Mir fällt immer T. ein, wenn es um Sinn und Unsinn des Glaubens geht. T. ist, wie er sagt, bekennender Atheist. Es gibt viele seiner Sorte in Berlin, das ist eine Stadt für Ts. T. hat wahnsinnig Angst vor Krankheit, er ist ein Hypochonder. Kommt man bei ihm zur Tür rein, kann man sie direkt offenlassen: vom Luftzug erschreckt, packt er wahnhaft seine Sachen und flüchtet zum nächsten Arzt, um sich auf Lungenentzündung untersuchen zu lassen. Wenn es ihm an der Schläfe zieht, vermutet er einen Hirntumor, hat er zu viel Kirschen gegessen, glaubt er, der Stress fräße sich durch seine Gedärme.
T. interessiert sich nur für jüngere Frauen oder Frauen, die jung aussehen. Er ist polygam. Von seinem Sexualleben erzählt er reichlich, bei jeder Abendunterhaltung fällt mindestens vier Mal das Wort Penis. Auch wenn es mal nicht um sein Sexualleben geht, fällt vier Mal am Abend das Wort Penis. Er sagt das Wort langsam, mit einer leichten Betonung auf dem e. Peenis.
Kurzum: T. hat wahnwitzig Angst vor dem Tod, tut aber alles Menschenmögliche, um davon abzulenken. Um sich davon abzulenken.
Gleichzeitig verachtet T. die Kirche, das aber hintergründig. In erster Linie verachtet er den Glauben. Keine Gelegenheit lässt er aus, um sich über den Unsinn von Gläubigen auszulassen, was sie seltsames erzählen. „Ich verstehe nicht“, sagt er, „wie man daran glauben kann, dass irgendwo ein alter Mann in den Wolken sitzt und Leute durch eine Tür schleust, damit die dahinter glücklich werden? Was ist denn das für eine blödsinnige Vorstellung! Obendrein unbeweisbar! Da könnte man ja ebensogut an Mickey Mouse oder den Weihnachtsmann glauben!“ Er hat viel Dawkins gelesen. Zu viel.
T. ist mir ein Sinnbild dieser Gesellschaft, die sich fortwährend um das eigene Wohlbefinden sorgt und eine beinah perverse Neigung zu ihrem unbefleckten, reinen, jugendlichen Schönheitsideal pflegt. Er hat natürlich recht, die Vorstellung vom lieben Herrgott ist blödsinnig. Mindestens so blödsinnig wie krankhafte Angst vor dem eigenen körperlichen Zerfall und dem wahnhaften Hinterherhopsen hinter jugendlichen Ärschen. Und natürlich ist es wiederrum dämlich, deswegen keinem Arsch mehr hinterherzuhopsen, weil man glaubt, das ewige Heil liege darin, irgendeiner Versuchung zu wiederstehen.
Aber die Angst dahinter ist echt: es ist die Angst vor dem Tod. Es ist das Bedürfnis, nicht zu sterben.
Es gibt einige Fragen, die ich T. gerne stellen würde, wenn er mich ließe. (Leider ist er obendrein Narzist, über drei Worte am Stück kann man nicht an ihn richten.) Ich würde gerne von ihm wissen, ob seine Vorstellungskraft dazu ausreicht, sich auszumalen, dass es tröstlich ist, an ein Leben nach dem Tod zu glauben – egal, wie lächerlich es sein mag. Ob nicht die Vorstellung, dass es einen Ort gibt, an dem alles wieder gut wird, wieder ins Lot kommt, schön ist und beruhigend. Und warum er die Menschen so sehr verachtet, die sich von dieser Vorstellung leiten lassen und an einen Gott glauben, auch wenn es albern ist.
Denn albern ist es. Vor allem aber ist es hilflos. Es stimmt natürlich, dass Gott „eine völlig sinnlose These“ ist. Genauso ist der Tod ein völlig sinnloser Vorgang.
Die Kirche steht und stand viel in der Kritik, zu Recht. Mit der Kirche hat dieser Artikel nichts zu tun, man muss sie ja schon allein deswegen ablehnen, weil sie die schönste und freiste aller Glaubensrichtungen, die Gnosis, unwiederbringlich zerstört hat. Auffällig ist, mit welcher Vehemenz Dawkins und seine Jünger versuchen, nicht die Kirche zu diskreditieren: sondern den Glauben.
Man kann (und für meine Begriffe muss man das auch) die gesellschaftlichen Fesseln der Religion und der Kirche kritisieren und bekämpfen. Ich sehe sorgenvoll das verkommene Autoritätsprinzip, die Freikirchen, die Sexualmoral, die Homophobie, dieser koloniale Zwang zur Mission, das Überlegenheitsgehabe gegenüber Nicht- oder Andersgläubigen, viel mehr noch, Bücher könnte man damit füllen. Man kann (und für meine Begriffe muss man das auch) diesen Kampf, diese Kritik aber vom einzelnen Gläubigen lösen: es ist nicht notwendig, dieses Bedürfnis nach Geborgenheit, das jeder Gläubige in sich trägt, zum Wahn zu erklären. Im Gegenteil, es ist zutiefst verachtend.
Glauben ist absurd, weil das Leben absurd ist. Glauben ist der unvollständige Versuch, sich aus dieser Absurdität herauszufinden. Denn „das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als man sich nicht mit ihm abfindet“ (Albert Camus). Ob durch Gesundheitswahn, Sex oder Glauben, das ist eine Soße.
Ich glaube nicht. Ich bin Atheist. Manchmal beneide ich Gläubige, manchmal belächle ich sie. Manchmal beneide ich T., manchmal belächle ich ihn. Manchmal belächle ich mich, weil ich nicht glauben kann, weder an das ewige Leben noch an die ewige Jugend.
Mir kommt T. so vor, wie viele Diskutanten bei der Homöopathiedebatte: es gibt heutzutage eben wenig Gewissheiten, wenige Wahrheiten, und an die paar, die man sich im Laufe der Zeit zusammenklamüsert hat, muss man sich festkrallen. Er krallt sich an seiner Gottesverachtung fest, weil es eines der wenigen Dinge ist, die er sicher weiß: Wenn ich brav bin und am Ende gibt es gar kein Paradies, dann is scheiße.
Und weil er zu diesem Schluss gekommen ist, hält er sich Gläubigen gegenüber für intellektuell überlegen. Genauso, wie Gläubige, die sicher sind, dass es einen Gott gibt, sich Ungläubigen überlegen fühlen.
Ich lese regelmäßig in diversen Artikeln und Kommentaren vom unversöhnlichen Zwist zwischen Gläubigen und Atheisten. Für gewöhnlich rege ich mich dann sehr auf, weil die ganze Diskussion so aussieht, als wären beide Parteien dabei, zusammen ein Häufchen zu bauen. Vielleicht reg ich mich aber auch nur deswegen so darüber auf, weil ich mir so sicher bin, dass beide Parteien im Unrecht sind.
Und ich mich daran festklammern muss.
Möglicherweise bricht hier gleich ein Diskussionsarmageddon aus. Vorher nutze ich die Gelegenheit, dir zu sagen: Super Artikel! Danke! Auch wenn ich mir selber noch nicht sicher bin, ob ich mich eher in T., in den Gs. oder in F. wiedererkenne. Ein bißchen wohl in allen. Ach verdammt..
Warum liegen beide Parteien falsch? Einfach nur weil sie emotional davon überzeugt sind, im Recht zu sein?
Der Glauben an eine höhere Macht ist beschissen, weil er die Menschen dazu bringt, sich mit ihrem Leben abzufinden, obwohl sie es nicht mögen. Deshalb ist es meiner Meinung nach auch gerechtfertigt, den Glauben an sich anzugreifen.
Dawkins geht so aggressiv vor, weil Atheisten eine Minderheit sind und er bezwecken möchte, dass sie ins Gespräch kommen. Ich halte das für legitim, weil er es dadurch schafft, dass gottgläubige Menschen wenigstens anfangen über ihre Religion nachzudenken.
Ich denke nicht, dass man den Atheismus wirklich als schützende Wahrheitsbotschaft benutzt, um seine Angst vor dem Tod zu verschleiern. Viel eher ist es der intellektuelle Wunsch, das Paradies auf Erden herbeizuführen. Egal, ob das utopisch klingen mag oder nicht.
Vor einiger Zeit gab es mal einen Schwerpunkt dazu in der ZEIT:Wissen und grob zusammengefasst war der Inhalt: Alle glauben an irgendwas (Gott, die Wissenschaft, whatever), und zur Not eben daran, dass man explizit an nichts glaubt.
Mein Marketing-Dozent sagte im letzten Semester „wir sind ja schließlich alle hier, weil wir an den Kapitalismus glauben. Sonst würde das alles hier nicht funktionieren und wir könnten uns diese Veranstaltung auch gleich sparen“. Unabhängig davon an was man glaubt, scheint es ohne zu glauben ja nicht zu klappen.
„Genauso ist der Tod ein völlig sinnloser Vorgang.“
Wie meinst Du das? Ich meine, auf welchen Prämissen fußend wird der Tod sinnlos und inwiefern kann man ihn als „Vorgang“ auszeichnen?
Ist der Tod – und egal, ob man mit Hans Jonas spricht oder mit Heidegger – nicht eher das einzig Sinnvolle im Leben?
Noch ausführlicher: ist der Gedanke des Todes nicht erst eine bzw. die sinnvolle Bedingung für das Leben überhaupt und ist das Leben vielleicht nicht nur als ein solches zu bezeichnen, wenn es den Tod als Strukturmerkmal mitdenkt?
Oder verstehe ich nur den Kontext falsch?
Schöner Artikel. Und ja: Atheismus ist auch nur eine Form von Glaube. Eben wegen der mangelnden Gewissheit. Weil es eben nicht nur um die Frage geht: „Kannst du beweisen, dass es einen Gott gibt?“ Sondern auch um die Frage: „Kannst du erklären, warum es (uns, das Universum, Liebe etc.) gibt?“
Und das aggressive Dawkins-Ding ist am Ende auch nur eine Form von Fundamentalismus. Toleranz ist (nach Tucholsky) die Ahnung, dass der andere Recht haben könnte. Fundamentalismus ist demnach die Angst, dass der andere Recht haben könnte.
@#767259: Der Unterschied liegt einfach in der Existenz einer höheren Macht. Deshalb kann man das marktrelevante „Ich glaube an den Kapitalismus“ nicht mit dem religiösen „Ich glaube an Gott“ vergleichen. Wenn man also den Glauben kritisiert, dann würde ich eher davon ausgehen, dass man die Vorstellung einer höheren Existenz bezweifelt, als dass man jemanden dafür kritisiert, dass er anderen vertraut.
@#767257: der Glaube an eine höhere Macht an sich ist nicht beschissen – beschissen ist, was oft daraus gemacht wird.
Eine höhere Macht heißt ja mitnichten das wir nicht weiterfragen können und sollen – im Gegenteil, je mehr wir wissen, desto dichter ist doch unsere Verbindung mit einer wie auch immer geformten höheren(, oder gar einer Schöpfungs-) macht.
Und Frederic: Der Tod ist kein sinnloser Vorgang, er ist ebenso wichtig wie die Geburt. Ohne beide gäbe es keinen Fortschritt in der Welt, nur stillstand und Eintönigkeit.
In meiner Erziehung kam nie ein Glaubenskonzept vor und die Erzählungen der Bibel haben für mich im Grunde nur kulturelle Relevanz. Mit kirchlicher Religionsausübung hatte ich immer nur sehr oberflächlichen Kontakt und ein Leben nach dem Tod kommt in meiner Planung nicht vor. Ich würde mich also als Atheistin bezeichnen.
Trotzdem bringt mich der Gedanke an das unvermeidliche Ende meiner Existenz um den Schlaf, wenn ich in zulasse. Im Moment geht es mir gesundheitlich, sozial und beruflich gut, aber das kann ja kein Beweis für die Schönheit des Lebens sein. Vielleicht habe ich in zehn Jahren Kinder, die sich dann in dreißig Jahren bei Ihrem Therapeuten über mich ausheulen und den Kontakt zu mir abbrechen; zwanzig Jahre später dann Enkel, die besseres zu tun haben, als mich zu besuchen; zwischendurch wird mein Hintern zu runzlig werden, um noch Beachtung von den T’s der Welt (und auch wesentlich netteren Typen) zu bekommen. Und dann bin ich irgendwann auch tot. Da kommt man dann gedanklich recht schnell bei einer anderen berühmten Camus-Frage an. Hilft aber auch nichts.
Ich würde es manchmal sehr schön finden, wenn ich mich auf ein Glaubenskonzept einlassen könnte. Vielleicht liefert das der Sache ein wenig mehr Sinn. Der bärtige Mann in den Wolken geht auch in meinen Kopf nicht hinein, aber ich würde niemals die Leute verachten, denen der Gedanke hilft. Manchmal beneide ich sie ein wenig.
Ich (Atheist) möchte mich auch erstmal für den Artikel bedanken. Ich kann die aufgeregte Diskussion um Glauben oder Nichtglauben (die sich auch hier demnächst einstellen wird) auch nur wenig verstehen – aber eingeschränkt nachvollziehen.
Der Knackpunkt, soweit ich es sehe, ist auf beiden Seiten, der überzeugten Gläubigen und der überzeugten Nichtgläubigen, ein Kategorienfehler; sie verwechseln etwas, das der ehemalige EKD-Vorsitzende Wolfgang Huber in „weltliches“ und „geistliches“ Wissen unterteilt hat:
Weltliches Wissen ist objektiv überprüfbar, beispielsweise Naturgesetze. Geistliches Wissen ist nicht objektiv überprüfbar und immer nur subjektiv zureichend – gemeint ist damit der „Glaube“, z.B. an Gott oder eine Wiedergeburt nach dem Tod.
