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Hamburger SV – Schalke 04 2:2

Schon wieder HSV, schon wieder von Thurn und Taxis. Aber die Alternative wäre das Dschungelcamp des heutigen Spieltags gewesen, Wolfsburg gegen die Hertha, abgehalfterten Starlets beim Scheiße fressen zusehen, wobei Hertha den fußlahmen Eike Immel gibt (der übrigens, haha, vor einiger Zeit Insolvenz angemeldet hat), und Wolfsburg, die in ihrem Rahmen neuerdings wieder aufstrebende Michaela Schaffrath. Plus, selbstredend, ein selbstgefällig grinsender, beleibter Mann, wobei Dirk Bachs Hemden ein ähnlich hohes Humorniveau anzeigen wie Hoeneß Entscheidungen von Fußballsachverstand.

Also Schalke. Dafür muss ertragen werden, wie von Thurn und Taxis beim Anblick von van Nistelrooy jedes Mal der Schnurrbart feucht wird.

Magath hat ja nun beschlossen, mit einem Kader der Güteklasse „EL-Anwärter“ und der Spielanlage „Abstiegskandidat“ um die Meisterschaft mitzukicken, ohne dass angesprochen werden darf, dass um die Meisterschaft mitgekickt wird. Bei Magath fühlt man sich schnell bemüßigt, sogenannte deutsche Tugenden durchzunummerieren: Zweikampfstärke, Kopfballstärke, mentale Stabilität, unkomplizierte Spielzüge. Dabei ist Magath astreiner Sozialist, in all seinen Grundzügen: Lob der Jugend, Zähmung des Künstlers, Idealisierung des Kollektivs. Und hinten steht immer die Mauer.

In dem Sinne schoben sich die Schalker eine halbe Stunde lang solidarisch die Bälle zu. Selbst freistehend vor dem Tor sah Rakitic sich befleißigt, den weniger mit Talent ausgestatteten Mitspielern den Ball in die Mitte zu schieben; ganz ohne Ergebnis. Verspielt waren sie wie junge Katzen, die Schalker, während Hamburg lauerte wie eine alte.

Irgendwann würde sich schon eine Gelegenheit ergeben.

Und sie ergab sich. Es war die 40. Minute, als Trochowski mit aller Gewalt, aber völlig deplaziert einen Ball nach Neuer drosch, der nur nach vorne abwehrte: Da stand van Nistelrooy und tat das, wofür er bezahlt wird. Einsnull, diverse Sekrete durchfloßen von Thurn und Taxis Oberlippenbehaarung.

Pause. Aus München dröhnte Gelächter durch die ganze Republik.

Die zweite Hälfte begann agiler, beweglicher, Schalke schien sich entschlossen zu haben, auch mal was mit dem Ball anzufangen, wenn sie ihn denn schon hatten. Hamburg währenddessen spielte seine Konter nicht zu Ende, was sich rächte: Zum Beispiel in der 61. Da beschloss die versammelte Sozialpädagogenversammlung der HSV-Abwehr, dem kleinen Kevin seinen Abschluss zu gönnen, ließ eine Baumjohann-Flanke lächelnd passieren und hinten stand er dann, der kleine Kevin, und benutzte seinen Kopf: Ausgleich.

Keine fünf Minuten später segelte Baumjohann aus unerfindlichen Gründen durch den Strafraum, Stark pfiff Elfmeter, Rakitic humorlos, Rost frustriert, Führung S04.

Es hätte besser kommen können: Wenn nicht Rincon auf dem Boden liegend per Kopf auf der Linie gerettet hätte, was Edu der Hamburger Verteidigung angetan hatte. Stattdessen aber zog auf der anderen Seite Trochowski links zum Spurt an, legte den Ball blind in die Mitte, wo Pitroipa eines seiner langen, dürren Beinchen hinhielt und ausglich. 77. Minute.

In München riss ein Zwerchfell.

Schalke spielte Fussball, mutig und entschlossen, Hamburg konterte. Spannung kam auf, und die vielen Fouls und unkonventionellen Spielzüge (Pitroipa!) ließen beinah etwas wie WM-Stimmung aufkommen.

