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Brasilien – Nordkorea 2:1

Warum sollte man Angst vor Nordkorea haben?

Weil sie diszipliniert sind. Sehr. Alle. Deswegen:

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[Update: Das sind natürlich peinlicherweise Südkoreaner. Danke für die Hinweise.]

Damn it, sie sind diszipliniert. Ich präferiere die Vuvuzela. Und wir sind nicht beeindruckt, denn: Sie haben auch allen Grund, diszipliniert zu sein, das darf nicht verschwiegen werden. Nach dem Ausscheiden gegen Portugal 1966 sollen einige Spieler in Arbeitslagern verschwunden worden sein, weil sie den „großen“ Führer enttäuscht hätten. So funktioniert Kommunismus, und genau dafür schämen sich Linke wie ich: Nordkorea ist ein Schandfleck für jeden, der menschlich denkt. Deswegen greift heute ausnahmsweise der Außenseiter-Bonus nicht. Es ist halt doch ein politisches Spiel, dieser Fußball. Außerdem war von Nordkorea Fußball sowieso nicht zu erwarten. Ich meine: Wenn der Star der Mannschaft in einer Liga sein Geld verdient, in der Pierre Littbarski seinen Ruhestand einleitete.

Den Brasilianer hingegen gelingt ein Novum: Das erste Mal seit Gottes erstem Pups ist ihre Verteidigung besser als ihre Offensive. Lucio, Juan – who the hell ist eigentlich Luis Fabiano? Wenn ich nicht aufpasse, schreibe ich fortwährend Flavio Briatore.

Nordkorea mauerte sich ein, das hatte man ja fast vermutet. Sie wartete auf einen lucky punch und standen derweil zu vierzehnt am Strafraum. Oder zu zehnt. Die fünf restlichen standen einen halben Meter drin. Da konnte Robinho mit den Beinchen wedeln, wie er wollte: zwingender wurden die Aktionen bis dahin nicht. Brasilien stand vor Nordkorea wie ein Rottweiler, der zum ersten Mal einer Schildkröte begegnet: beeindruckt, aber interessiert. Sie wollten spielen. Nordkorea wollte nicht verlieren.

Und was will man machen, wenn man nicht mit dem Kopf gegen die Wand will, in der Hoffnung, es wäre Rigips. Immer, wenn sie leise vorbohrten, die Brasilianer, merkten sie durchaus, dass da kein Rigips schlummerte hinter dem Putz. Sondern Stahlbeton. Im Fußball sagt man: Scheißdreck.

Wäre ich Dr. House, hätte ich den Brasilianern Standards und Weitschüsse empfohlen. Einen Eckball vielleicht. Ein Goldtopf am Ende des Regenbogens. Oder einfach jemand, der draufhaut.

Man glaubt doch ständig an das Gute. An das Gute im Menschen, an das Gute im Fussball. Man muss das Böse beschwören, um das Böse auszutreiben: hin und wieder eine Schwalbe gegen diese seltsame Wall, die mit Pink Floyd so gar nichts zu tun hatte. Ein Trick. Ein Fehler. Einer, der den Fehler erkennt. Maicon.

Maicon. Haut sich durch auf der rechten Seite, haut den Ball rein, noch ein Torwartfehler diese WM, endlich ein Tor in diesem Spiel. Natürlich für Brasilien. Natürlich, denkt man, dabei wäre kein Tor einem genau so natürlich vorgekommen.

Wenn dies ein Fantasy-Buch wäre, sagte ich: Lesen Sie sich den Artikel von vorne durch. Nordkorea änderte nichts an seinem Spiel, gar nichts. Sie spielten, als wollten sie ein 0:0 halten, dabei hatten sie einen Rückstand aufzuholen. Brasilien hingegen versuchte die kontrollierte Offensive.

Und dann hatte Robinho einen pefekten Moment im Fuß. Legt durch gefühlte 25 Leute Elano den Ball perfekt auf den Fuß. Der spielt ihn gegen die Laufrichtung des Torwarts, 2:0.

Um zu zeigen, dass Brasilein auch Schwächen hat, durfte Nordkorea noch ein Törchen schießen. Zur Warnung für die Portugiesen und die Ivorer. Die dürften eh keinen Spaß haben gegen Nordkorea. Wir auch nicht.

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30 Kommentare

  1. 01
    konrad

    Guter Artikel, mal wieder! Mit dem „Kartenfreund“ im gelben Hemd hätte das Spiel aber anders aussehen können. Vor allem, aber nicht nur, für Briatore. Zu Rethy mal kein Wort.

    Na gut, eines: „mimiklos“. Das sieht geschrieben so schön aus.

