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Argentinien – Nigeria 1:0

Man war sich ja vorab nicht so sehr sicher, ob Maradona aus den ganzen Stars und Sternchen eine Einheit zimmern können würde. Er hat vorab das halbe Land mal vorspielen lassen und, nach einem System gefragt, geantwortet, der Fragende soll sich lieber homoerotischen Eskapaden hingeben, statt Sportjournalismus zu betreiben. Skeptik war angebracht.

Und dann spielten sie sofort nach Anpfiff Nigeria an die Wand. Teves nach Kombination vorbei, Messi nach Einzelaktion pariert, Heinze nach Eckball in den Winkel. Bis zum Tor waren sechs Minuten gespielt, und die Argentinier hatten mehr Chancen gehabt als Frankreich in der gesamten Qualifikation.

Nigeria brauchte etwas, bis sie sich von diesem Klinsmann-Gedächtnis-Ansturm erholt hatten. Schnelle Konter wollte Lagerbäck spielen lassen, entsprechend überhastet gerieten die Abschlüsse. Hinten standen sie ganz eng beieinander, um dann im zwei, drei oder sogar vier gegen eins den Ball an sich, nunja, zu reißen. Wenn mal was durchkam, hielt Enyeama. Defensiv stabil, laufstark, mit gutem Torwart, ohne große Dribblings – eigentlich spielten da gar keine Nigerianer, eher Schweizer.

Tatsächlich wurden die Argentinier immer schüchterner. Mascherano, der das Spiel eigentlich ordnen sollte, stand häufig am Mittelkreis und kratzte sich diverse Körperteile. So verlegten sie sich darauf, hinten quer und querer zu spielen, hin und wieder einen Ball auf die Flügel zu tragen, aber sofort, wenn sie überraschenderweise auf Nigerianer trafen, zurückzuspielen. Auf der anderen Seite verfehlte Obasi ganze drei Mal die anvisierte Eckfahne um Haaresbreite, was ihn spürbar zur Verzweiflung trieb. So lange es dabei blieb, wartete Nigeria auf eine glückliche Fügung.

Lars Lagerbäck übrigens wird so gut wie nie im Fernsehen gezeigt. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn er hat das Charisma einer verdauenden Kuh. Ganz im Gegensatz zu Maradona, von dem man sogar weiß, dass er in seinem Appartement zwei Luxusbidets einbauen ließ. Was er damit macht, weiß man allerdings nicht. Zum Glück. Von Lagerbäck weiß man immerhin, dass er Schwede ist. Das scheint das nächste große Ding zu sein: schwedische Trainer in Afrika. Früher waren das immer Franzosen und Deutsche, man hat gesehen, wohin das führte. Ins Nichts. Jetzt feuern afrikanische Teams zwei Monate vor der WM ihre vorherigen Trainer, um sich noch schnell einen Schweden zu holen. Die Elfenbeinküste war da der Trendsetter. Wir werden sehen, wohin das führt.

Es dauerte eine gute Stunde, bis Nigeria ein wenig forscher wurde. Doch flogen die Flanken und Eckbälle meterhoch über den argentinischen Strafraum. Erst gegen Ende schienen sie ersnthaft versucht, doch noch ein Törchen zu machen, widerstanden aber tapfer. Viel wahrscheinlicher war das Spiel über ein zweites Tor für Argentinien: aber Messi verfehlte, Tevez scheiterte am fantastischen Enyeama, Higuain wurde geblockt, Veron verzog seinen Dropkick: so wars ein munteres Scheibenschießen, wie nach der dritten Runde Schnaps.

Im Endeffekt war Argentinien nicht so recht gefordert in diesem Spiel; vorne unkonzentriert, hinten bei schnellen Kontern ein wenig desorientiert, ein bisschen ADS, ein bisschen Konversionsstörungen. Gerade Messi übrigens traf heute aus fünf Metern Strand das Meer nicht, aber gegen Griechenland wird er bestimmt viele Gelegenheiten haben, daran zu arbeiten.

Ob aber Südkorea oder Nigeria, das wird nochmal spannend.

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10 Kommentare

  1. 01
    konrad

    nigerias pässe waren aber wirklich unter aller sau.. die haben krampfhaft versucht die kniescheiben der mitspieler zu treffen.. da kann man garnicht erfolgreich sein.. nigeria war einfach kein gegner für argentinien. stell da mal die italiener rein und die gegenspieler von messi sind ihm näher als sein eigener schatten.. argentinien hätte viel mehr drauß machen müssen.. und ob die wirklich so ein großer favorit sind, kann man aufgrund dieses spieles nicht wirklich sagen, bei so nem gegner hätte sogar klose geglänzt..

  2. 02
    matthias

    Das Bild ist im Feed rießig, das kann ich mir als Wandplakat ausdrucken ;)

    Schöner Artikel!

  3. 03

    Konnte die ersten beiden Spiele heute leider nicht sehen wg. Demo aber bin doch sehr erstaunt über das nur 1:0, was ja eigentlich für Nigerianer spricht. ,-)

  4. 04
    tonycrouton

    Wooha, das Bild ist gut 1,2 MB groß. Ich meine es stimmt ja, dass heute Bandbreite nicht mehr so sehr Mangelware ist und die Volumentarife meistens 3. bis gar keine Wahl mehr sind. Aber ich zünd mir ja auch die Zigarette immer noch nicht mit einem Fuffy an, nur weil der Euro nichts mehr wert ist.

    Aber cooler Text, unter dem Bild. So Long, Tony Crouton.

  5. 05
    kkaddi

    Ich war schwer beeindruckt wie schön Argentiene Fußball gezaubert hat. Das war einfach aller feinster Fußall den Argetinen gezaubert hat. Messi drei solche große Chancen dass vergeben noch das zweite Tor für Argentinien zu machen.

    In meinen Traum Finale wäre Argetinen gegen Deutschland wie vor Zwanzig Jahren, als Deutschland in In Rom, dass letzte mal Weltmeister wurde das Elfmeter Tor durch Andy Brehme .

  6. 06

    Bildgröße ist geändert, sorry.

  7. 07
    Ste

    mir ist ja ganz schlecht vor lauter fußballergebnissen… kann man das nicht sammeln und zum abend hin in einen post posten? und heißt das jetzt eigentlich dass ich erst nach den 11.7. wieder auf spreeblick gucken sollte falls ich mit fußball nichts am hut habe?

  8. 08

    @Ste: Da kann man dir nur empfehlen bis WM-Ende grundsätzlich alle Medien zu meiden – und Menschen am besten auch :-)

  9. 09
    Ste

    naja, so totalitaristisch würde selbst ich das nicht beschreiben…. „noch“ nicht.

    ps: mal gucken ob die bundesregierung während alle saufen wieder still und heimlich 180 eurofighter kauft, also muss mindestens einer nüchtern bleiben.

  10. 10
    bender

    du taugst mir, schön politisch auch während der wm.. trotzdem schön zu sehen, dass sich auch andere denkende mal eine pause gönnen:)
    leider wirds für die jungen deutschen ab dem achtelfinale (das sie hoffentlich schon erreichen sollten!) sicher sehr schwierig, aber fein anzusehen.