er sich in Zukunft an Gesetze halten soll???
d) Wegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung in CH: Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal… Natürlich ist auch die Steuerhinterziehung in CH strafbar! Aber eben nicht so schwerwiegend wie der Steuerbetrug. Und vielleicht vergessen das einige ja immer noch – die Schweiz ist ein Rechtsstaat, kein Schurkenstaat – und sie haben jedes Recht, in ihrem EIGEN Staatsgebiet EIGENE Gesetze (wie die Unterscheidung von -Betrug und Hinterziehung zu haben).
@19
Gerade der Geißler hat das doch schön erklärt:
Wenn jemand nen Drogenring sprengt oder nen Mädchenhänder-Ring dadurch auffliegen lässt, indem er von deren Computern interne private Daten kopiert und der Polizei übergibt, dann ist das nicht strafbar, sondern der kriegt noch nen Orden und die Belohnung in Geldform.
Genau so ist das mit privatesten Bankdaten von Steuerhinterziehern.
Daten von Banken die millionenschwere Steuerhinterzieher decken sind nicht schutzwürdig. Genau so wenig, wie private Daten von Drogenhändlern oder Kinderschändern.
Und „der Polizei/Steuerfahndung übergeben“ heißt ja nicht veröffentlichen. Und Deutschland ist schließlich auch ein Rechtsstaat. Jeder kann gegen die Verwendung der Daten und den Kauf klagen.
Solange „wir“ in Afghanistan über 100 Menschen töten…. und manche Politiker/Offiziere das als angemessen bezeichnen, ist die Diskussion um diese CD doch lächerlich.
@#746611: Der Geissler ist ein billiger Populist.
Der Täter begeht in einem anderem Land eine Straftat, die selbst in Deutschland strafbar wäre.
Weisst du wie er die Daten bekommen hat? Du gehtst davon aus, dass er sie einfach kopiert hat … ist wahrscheinlich, aber nicht erwiesen. Was wäre wenn er für die Daten jemand umgebracht hätte? Wäre dass dann auch noch so Ordenswürdig? Dürfte man die Daten dann auch kaufen (und somit weitere Morde indirekt in Auftrag geben)? (Ich weiss dass das Beispiel extrem ist, aber dadurch wird vielleicht deutlich wie idiotisch die Argumentation der Befürworter ist)
Wenn du durch eine illegale Hausdurchsung einem Mädchenhändllerring auffliegen lässt oder durch Folter dies geschieht … also durch bewusstem Rechtsbruch des Staates … sollte man denen dann auch einen Orden umhängen? Denn Bürgerrechte sind ja deiner Meinung nach für Verbrecher nicht gültig … tz, tolles Rechtsverständnis. Und bei dir sind es ja jetzt schon Steuerhinterzieher (nicht nur Schwerverbrecher), denen du das Recht auf rechtsstaatlichkeit absprichst … wer kommt als nächstes? Falschparker? Meine Güte – ich kann da echt nur den Kopf schütteln. Solange es einen nicht selbst betrifft kann man ja schön mal auf die Kacke hauen.
@22
Wenn ich illegal bei nem Mädchenhändlering einbreche, private Daten kopiere und die der Polizei übergebe und damit schwere Strafdaten aufdecke, dann ist das in der Tat nicht strafbar. Das ist ganz normales Recht.
Wenn der Staat das täte, dann wäre das was anderes. Aber das ist ja hier nicht der Fall. Den Geheimdiensten ist das aber z. B. wieder erlaubt.
@#746617: „Was wäre wenn er für die Daten jemand umgebracht hätte?“
Ja, das hilft natürlich weiter. Wenn man eine Zugfahrkarte kauft, dann ist das deswegen strafbar, weil man ja eine Atombombe im Gepäck haben könnte.
Natürlich geht es um einen selbst, denn Steuergelder finanzieren diesen Staat, dessen Bürger wir sind.
@#746619: So ein Quatsch hab ich selten gelesen. Wenn du als Privatperson illegal wo einbrichst und Daten stiehlst soll das nicht strafbar sein … iss klar. Ok, aber immerhin weiss ich nun, dass man dich garnicht ernst nehmen darf.