  2. 02

    Diszipliniert sind sie bestimmt, aber das Video zeigt eher Süd- als Nordkoreaner, nehme ich an. Die Schriftzüge „Victory“ und „Fight“ gehören im Allgemeinen nicht zu dem, was bei solchen Gelegenheiten in Nordkorea gezeigt wird: http://www.youtube.com/watch?v=AMqG65sBwMk

  3. 03
    Thomas

    Dachte bisher auch, dass das Südkoreaner wären. Die haben ja bei ihrer eigenen WM auch immer durchgeplante Choreographien gehabt.

  4. 04
    Markus

    Due Nordkoreaner haben teilweise erstaunlich gut gespielt und waren auch technisch nicht schlecht. Auf jeden Fall besser als eine ganze Reihe anderer Mannschaften die wir die Tage ertragen mussten …

    Nun müsste nur noch ihr politesch System den Geist endlich aufgeben.

  5. 05
    dennis

    Ich wäre mir nicht so sicher, ob das Video wirklich Nord Korea zeigt. Könnte genau so gut Süd Korea sein.

  6. 06
    xconroy

    Gut, für ein inneres kommunistisches Manifest hats nicht gereicht, aber ganz so schlecht hab ich die Nordkoreaner nicht gesehen. Klar war, daß sie sehr defensiv spielen. Aber gerade in der ersten Hälfte zeigten sie bei den gelegentlichen Offensivaktionen etwas, was bisher schmerzlich vermißt wurde: ankommende Pässe nämlich, und planvolles Spiel aus der Abwehr heraus statt Hansi-Pflügler-Gedächtnisbolzen.

    Und das Anschlußtor war psychologisch wichtig, wobei man nun nicht weiß, wie psychologische Prozesse bei Leuten ablaufen, die in Vereinen spielen, die der Staatssicherheit gehören.

    Aber so, wie die Ivorer und vor allem die Portugiesen heute gespielt haben, ist diese Gruppe alles andere als entschieden. Wenn Cristiano „Buhuuu“ R. nach der Vorrunde und weiteren zweihundert sinnfreien Hackentricks nach Hause fährt, wäre das jedenfalls kein Verlust.

  7. 07

    ich wollte ein fussballspiel sehen und keine klassenkampf. und ich habe einen aussenseiter gesehen der unglaublich fair gespielt hat (gilt auch für brasilien) und gekämpft hat wie ein löwe. es gab nicht eine schwalbe auf koreanischer seite und einen wirklichen fairen schlagabtausch.

    ansonsten: http://i.imgur.com/cfkA7.jpg

  8. 08
    Trystyng

    Irgendwie ist man enttäuscht vom glanzlosen Spiel der Brasilianer.
    Aber deswegen der pharmakologisch aufgerüsteten nordkoreanischen Staatssicherheit die Daumen drücken? Da graust es mir vor mir selbst.

  9. 09
    xconroy

    Also ich drück ihnen die Daumen. Wäre auch politisch gut, wenn sie weiterkämen und überzeugend spielen: dann kommen nämlich die ersten Angebote europäischer Vereine für die Spieler. Da sind schon einige bei, die technisch richtig gut sind, und diszipliniert dazu, und das Geld wird der klamme Staat sicher gerne nehmen. Sind aber erstmal solche „Anker“ im Westen gesetzt, könnte das einen Prozess in Gang setzen, der zu mehr Öffnung beiträgt.

    Übrigens: eine gemeinsame koreanische Mannschaft wäre, nach den bisherigen Auftritten, durchaus Halbfinalkandidat. Wer weiß, vllt eröffnet sich ja auf diesem Weg wieder eine Möglichkeit zur Annäherung.

  10. 10
    absolut

    Der Verweis auf Dr. House weckt Symphatien in mir.

    Wie auch immer – die Nordkoreaner sind eben auch Menschen aus Fleisch und Blut. Kiekt man sich die Geschichte vonSuedkorea an, dann wird man feststellen, dass die bis in naher Vergangenheit auch in einem Militaerregime gelebt haben.
    Die hatten die gleiche Probleme mit Stellvertreterkriegen – ob kalt oder heiss – wie wir Deutschen.
    Insgesamt sind die Brasilianer blass geblieben und die Asiaten haben am Ende ihre Verbissenheit vergessen und frei gespielt – zwar nur die letzten 15 Minuten, aber sie haben eine Ahnung bekommen wie es bei der WM funktionieren kann.