Aber am Ende zählt das Ergebnis: Schalke noch immer auf zwei, Hamburg inzwischen auf sechs, die Spieler gaben sich die Hand, als sei nichts geschehen. Zu Recht.

Jetzt führt Hertha, just in diesem Moment, 3:1 in Wolfsburg. Und ich ärgere mich, Hoeneß nicht das Humpty Dumpty machen zu sehen.

Verdammich, ich muss nochmal los.

7 Kommentare

  1. 01

    Schlagwort

    Michaela Schaffrath

    Ach, Du meintest kicken.
    ——————-
    Alles ist rund

  2. 02
    Max

    Super! :D

  3. 03
    Tobi

    Klasse Spielbericht schön zu lesen

  4. 04
    Volker

    Lieber Frédéric,

    sicherlich ist spreeblick kein Forum für fachmännische oder auch nur ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Allerdings bekomme ich bei deinen Artikeln den Eindruck, du könntest Fussball überhaupt nicht leiden und wirst vom Haeusler zum Schauen gezwungen.
    Durch deine Überzeichnung und die an den Haaren herbeigezogenen Vergleiche bist du auf der gleichen Ebene wie Thurn und Taxis und Delling. Hier ist es das Dschungelcamp, dort ist es die dutzendfache Reif-Phrase „Also Leute, so geht´s nicht“. Diese pessimistische, zynische Sicht auf den Fussball scheint in Deutschland soetwas wie der kleinste gemeinsame Nenner der Berichterstattung zu sein: Man bewertet nicht die Reaktionsschnelligkeit, das Stellungsspiel und das Durchsetzungsvermögen des Stürmers sondern prangert vielmehr die Fehler bei der Zuordnung in der Defensive an. Man feiert nicht die Erfüllung des essenziellen Ziels dieses Sports, man bemängelt lieber die nicht gelungene Verhinderung.
    Leider verstehen deutsche Reporter ihre Funktion des Kommentierens als Pflicht, eine möglichst fantasievolle Bewertung abzugeben, die mit dem eigentlichen Geschehen kaum in Zusammenhang zu bringen ist. Dies führt zu unangemessenen bis respektlosen Bonmots, wenn es dann auch noch genau der Gomez/Neuer/Podolski/Kroos ist, der den entscheidenden Fehler macht – hatte man ihn doch vor dem Spiel als Schlüsselfigur oder Jahrhundertalent ausgemacht.

    Du siehst, Frédéric, mir ging es weniger um deine Berichte. Eher um eine vorsichtige, generelle Kritik, vermutlich hervorgerufen von einer Übersättigung an Fussballübertragungen.
    Damit du nie die Lust am Fussball verlierst, empfehle ich dir den Dokumentarfilm „Das Spiel ohne Ball“ und schließe mit dem großartigen Zitat daraus: „Nichts ist schöner als Fussball – es sei denn, die Erinnerung an den Fussball“.

  5. 05
    Volker

    Sorry. Doppelt, bitte löschen.

  6. 06
    Dood

    @Volker: so ernsthaft über Fussball reden: findest du das nicht selber etwas merkwürdig?

  7. 07
    kkaddi

    Das Schalke – HSV Spiel war ein klasse Spiel weil es bis zur letzten Minuten spannend gespielt worden ist.
    Schalke hat sich mal richtig klasse präsentiert und gezeigt, dass FC Schalke im Rennen um den Meistertitel mitspielen kann.
    Was der HSV die letzten drei Jahre nicht hin bekommen hat.
    Die haben das bis jetzt gezeigt, dass sie um den Meistertitel mitspielen können.
    Mit Wolfsburg hat Magarth es letztes ja gezeigt, dass Wolfsburg das erste mal Deutscher Meister wurde. Darum schließe ich es mit Schalke nicht aus, da Bayern und Bayer die letzten Spiele patzten. So ist es halt beim Fußball, dass es auch mal Wunder gibt. Womit keiner mit rechnet.