@#746624:
Ich verstehe deinen Einwand zur Hinterfragung der Art von Beschaffung von Information nicht. Oder vielleicht ein deutlicheres Beispiel … Sollte ein Richter nicht hinterfragen, wie ein Geständnis zustande gekommen ist? Und falls dieses nicht rechtsstaatlich zustande gekommen ist (egal ob es wahr oder unwahr ist) dieses nicht als Beweis zulassen um zukünftige Rechtsbrüche zu verhindern? Du argumentierst, dass man erstmal irgendwie – egal mit welchen Mitteln – das Geständnis bekommen soll und danach soll ein Richter entscheiden, ob dies legitim war. Nice.
Und ich hab dich schon verstanden … für die Beschaffung dieser Steuergelder ist (nahezu) jedes Mittel recht deiner Meinung nach … ich bin jedoch anderer Meinung.
Der Staat handelt immerhin stringend, denn zur (vermeintlichen) Terrorismusabwehr ist ihm auch jedes Mittel recht. Er handelt konsequent. Nur die Doppelmoral von den Befürtwortern hier (wie in @#746591 angesprochen), find ich, stinkt zum Himmel.
@#746628: Wenn Du den Artikel liest, wird Dir auffallen, dass ich mir Mühe gebe, zu differenzieren (was man bei Dir wahrlich nicht behaupten kann). Dass der Staat sich der Hehlerei schuldig macht, ist juristisch nicht haltbar. Die juristische Problematik ist im Artikel angerissen, vertiefend dazu die Fußnote. Es ist kompliziert, schon klar, was Dir nicht das Recht gibt, es in Deinem Sinne auf die Dir genehmste Variante runterzubrechen. Du wirfst Geissler Populismus vor und tust nichts anderes: an allen Ecken verkürzen, auslassen, überbewerten, möglichst wenig abwägen.
Dass wir unterschiedlicher Meinung sind: geschenkt. Mich nervt eher das laute Getöse, mit dem Du Deine Meinung zu etablieren versuchst. Fakten lese ich kaum, aber viele Mutmaßungen, viel Konjunktiv.
Und ein entscheidender Unterschied zwischen Vorratsdatenspeicherung oder der Kinderporno-Debatte ist das Argument, dass man mit den von der Reg. vorgeschlagenen Mitteln nicht einen Straftäter erwischen wird. Dass sie zur Strafverfolgung untauglich sind. Die Gegner von von der Leyens Plänen haben überhaupt nichts gegen eine effektive Verfolgung von Kinderpornographie, ihre Argumente beziehen sich darauf, dass sie nicht sehen, inwiefern Kinderpornographie von von der Leyen effektiv bekämpft wird. So zu tun, als wären die Netzsperrengegner pro Kinderpornographie, ist perfide, unsachlich und entbehrt jeder Grundlage.
@ 22 Hajole: Der Täter begeht in einem anderem Land eine Straftat, die selbst in Deutschland strafbar wäre.
Sicher?
„Die umstrittene Nutzung gestohlener Daten ist selbst in der Schweiz juristisch erlaubt. Das Schweizerische Bundesgericht in Lausanne hat schon im Oktober 2007 einen einschlägigen Fall entschieden – und erklärt, dass die schweizerischen Steuerbehörden im Steuerstrafverfahren gestohlene Daten verwerten dürfen.“
Sueddeutsche vom 03.02., via Fefe
@#746632:So zu tun, als wären die die Steuer-CD-Kauf-Gegner pro Steuerhinzerziehung, ist ebenfalls perfide, unsachlich und entbehrt jeder Grundlage.
Da es leider noch kaum Fakten zur Rechtmässigkeit dieses Deals gibt kann nur spekuliert und gemutmasst werden. Wie du schon sagtest gibt es genügend Rechtsexperten auf beiden Seiten. Das meine rechtliche und moralische Sichtweise deiner Meinung nach „lautes Getöse“ ist sei dir gegönnt. Solange sie einige Leute zum nachdenken anregt ist es für mich in Ordnung
@#746634: Ja. Da der Datendiebstahl strafbar ist und bleibt, auch wenn die Daten verwendet werden dürfen im Steuerstrafverfahren.