Diese beiden Formen können problemlos koexistieren, wenn man sie lässt – man denke nur an all die gläubigen und auch nichtgläubigen Nobelpreisträger.
Problematisch wird es, wenn man versucht, beides zu vermischen. Wenn also ein überzeugter Atheist wie Dawkins meint, aufgrund seines weltlichen Wissens über Genetik Aussagen über die Existenz Gottes oder eines Lebens nach dem Tode treffen zu müssen, was unter geistliches Wissen fällt – aber genauso, wenn ein überzeugter Gläubiger meint, aufgrund seines geistlichen Wissens (Glaube) Aussagen über die Evolutionstheorie oder die Legitimität homosexueller Partnerschaften treffen zu müssen, was unter weltliches Wissen fällt.
Ich persönlich bin Pragmatiker und denke mir, solange es der/dem einzelnen hilft, soll sie/er glauben oder nichtglauben, was sie/er möchte – nur bitte nicht versuchen, anderen, die eine völlig andere Lebenssituation, völlig andere Erfahrungen haben, vorzuschreiben, was man nun glauben oder nichtglauben soll.
Ich selbst „brauche“ die Vorstellung eines Lebens nach dem Tod nicht – ich empfinde den Gedanken an ein Ende meiner Existenz nicht als beängstigend. Auch hatte ich bislang keine religiöse Erfahrung (eine Bekannte hatte mal von ihrer erzählt – sehr befremdlich, aber unmöglich, dagegen anzuargumentieren. Nur wozu auch, wenn sie die Vorstellung Gottes als tröstlich empfindet?), die mich zu welchem Glauben auch immer bewegen würde.
Letztlich wollen wir alle nur unser Leben leben – wer von uns könnte denn das Recht haben, über das „wie?“ zu urteilen, solange man sich dabei im rechtlichen Rahmen bewegt?
Oder christlich ausgedrückt: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“
@#767264: Glauben an eine höhere Macht bedeutet, dass wir aufhören, nach Antworten zu suchen, weil wir uns damit abfinden, dass wir in ein bestimmtes Konzept des Universums passen. Wer dieses Konzept bezweifelt, ist kein Gläubiger. Was du meinst, ist Forschung und dagegen habe ich absolut nichts.
@#767267: Der Kategorien-Fehler könnte aber auch bei dir liegen, weil du versuchst, das Geistliche vom Weltlichen zu trennen. Weshalb sollte man das tun?
@#767268: Ich denke ich weiß ganz gut was ich meine – und nur weil eine gewisse ignorante Grundhaltung und Fixierung auf das Christentum in unserer Gesellschaft normal sind, muss das nicht der Standart sein.
Ich für meinen Teil bin gläubiger Zen-Bhuddist, und bin weit entfernt davon nichts mehr zu fragen.
Ein bisschen mehr Beschäftigung mit dem Thema (oder auch jedem anderen) aus mehr als einem Blickwinkel tut meiner Meinung jedem mal gut.
Schöner Artikel, danke dafür.
Ich persönlich wurde streng christlich aufgezogen, hab mich aber davon losgesagt und glaube nicht an Gott- auch wenn ichs nicht ausschließen kann. Ich habe auch angefangen den Gotteswahnsinn von Dawkins zu lesen, aber nicht zu Ende gebracht, weil mir der Schreibstil zu selbstverherrlichend war.
Letztlich sind es zwei Töpfe der gleichen Dogma-Suppe: Als Kind wurde mir vom liebevollen Schöpfergott erzählt und die Evolutionstheorie als Teufelswerk verdammt, Dawkins stellt alle Nicht-Evolutionisten als Leute dar die zu dumm sind die Evolutionstheorie zu verstehen. Was beide gemeinsam haben ist die Verteufelung der „großen“ Kirchen. Und auf beiden Seiten wird mit einer überzeugten Vehemenz die eigene Sache gepredigt, die für mich leider außer Acht lässt, dass eventuell keiner Recht hat. Oder die Pastafarianer, was weiß ich denn.
Persönlich beneide ich Gläubige aller Seiten, einfach weil sie von einem Konzept so tief überzeugt sind wie ich es nicht sein kann. Andererseits geht mir jegliche Dogmatik gegen den Strich, aber an etwas zu glauben UND gleichzeitig sagen zu können, dass man im Unrecht liegt geht nicht gut zusammen – wie seht ihr das?
Gruß,
Cor
Bärtiger auf Wolke ist eine sehr naive Vorstellung. Ich glaube kaum dass jemandem wie bspw. Hans Küng so etwas vorschwebt.
Der Glaube an etwas Höheres, Metaphysisches, scheint uns angeboren zu sein, ein inneres Bedürfnis, das auch auf Fanmeilen gestillt wird.
Wenn nicht Religion, dann kommt eben die Nation, Gerechtigkeit, soziale Gleichheit, Tierschutz/Umweltschutz, das jüngste Gericht des Klimawandels.
Ich bin fest überzeugt, dass wir den christlichen brauchen, weil wir, Europa in einer tiefen Sinnkrise stecken. Aber ich bin selbst eigentlich nicht gläubig. Und das ist dann irgendwie zynisch.
@Henry (11):
Bitte genauer lesen, die Unterscheidung hat Herr Huber getroffen, ich habe sie lediglich hier wiedergegeben.
Ich kann mir schon denken, wo das hingeht, aber gut: kannst du dir vorstellen, dass es Fragen gibt, auf die das weltliche Wissen keine Antwort weiß, und sei es nur zu deinen Lebenszeiten?
Weißt du, im Sinne des weltlichen Wissens, also objektiv überprüfbar, was am Anfang der Zeit war oder was an deren Ende sein wird? Oder auch nur was vor dem Anfang deiner Zeit (Geburt) mit dir war, oder was nach dem Ende deiner Zeit (Tod) mit dir sein wird?
Solange auf diese Fragen keine objektiv gültigen Antworten möglich sind (was meines Erachtens auch bis zum Ende der Menschheit so sein wird), halte ich die Trennung Herrn Hubers für sinnvoll – um zu unterscheiden, was man weiß (objektiv überprüfbar) und was man glaubt (objektiv nicht überprüfbar, subjektiv zureichend).
Ich vermute, du wirst antworten wollen, dass wenn die Gläubigen sich auf die Suche nach sicheren Antworten gemacht hätten, dass sie diese inzwischen gefunden hätten und die Trennung nicht mehr nötig wäre, weil wir wüssten (objektiv), was die Antworten sind.
Sie haben aber keine objektiv gültigen Antworten gefunden, in all den Jahrtausenden nicht, die Atheisten ebensowenig (und hätten sie alle meines Erachtens auch nie gekonnt). Folglich sind die Fragen immer noch offen und werden es – so wie ich es sehe – auch immer bleiben. Und mit ihnen die Antworten, die man subjektiv darauf findet.
Es ist gut, dass du Camus zitierst. Ich denke das das sowohl relevant, als auch signifikant ist. Die Religionskritik von Dawkins et all ist, mit ihrem Rationalismus, im 19ten Jahrhundert stehen geblieben. Sie haben Nietzsche und den Existentialismus (Kierkegaard, Satre, Camus) noch (?) nicht wahrgenommen. Das haengt sicherlich auch mit den verschiedenen Wissenschaftstraditionen zusammen. (Continental Philosophy Anglo-Saxon) Aber ohne die Kritik vom Existentialismus kann man Glaube heute nicht diskutieren.
Einer der besten Artikel über Religiösität in letzter Zeit. Irgendwie versuchen wir alle mit unserem Leben klar zu kommen, manche mit, manche ohne Religion. Und egal ob Atheist und Gläubiger, missionarischer Eifer nervt immer.
Es tut gut, wenn man das so sauber, klar und anschaulich wie in deinem Artikel zu lesen bekommt.
Danke dafür :)
Um die Zuversicht, die manche Menschen in schwehren Lebenslagen aus ihrem Glauben ziehen können, sind diese wirklich zu beneiden aber gegen diesen Aspekt eines gläubigen Lebens richtet sich auch nur selten Kritik.
Glaubenssysteme, ob streng nach einem Buch ausgerichtet oder selber zusammengebaut, sind aber leider oft (nicht immer) Gesamtpackete, in denen sich neben der Schublade „alles kommt ins Lot nach deinem Tod“ auch noch die Fächer „so soll deine Gesellschaft leben“ und „so ist die Welt beschaffen“ finden.
Ich fürchte nicht wenige Menschen sind bereit, auch all die Aspekte einer Religion, die weit ins reale Leben hineinreichen, für sich zu akzeptieren, als Preis für die Unterstützung eines fürsorglichen Gottes oder das Wohlwollen eines strafenden.
Im realen Gesellschaftsleben kollidieren diese Ansichten dann mit denen von Menschen wie T.
ich habe jetzt keinen kommentar hier gelesen (entgegen meiner sonstigen gewohnheit), weil ich mein lob an dich für diesen artikel noch in der stimmung schreiben will, in der ich den text gelsen habe und in der er mich zurückgelassen hat, die sich relativ einfach in ein wort zusammenfassen lässt:
DANKE.
ein lange überfälliger text, der leider nichts ändern wird, der niemand zum nachdenken bringen wird. aber der mir trotzdem aus der seele spricht. ich habe gerade das jürgen becker buch zum thema glaube (von dem du ja nicht glauben willst, das es toll ist, obwohl es sozusagen eine art humaner dawkins ist..;)) fertig gelesen und da erzähöt er desöfteren von einem befreundetetn pfarrer. und der hat ihm mal gesagt: „Wenn ich mich entscheiden müsste, zwischen Republik und Religion, würde ich mich immer für die Republik entscheiden. Wenn ich aber beides haben kann, nehme ich die Religion natürlich mit.“
nuff said..:)
Ein anregender Artikel!
Wie fgbxl (17) schreibt, geht es letztendlich darum, mit dem Anderen klarzukommen. Wir Menschen haben es in der Regel mit einem Gegenüber zu tun. Ob es sich dabei um die Konstruktion eines Gottes, eines Hindus, eines Atheisten oder einer Frau handelt, wird in sozialen Zusammenhängen verhandelt. Was dem einen eine Eule, ist dem anderen eine Nachtigall!
Entscheidend ist, wie ich mit dem Anderen umgehe. Jemand für nicht satisfaktionsfähig zu erklären, bloß weil er an (k)einen Gott glaubt, macht meine Sache nicht gerecht. Etwas mehr Gelassenheit ist eine Übung, die wir uns getrost bei den Buddhisten und christlichen Mystikern (Meister Eckhart) borgen können. Übrigens ist auch die Gnosis keineswegs tot, wie man bei den Anthroposophen sehen kann.
Ich finde, Harald Lesch hat es ganz gut auf den Punkt gebracht:
„Ja, klar. Ich habe auch viele Kollegen, die da ziemlich deutlich sind, und ich sage nur: Macht ihr mal. Da bin ich ganz entspannt. […] Über persönliche Erfahrungen lässt sich schwer streiten und diskutieren, wenn sie mal wieder von irgendeiner Atheisten-Gesellschaft gefragt werden, ob man Mitglied werden will. Ich habe mich schon dabei ertappt, wie ich einem gesagt habe: Ach, wissen Sie, wir sind alle lauter arme kleine Würstchen unter anderen armen kleinen Würstchen.“
Quelle: Scienceblogs
@Frederic:
wenn du a) T. wirklich *ernsthaft* bestimmte Sachen fragen willst, er aber lieber selber redet, da b) Narzist – warum bietest du ihm nicht an, hier bei Spreeblick ein Gastposting zu dem Thema zu schreiben, zu dem dich seine Meinung interessiert?
Dieser Vorschlag ist ernstgemeint – ehrlich, why not?
Und Mensch erschuf den Gott
Sitzen zwei Jungs auf dem Alten Marktplatz in Lörrach. Einer ist Atheist, der weiß immer alles ganz genau. Und der andere ist Skeptiker, der weiß nur, dass er gar nichts weiß. Jetzt geht es um die letzte Frage der Menschheit – und der Atheist sagt den Satz. Den Satz.
Aber wie kann der Mensch, fragt der Skeptiker, Gott erschaffen, wenn es doch, worauf du immer insistiert hast, gar keinen Gott gibt? Da musst du nur die Bibel lesen, meint der Atheist, der in einer braven evangelischen Familie aufgewachsen ist, um zu sehen, was der Mensch erschaffen hat. Aber wenn der Mensch tatsächlich Gott erschaffen hätte, wie du jetzt auf einmal behauptest, dann gäbe es ihn ja doch. Nein, das ist ein Gott aus Papier. Wie er in der Bibel steht. Aber, widerspricht der Skeptiker, dein Gott, den du hier dauernd im Munde herumführst, lebt auch in den Köpfen und in den Herzen von Millionen Christen. – Die irren sich natürlich alle. – Und du weißt es besser? – Wo es keinen Beweis gibt, gibt es auch keinen Gott. Aber Gott ist, sagt der Skeptiker, der sich nun plötzlich an sein letztes Streitgespräch mit dem Religionslehrer erinnert, gar keine Sache von Beweisen. Gott ist eine Glaubenssache.
http://einminutentexte.wordpress.com/2010/06/27/und-mensch-erschuf-den-gott/
In diesem Sinne
Phil
That’s it. Wenn dir jemand sagt, dass du morgen sterben musst, oder du dich im Alter fragst, ob das der letzte Sommer ist, den du da gerade erlebst – da wird eben ein anderes Sprechen draus, als das, Aussagen oder Thesen über die Welt zu treffen.
