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Nur Mut, EU: SWIFT geht weiter

Das Europäische Parlament als gallisches Dorf, das den Datenschutz der EU-Bürger verteidigt? So schien es, nachdem die Abgeordneten das SWIFT-Abkommen abgelehnt hatten. Durchgefallen wegen Datenschutzmängeln. Am Mittwoch muss das Parlament über seine Resolution zur Neuauflage des Finanztransaktionsdaten-Austausches mit den USA entscheiden. Bleiben die Volksvertreter ihrer Linie treu?

Als das umstrittene SWIFT-Abkommen am 11. Februar vom EU-Parlament gekippt wurde, sorgte das für Aufsehen, bei einigen gar für Euphorie. Von einem historischen Moment für die Bürgerrechte und die europäische Demokratie war die Rede, der junge Grünen-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht wurde von der Financial Times Deutschland als „Mister Anti-Swift“ zum „Kopf des Tages“ gekürt. Er hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Parlamentarier sich gegen die EU-Kommission stellten und auf besseren Datenschutz pochten.

Seitdem sind beinahe drei Monate vergangen. Dem aktuellen Entwurf für die Neuauflage des Abkommens merkt man die Grabenkämpfe zwischen Parlament und Kommission zwar noch an, die der Abstimmung vorausgingen. Aber die großen Hoffnungen auf besseren Datenschutz, nun, da die Abgeordneten sich einmal auf die Seite der Bürgerrechte gestellt haben, scheinen sich nicht zu erfüllen.

Der transatlantische Datenaustausch ist immer belastet durch die Asymmetrie der Datenschutzgesetzgebung in Europa und den USA. Einmal in die Vereinigten Staaten übermittelt, sind die Daten europäischer Bürger dort weitaus schlechter geschützt als in ihren Heimatländern. Deshalb muss das Abkommen sicherstellen, dass die USA europäische Datenschutzstandards einhalten.

Das Hauptproblem scheint aber zu sein, dass das amerikanische Terrorist Finance Tracking Program (TFTP) nicht auf die Abfrage spezifischer Datensätze ausgelegt. Bis SWIFT seine Server nach Enthüllungen der New York Times aus den USA abzog, bestand dafür auch kein Anlass – die US-Behörden konnten sich einfach nach ihren Bedingungen an den Daten des Finanztransaktionsdienstleisters bedienen.

In der Konsequenz heißt das aber, dass die USA gerne Massenabfragen durchführen würden. Von solchen „bulk transfers“ wären in massenhaft Bürger betroffen, die nicht einmal im Verdacht stehen, sich an der Finanzierung von Terrorismus beteiligt zu haben. Nur, weil sie zur falschen Zeit eine Überweisung getätigt haben.

Die europäischen Grünen haben deshalb mit Unterstützung der Linken eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen eingereicht, die das verhindern sollen. Neben einer Klausel, die eine Weitergabe der Daten an Drittstaaten untersagt, soll Paragraph 8 der Resolution so abgewandelt werden, dass er die Abfrage von Finanztransaktiondaten auf spezifische Fälle beschränkt und einem Richtervorbehalt unterwirft:

[…] solutions shall ensure that the transfer requests are based on specific, targeted cases, limited in time and subject to judicial authorization, and that any subsequent processing is limited to data which disclose a link to persons or organisations under examination in the US.

Obwohl die Sozialdemokraten zwei weitere Vorschläge der insgesamt sieben Amendments der Grünen unterstützen, haben sie sich diesen Forderungen nicht angeschlossen. Intern heißt es aber, dass sie eventuell für die Veränderungsvorschläge zu den entscheidenden Paragraphen 8 und 9 stimmen werden, durch die Massenabfragen untersagt werden.

Das wäre auch ein starkes Zeichen dafür, dass Europa gewillt ist, den Datenschutz seiner Bürger gegen die Begehren der amerikanischen Terroristenjäger zu verteidigen. Paragraph 9 beschäftigt sich mit der Vereinbarkeit des TFTP mit dem Abkommen zur gegenseitigen Rechtshilfe (Agreement on Mutual Legal Assistance, MLAA). Bisher steht dort:

[The European Parliament] considers that the use of the Agreement on Mutual Legal Assistance is not an adequate basis for requests to obtain data for purposes of the TFTP, in particular because it does not apply to bank transfers between third countries and because it would, in any case, require the prior identification of a specific bank, whereas the TFTP is based on targeted searches of fund transfers; future negotiations should focus on finding a solution to make one compatible with the other.

Dieser Paragraph soll nach Vorstellung von Grünen und Linken abgewandelt werden, sodass er sich auf die Schwächen des TFTP und nicht des MLAA konzentriert:

[The Europeans Parliament] considers that the use of the Agreement on Mutual Legal Assistance (MLAA) allows to obtain data for purposes of the TFTP, although it would limit its scope because it does not apply to bank transfers between third countries and because it would, in any case, require a request to all banks in a specific region; future negotiations should focus on finding a solution to make TFTP compatible with the MLAA-system.

Die letzte Änderung zeigt deutlich, in welche Richtung die EU-Politik gehen muss: Harmonisierungen beim Datenschutz müssen nach europäischen Konditionen durchgeführt werden. Die Parlamentarier sollten den Mut zeigen, weiterhin die Konfrontation mit den USA zu wagen. Das gilt auch für die vielen Konservativen, die im Februar gegen das SWIFT-Abkommen stimmten. Kein Abgeordneter kann ein Interesse daran haben, sich dem Datenschutz-Kolonialismus der USA zu unterwerfen.

1 Kommentar

  1. 01

    Lieber Simon Columbus,

    die Probleme beginnen vordergründig damit:
    http://www.ELENA.de was nur inländisch gilt.

    Wer in letzter zeit in die USA eingereist ist,
    weiss wie man einen ‚Offenbarungseid‘ zu
    leisten hat,
    Letztlich obliegt es jeder Regierung die Ei-
    nreisebedingungen zu bestimmen.

    Ob dahingehend ein Veto seitens der EU
    Sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln. ;-)

    Alles Gute
    @PiPi