  11. 11

    „und genau dafür schämen sich Linke wie ich: Nordkorea ist ein Schandfleck für jeden, der menschlich denkt.“ …weil das nordkoreanische regime „deine“ – scheinbar persilweisse – vorstellung von kommunismus besudelt? Anstatt ein bißchen respekt vor der sportlichen leistung derer zu zeigen, die wohl am wenigsten für das elend in ihrem land können (und ein 2:1 gegen den rekordweltmeister ist wohl eine leistung), packt man die gutmenschen-vuvuzela aus und übertönt das faire und friedliche sportereignis mit einem solchen geistigen furz. Als ob die der diktator persönlich trainiert hätte.

    Ich dachte immer, fußball wäre ganz gut, um solche ideologischen hindernisse und ressentiments zu überwinden, aber die abwehrmauer in deinem kopf steht scheinbar wie eine eins. Echt interessant. Besonders bei einem selbsternannten „linken“ wie dir. Bleib lieber bei deinem fußball, und laß die politik raus.

  12. 12
    chibi

    @#763249: Dem ist nichts hinzuzufügen. Hätte den Nordkoreanern ein Unentschiden (und sogar den Sieg ^^ ) sehr gegönnt. Haben mich mit ihren Spielfähigkeiten sehr überrascht, durchweg positiv : )

  13. 13
    kkaddi

    Es ist war schön das Brasilien gewonnen hat,aber er war kein tolles Spiel gewesen. Ich fand, es in der ersten Halbzeit sogar langweilig. Brasilien sollte in den nächsten Spielen, besser werden so wie sonst Spielerische zaubern und mit Leidenschaft spielen. Das hat gestern einfach gefehlt.

    Mein Fahr zieht ist, dass bis jetzt Die deutsche Mannschaft am besten gespielt haben, mit viel Leidenschaft und richtig spielerische gezaubert haben. Mal schauen, wie Spanien heute um 16 Uhr ins Turnier startet.

  14. 14
    danielj

    Übrigens habe ich ganz genau gehört daß Béla Réthy Führer gesagt hat! Ich bin empört daß er damit durchkommt!

  15. 15

    „So funktioniert Kommunismus“
    eben NICHT! Das ist das, was diese Leute daraus machen. Kommunismus ansich ist eigentlich Utopia. Alles gehört allen und jeder bekommt was er braucht. Eigentlich so wie „Star Trek“. ;)

  16. 16
    Le_Franck

    Nordkorea ist das perfekte Beispiel dafür, was passiert, wenn sich linkes Gedankengut durchsetzt. Wahlweise auch die Sowjetunion unter Stalin. Oder… oder…

    Und bin ich der einzige, der viel mehr auf die Kommentare von kkaddi wartet, als auf den Valinschen Abriss?

  17. 17

    es gibt keine kleinen mehr
    das sagt uns der experte
    früher wars ein ganzes heer
    das sich nicht richtig wehrte

    es gibt keine kleinen mehr
    nur kickende giganten
    kantersiege? lange her!
    bye-bye, ihr sekundanten

    es gibt keine kleinen mehr
    die titelfavoriten
    vermehren sich inflationär
    (mit ausnahme der briten)

  18. 18

    Was ich ja nicht leiden kann, sind Experten, die die Politik „einfach mal vergessen“ und raushalten wollen. Nix da. Nordkorea trägt die Politik in den Fußball hinein, in dem sie seine Fans eben nicht herauslässt. Und wenn es die „Anekdote“ gibt, dass ’66 versagende Spieler ins Arbeitslagern verschwunden sind, kann man dies ruhig einmal erwähnen (die Karte „Nordkorea ’10 ist nicht Nordkorea ’66“ zieht mangels Wahrheitsgehalt nicht). Im Gegenteil ist die WM ein guter Zeitpunkt, politische Hintergründe seiner Protagonisten mal einem größeren Publikum aufzuzeigen.

    „Forgot politics for 90 minutes“ – nein, keine Sekunde.

  19. 19
    andre

    Wat is denn nun ? Ein Spiel ? Oder doch nur Angriff und Verteidigung ? Ein Glück das Afgahnistan nicht mit dabei is. pfffffff !!!!

  20. 20
    martsky

    Also ich hab bei der WM bisher nur gähnistan gesehen. Die scheinen aber mehrfach zu treten. Nicht nur Gestern.

  21. 21
    Frédéric Valin

    @#763249: Wie kann man das denn vergessen, wos doch so dermaßen instrumentalisiert wird?

  22. 22
    Frédéric Valin

    @#763284: Das lass ich mir jetzt tätowieren!

  23. 23

    @#763293: spitze, aber bitte mit urheberrechtsvermerk – wegen der vg wort.