@#767263: Der Kapitalismus setzt ja gerade auch den Glaube an die vermeintlich heilsamen und rationalen Kräfte des Marktes (vgl. hierzu auch Westerwelle et al.) voraus, das ist die höhere Macht in diesem Zusammenhang. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang nur kurz an die Theorie von der unsichtbaren Hand (was, wenn nicht eine höhere Macht, soll diese unsichtbare Hand sein?), von Adam Smith, der von Hause aus weniger Ökonom als vielmehr Theologe war.
1. Warum sagst du Atheismus wenn du Hedonismus meinst
2. Sind dieses Richtungen so flach dargestellt das es kaum mehr als ein Label ist, so ne Art geistige Markenklamoten.
3. Ich find dich scheiße.
Ich wiederhole mich: you killed Kenny!
Ich darf das ganze Mal von der anderen Seite kommentieren. Ich bin überzeugter Christ (ich meine, der erste hier). Überzeugt heißt nicht dogmatisch, fundamentalistisch (im negativen Sinne Dawkins) oder überheblich.
Auch ich finde diesen Artikel klasse – danke für eine Darstellung von Toleranz, die heute auch gerade Atheisten oft nicht zeigen.
Ich versuche Menschen nicht von meinen Glauben zu überzeugen. Wenn ich ihnen von meinen Erfahrungen und meinem Glauben erzähle und hoffe, dass sie selbst das auch einmal glauben können, dann tue ich das nicht aus der Überzeugen, besser zu sein oder die Dinge besser zu wissen als sie. Und schon gar nicht, weil mir das irgendwer vorschreiben würde.
Ich hoffe, dass Menschen meinen Glauben teilen können, weil er mir Hoffnung gibt. Weil er mir ein Fundament gibt, das nicht an fehlbare (wer das leugnet, lebt auf einer anderen Welt als ich) Menschen gebunden ist.
Natürlich sind Beziehungen Dinge, die Halt geben. Aber Beziehungen zerbrechen.
Und ich unterstütze Aniota (bzw ihr Zitat): Es gibt Fragen, die auch Dawkins nicht beantworten kann.
Und @ Henry: Nein, ich habe die Verantwortung für mein Leben nicht abgegeben, ich klage Gott an, strebe, frage und zweifle gerne und viel. Vielleicht auch gerade wegen meines Glaubens. Was du sagst, ist eine Pauschalisierung ersten Grades. Wie der Artikel sagt, ist so etwas nicht angebracht bei einem Thema wie diesem.
Ich wollte jetzt auch keine religiöse Diskussion anstoßen.
P.S.: „Atheisten sind eine Minderheit“. Einmal bitte diese Kommentare durchlesen…Atheisten sind wohl die Minderheit mit der größten Lobby überhaupt.
@#767270: Und welche Fragen stellst du an deine höhere Macht? Oder welche Fragen stellst du dir selbst? Oder welche Fragen stellst du deinem Lehrer? Und was hast du in diesem Fall herausgefunden? Es wäre für mich sehr interessant zu erfahren, was Zen-Buddhismus ausmacht.
@#767273: Ja, schon klar. Aber warum hast du sie ohne Kommentar wiedergegeben, wenn du nicht davon überzeugt bist?
Ok, du unterscheidest zwischen objektiv überprüfbar und nicht überprüfbar bzw. subjektiv für weltlich und geistlich. Es gibt aber auch objektiv nicht überprüfbare Strömungen der Philosophie, die sich mit dem Ursprung, dem Sinn und der Zukunft des Lebens beschäftigen, ohne damit gleich geistlich zu sein oder sich unbedingt mit einem höheren Wesen beschäftigen zu müssen.
Außerdem beschäftige ich mich selbst auch sehr gern mit den Fragen der Philosophie, obwohl ich weiß, dass es dafür wahrscheinlich niemals konkrete Antworten geben wird. Das macht aber nichts, weil ich glaube, dass die reine Überlegung schon dabei hilft, ein verständnisvollerer Mensch zu werden.
@#767295: Ja, zu lustig, dass der Markt eine Erfindung des Menschen ist. Wenn der Mensch also an den Markt als „höhere Macht“ glaubt, dann hofft er, dass ein System, das er selbst geschaffen hat, zufällig so funktioniert wie es soll. Alles Weitere ist davon abhängig, wie alle im Markt relevanten Faktoren aufeinander wirken. Diesen Sachverhalt übernatürlich zu nennen, wäre genauso als würde man die Anordnung der Körner eines umgestoßenen Reissackes als unbegreiflich bezeichnen.
@#767298: Welche Fragen stellst du an Gott?
@ Henry
Warum er Leute sterben lässt, die ich kannte und die viel zu jung waren um zu sterben.
Warum Dinge passieren, die einfach nicht passieren sollten.
Was der Plan für mein Leben ist.
…
Solche Fragen. Fragen, die du anscheinend nicht kennst.
btw – fällt dir eigentlich auf, dass du hier der einzige bist, der irgendwen von seiner Position absolut überzeugen will und genau der Typ, den Frédéric kritisiert?
@Henry (28):
Womit wir nun zu der Frage kämen, was diese philosophischen Strömungen von Religion unterscheidet – anders gefragt, wie „Religion“ im Gegensatz zu diesen Strömungen definiert werden müsste.
Am „höheren Wesen“ kann es nicht liegen, sonst wäre z.B. der Buddhismus in diesem Sinne keine Religion.
Dass objektiv unsichere philosophische Überlegungen nützlich sind, will ich nicht bestreiten, ich mache mir da selbst oft genug Gedanken. Religion in dieser Hinsicht aber auch, siehe Jays Posts. Also auch kein wirkliches Unterscheidungsmerksmal (sofern ich da nichts übersehe).
Am Ende landen wir da wahrscheinlich eh bei der Transzendenz, aber schauen wir mal.
Frédéric, ich mag deine Texte. Schön zu lesen. Guter Inhalt. Danke
„Glauben ist absurd, weil das Leben absurd ist.“ dieser satz trifft es auf dem punkt. der eine sagt: da gibt es ein wesen, dass alles lenkt, alles erschaffen hat und alles weiß. absurd. der andere sagt: wir leben alle auf einer kugel, die durch nichts treibt und wir fallen nicht runter, weil die kugel so viel masse hat, dass sie uns an sich bindet. absurd. wer ist der idiot von den beiden. entweder beide oder keiner.
die pythons liefern wieder mal die einzige antwort, die nur in ihrer absurdheit sinn ergibt: lets fight: http://www.youtube.com/watch?v=LfRkcJ0BLS0
@#767298, @#767301: Nun, es ist für mich etwas schwierig, dich zu verstehen. Ich weiß nicht so Recht, auf was du dich genau beziehst. Mein erster Beitrag kritisiert zwei Dinge.
Erstens: Die Entscheidung mancher Gläubiger, denen es nicht gut geht und die an das Jenseits glauben, ihr jetziges Leben nicht mehr verbessern zu wollen, weil sie denken, dass sie daran nichts mehr verändern können und es ja nach dem Tod sowieso besser wird.
Zweitens: Das fehlende Hinterfragen des eigenen Glaubenssystems, das sich dadurch kennzeichnet, dass die meisten Gläubigen nicht mehr nach dem wodurch fragen, sondern sich mit Gott als Lösung abgefunden haben.
Mein dritter Beitrag, den ich an Hendrik geschrieben habe, baut wiederum auf meinem zweiten Kritikpunkt auf. Und auch die Fragen, die du an Gott stellst, unterstützen das. Du fragst nicht, warum existiert du, Gott, sondern du fragst nach dir selbst und deinem Umfeld.
Und ja, mir ist mehr oder weniger bewusst, das Frédéric mich mit der Kritik mitangesprochen haben könnte. Allerdings ist es auch so, dass ich denke, dass Religion und Glaube, Themen sind, die das gesamte menschliche Handeln stark beeinflussen und andere Menschen in ihrer Freiheit einschränken können, sodass ich meine Direktheit damit begründe, dass eine viel zu große Macht vom Glauben ausgeht, als dass man ihn nicht thematisieren sollte.
@#767302: Auch der Buddhismus kennt Buddha als übergeordnetes Individuum, als Offenbarung und als transzendentes Wesen. Letztendlich wäre er damit auch eine „höhere Existenz“. Insofern unterscheidet sich der Buddhismus von anderen Religionen nur darin, dass es keinen direkten Schöpfer gibt, sondern eine Person, die in seinen eigenen Lehren das Ziel der Existenz erreicht hat.
Wow. Früher, als es noch den populärsten aller Blogs Robert Basic mit seinem Basic Thinking gab, mit dem ihr Euch ja gekeilt und möglichst wenig vertragen habt und um die Spitze der Blogcharts gebattlet habt, war ich immer af Eurer Seite, denn Eure Artikel waren im Gegensatz zu diesem Schachtelsatz und im Gegensatz zu Roberts Artikeln klar und logisch und interessant konstruiert und nicht einfach eine Abfolge von herauspurzelnden Wörtern mit Möchtegern-Bedeutung so wie diese hier.
Und ls ich jetzt den Artikel gelesen habe, dachte ich, ich befände mich gerade im Basic Thinking -Blog.
T. ist ein guter Mann! Zu mindestens 85%!
@#767260: Jonas kenne ich nicht, aber gerade Heideggers Thrill besteht ja nicht darin, zu sagen, dass der Tod sinnvoll ist, sondern die Zeitspanne davor, deren Ende er markiert. Bei Heidegger ist der Sinn von Sein Zeit, und die endet mit dem Tod. Damit ist der Tod Voraussetzung und gleichzeitig Beendigung der Sinnsuche, also absurd. (Der Gedanke an den Tod hingegen, da bin ich völlig Deiner Meinung, ist nur Voraussetzung für Sinn.)
Vielleicht lässt sich das Ganze auflösen, in dem wir uns auf die eigene Subjektivität zurückziehen und ein objektives „Recht haben“ nicht zulassen (à la Descartes).
Das schafft zwar genau so Probleme, aber es nähme Spannung aus der Debatte.
@#767299: Und wo ist da jetzt der Unterschied zu Gott? Meines Wissens sind alle Religionen, die einen Gott verehren bzw. kennen den historisch stichhaltigen Gottesbeweis noch schuldig, ergo ist so lange davon auszugehen, dass es sich dabei um ein Konstrukt derer, die an ihn glauben, handelt. Ebenso wie der Markt funktionieren auch die Gottheiten nach festgelegten Regeln, indem sie Böses bestrafen und Gutes belohnen. Der Markt hingegen bestraft für vermeintlich unkluges Handeln und belohnt kluges Handeln. Was du im Hinblick auf den Markt beschreibst, gilt gleichermaßen für religiöse Gemeinschaften, die nur dann funktionieren, wenn sie nach ihren Regeln leben und Abweichungen sanktionieren. Und diese Regeln sind in seltenen Fällen direkt von der höheren Macht ausgehend. Sind sie es, dann handelt es sich um Grundregeln (hier die 10 Gebote, dort das Gesetz von Angebot und Nachfrage), das Geflecht von Regeln was sich daraus entwickeln kann (bitte kein Sex vor der Ehe oder mit Gleichgeschlechtlichen auf der einen Seite oder die Belohnung irrationalen Handelns in einem auf rationalen Prinzipien basierenden System auf der anderen Seite) ist in beiden Fällen von Menschen gemacht.
Macht für mich als Agnostiker/Ignostiker keinen Unterschied.
Theismus und Atheismus an sich sind komplett sinnlos.
Glaube hat ggf. dann einen Sinn, wenn er
a) einer Person (oder Gruppe) hilft (z.B. in unübersichtlichen Situationen das für sie „richtige“ zu entscheiden)
b) niemanden Unterdrückt, bervormundet, ausgrenzt, verbrennt, in die Luft sprengt, etc.
Die Frage ob „Gott“ oder das FLM existieren, müsste sich – meiner Meinung nach – ein aufgeklärter Menschen eigentlich garnicht stellen.
P.S.:
Zum Thema Atheismus hatte ich vor einiger Zeit mal ein interessantes Gespräch:
http://www.drhelga.de/blog/%C3%BCber-atheismus-hippies-den-kinski-und-so
Guter Artikel, der zum Nachdenken anregt. Ich hatte erst einen längeren Kommentar verfasst, doch vieles davon haben bereits andere vor mir hier gesagt.
Meiner Meinung nach gehört zum Atheismus auch eine gewisse Überwindung der Angst vor dem Tod (was nicht gleichzusetzen ist mit einer Angst vor dem Sterben). Es erfordert u.a. einen gewissen Mut, sich in unserer „christlich“ geprägten Gesellschaft einzugestehen, wenn ich sterbe, wird kein Paradies auf mich warten, dieses eine Leben, das ich jetzt habe, wird zu Ende sein. Den Gläubigen dient ja vielmehr ihr Glaube als Schutzschild gegen diese Angst. So gesehen ist Glaube menschlich (aber halt nicht ausserirdisch bzw. göttlich).
@ Henry (34)
Ich kenne genug Menschen, denen es tatsächlich in objektiver Sicht vielleicht schlecht geht, (z.B. einen Mann, der sein Augenlicht verloren hatten), die aber dadurch, dass sie auf Gott vertrauen, trotz dieser Umstände glücklich sind.
1. Heißt das nicht, dass sie nicht versuchen ihr Leben zu verbessern
2. Willst du das schlecht reden?
3. Ja, auch ich finde es falsch wenn Menschen ihr Leben hier sozusagen aus der Hand geben (in deinem Sinne), weil sie nur auf das Ende warten.
Ich hinterfrage mein Glaubenssystem sehr häufig, wie schon gesagt.
Warum sollte ich Gott fragen, warum er existiert? Besser gesagt – was für eine Antwort gibt ein Mensch dem selbstdenkendem Roboter den er erschaffen hat, wenn dieser ihn fragt „Warum existierst du?“ Was würdest du ihm antworten?