@#746635: Falsch, denn Du stellst Dich (ob beabsichtigt oder nicht, der letzte Satz von Kommentar @#746617 lässt da viel Deutungsspielraum) schützend vor konkrete 1500 Straftäter.
Ich finde es erstaunlich, dass wenn es um Steuerhinterziehung geht, auf einmal groß rumgeheult wird, dass der Staat sich zum Hehler mache und mit Kriminellen deale. Aber wie war das denn bei den Herren Hartz und Zumwinkel? Gab es da nicht auch Deals zwischen Staatsanwälten, Richtern und Anwälten? Hat der Staat da nicht auch mit Kriminellen verhandelt? Da wird mal schön bei den entsprechenden Einrichtungen gekürzt, bis der Staat dann nicht mehr die manpower aufbringen kann, die es bräuchte, um solche Leute wirklich dingfest zu machen und hinter Schloss und Riegel zu bringen. Solche Aktionen untergraben das Vertrauen in den Rechtsstaat, der Ankauf von Daten-CDs nicht.
Ich kann es ebenfalls nicht verstehen, wie man so blind sein kann, die mehr als plumpen Argumente des Staates zu glauben. Im Grunde hat es etwas Erschreckendes, daß eine große Anzahl von Leuten einfach nachbetet: Toll, es geht gegen Steuerhinterzieher, da ist jedes Mittel recht. Mir sind die angeblichen Steuerhinterzieher und deren angebliches Geld völlig egal. Das Groteske ist doch hierbei die Massensuggestion, der so viele erliegen. Daß sie genarrt werden von der Politik (und ihren Hilfswilligen) wie die Hunde beim Hunderennen, die wie irre hinter einem Fell als Köder hinterherhetzen, merken sie nicht bzw. blenden sie aus. Ich kann auch nur ablehnen, daß sich ein Staat wie D als Erzieher und Zuchtmeister eines Staates wie der Schweiz aufspielen möchte. Erst besetzen wir Afghanistan, jetzt prügeln wir die Schweiz krankenhausreif – das scheint die Reaktion einer tollwütigen deutschen Regierung zu sein. Wenn da Jubel aufbrandet, warum erinnert mich das so an deutsche Geschichte?
@#746638: Das erinnert mich ja jetzt mal an das klassiche vdL-Argument. Wer gegen die KiPo-Sperre (und deren Auswertung!) ist, der schützt KiPo-Konsumenten *lach*.
Sorry, aber du unterstellst gerade, dass die 1500 Leute (bewusst) Steuern hinterzogen haben und somit Straftäter sind. Weisst du es? NEIN! Kein Mensch weiss es. Was du machst ist eine Vorverurteilung.
Die Steuerverfahren werden es zeigen, falls es dazu kommt.
Um es nochmal deutlich zu machen: Ich bin für die Verfolgung von Steuerhinterziehern, aber nicht mit allem Mitteln. Und dieses Mittel ist schlicht unakzeptabel. Juristische Winkelzüge hin oder her – moralisch kann man das nicht machen. Klar definiert jeder für sich Moral anderst – ich persönlich finds widerlich, wenn ein Staat zu solchen Mitteln greift.
Aber eins gebe ich gerne zu. Ich finde die Verhältnismässigkeit wie in Deutschland gegen Steuerhinterzieher vorgegangen wird im Vergleich zu vielen anderen Straftaten bei denen es um Leib und Leben geht einfach krass und überzogen. Ich hab das Gefühl das Steuergeld in D nahezu das wichtigste Gut ist. Meiner Meinung nach ziemlich erbärmlich.
@#746649: „Sorry, aber du unterstellst gerade, dass die 1500 Leute (bewusst) Steuern hinterzogen haben und somit Straftäter sind. Weisst du es? NEIN!“
Okay, aber es handelt sich um Verdachtsfälle. Ich bin mal gespannt, welcher Richter der Argumentation „Oh, sorry, ich hab ausversehen Geld in der Schweiz in einer Bank verloren, und das hab ich auch nicht versteuert, hab ich vergessen, tut mir leid“ folgt. Davon von vornherein auszugehen, ist fahrlässig: das Verdachtsmoment ist doch offensichtlich.