  24. 24
    Matt

    Interessanterweise gibt es keine gesicherten Daten zu den angeblich verschwundenen Sportler. Es ist sowieso gefährlich bei Nordkorea irgendwas zu glauben, da so viel Propaganda hin und her schwirrt. (wer in Südkorea war, kann das bestätigen. Ich sag nur „Nordkoreanisches Propagandadorf und „Südkoreanisches Friedensdorf“) Fakt ist, dass ist Land kaputt, die Menschen völlig Gehirngewaschen oder am Verhungern und die politische Elite komplet (größen)wahnisinnig. Das ist aber noch kein Grund ihr Können auf dem Platz zu ignorieren oder schlecht zu reden. Sie haben gegen Brasilien(!) ein gutes Spiel hingelegt und haben immerhin ein Tor geschossen. VIeleicht hilft der Fussball ja wirklich was zu verändern. Wer weiß. Und sei es nur um denen in Nordkorea zu sagen, das die Menschen woanders in der Welt doch nicht verhungern…..

  25. 25

    @#763292: natürlich wird’s instrumentalisiert. aber machen wir uns nichts vor -das machen wir doch auch (natürlich will ich hier nicht deutschland mit nordkorea vergleichen).

    sparpläne der regierung werden eine woche vor der wm bekanntgegeben, damit sie auch ganz schnell wieder vergessen werden und das volk vor lauter public bratwursteating und bierdrinking mit deutschlandfähnchen am auto keine zeit zum demonstrieren hat. und kanzler halten sich nach siegen der mannschaft bekanntlich länger im sessel und bekommen in umfragen bessere werte. in frankreich herrscht schlechte laune, seitdem sie einen gurkentruppe zur nationalmannschaft ernannt haben und nationalstolz schwappt durch alle gassen, hütten und paläste weltweit (und das ist in zusammenhang mit fussball IMHO nicht mal was schlimmes).

    nordkorea ist ein dreckregime. keine frage. kein kommunistisches übrigens. siehe hierzu (unbedingte empfehlung): „The Cleanest Race: How North Koreans See Themselves and Why It Matters (26 Januar 2010) von B.R. Myers

    und ja, deren fussball wird auch instrumentalisiert und man kämpft für den lieben führer usw. gleichzeitig gibt’s aber schöne nachrichten von südkoreanern die für beide teams die daumen drücken und das gleiche aus nordkorea nur andersrum. koreaner die über politische grenzen hinwegsehen, um fussball zu geniessen und sich für die brüder und schwester hinter der grenze freuen usw usf (you catch my drift). erinnert mich an meinen vater der ne runde radeberger geschmissen hat (und mich trotz minderjährigkeit dran nippen lassen hat), wenn das BRD team gewonnen hat (obwohl die doch eigentlich klassenfeind waren)

    es ist fussball. und da spielen menschen. die sind manchmal indoktriniert und spielen für ihr land und leider auch ihr regime. aber auch für die bevölkerung. und die hat weiss gott ein bisschen freude verdient.

  26. 26
    Frédéric Valin

    @#763340: Eine große Schande für die FIFA und für die hiesige Medienlandschaft ist immer noch die Berichterstattung über Argentinien 1978. Es hat niemanden interessiert, dass parallel zu den Spielen Leute gefoltert wurden, verschwunden sind und getötet wurden.

    Ich kann das nicht ausblenden. Ich weiß, dass Fußball immer und überall instrumentalisiert wird, und meistens stört mich das auch nicht über Gebühr.

    @#763325: Es gibt die Zeugenaussage eines Dissidenten, auch wenn ich das wie Du sehe: Viel propaganda, von beiden Seiten.

  27. 27

    @#763351: ich bin da ganz bei dir und verstehe, warum du das so siehst. der unterschied ist vielleicht, dass heutzutage die situation in nordkorea in den medien auch während der WM nicht ausgeblendet wird. das liegt aber auch an der angeblich „kommunistischen“ posionierung des landes in der denkweise der öffentlichkeit.

    bei anderen teilnehmer der WM und auch dem gastgeberland fallen die politischen mißstände und menschenrechtsverletzung zu hause schon eher unter den medientisch. siehe ghana, algerien, nigeria usw

    das es der FIFA auschliesslich um geld geht und alles andere das tet-a-tet nur stören würde, ist natürlich ein offenenes geheimnis.

  28. 28
    Andreas

    @#763253: Dr. Hous hätte aber Steroide empfohlen oder Lupus diagnostiziert.

  29. 29
    Frédéric Valin

    @#763354: Das liegt aber auch daran, dass die Missstände in Nordkorea so himmelschreiend sind. Vielleicht auch, weil sich in mir der Eindruck verfestigt hat, dass das (analog zu Myanmar) ausschließlich an der Führung liegt.

    @#763369: Es ist nie Lupus!