@Jan
Es gibt einen großen Unterschied zwischen Gott und Religion. Religion ist vom Menschen gemacht, eben das System, dass du beschreibst. Kein Argument dafür, dass Gott von den Menschen gemacht wurde.
Ich verabschiede mich aus dieser Diskussion, denn genau das ist es mittlerweile.
Hm. Stimmt schon. Es gibt Leute, die brauchen sowas wie Religion, weil sie das tröstlich finden. (Ich gehöre nicht dazu, weil ich weder Angst vor dem Tod habe noch mich im Universum verloren fühle noch eine unsichtbare schützende Hand benötige noch die dazugehörige Selbstbeschwindelung hinkriege … Ich bezeichne mich aber auch nicht als Atheisten: Gott oder der Sinn des Lebens interessieren mich einfach nicht.) Dass dieser T. eigentlich dazugehört und sich trotzdem gegen diese Erkenntnis weigert, wird sich mit den Jahren aber wohl geben. So hab ich das zumindest bei meinem Vater erlebt. Hängt aber von seiner Fähigkeit zur Kontemplation ab.
@#767316: Du kannst jedes System, das gewissen Regeln folgt mit einer Religion vergleichen, weil die Religion auch einfach nur ein System mit gewissen Unbekannten ist. Das bedeutet jedoch nicht, dass man den Markt, Naturgesetze oder mathematische Grundlagen einfach mit Gott gleichsetzen könnte, denn diese Systeme sind unabhängig voneinander überprüfbar und es entstehen für sie immer wieder die gleichen Regeln.
@#767321: Ich finde es schade, dass du aus der Diskussion aussteigst, weil ich denke, dass man sehr viel von den Extremen und ihren Überzeugungen lernen kann. Gerade auch bei einer Religionsdiskussion.
Mich würde interessieren, inwiefern es jemanden hilft, der ein Auge verloren hat, dass er an Gott glaubt. Welche Gedanken er sich macht, dass sowas ihm passieren konnte?
Ich würde dem selbstdenkenden Roboter antworten, dass ich es nicht weiß. Ich würde versuchen, ihm zu erklären, dass es sehr viele Modelle gibt, aber durch die wenigen Aufzeichnungen, die wir haben, es niemand genau erklären kann. Aber diesen Roboter-Mensch-Vergleich habe ich noch nie richtig verstanden. Ein Roboter kann uns durch seine Sensoren auf physischer Ebene wahrnehmen, er kommuniziert mit uns direkt, bekommt direkte Anweisungen und weiß letztendlich auch, dass er für einen bestimmten Zweck konstruiert wurde. Ich verstehe nicht, wie dieses Verhältnis die Mensch-Gott-Beziehung beschreiben könnte.
Warum sollte Gott das einzige Wesen sein, das schöpferischer Natur ist?
Wenn man Gott in diesem Sinn als allumfassend bezeichnet, warum setzt man ihn nicht mit dem Universum gleich? Das Universum hat beliebige, aber für alle verbindliche Regeln: Naturgesetze. Das Universum ist der Ursprung und der Endpunkt allen Lebens. Das Universum hat unseren Planeten und uns durch Auslese erschaffen. Das einzige, was das Universum nicht ist, ist ein persönliches Wesen, das sich unserer Sorgen und Nöte annimmt.
Wodurch wurde Gott erschaffen? Wenn Gott schon immer da gewesen ist, wie weit kann er sich zurückerinnern und was kam davor?
Wieso lässt Gott das Böse zu? Die Theodizee bescheinigt eigentlich nur, dass Gott nicht allmächtig ist, weil er keine bessere Welt erschaffen konnte und wir darunter leiden müssen.
was ein gequirrlter Unsinn.
das du in deinem eigenen TExt auf die Homöopathiedebatte verweist, disqualifiziert dich schon.
homöopathen sind noch eine stufe niedriger als gläubige.
einen gottesbeweis wird es wohl nie geben, da verzeih ich den glauben als menschlische schwäche ( aber nehme mir das recht raus, mich darüber lustig zu machen – richtig ich verspotte eure propheten!)
aber homöoptahie beruht erwiesenermaßen auf dem placebo-effekt.
wer daran glaubt ist enfach nur dumm!
kisses,
J.
@#767328: Es geht mir auch nicht darum, ein System mit irgendeiner Gottheit gleichzusetzen, sondern nur darum aufzuzeigen, dass weder eine Religion noch ein anderes komplexes System nachvollziehbar funktioniert, wenn man nicht daran glaubt, dass es so ist.
Irgendwann kommt man (beim Markt geht das sogar vergleichsweise schnell) an einen Punkt, an dem das System so komplex geworden ist, dass es nicht mehr zu überblicken und irgendwann auch nicht mehr (mit den heute zur Verfügung stehenden Mitteln) nachvollziehbar zu berechnen ist. Dann hilft nur noch der Glaube daran, dass die Regeln des Marktes tatsächlich in jedem einzelnen Fall gegriffen haben und falsches Handeln immer sanktioniert worden ist, um das Verhalten des Gesamtsystems zu erklären. Überprüfbar ist das nicht, also kann ich es nur bezweifeln oder daran glauben.
Es ist für mich nur schwer verständlich, warum es heute als so „angesagt“ gilt, sich zu Religionen zu äußern. Seit drei oder vier oder fünf Jahren überbieten sich die Medien in D in der Behauptung, daß Religion jetzt wieder irgendwie wichtiger geworden wäre (womit sie unausgesprochen das Christentum meinen, das sie pushen möchten). Habe noch nie geglaubt, daß die These zutrifft. Sicherlich spielen hier bei dieser Behauptung auch die ganzen untergründigen Verbindungen eine Rolle, die der Staat und das Establisment zu den beiden Kirchen unterhalten (Trennung von Staat und Kirche?? Pustekuchen).
Ich war mein ganzes Leben lang Atheist, von Anfang an und ohne jede Unterbrechung. Es gab nie einen Grund, daran zu zweifeln. Der Unterschied zum Glauben ist eben halt, daß es keine Dogmen gibt, nichts Festes, eigentlich nichts Positives. Ich muß im Grunde also keine spezielle Meinung vertreten. Deswegen käme ich auch nie auf die Idee, mich (oder andere) als „bekennende“ Atheisten zu bezeichnen. Was soll das sein? Ich bekenne doch nichts. Ich ignoriere einfach alles, was die Kirche tut und sagt. Es hat keine Bedeutung für mich und hatte es auch nie. (Daß man sich dennoch theoretisch mit Religion beschäftigen kann, in Gestalt religionshistorischer und kulturkritischer Werke, schließe ich dabei nicht aus; es hat nur nicht den geringsten Einfluß aufs praktische Leben.)
Wie ich mein Leben führe, hängt doch letztlich von mir selbst ab. Ich könnte mir durchaus vorstellen, daß man so wie T. auch leben kann, wenn man Religionsanhänger ist. Denn man sollte eins nicht vergessen: Die meisten Leute, die heute bei den christl. Kirchen mittun, sind reine „Namenschristen“ (wie Karl May sie genannt hat) und ziehen die Nummer nur aus Konvention ab. Da wird vielleicht noch ein bißchen an dies und ein bißchen an das geglaubt, aber an nichts richtig. Ich finde daran nichts beispielgebend.
Übrigens: Als Atheist habe ich kein Problem damit, daran zu glauben, daß das Leben völlig sinnlos ist. Das ist seit jeher meine bevorzugte „Glaubensrichtung“. Mit „bekennend“ hat das allerdings überhaupt nichts zu tun.
@#767330: Ok, ich verstehe nun, was du meinst. Du hast gefragt, was der Unterschied zu Gott ist, deshalb habe ich gedacht, dass du das System mit Gott gleichsetzen wolltest.
Natürlich hast du Recht, wenn du eine Religion pragmatisch betrachtest und sagst, dass ihr Ziel die Verbesserung des Lebens auf der Erde ist. Der gravierende Unterschied besteht zu anderen komplexen Systemen aber in der Tatsache, dass der Glaube in der Religion nicht aus den Regeln entspringt, sondern aus der eigenen Überzeugung. Man glaubt nicht an einen christlichen Gott, weil man vermutet, dass seine Regeln das Leben auf der Erde besser machen, sondern weil man annimmt, dass er der Ursprung für alles ist.
Philisophie denk darüber nach warum es das alles hier gibt und wie man es verstehen kann.
Gott ist einfach ein Denkansatz von vielen. Subjektiv.
Atheismus ist die Nicht-Übereinstimmung damit. Subjektiv.
Religion ist die weiterführung von Gottes, mit der Annahme er existiert.
Gott ist die eine Sache, was man aus ihm macht ist die andere.
P.S. Danke für einen weiteren tollen artikel
@Henry (34):
Sehe ich es also richtig, dass du Religion ablehnst, weil sie u.A. von einem höheren, transzendenten Wesen handeln, wohingegen die Philosophie, die du nicht ablehnst, dies nicht tut?
und @Henry (47):
Das ist wieder eine Pauschalisierung – wieso sollte man nicht einen christlichen Glauben annehmen können, weil man glaubt, dass seine Regeln das Leben auf der Erde besser machen?
Nur um das aus dem Weg zu schaffen: „DEN“ christlichen Glauben gibt es nicht, auch nicht innerhalb der Kirchen. Dafür gibt es allein schon zu viele verschiedene, sich teils widersprechende Gottesbilder (z.B. Dorothee Sölles „Gott ist tot“-Theologie) oder Vorstellungen, was nach dem Tod kommt (manche Christen finden an der Reinkarnationslehre östlicher Religionen durchaus gefallen und deuten dann für sich die Auferstehungstheologie um – bezeichnen sich aber weiterhin als Christen).
Wieso also sollte es nur einen Zugang zum Glauben geben, wo es doch nichtmal nur einen Glauben gibt?
@#767328: Spannend – in dem Kommentar hast du dir einen ganzen Schwung von Fragen zum Zen-Bhuddismus schon beantwortet. Das Universum, Karma, Energie, ‚das Leben‘ – nenn es wie du willst, aber das ist die höhere Macht die (nachweislich) existiert. Und je mehr ich darüber lerne, desto näher bin ich dem ganzen natürlich, von daher muss ich Fragen stellen um weiterzukommen, um der Erleuchtung näherzukommen.
Der Zen-Bhuddismus lehrt zum Beispiel, dass nichts verloren geht, das die Dinge zwar vergehen, aber doch bleiben. Was sagt der Physiker dazu? Massenerhaltungsgesetz; Dinge verschwinden nicht, sie werden nur in andere überführt. So gesehen ist, wie hier relativ früh in der Diskussion stand, auch der Tod mitnichten absurd, er ist das Gegenstück zum Leben: Ein Lebewesen wird in einen neuen Seins-Zustand überführt, auf physio-biologischer Ebene gehen die Einzelteile in neue Lebewesen über. Auch auf metaphysischer Ebene kann man davon sprechen das jeder erhalten bleibt: Jedes Lebewesen beeinflusst alles Leben in seiner Umgebung. Diese Beeinflussung durchläuft als Kettenreaktion die gesamte Welt, und so besteht das Leben einer bestimmten Person in winzigen Beeinflussungen der Leben vieler anderen auf ewig weiter, wenn man so will.
@#767337: Nein. Ich lehne den Glauben an ein höheres Wesen ab, weil es keine direkten unwiderlegbaren objektiv überprüfbaren Beweise gibt, weil es die Gläubigen dazu bringt, ein Konzept anzunehmen, dass nicht direkt aus dem Sichtbaren hervorgeht und weil es einige Gläubige dazu bringt, ihre Verantwortung abzugeben.
Und ich lehne Religionen ab, weil sie auf dieser Grundlage ein hierarchisches System der Macht geschaffen haben, dass Menschen über Jahrtausende an bestimmte Traditionen und Verhaltensnormen gefesselt hat. Ohne jetzt auf die offensichtlichen Schandtaten des Christentums, Judentums und des Islam einzugehen.
Ok, für mich war es eine Selbstverständlichkeit, dass man Anhänger einer bestimmten Religion ist, weil man glaubt, dass das, was diese Religionen sagen, auch stimmt. Wenn man einer Religion nur beitritt, weil man denkt, dass die Regeln die Welt ein Stückchen besser machen, dann heuchelt man anderen Menschen etwas vor. Und ich weiß nicht, ob Lügen so eine gute Basis für das Miteinander sind.
Ich denke persönlich, es gibt so viele religiöse Vorstellungen, wie es Gläubige gibt. Das ist aber auch ein Problem, das ich mit den Religionen habe. Wenn Religionen sagen, dass ihre Gläubigen neuerdings frei sind, dass zu glauben, was ihnen vorschwebt, dann gibt es für diese Religionen keine Daseinsberechtigung mehr. Wenn du aber meinst, dass es im Christentum unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung der Bibel gibt, dann würde ich trotzdem sagen, dass sie alle auf die selben Regeln zurückgreifen und damit auch eine religiöse Einheit als Christentum bilden.
Letztendlich bauen alle Religionen auf übernatürlichen Vorstellungen auf. Inwiefern diese ausgeprägt sind, ist von Religion zu Religion verschieden. Allerdings wird im Film „Man From Earth“ auch erwähnt, dass das Christentum eine westliche Form der Lehren Buddhas gewesen sein soll. Ich bin nicht ausreichend genug bewandert, um das anzunehmen oder zu widerlegen, aber ich finde die Vorstellung interessant und es würde auch erklären, warum sich einige Christen von der Reinkarnationslehre angezogen fühlen.