Wie Du darauf kommst, dass angesichts des kalkulierten Personalmangels in Finanzbehörden „die Verhältnismässigkeit wie in Deutschland gegen Steuerhinterzieher vorgegangen wird im Vergleich zu vielen anderen Straftaten bei denen es um Leib und Leben geht einfach krass und überzogen“ ist, darauf bin ich mal gespannt. Gibts dazu was belastbares, oder ist das eine reines Bauchgefühl?
@#746647: Der erste Hitlervergleich! Endlich.
@25
Wenn ich irgendwo illegal einbreche und gezielt Daten kopiere, um damit schwerste Straftaten (Mädchenhandel, Drogenring, Steuerbetrug in Millionenhöhe) an die Polizei auszuliefern, dann ist das nicht strafbar. So was nennt man mitunter sogar Zivil-Courage.
Vielleicht wird ja nen Ermittlungsverfahren eröffnet. Aber dann sicher schnell eingestellt, wenn ich damit den Drogenring zerschlagen habe. Staatsanwälte haben ja nicht umsonst Ermessensspielraum.
Auch dann, wenn du das nicht glauben willst. ;)
@#746649: Steuern sind für den Staat nicht nur nahezu das wichtigste Gut, sondern das Einzige. Wie soll er anders an Geld kommen? Steuerhinterzieher enthalten dem Staat das Geld vor, um Straftaten, bei denen es um Leib und Leben geht, angemessen zu verfolgen. Schon mal dran gedacht?
@#746647: Ja warum erinnert dich das denn so an deutsche Geschichte? Damals wurde die Schweiz doch gehätschelt und gepflegt…
@#746652: Es gibt viel belastbares … du musst dir nur die Strafenmasse bei andern Straftaten anschauen im Vergleich zu http://bundesrecht.juris.de/ao_1977/__370.html.
Einfaches Beispiel ausm Bauch …
Wenn ich ich durch „vorsätzliche Raserei“ (lassen wir mal die Nötigung durch dichtes auffahren o.ä. weg) auf der Autobahn in Deutschland einen Unfall verursache und dabei mehrere Menschen verletzt werden oder gar sterben bekommt man in 99% der Fälle mit ein paar Tagessätzen und Bewährung davon ( Bekanntes Beispiel http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/justiz/Steiner-Unfall-Fahrer-bekommt-Bewaehrung_aid_645835.html). Wenn ich aber mehr als 1 Mio Euro Steuern hinterziehe, dann sitze ich zu 100% im Knast.
Was ist also in Deutschland mehr Wert? Klar kann man jetzt sagen … war ja ein Unfall und fahrlässig – aber ist es wirklich fahrlässig wenn man rast (überhöhte Geschwindigkeit) und nicht schon Vorsatz?
@#746654: Na dann > es lebe die Selbstjustiz! Hoffentlich liege ich bei einem solchen Einbruch nicht falsch … aber das kann ja mal passieren … *kopfschüttel*
@37
Wenn du bei so einem Einbruch falsch liegst, dann würdest du bestraft. Du könntest dem Richter höchstens deine Gründe mitteilen und auf Milde hoffen.
Wenn du aber offensichtliche Schwer-Verbrecher bestiehlst, um die dingfest zu machen, dann wirste natürlich nicht bestraft.
EDIT / ERGÄNZUNG:
Wenn ein Taschendieb dem Bankräuber beim Überfall die Geldbörse klaut und der Bankräuber dann deshalb gefangen wird, wird der Taschendieb dann wegen Diebstahl bestraft? :)
Genauso wird ein Bankangestellter nicht bestraft, der millionenschwere kriminelle Steuerhinterziehung aufdeckt, indem er Daten kopiert und an die Polizei liefert. Selbst wenn der Geld verlangt.
„Wenn ich aber mehr als 1 Mio Euro Steuern hinterziehe, dann sitze ich zu 100% im Knast. Was ist also in Deutschland mehr Wert?“
Und meine Güte, du schreibst ein Stammtisch-Zeug und bist völlig falsch informiert.
Da hat einer fast 8 Millionen Steuern hinterzogen und ist mit Bewährung davon gekommen. Die Strafen sind meistens sehr milde.
http://www.rp-online.de/panorama/deutschland/justiz/Bewaehrungsstrafe-in-Liechtensteiner-Steuerprozess_aid_591696.html
Siehe folgende Artikel – der BGH war da ziemlich deutlich …. http://www.fr-online.de/top_news/1639398_BGH-verschaerft-Strafmass.html …
***
Der erste Strafsenat des BGH stellte mit seinem Urteil erstmals Leitlinien auf, die sich an der Höhe der hinterzogenen Steuern orientieren. Bis 50.000 Euro sind danach im Normalfall Geldstrafen fällig, bis 100.000 Euro kommt es auf den Einzelfall an. „Bei sechsstelligen Hinterziehungsbeträgen ist eine Freiheitsstrafe unerlässlich“, sagte der Senatsvorsitzende Armin Nack bei der Urteilsverkündung. Nur bei „gewichtigen Milderungsgründen“ könne davon abgesehen werden.
***
Und ab 1 Mio ist die Strafe zur Bewährung nur noch durch „besonders gravierenden Milderungsgründen“ möglich.
http://blogmbh.de/index.php/aktuelles/strafmass-steuerhinterziehung/82/
http://nachrichten.rp-online.de/article/politik/BGH-Steuerhinterziehung-wie-Betrug-behandeln/22712
http://www.rp-online.de/wirtschaft/news/BGH-verschaerft-Bestrafung-bei-Steuerhinterziehung_aid_645437.html
http://www.jurablogs.com/de/bgh-verschaerft-strafen-bei-steuerhinterziehung
…
Zum Rest:
Man kann Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen, egal wie hehr das Ziel auch sein mag (Bekanntes Beispiel: http://de.wikipedia.org/wiki/Daschner-Prozess).
@39
Ich weiß. Da haste sogar Recht. Die Praxis ist aber offensichtlich trotzdem etwas anders. Die Strafen sind wohl eher milde, nach allem was man so liest.
Und ein Vergleich Steuerhinterziehung <-> tödlichen-Unfall-verursachen, was ist mehr wert?, kann man doch trotzdem nicht bringen.
@39
„Man kann Unrecht nicht mit Unrecht bekämpfen, egal wie hehr das Ziel auch sein mag (Bekanntes Beispiel: http://de.wikipedia.org/wiki/Daschner-Prozess ).“
Hier (Daschner) liegen die Dinge aber etwas anders. Schon alleine, weil das hier ein Polizeipräsident in Ausübung seines Dienstes, also quasi der Staat, gemacht hat. In nem Fall um Leben und Tod vs. Menschenrechte. M. E. nicht so einfach vergleichbar.
Und im Steuer-Fall tut der Staat ja kein Unrecht. Er kauft nur Daten aus zwielichtigen Quellen, um Verbrecher zu überführen. Wie bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität mitunter üblich.
„Wenn ich irgendwo illegal einbreche und gezielt Daten kopiere, um damit schwerste Straftaten (Mädchenhandel, Drogenring, Steuerbetrug in Millionenhöhe) an die Polizei auszuliefern, dann ist das nicht strafbar. So was nennt man mitunter sogar Zivil-Courage.“
Was für ein Quatsch. Im Endeffekt kann dich der „Händlerring“ dann verklagen, wegen Einbruch, Diebstahl… whatever.
Du darfst z.B. in einem Prozess, wo dich jemand erpresst, und Du heimlich Telefongespräche davon aufgenommen hast, diese nicht als Beweismittel verwenden.
Bei Anne Will wurde was interessantes gesagt: Es gab bislang vor Gericht noch keine Auseinandersetzung um Rechtmäßigkeit des Datenkaufs, weil alle „Steuersünder“ eingeknickt sind, und es darum gar kein Thema war.
Hier agiert der deutsche Staat in einer Grauzone (die Klage beim Bundesverfassungsgericht ist noch anhängig), solange es eben geht.