@#767342: Die Urform des (schamanistischen) Bhuddismus ist wahrscheinlich alt genug um als Inspiration gedient zu haben – der hier im Westen als „Bhudda“ bekannte Siddartha Gautama ist allerdings erst ein paar hundert Jahre nach Christus geboren worden.
Was die Reinkarnation angeht, so wurde diese im Katholizismus durch pästliches Dekret abgeschafft – so wie die Vorhölle angeschafft wurde, beides hat nichts mit den ursprünglichen Lehren Christus zu tun.
@#767338: Nun, mir macht es ein wenig zu schaffen, das Universum oder das Leben als etwas Mystisches oder Außergewöhnliches zu betrachten. Man kann es in den Formen, die wir wahrnehmen und fühlen auch einfach annehmen, ohne einer bestimmten Richtung folgen zu müssen.
Ich brauche nicht unbedingt ein Mantra, das mir die Schönheit der Welt in Worte fasst, wenn ich Gefühle habe, die mir diese direkt wiedergeben. Ich brauche keine Worte wie Gott, Zen oder Karma, die versuchen mir die Welt mit zusätzlichen nicht direkt überprüfbaren Vorstellungen zu erklären.
Ansonsten sind deine Ausführungen schlüssig und ich kann gegen diese Vorstellungen auch nichts einwenden. Für mich erscheint dieser Weg nur der Schwierigere, weil man philosophische Überlegungen in ein Gewand packt, das zum Teil mystischen Ursprung hat.
@#767343: Wikipedia schreibt, dass Siddartha Gautama vor Christus gelebt haben soll. „Dabei kam man auf ein Todesjahr, das nach westlicher Zeitrechnung 544 oder 543 v. Chr. entspricht.“ – http://de.wikipedia.org/wiki/Siddhartha_Gautama
Hoppala – da hab ich wohl die Richtung des Abstands verdreht. Das macht ein gewisses „abschauen“ natürlich wahrscheinlicher.
Und ich habe auch nicht ausreichend gelesen: „Die gegenwärtig vorherrschenden Datierungsansätze für den Tod schwanken zwischen ca. 420 und ca. 368 v. Chr“, was aber immer noch einige hunderte Jahre vor Christus wäre.
Wird das jetzt hier eine regelmäßige Kolumne? Die „eigentlich stehen Welten zwischen uns, aber lass uns nicht dran denken“-Kolumne? Oder die „wenn’s wem hilft, kann’s nicht so schlimm sein“-Kolumne? Erst sollen „Schuldmediziner“ und Homöopathen schmusen, dann Atheisten und Nicht-Atheisten; wer als nächstes? Leute, die an Feen und Engel glauben, mit denen, die das nicht tun? Kommunisten und Kapitalisten? Also ich find’s nur langweilig.
@Henry (51):
An deinen ersten beiden Punkten gegen den Glauben hab ich nichts zu kritiesieren, aber das dritte ist kein Argument gegen den Glauben – Spinner gibt es überall, und auf die Möglichkeit, Verantwortung von sich zu weisen, haben Religionen kein Patentrecht, die Philosophie mit dem Konstrukt des Determinismus ist da ebenfalls stark dabei.
Ja, es mag manche verleiten, sich blöd zu verhalten – wie wir in Frédérics Text gelesen haben, kann das aber ebenso auf Atheisten zutreffen. Ein Argument gegen den Glauben an sich ist das nicht, nur gegen eine bestimmte Verhaltensweise, die auf dem Glauben basieren kann oder nicht.
Es gibt einen Unterschied zwischen Religion und Kirche. Viele religiöse Menschen lehnen die Kirche ab und gehen nur zu besonderen Anlässen hin, „weil es sich so gehört“, z.B an Weihnachten oder zu Hochzeiten.
Es gibt einen Unterschied zwischen Heuchelei und Lüge, aber das führt nur zu Definitionsstreitereien.
Desweiteren tritt man nicht einer Religion bei, höchstens einer Religionsgemeinschaft (z.B. Kirche). Eine Religion nimmt man an oder nicht.
Und vor allem: wieso heuchelt man da anderen Menschen was vor? Weil sie plötzlich nicht mehr in das einfache Schema passen „Christ = Glaube an Schöpfergott und Jesus als Erlöser“?
Dass es so viele religiöse Vorstellungen wie religiöse Menschen gibt, würde ich durchaus unterschreiben, aber wieso nimmt das den Religionen denn die Daseinsberechtigung? Es nimmt den starren Vorstellungen der einen, einzig wahren, richtigen Religion (eingeschränkt) die Daseinsberechtigung, so wie sie von manchen wenigen Kirchenvertretern geäußert wird. Aber doch nicht den Religionen selbst, wenn man sie von den Kirchen abgekoppelt betrachtet.
Bezüglich dessen, dass sie alle auf die Bibel rekurrieren und deshalb eine religiöse Einheit bilden, muss ich auch hier bitten, zu differenzieren. Welche Bibelausgabe? Mit Apokryphen? Ohne? Welche Übersetzung? Luther-, Volx- oder Einheitsübersetzung? Oder Zürcher?
Eine Bekannte meinte einmal zu mir, sie sei christlich, glaube aber nur an das neue Testament. Ist das noch christlich? Wenn nicht, was dann?
Kurzum: welche gemeinsamen Regeln, wo sich die Gemeinsamkeiten doch sehr in Grenzen halten?
Wie oben schon gesagt: DEN christlichen Glauben gibt es einfach nicht.
Und Jesus war (so er je gelebt haben mag) sicherlich nicht von Buddha Siddhartha inspiriert. Die heutige theologische Forschung ist sich recht uneins, ein bröckeliger Konsens sieht ihn aber als jüdischen (zumindest das ist weitestgehend gesichert) Wanderprediger – nicht christlich, das kam erst später. Wie viel Wahres da dran ist, ist aber sehr umstritten. (siehe z.B. Gerd Theißen: „Der historische Jesus“ oder ders.: „Der Schatten des Galiläers“).
@#767361:
Also eigentlich finde ich die Idee gar nicht schlecht, zu kontroversen Themen einen Ansatz zu bieten, auf dem basierend sich Leute konstruktiv und gegenseitig bereichernd und respektierend austauschen können. Die meisten Artikelschreiber gehen solche Themen nämlich mit dem Vorsatz an, möglichst viel Anreiz dazu zu bieten, daß die Leute sich spektakulär die Köppe einhauen.
Ich würde es sehr begrüßen, wenn sowas hier tatsächlich anders möglich wäre. Und es alles andere als langweilig finden – die bisherige Diskussion hier finde ich nämlich durchaus interessant, gerade weil hier unterschiedlich denkende Leute versuchen, sich gegenseitig ihre Sichtweise zu *vermitteln* statt aufzuzwingen. Das hat mmn auch mit dem „versöhnlichen“ Ansatz des Artikels zu tun. (ob man den eigentlichen aussagenden Inhalt des Artikels selber nun gut findet ist ne andere Frage – aber die *Möglichkeiten*, die er zur weiteren Diskussion bietet, die sind gut).
Bei allem Respekt
Sehe das eher als Sommerlochfüllendenrhetorikkram mit Notfalloption:
Glaubensfragen ziehen immer…
–
Zumindest glaube ich daran es für mich beurteilen zu können. Tja ;-)
@#767368:
Wozu braucht man da eine Diskussion? Diskussion ist kein Wert an sich. Hinterher gehen alle nach Hause und sind so schlau wie vorher. Und selbst wenn sie schlauer sind: was soll’s?
Im Übrigen finde ich als Atheist das hier noch nicht mal so besonders gut gelungen, wenn es um die Versöhnlichkeit geht. Hypochonder, Penis und zuviel Dawkins gelesen. Aja. Alles arme Schweine diese Atheisten. Und wie kann bitte ein Buch jemals zuviel sein?
Ach lassen wir das. Glaubt, woran ihr wollt, aber lasst mich damit in Ruhe.
@#767391: Interessant: Von der einen Sorte Diskussionsbeitrag (Buch, insbesondere das von Dawkins) kann man überhaupt nicht genug bekommen (warum?), die andere Sorte hingegen ist „kein Wert an sich“.
@#767290: Ich hab darüber nachgedacht, aber im Endeffekt haben wir die diversen Positionen ja hier oder in den Kommentaren zum Dawkinsartikel. Außerdem darf ich ihm diesen Artikel ja nicht zeigen, sonst redet er nicht mehr mit mir.
@#767363: Der dritte Punkt ist mein schwächstes Argument, aber ein Argument gegen den Glauben ist es sehr wohl. Allgemein bin ich der Auffassung, dass jede Form der Abgabe von Veranwortung erst einmal etwas Schlechtes ist. Bei vorgefertigten Konzepten wie Religionen besteht aber noch eine höhere Gefahr, weil diese Form von vielen unterstützt wird und man dadurch leichter in Versuchung gerät, sich damit abzufinden.
Die Religion ist die Basis, die Kirche ist die konkrete Ausprägung.
Ja, man tritt einer Kirche bei, ich habe Religion und Kirche in diesem Fall etwas vermischt. Nun man heuchelt ihnen vor, an das Konzept einer höheren Macht zu glauben, obwohl das nicht der Fall ist. Was macht schließlich das Christentum im Wesentlichen denn sonst aus, was es zur Religion macht und von einer Philosophie abhebt?
Wenn jeder Mensch frei ist, alles zu glauben, was er sich vorstellt, weshalb braucht er dann Grenzen wie Religionen, die ihn in seiner Vorstellungskraft beschränken? Entweder man ist von einer Religion überzeugt und nimmt sie an oder man macht sich seine eigenen Gedanken und entfernt sich damit vom Grundgerüst. Für mich führt letzteres aber nur dazu, dass eine Religion beliebig wird. Wenn man alles verändert, was eine Religion ausmacht, wieso nennt man es dann überhaupt noch Religion?
Und zum Schluss: Wieso kann die Jesus-Figur nicht von Buddha inspiriert worden sein?
@#767402: Grundsätzlich bin ich nicht gegen die Abgabe von Verantwortung, weil ich glaube, dass ohne diese Abgabe keinerlei Zusammenleben funktioniert. Jede Gesellschaft, jede Form von Herrschaft. beruht auf der Abgabe von Verantwortung, und die entscheidende Frage ist für meine Begriffe vielmehr: geschieht das freiwillig oder nicht. Der Unterschied zwischen einer Sekte und einer Kirche, der Unterschied zwischen einer Diktatur und einer Demokratie verläuft meiner Meinung nach an genau dieser Grenze: wei freiwillig ist diese Abgabe von Verantwortung.
Religion lebt, denke ich, vom Mythos und vom Ritus. Beides ist nicht zwingend zurückzuführen auf eine höhere Macht, auch wenn wir hier in erster Linie monotheistische Religionen im Blick haben. Der Mythos ist etwas konservatives, eine Erzählung, die von Alters her überliefert wird und die bisher als Erklärungsmodell funktioniert hat, deren Sinnhaftigkeit also schon als bewiesen angesehen werden kann.
Der Ritus ist quasi eine Unterkategorie des Mythos, der beispielsweise bei Begräbnissen oder Hochzeiten oder sogar beim Hochamt immer wieder aktualisiert wird. Gerade bei Begräbnissen mit den wenigen Variablen im Ablauf (Totenwache, Totenschau, Letzte Worte am Grab, die Erde, die ins Grab geworfen wird, die öffentliche Verstreuung der Asche, das Totenmahl etc) erleben viele Trauernde allein schon die Abläufe an sich als sinnstiftend. Weil es einen Rahmen gibt, weil dieses Erlebnis, das so schicksalhaft auf einen niederkommt, damit einigermaßen aufgefangen wird.
Von demher würde ich sagen: Der Sinn ergibt sich nicht nur aus der Legitimation durch Gott. Und zur Ausprägung der Mythen und der Riten braucht es jemanden, der sie organisiert und vermittelt (denn sinnhaft werden sie erst als Gruppenerlebnis). Deswegen, glaube ich, gibt es Religion.
(Just my 2 cets.)
@Henry (64):
„Die Religion ist die Basis, die Kirche ist die konkrete Ausprägung.“
Die Kirche ist EINE konkrete Ausprägung, eine unter vielen, so vielen wie es religiöse Menschen gibt.
Oder welche Kirche ist denn die richtige christliche Ausprägung? Lutherisch, reformatorisch, evangelikal, calvinistisch oder gar die Pfingstbewegung?
Das Christentum oder Religionen im allgemeinen heben sich meiner Definition nach dadurch von Philosophien ab, dass sie transzendente Elemente beinhalten, z.B. einen Schöpfergott.
Bzgl. der Heuchelei, es ist doch vollauf möglich, dass man über die Regeln zum Glauben an die höhere Macht kommt, die diese Regeln legitimiert. Beispielsweise gefällt einem das Konzept der Nächstenliebe im Christentum und über die Geschichten von Jesus kommt man zum Glauben an ein transzendentes Wesen (Gott), das diese Nächstenliebe in uns Menschen ermöglicht, indem es uns erschaffen hat, und einfordert, im Gedenken an Jesus.
Dein vierter Absatz führt uns (wieder) zur Religionsdefinition. Wenn du Religion als eine vorgefertigte Sammlung von Dogmen betrachtest, dann würdest du eine Person, die sich selbst als christlich bezeichnet, aber Gott als tot und die Auferstehung als Mythos ansieht (vgl. Dorothee Sölle), nicht als christlich-religiös ansehen.
Was dabei richtig und falsch ist, ist Definitionssache und darauf hat niemand ein Monopol.
Bzgl. der Buddha-Inspiration Jesu, vielleicht hätte ich besser „Prof. Dr. Dr. Gerd Theißen“ schreiben sollen. Er ist einer der führenden Wissenschaftler der Jesusforschung und sein „historischer Jesus“ ist akademisches Standardwerk. Natürlich kann man auch entgegen der wissenschaftlichen Meinungen argumentieren, aber ohne stichhaltige Argumente ist das wenig fruchtbar.
@#767408: Für mich ist die Abgabe von Verantwortung, egal ob sie der Gesellschaft hilft oder nicht, etwas Schlechtes, weil man aufhört, über bestimmte Dinge nachzudenken und damit beeinflussbar wird. Dass es nicht möglich ist, die Verantwortung für sein Leben komplett zu behalten, geht schon allein aus der Tatsache hervor, dass wir aufgezogen werden und dann in einer Gesellschaft leben.
Hm, ich weiß nicht wirklich, in welchem Zusammenhang der zweite Teil steht. „Mythos“ und „Ritus“ sind mögliche Erklärungen für die lange Existenz von Religionen, aber sie beantworten nicht meine Frage, warum man als frei gläubiger oder frei denkender Mensch Religionen braucht.
In Bezug auf Riten würde ich sagen, dass es ganz natürliche Ausprägungen sind und sie sich auch ohne Religion entwickeln würden. Wenn ich geliebt werde und jemanden liebe, dann möchte ich diese Liebe an mich binden –> Hochzeit. Wenn jemand stirbt, dann empfinde ich Trauer, rede über die Person und versuche sie in guter Erinnerung zu behalten –> Begräbnis.
@#767409: Ich meine genau das. Religion ist die Basis, Kirche die konkrete Ausprägung. Ich habe den Begriff Kirche als Institution gemeint und nicht als eine bestimmte Gruppe.
Ja und wie hebt sich das Wesentliche des Christentums von einem freien Glauben ab, der einfach nur einen Schöpfergott in den Mittelpunkt stellt? Was haben alle Ausprägungen des Christentums gemeinsam, das sie von anderen Glaubensrichtungen abhebt?
Das ist mir zu hypothetisch. Für mich ist es Heuchelei, wenn man sich dem Christentum nicht aufgrund religiöser Überzeugungen, sondern aufgrund von sozialen Aspekten anschließt. Die Frage, ob sich diese Person bekehren lässt, hat dabei keine Bedeutung, weil sich die Person in der Zeit vor der möglichen, aber nicht zwingenden Bekehrung als ein Gläubiger ausgibt, obwohl es nicht seiner Überzeugung entspricht.
Wenn es beliebig ist, was man als christlich bezeichnet, dann hat das Wort keine Bedeutung. Es muss also eine klare Definition davon geben, was „christlich-religiös“ ist und was nicht.
Nun mir sind Dr.-Titel relativ egal, wenn sie in Zusammenhang mit Religion verliehen wurden. Jesusforschung ist ein relativ heikles Thema, da jede „wissenschaftliche“ Erkenntnis, die daraus gewonnen wurde, von so vielen anderen bestritten wird, dass sie für eine Referenz bedeutungslos wird. Deshalb argumentiere ich auch nicht dagegen. Ich versuche nur herauszufinden, warum es deiner Meinung nach unmöglich ist, dass Buddha als Inspiration gedient haben könnte.
@Henry(67):
Ich seh schon, dein Religionsbegriff ist untrennbar mit der Kirche verbunden. Dass man auch außerhalb der Kirche religiös sein kann, dass diese Religiösität in den letzten Jahren besonders in den Industrienationen deutlich zunimmt, fällt dabei unter den Tisch. Ist ja keine Religion in deinem Sinn.
Bei der Heuchelei kommen wir so auch keinen Schritt weiter. Wenn man als Religiösität nur anerkennt, wenn jemand Mitglied einer Kirche ist und man diese Mitgliedschaft automatisch so ansieht, als wenn die betreffende Person alle Kernpositionen der Kirche teilen muss, dann ist es in diesem besonderen Sinne tatsächlich Heuchelei, wenn man doch nicht allem zustimmt. Das verkennt zwar jedwede Religiösität außerhalb der Institution Kirche, aber das ist ja keine Religion in deinem Sinne.
Wenn du weißt, was das Wort „christlich“ genau bedeuten muss, dann biete diese Definition doch mal Menschen in deiner näheren Umgebung an, die sich selbst als christlich bezeichnen. Und erklär ihnen dann, warum sie nicht christlich sind. Der Begriff ist ebenso Definitionssache wie der Begriff Religion, eine einheitliche Definition wirst du nicht finden. Das habe ich versucht darzustellen, zum Beispiel durch die verschiedenen Glaubensausrichtungen innerhalb des christlichen Glaubens, vergebens offensichtlich.
Deine vollkommen unbegründete Missachtung von wissenschaftlichen (nicht „wissenschaftlichen“!) Erkenntnissen zugunsten deiner eigenen Theorie nehme ich dann auch zum Anlass, mich aus der Diskussion zu verabschieden. Es gibt keine wissenschaftlich nachgewiesene Einflussnahme der buddhistischen Kultur auf das Judentum um Christi Geburt – aber das ist ja nur „wissenschaftlich“ und zählt nicht wirklich.
Du machst es dir zu leicht, das Christentum, wie wohl jede Religion und Religiösität, ist weitaus komplexer, als die einfachen Schemata, die du dir davon zurechtlegst. Anstatt das anzuerkennen, beharrst du auf der Richtigkeit deiner Simplifikationen.
Eine Diskussion auf dieser Grundlage scheint mir nicht möglich, deshalb verabscheide ich mich und bedanke mich nochmals für den tollen Artikel und die in weiten teilen sehr anregende Diskussion.
@#767419: Für mich ist der Religionsbegriff nicht untrennbar mit der Kirche verbunden, aber ich kenne wenige Menschen, die sich selbst einer Religion wie dem Christentum zuordnen, ohne gleichzeitig Teil einer Gemeinschaft und konkreten Riten zu sein. Ich verstehe allerdings nicht, inwiefern das meine Fragen beantwortet. Es klingt eher wie ein Vorwurf, obwohl ich mich nicht wirklich dazu geäußert habe.
Man heuchelt auch, wenn man einer Kirche nicht angehörig ist. Aber das macht die Situation nur noch unwahrscheinlicher. Ein Mensch, der nicht an Gott glaubt und der in Religionen nur den sozialen Aspekt bewundert, sieht sich selbst als Christ und gibt sich bestimmten Riten hin, obwohl er keiner Kirche beigetreten ist und sich dadurch auch in keinem System befindet, in dem er die Nächstenliebe, die er bewundert, ohne Weiteres ausüben kann, was wiederum eigentlich die ursprüngliche Motivation war, überhaupt ein Christ zu werden.
Ich versuche zusätzlich auch herauszufinden, was „christlich“ nun eigentlich bedeutet, weil ich auf so gut wie keine meiner Fragen überhaupt eine Antwort erhalte. Vielleicht sollte ich den Absatz einfach noch einmal wiederholen, damit mir andere vielleicht darauf eine Antwort geben können:
@#767412:
„Ja und wie hebt sich das Wesentliche des Christentums von einem freien Glauben ab, der einfach nur einen Schöpfergott in den Mittelpunkt stellt? Was haben alle Ausprägungen des Christentums gemeinsam, das sie von anderen Glaubensrichtungen abhebt?“
Ich habe keine eigene Theorie. Ich halte die Erkenntnisse der Jesusforschung einfach nur für nicht wissenschaftlich, da es viel zu viele Interessengruppen gibt, als dass die Entdeckungen ohne Beeinflussung empirisch überprüft werden könnten. Was mich interessieren würde, wären Argumente, die darstellen, dass das Christentum unwiderlegbar nicht vom Buddhismus abstammen kann. Bisher hast du dich einfach nur wiederholt und auf die Wissenschaft verwiesen, ohne auf konkrete Argumente einzugehen. Natürlich müsste ich im Gegenzug dann Argumente aufstellen, die belegen, dass das Christentum vom Buddhismus geprägt wurde. Das kann ich aber nicht. Ich habe nur von der Idee gehört und würde gerne wissen wollen, warum das nicht funktionieren kann.
Was für einfache Schemata lege ich mir eigentlich zurecht? Was vereinfache ich hier, was in komplexerer Form Sinn ergeben würde? Ich kann deinen Ausführungen nicht folgen. Ich habe keine vereinfachte Vorstellung von Religionen und ich könnte in dieser Hinsicht auch dazulernen. Allerdings scheinst du auf Fragen gar nicht mehr eingehen zu wollen, was ich schade finde. Trotzdem wünsche ich dir noch alles Gute und bedanke mich auch bei dir für die Diskussion.
Henry, Google einfach mal Gerd Theissen, Buddha, Jesus und siehe da:
http://books.google.co.uk/books?id=Plnf0AfIl0sC&printsec=frontcover&dq=gerd+theissen+buddha+jesus&source=bl&ots=FYbIG1hPlZ&sig=wnkNtV0j8aeeluw-dMWBUJiGz6I&hl=en&ei=eaxUTPWABJD20wS6obX5Ag&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CCIQ6AEwAg#v=onepage&q=buddha&f=false
Gerd Theissen:
Biblical faith: an evolutionary approach
By Gerd Theissen
Leider auf English, sicherlich auch irgendwo auf Deutsch. Fang mal einfach an zu lesen.
@#767424: Ich hasse es zu sagen, aber ich interessiere mich einfach zu wenig dafür, als dass ich mich wirklich dazu durchringen könnte, aufgrund einer einzigen Fragestellung, also ob die Jesus-Figur von Buddha inspiriert worden sein könnte, eine ganze Abhandlung durchzulesen. Auch eine Google-Suche hat mich nur wieder zu einem viel zu langen Buch gebracht: http://books.google.co.uk/books?id=hYauaoZMEsYC
Mir wären klare Argumente lieber, da diese erstens leichter nachvollzogen werden können und zweitens nicht so viel Zeit kosten würden.
Tja, Henry,
leider kannst du nicht beides haben. Entweder beschäftigst du dich damit, oder du lässt es bleiben.
Eine ziemlich eindeutige Antwort mit 99.9% Wahrscheinlichkeit, die du aber nicht glaubst!!!!!! wurde Dir gegeben.
Die Zusammenfassung des Grundes, warum das so ist braucht halt ein wenig.
Wenn Du dich also der Komplexität nicht weiter annähern willst ist das Deiner intellektuellen – hmm was ist das Gegenteil von Neugierde? – Ignoranz zu schulden.
In anderen Worten, da es keine Zeitzeugen gibt, muss man sich auf vergleichende Studien verlassen. Theissen macht das in dem Buch, Dein link auch, liess Dir bei ihm wenigstens mal das Inhaltsverzeichnis und das Literaturverzeichnis durch. Da wirst du dann wenigstens einen Eindruck von der Weite der Antwort bekommen.
Du darfst es natürlich weiter gerne glauben, das das so passiert ist. Genauso wie man glauben kann, das Jesus in Indien gestorben und begraben ist (Lonely Planet), Maria Magdalena sein Kind geboren hat (Da Vinci Code), er in Ägypten ein Kind beim Steine spielen erschlagen hat (Apokryphes Thomas Evangelium). Und das Mohammed nie gelebt hat sondern dass es ein Ehrentitel für Jesus ist. (und ja, da gibt es einen deutschen Professor, der das so lehrt – Karl-Heinz Ohlig)
@#767412: Ich weiß nicht. Ich find das nicht sehr zielführend, Abgabe von Freiheit so pauschal als etwas schlechtes zu sehen. Damit bliebe ja außer Einsiedelei überhaupt keine Lebensform mehr übrig, die vernünftig wäre. Vom Handel bis zur Kindererziehung beruht ja alles auf Delegation und Abgabe von Verantwortungen.
„In Bezug auf Riten würde ich sagen, dass es ganz natürliche Ausprägungen sind und sie sich auch ohne Religion entwickeln würden.“
Hm. Aber warum haben sie sich nicht ohne Religionen entwickelt? Und was heißt natürlich? Ich glaube nicht, dass Leute aus unterschiedlichen LAndesteilen zum Tod eines gemeinsamen Verwandten kommen, und dann kommt einer spontan auf die Idee: Leute, wie wärs! Lasst uns saufen und uns vollfressen, bis wir satt und betrunken vom Stuhl fallen! Das würd ich gern erleben, was die dem dann erzählen (wenn sie davor noch nie vom Totenmahl gehört haben).
@#767432: Unsere Gesellschaft, so wie sie heute existiert, hat sich in einem längerfristigen Prozess herausgebildet und kann dementsprechend auch nicht von heute auf morgen umgestaltet werden. Deshalb denke ich auch nicht, dass die Abgabe von Verantwortung in unserer Gesellschaft generell etwas Negatives ist. Es ist allerdings so, dass ich der Auffassung bin, dass es rein theoretisch etwas Schlechtes ist, da es dazu führt, dass wir uns weniger mit einer Sache beschäftigen und dadurch beeinflussbar werden.
Riten konnten sich nicht unabhängig von Religionen entwickeln, weil Religionen als ethische und soziale Instanzen einfach bereits vorhanden waren und man dadurch die Ausprägungen der Riten besser kontrollieren konnte. Ich denke aber, dass wenn es eine Gesellschaft gegeben hätte, in der die wissenschaftliche Forschung bereits ausgeprägt gewesen wäre und es keine Religion gegeben hätte, sich bestimmte Riten auf natürlichem Weg als soziale Gepflogenheiten entwickelt hätten. Das kann ich natürlich nicht beweisen, da es solche Zivilisationen niemals gegeben hat. Heutzutage sind wir aber in der Lage unabhängig vom Glauben zu agieren und ich persönlich akzeptiere auch zum Beispiel Hochzeiten, Begräbnisse und Jugendweihen, weil ich denke, dass sie bestimmte Funktionen in der Gesellschaft übernehmen und damit wichtig sind. Für mich müssen diese Veranstaltungen nichts mit Religion zu tun haben, auch wenn sie vielleicht aus religiös geprägten Riten hervorgegangen sind. Aus diesem Grund bin ich der Überzeugung, dass sich Riten auch ohne den Einfluss von Religion ausgeprägt hätten.