Nur damit ich nicht falsch verstanden werden. WENN ein reumütiger Bankster hingeht, Daten aus seiner Firma rausschleppt, diese dann Finanzamt übergibt, damit „die reichen Typen“ gefasst werden, dann kann man diese Daten sicher verwenden (siehe Mädchenhändlerring-Beispiel).
ABER – hier geht ja jemand hin und fragt: „Wolle CD kaufen“ ? Und das geht nach meinem Rechtsverständnis eben nicht. Weil das einen Markt etabliert, der so sicher in Zukunft auch von denen nicht gewollt sein kann, die dann auch betroffen sein werden.
Stehe ich aber recht alleine da…
„Und im Steuer-Fall tut der Staat ja kein Unrecht. Er kauft nur Daten aus zwielichtigen Quellen, um Verbrecher zu überführen. Wie bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität mitunter üblich.“
Belege, Quellen bitte! Oder wollte da nur einer auch mal was sagen?
@42
„Wenn ich irgendwo illegal einbreche und gezielt Daten kopiere, um damit schwerste Straftaten (Mädchenhandel, Drogenring, Steuerbetrug in Millionenhöhe) an die Polizei auszuliefern, dann ist das nicht strafbar. So was nennt man mitunter sogar Zivil-Courage.“
> Was für ein Quatsch. Im Endeffekt kann dich der „Händlerring“ dann
> verklagen, wegen Einbruch, Diebstahl“¦ whatever.“
Mag ja sein, dass der mich möglicherweise verklagen kann. Aber glaubste im Ernst, ich werde dann bestraft und die Drogen/Mädchen-Händler nicht? ^^
Glaubst du ein geschickter Taschendieb, der nem Bankräuber beim Überfall geistesgegenwärtig die Brieftasche mit Perso raubt und der Polizei übergibt, wird bestraft oder das sei strafbarer Diebstahl? :)
> Bei Anne Will wurde was interessantes gesagt:
> Es gab bislang vor Gericht noch keine
> Auseinandersetzung um Rechtmäßigkeit des
> Datenkaufs, weil alle „Steuersünder“
> eingeknickt sind, und es darum gar kein Thema war.
Und genau das war falsch wie Herr Geißler richtigerweise gesagt hat:
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/lg/08/2-qs-10-08.php
„2. Der gegebenenfalls strafbare Ankauf von Beweismitteln führt nicht dazu, dass das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig beschädigt wird.
3. Dies gilt jedenfalls dann, wenn nicht ein zunächst rechtswidriges Verhalten der staatlichen Ermittlungsbehörden, sondern ein strafrechtlich relevantes Verhalten einer Privatperson vorliegt, das staatliche Behörden lediglich nachgelagert ausnutzen. Beweismittel, die durch Private in rechtswidriger Art und Weise gewonnen werden, sind grundsätzlich verwertbar.“
Eindeutiger gehts doch gar nicht mehr. (Landgericht Bochum)
@#746698: Win Markt wird sich vermutlich nicht etablieren. eine wirklich spannende Diskussion wird sein, ob und ab welchem Zeitpunkt der Staat sich schuldig macht beim wiederholten Kauf einer CD. Sobald der Staat einen Markt etabliert, das heißt, wenn er signalisiert, er würde jede Daten-CD kaufen, dann wirds diffizil. Dann könnte man argumentieren, dass er anstiftet; aber eben jetzt, nach dem zweiten Ankauf, kann man denke ich von einem Markt schlechterdings nicht sprechen.
„Es gab bislang vor Gericht noch keine Auseinandersetzung um Rechtmäßigkeit des Datenkaufs“
Das stimmt so nicht: ich glaube, in Bochum wurde verhandelt. Aber klar: es ist noch nicht letztinstanzlich geklärt.
http://www.welt.de/wirtschaft/article6351140/Datendiebe-erpressen-Deutschlands-groesste-BKK.html
Man erntet, was man sät!
@#746702: Wird es inzwischen diffizil? Nach meinem Kenntnisstand wurde bisher schon drei Bundeländern (NRW, Baden-Württemberg und Hessen) jeweils eine CD angeboten.