über mich: liebe das leben, denke postmodern, leide die selben kämpfe wie ihr alle, liebe gott (ich kann nicht anders), frag mich was wahrheit ist, erlebe menschen, die mir die freiheit geben zu denken UND zu glauben, sehne sich nach sinn, kapituliere vor der endlichkeit, bin überwältigt von der macht der geschichte, lebe von der alten verheißung: es gibt hoffnung – also tut das was absolut widersinnig erscheint: liebt!, beständige idealistin und manchmal enttäuscht, verletzt und geheilt, irrsinnig werdend an der frage nach einer funktionierenden gesellschaft, leidenschaftlich im nachdenken: was, wenn jesus real wäre, scheiße auf regeln, die echtes leben in mir klein halten, scheiße auf freiheit, die mich nicht wirklich frei macht. wer will sagen, er hätte eine ahnung von dem innern eines anderen. lebe, suche, frage, erlebe. aber finde dich nicht ab. da ist immer noch was größeres.
Problem gelöst: (oder auch nicht)
http://xkcd.com/774
@#767459:
Wollt ich auch gerade link’en.
Henry: „Mich würde interessieren, inwiefern es jemanden hilft, der ein Auge verloren hat, dass er an Gott glaubt. Welche Gedanken er sich macht, dass sowas ihm passieren konnte?“
Ein konsequenter Materialist würde den Verlust eines Auges mit einem Achselzucken quittieren: „Gut, ich habe eine Funktionseinheit meines Körpers verloren. Aber was soll’s, mit dem zweiten sieht man besser. Und überhaupt gibt es objektiv betrachtet gar keinen Grund, der den Besitz zweier Augen rechtfertigt.“ Aber glaube mir, einen solchen gelassenen Materialismus gibt es nicht. Auch Richard Dawkins würde höchst irrationale Gefühle und Gedanken entwickeln, wenn er eines Körperteils verlustig ginge.
Bevor wir Deine Frage beantworten können, müssen wir also zunächst fragen, warum wir angesichts von Schmerz, Versehrtheit und Tod überhaupt nach Hilfe suchen! Warum ist es so schwer, auch nur einen Atheisten zu finden, der mit Blick auf die akute Gefährdung seiner Existenz gelassen am Bekenntnis seines objektiven Unglaubens festhält und seiner Krankheit, seinem Schmerz, seinem Tod nicht mehr Bedeutung beimißt als einem beliebigen anderen materiellen Verfallsprozess? Du wirst zugeben müssen, daß dieser Umstand ein gewichtiges Argument gegen jeden reinen Materialismus ist.
Nun zu Deiner Frage. Aus der oben geschilderten universellen Erfahrung ziehen alle Menschen mehr oder weniger bewußt die gleiche Erkenntnis: Wir begreifen unsere Existenz als weit über ihre materielle Seite hinausreichend. Deswegen ist jeder Gedanke, ob nur unbewußt gefaßt oder als Glaubenssystem ausformuliert, der diese Ur-Erfahrung stützt, eine Hilfe. Wenn mein Weltbild mir sagt, daß meine Existenz mehr ist als die Summe ihrer materiellen Komponenten, kann dies ein starker Trost sein. Als Materialist müßte ich annehmen, daß der Verlust eines Auges meine Persönlichkeit, die ja nur aus Materie und ihren Prozessen besteht, um genau den Prozentsatz schmälert, den das verlorene Auge auf die Waage bringt. Den echten Materialisten wirft das selbstverständlich nicht aus der Bahn, aber jeder normal fühlende Mensch registriert bei diesem Gedanken zumindest ein Unbehagen. Deshalb wird er zielgenau dort Halt suchen, wo ihm die Gewißheit vermittelt wird, daß seine Person durch das fehlende Auge keinen Gewichtsverlust erlitten hat.
Wer das für zurückgeblieben, unaufgeklärt oder schlicht bescheuert hält, sollte sich die Frage stellen, ob er nicht selbst ordentlich einen an der Waffel hat.
@#767486: Hm. Du hast die Frage falsch verstanden. Aber das liegt auch an meiner etwas irritierenden Formulierung. Mir sind deine Ausführungen alle verständlich und ich verurteile niemanden, wenn er versucht in einer Gemeinschaft, die sich um ihn kümmert, Hilfe zu suchen.
Es war eher eine rhetorische Frage, in der Richtung: Was hilft es einem schon, dass man in so einer Situation in Gott vertraut? Der zweite Teil der Frage hätte mich schon eher interessiert. Was denkt man von Gott, dass er einen in so eine Situation gebracht hat? Würde man sich vielleicht von ihm abwenden, weil man ihn für das verantwortlich macht und sich damit selbst aus der Gesellschaft ausschließen?
@#767428: Ja, aber wie speichert ihr die Erklärung ab, dass es nicht so ist? Hat Herr Theissen irgendwas Bestimmtes herausgefunden, auf das ihr verweisen könnt und dass einen möglichen Zusammenhang zwischen Jesus und Buddha völlig absurd werden lässt? Oder glaubt er das einfach nur und ihr übernehmt es, weil er im theologischen Bereich etwas geleistet hat? Für mich ist es einfach unbegreiflich, dass man keine konkreten Gegenargumente nennt, 1., 2., 3. und lieber auf lange Ausführungen verweist, in denen die Hälfte der Zeit Jesus und Buddha verglichen werden, aber nicht auf meine Frage eingegangen wird.
Henry,
erste Frage. Wie relevant wäre es, wenn Buddha Jesus beeinflusst hätte? (Gar nicht in meiner Meinung)
zweite Frage. Wie interessant wäre es festzustellen, dass er es gemacht hätte? (Sicherlich, aber wiederum: Wieso wäre das lernen oder übereinstimmen von Lehrmeinungen schädlich bezüglich dem Nachfolgenden?)
Das Problem ist, das du mit einer komplett Neuzeitlichen Fragestellung an das Problem herangehst. Urheberrecht gab es damals noch nicht.
Man geht heute in der Forschung davon aus, dass Jesus in erster Linie ein Jude war. Jegliche seiner ethischen und Moralvorstellungen, seine Verhaltensweisen sind ohne Probleme aus seinem Judentum abzuleiten. Das ist viel einfacher und daher einsehbarer als eine Hilfskonstruktion über den Buddhismus.
Guck Dir mal darauf hin diese Diskussion an:
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1056574/nachtstudio-vom-30.-Mai-2010#/beitrag/video/1056574/nachtstudio-vom-30.-Mai-2010
Die dort Anwesenden vertreten die momentan vorherrschende Lehrmeinung.
Bzgl der Parallelität und der Gleichheit von Ideen. Das hat Menschen schon immer fasziniert. Wer hat das Telefon erfunden? Reis, Bell? Differenzialrechnung? Leibnitz oder Newton. Wer hat „Taubenvergiften“ geschrieben? Kreisler oder Lehrer. Zu manchen dieser Fragen gibt es eindeutige Antworten, zu anderen ist die Frage und die Antwort irrelevant. Die Frage nach Buddhas Einfluss auf Jesus bringt (meines Erachtens) keinen Erkenntnisgewinn bezüglich der Überlegenheit oder Abhängigkeit der einen Religion über die andere. Es könnte höchstens dazu beitragen, das Vorurteile vermieden, Gespräche ermöglicht werden Verhaltensweisen bedacht werden – daher praktische Lebensweltlicheauswirkungen. Aber sonst ist es eher unwichtig. Denn für das Leiden, Sterben und Auferstehen des Christus und der daraus resultierenden Konsequenz für den Glaubigen ist dieses mögliche (0.01%) religionswissenschaftliche Doktorarbeitsthema mit soviel Konsequenz behaftet wie Rechtschreibfehler in R Dwakins Büchern.
Christentum ist eine synkretistische Religion. Guck Dir mal den Weihnachtsbaum an oder den Osterhasen. Aber da weiss man wenigstens halbwegs wo das herkommt oder hat zumindest gute Theorien. Bei Buddha und Christus sind es höchstens Textvergleiche, denn archäologisch ist da gar nichts. Noch sind da irgendwelche schriftlichen oder Oral-Tradition Hinweise, denen man folgen könnte. So wie bei den thomasischen Christen die sehr wahrscheinlich schon im ersten Jahrhundert sich in Indien angesiedelt haben.
Anyhoo, das ist alles nur meine Meinung.
@#767514: „Der zweite Teil der Frage hätte mich schon eher interessiert. Was denkt man von Gott, dass er einen in so eine Situation gebracht hat? Würde man sich vielleicht von ihm abwenden, weil man ihn für das verantwortlich macht und sich damit selbst aus der Gesellschaft ausschließen?“
Was „man“ in einer solchen Situation denkt, kann ich Dir nicht sagen. Aber ich kann Dir zumindest versichern, daß der christliche Glaube in seiner Substanz nichts gemein hat mit dem Bild, welches allenthalben und auch hier von ihm gezeichnet wird: eine vage Jenseitshoffnung, befeuert durch die Angst vor dem alten Bärtigen.
Sicher ist das Gottesbild eines Gläubigen immer geprägt von Erfahrungen und Projektionen. Und so kann es sein, daß einer sein verlorenes Auge als Strafe begreift, ein anderer sieht darin eine Glaubensprüfung, und ein dritter zerbricht ganz und gar, weil sein Gottesbild für einen solchen Fall nicht ausgelegt war. Das alles und noch viel mehr wirst Du unter Christen finden. Dennoch handelt es sich hierbei nur um subjektive Färbungen, und ein Urteil darüber bleibt Dir unbenommen. Dies sollte Dir nur nicht den Blick auf das verstellen, was der christliche Glaube eigentlich anzubieten hat. Der Gott, an den wir glauben, spielt eben nicht in der Spaghettimonster-Kategorie jener Luftgespinste, die zur Projektionsfläche für alles Erdenkliche taugen. Wir glauben an einen Gott, der sein Wesen nicht verborgen, sondern in der für uns greifbarsten Form offenbart hat: als Mensch, in der realen Person Jesus von Nazareth.
Der Trost, den wir aus unserem Glauben ziehen, hat also nur wenig zu tun mit dem Vertrösten a la „Gottes Wege sind unerforschlich“, „Das Jenseits wird’s schon richten“ und ähnlichem. Unser Trost gründet auf echtem Mit-Leid. Der Gott, an den wir glauben, schwebt nicht unbeweglich und gefühllos im transzendenten Nichts, sondern hat als Mensch den vollen Leidensweg bis zur Neige ausgekostet. Mag der Verlust des Auges also möglicherweise Zweifel und quälende Fragen aufwerfen – am Ende bleibt immer der Blick auf das Kreuz, an dem wir Gott haben sterben sehen.
Und weil unser Gott kein Problem damit hatte, sich ins Diesseits zu verirren, ergibt dann auch die Jenseitshoffnung wieder einen Sinn.
@#767520: Das finde ich schon sehr viel besser. Dass man sich eingesteht, dass man der Frage nicht viel Bedeutung beimisst und davon ausgeht, dass es keine direkten Bezüge gibt, weil es keine konkreten archäologischen Anzeichen auf einen Zusammenhang gibt.
Für mich geht es nicht darum, irgendwelche Urheberrechtsansprüche geltend zu machen, aber manche Menschen legen viel zu viel wert auf die Einzigartigkeit ihrer Glaubensrichtung. Deshalb fände ich es interessant, wenn Jesus durch Judentum und Buddhismus geprägt wurde.
Der Rest deiner Argumentation ist für mich nicht nachvollziehbar.
„Es könnte höchstens dazu beitragen, das Vorurteile vermieden, Gespräche ermöglicht werden Verhaltensweisen bedacht werden – daher praktische Lebensweltlicheauswirkungen.“
Für mich ist das viel wichtiger, als der wirkliche Einfluss auf bestimmte Riten oder Glaubensvorstellungen.
@#767528: Ich verstehe. Meine Frage war eher ein plumper Angriff auf die Möglichkeit, dass man in seinem Glauben an Gott in so einer Situation versucht sich selbst auszuschließen. Ich kann jetzt aber nachvollziehen, dass man als Christ wohl eher versuchen würde, aus dieser Situation ein Gleichnis mit den Schmerzen von Jesus zu ziehen.
Meine anderen Fragen haben aber immer noch bestand:
„Warum sollte Gott das einzige Wesen sein, das schöpferischer Natur ist?
Wenn man Gott in diesem Sinn als allumfassend bezeichnet, warum setzt man ihn nicht mit dem Universum gleich? Das Universum hat beliebige, aber für alle verbindliche Regeln: Naturgesetze. Das Universum ist der Ursprung und der Endpunkt allen Lebens. Das Universum hat unseren Planeten und uns durch Auslese erschaffen. Das einzige, was das Universum nicht ist, ist ein persönliches Wesen, das sich unserer Sorgen und Nöte annimmt.
Wodurch wurde Gott erschaffen? Wenn Gott schon immer da gewesen ist, wie weit kann er sich zurückerinnern und was kam davor?
Wieso lässt Gott das Böse zu? Die Theodizee bescheinigt eigentlich nur, dass Gott nicht allmächtig ist, weil er keine bessere Welt erschaffen konnte und wir darunter leiden müssen.“
Hier würde ich zur letzten Frage noch hinzufügen, dass ich denke, dass die freie Entscheidung ein guter Ansatzpunkt wäre, das zu begründen, aber das macht unsere Welt nicht zur bestmöglichen. Die bestmögliche Welt ist eine Welt, in der jeder Mensch alle Bedürfnisse befriedigen kann, die er hat. Ansonsten ist die Frage vielleicht auch etwas programmiert, da es das Böse sowieso nicht wirklich gibt.
Und:
“Ja und wie hebt sich das Wesentliche des Christentums von einem freien Glauben ab, der einfach nur einen Schöpfergott in den Mittelpunkt stellt? Was haben alle Ausprägungen des Christentums gemeinsam, das sie von anderen Glaubensrichtungen abhebt?”
Hier würde ich als Antwort den Glauben an einen Gott gelten lassen, der zum Sterblichen geworden ist und die Schmerzen eben jenes Schicksals gelitten hat. Wäre das richtig?
Irgendwie hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass an deinem Artikel was nicht stimmt, jetzt weiss ich endlich, was mich die ganze Zeit so gestört hat:
Es muss heissen: „Ich glaube, dass Gott nicht existiert. Ich bin Atheist“.
Denn das ist der Knackpunkt. Alle sind ja im Moment Atheisten. Weil Glauben ja so dämlich ist. Dabei ist jeder Atheist absolut gläubig. Urknall und Evolution sind Theorien und keine Gesetze, an Theorien glaubt man. So wie einige an Intelligent Design glauben, glauben andere halt an den Urknall und die Evolution, aber es ist was es ist: Glaube.
Aber ich glaube du hast schon recht: Glauben ist absurd.
@#767544: Hm, das war ja zu erwarten – nun sind wir mittendrin in einer Diskussion über den Glauben :-).
Viele Menschen (auch Christen) denken exakt so, wie Du es hier beschreibst. Der Zugang ist vielleicht unterschiedlich: Einer kommt von der Betrachtung der Natur und ist angesichts ihrer kreativen Kraft bereit, sie mehr oder weniger konsequent mit Schöpfer-Attributen zu versehen (sehr schön zu finden in der Sprache beinahe aller populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen). Ein anderer startet beim Glauben an einen personalen Gott und endet, weil Gott als Person so beklagenswert schlecht greifbar ist, in einer pantheistischen Weltsicht. Und der Hardcore-Atheist? Ohne je bereit zu sein, es einzugestehen, hat er Natur und Materie bereits göttliche Allmacht zugesprochen. Dieser Allmachtsanspruch kommt beispielhaft in Sätzen wie „Ich kann das alles ohne Gott erklären“ zum Ausdruck. Und mit jeder Ursache, die er von Gott wegnimmt und der Natur aufbürdet, lädt er die Göttlichkeit des Universums mehr auf. Folgerichtig verhält er sich wie ein Glaubensapologet und sucht in einer putzig anzuschauenden Verkrampftheit nach Beweisen seines Glaubens. Wie ist sonst z.B. der Eifer zu erklären, mit welchem das ganze Universum nach Leben abgesucht wird? Wenn man annimmt, daß das Universum – ob beseelt oder nicht – in der Lage ist, Leben zu schaffen, braucht man den entsprechenden Beweis ebenso dringend wie ein Christ die Auferstehung zur Rechtfertigung seines Glaubens.
Allen Menschen gleich ist aber, daß sie dem Drang, ihrem Dasein und der Welt einen Sinn abzutrotzen, nicht widerstehen können. Deswegen ist es auch so schwer, einen wirklich konsequenten Atheisten zu finden, der seinem Leben die Sinnleere beimißt, die sein Unglaube eigentlich fordert. Man kann nun über die Ursache dieser Sehnsucht nach Sinn kluge Dispute führen, aber ich glaube, daß der Schlüssel im Wort BEZIEHUNG zu finden ist. Erst in Beziehung und Kommunikation findet unser Selbst seine Bestätigung. Sogar allein auf einer einsamen Insel sitzend, führen wir noch fortwährend Selbstgespräche. Wie ein unpersönliches Universum solche persönlichkeits- und beziehungsversessenen Wesen wie uns hervorbringen konnte, müßte eigentlich eine der herausfordernsten Fragen für jeden Atheisten sein. Und genau an diesem Punkt beantwortet sich auch Deine Frage:
Beziehung! Schon am Anfang der Bibel finden wir den geheimnisvollen Plural, mit dem Gott zu sich selbst spricht: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei.“ Bereits hier wird der Vorstellung entgegengetreten, Gott sei eine Art schwarzer Monolith, aufgeladen mit initialer Schöpferkraft. Vielmehr stellt er sich als ein Wesen dar, in dem nicht nur das Ich, sondern schon das Du und das Wir angelegt sind. Im Neuen Testament weist Jesus auf ählich geheimnisvolle Weise in die gleiche Richtung: „Ehe Abraham wurde, bin ich.“ Das Christentum hat mit der Lehre von der Dreieinigkeit ein (sicher unzureichendes) Bild für diesen Beziehungscharakter Gottes gefunden. Der Beziehungsaspekt zieht sich durch das gesamte jüdisch-christliche Bekenntnis („Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei“) und stellt einen nicht zu übersehenden Gegensatz zu anderen Glaubenssystemen dar, wie z.B. zu vielen fernöstlichen Lehren, in denen ja gerade die Auflösung von Personalität und Beziehung eine entscheidende Rolle spielt.
Die Frage nach dem Sinn beantwortet sich also in der Erkenntnis des Menschen als ein auf andere Menschen hin geschaffenes personales Wesen. Man kann es gar nicht deutlich genug herausheben: Wer als Christ nur an einen Schöpfergott glaubt, hat den wesentlichen Teil seines Glaubens noch nicht begriffen und könnte – da gebe ich Dir vollkommen recht – auch mit dem Gedanken an ein unpersönlich-schöpferisches Universum glücklich werden. Mir ist es allerdings ein großes Rätsel, wie man all sein Streben auf Anerkennung und Zuneigung und Liebe in Beziehung zu anderen Menschen richten kann, während man gleichzeitig den Urgrund seines Daseins in unpersönlicher Materie verortet.
Ein wichtiger Einwand ist, daß man Gott nicht sehen könne, da er sich der Wahrnehmung unserer Sinne entzieht. Wäre ich z.B. Moslem, müßte ich frustriert diesem schwerwiegenden Einwand zustimmen. Wo die Bemühungen höchst einseitig sind und sich in der Umrundung eines den Blicken verborgenen Steins und dem Anbeten einer Imagination erschöpfen, kann keine wirkliche Beziehung entstehen. Der Gott, an den ich glaube, hat sich aber nicht entzogen und ist den Menschen in der greifbarsten und beziehungsträchtigsten Form begegnet, die nur denkbar ist: als Mensch.
Und hier schließt sich dann die Klammer, die mit der Darstellung Gottes als ein Beziehungswesen und der Feststellung „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei“ eröffnet wurde. Zum Menschen Jesus konnte man sehr wohl eine Beziehung haben. Ihn konnte man sehen, und in seiner Person ließ sich Gott in die Karten schauen. Aber selbst 2000 Jahre später kann man ihn immer noch sehen: „Was ihr einem dieser geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“. Wenn Gott Beziehung ist, und wenn der Mensch ein von Gott zur Beziehung geschaffenes Wesen ist, dann kann der Mensch in der Beziehung zu anderen Menschen Gott selbst wahrnehmen.
Wenn Du mich fragst, wo ich Gott sehen kann, dann antworte ich: Auch in Dir! Das ist das eigentlich Elektrisierende am christlichen Glauben, nicht die dumpfe Jenseitshoffnung oder irgend eine Angst vor göttlicher Bestrafung, die nur fromme Ausprägungen des Kreisens um das eigene Ich sind.
Dagegen verblassen allerdings auch Deine restlichen Fragen, wie die nach der Theodizee oder nach Gottes Erinnerungsvermögen. Sie sind eine intellektuelle Herausforderung, der man sich mit einigem Vergnügen hingeben kann, bleiben aber sonst gänzlich unfruchtbar.
@#767572: Oh das wird schwierig. Der Hardcore-Atheist, der sagt, er kann alles ohne Gott erklären, kann alles ohne Gott erklären, weil Gott ein abstrakter sehr unterschiedlich definierter Begriff ist, der von Religion zu Religion seine Bedeutung wechselt. Wenn man Naturwissenschaften als Religion betrachtet, was aufgrund der Empirie nicht wirklich Sinn hat, dann könnte man vielleicht das Universum mit Gott gleichsetzen. Da der Begriff „Gott“ aber für einen Atheisten nur innerhalb einer kulturellen Umgebung existiert, zum Beispiel als Geschichtsbegriff oder Religionsbegriff, wird er selbst eine höhere Energiequelle, die schöpferische Tätigkeit und fast omnipotente Fähigkeiten besitzt, nicht Gott nennen, höchstens als ironischen Vergleich (Siehe beispielsweise Q aus Star Trek). Ich habe nur versucht, das Universum mit Gott zu vergleichen, um damit eine gemeinsame Basis zu schaffen, aber für einen Atheisten gibt es letztendlich keinen Gott, für einen Gläubigen aber sehr wohl ein Universum und Naturgesetze.
Wissenschaftler suchen aus unterschiedlichen Gründen nach anderem Leben im Universum. Aus Wahrheit, zur Verbesserung des Lebens, zum Austausch untereinander, zur gemeinsamen Weiterentwicklung, zur gemeinsamen Forschung. Letztendlich könnte man sogar sagen, dass sich die Menschheit einsam fühlt, weil sie keine andere vernunftbegabte Rasse kennt. Ich denke aber, die wenigsten suchen nach Leben, um der Religion zu zeigen, dass es Leben gibt, dass Gott nicht auf der Erde erschaffen hat.
Wieso sollte der Atheismus Sinnleere fordern? Als Atheist liebt man, trauert man, hilft man, zeugt, gebärt, man sucht sich selbst einen Sinn im Leben. Ich versuche zum Beispiel allen Menschen, in meiner Umgebung zu helfen und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen. Andere sehen in ihren Kindern den Lebenssinn. Wieder andere wollen alles entdecken, was die Welt ihnen anbietet. Der Atheismus ist mitnichten eine Vereinigung, die versucht dem Leben jeglichen Sinn zu entziehen, sondern wird vielleicht nur so wahrgenommen, weil sie versuchen, dass Gläubige über ihren Sinn nachdenken.
Nein, es ist absolut keine herausfordernde Frage. Die gesamte Physik beruht auf Wechselwirkungen und Beziehungen (http://de.wikipedia.org/wiki/Grundkr%C3%A4fte_der_Physik).
Deshalb ist es auch schwierig, so einen allgemeinen Begriff wie „Beziehung“ nur für die eigene Religion zu sehen. Hinduismus und Buddhismus besitzen ebenfalls ein Gemeinschaftsgefühl. Ich kann jetzt nicht genau einschätzen, inwiefern dieses Gemeinschaftsgefühl ausgeprägt ist, aber durch die Reinkarnation und auch durch das Karma könnte man davon ausgehen, dass sie ebenfalls sehr starke Beziehungsmenschen sind. Ich nehme aus deinem Text aber einige Dinge mit: Christentum = Beziehung zu einem erfahrbaren Gott, dem wir gleichen; starke Beziehung zur Gemeinschaft; Dreifaltigkeit. Ist das richtig?
„Mir ist es allerdings ein großes Rätsel, wie man all sein Streben auf Anerkennung und Zuneigung und Liebe in Beziehung zu anderen Menschen richten kann, während man gleichzeitig den Urgrund seines Daseins in unpersönlicher Materie verortet.“ – Das ist eine sehr interessante und entscheidene Frage, die wahrscheinlich die Beziehung von Christen zu Atheisten und Andersgläubigen sehr gut zusammenfasst.
Atheisten hinterfragen das Konzept von Gott, weil es keine konkreten unwiderlegbaren Beweise dafür gibt, dass so eine Entität existiert. Die logische Folge ist die, dass man versucht, eine Theorie von der Existenz aufzustellen, die sich auf Daten stützt, die Menschen direkt und überprüfbar wahrnehmen können. Das sind die Naturwissenschaften. Die Antwort auf deine Frage lautet also: „Weil wir versuchen, die Welt auf das zu beschränken, was jeder wahrnehmen kann.“ Jesus ist eine Figur im Christentum, der zur Identifikation dient und vielleicht auch aus diesem Grund von Geschichtsschreibern erschaffen wurde, der aber ebenfalls für keinen Christen der heutigen Zeit sichtbar oder wahrnehmbar ist, was den von dir erwähnten und auch allgemeinen Einwand, dass man Gott nicht sehen kann, entkräften würde.
Wenn du davon ausgehst, dass man als Christ in anderen Menschen Gott erkennt, dann bestärkt das natürlich den eigenen Glauben, aber es bestärkt nicht die Idee von Gott. Es ist kein Beleg, dass Gott existiert, es ist eine Herleitung, die man durchführt, um Gott für einen selbst greifbar zu machen, obwohl diese Sicht für niemanden sonst wahrnehmbar ist.
Ansonsten hast du mit deinem letzten Absatz natürlich Recht. Diese Fragen sind nicht so wichtig, um sich ein Bild von Gott zu machen. Sie schaffen allerdings Möglichkeiten über Gott nachzudenken. Die Erinnerungsfrage beschäftigt sich dahingehend mit dem Widerspruch eines persönlichen Gottes, während die Theodizee vom Anspruch nach Allmacht und Perfektion handelt.
Richtig ist, ohne Glauben zu leben, sei es nur an sich zu glauben ist Unsinnig.
–
Will damit zum Ausdruck bringen, dass egal ob Atheist oder einer Glaubensrichtung angehörig, der schon oftmals zitierte Grundsatz,
„Leben und leben lassen“, endlich mal Konfessionsübergreifend
gelebt wird.
Extremismus lehne ich ab.
PiPi