Neues von der Spreeblick-Außenstelle in Lesotho, Südafrika:
Entwicklungshilfe mutet manchmal ein wenig so an, als würden wir ach so klugen Westmächte den Afrikanern zeigen, wie der Hase läuft. Klar steckt da gute Absicht dahinter, aber nicht immer ist das, was wir glauben, auch wirklich das Beste für die Entwicklungsländer. Beim Global Fund ist das alles ein wenig anders: Erstens ist er nicht spendenfinanziert, sondern über 90 Prozent des Budgets kommen von über 50 Staaten, mit den USA als größten Geldgeber. Gegründet wurde er 2002 nach dem Aufruf des damaligen UNO-Generalsekretärs Kofi Annan, der einen globalen Geldfonds forderte, und nachdem sich auch die G8-Staaten 2001 beim Gipfel in Genua dafür ausgesprochen hatten. Dazu kommen noch ein paar private Geldquellen, wie zum Beispiel die Stiftung von Bill und Melinda Gates. Das Besondere: Der Fond startet mit diesen Geldern keine eigenen Projekte und hat auch keine Mitarbeiter in den geförderten Staaten.
Er unterhält nur das Sekretariat in Genf, und dieses wird rein von den Zinsen der Gesamtfinanzen getragen (so wie übrigens auch mein Aufenthalt hier). Stattdessen gibt es in jedem Land einen Ausschuß, der sowohl aus Regierungsbeauftragten, Betroffenen, NGO-Mitarbeitern und auch privaten Unternehmen besteht, der anhand der lokalen Bedürfnisse Finanzierungsanträge für bestimmte Projekte beim Globalen Fond einreicht und bei Umsetzung die jeweiligen Fortschritte überwacht. Denn die Projekte werden vom Globalen Fonds nach zwei Jahren Laufzeit nur dann weiterfinanziert, wenn Erfolge nachgewiesen werden können.
Dr. Bikinesi and zwei Frauen der Global Fund Coordinating Unit in Lesotho im Berea Hospital
Das heißt im Klartext: Die Projekte, die wir hier in Lesotho besuchen, wie zum Beispiel das Berea Hospital, in dem infizierten Müttern geholfen wird, gesunde Kinder auf die Welt zu bringen, werden zwar zu großen Teilen vom Globalen Fond finanziert, sind ansonsten aber selbstbestimmt und im „Besitz“ des Landes – und natürlich mit Einheimischen besetzt. Uns werden hier klarerweise nur Projekte gezeigt, in denen diese Struktur erfolgreich umgesetzt wurde.
Aber davon abgesehen: Die Selbstbestimmung ist nicht nur gut für das Selbstbewusstsein der Länder, sondern dadurch, dass direkt Betroffene an der Gestaltung der Maßnahmen beteiligt sind, werden kulturell bedingte Scheiterungsgründe von vornherein mitbedacht. Ein Beispiel: Eigentlich wird HIV-infizierten Müttern davon abgeraten, ihre Kinder zu stillen, da die Muttermilch das Virus übertragen kann. Aber in Lesotho ist Stillen erstens eine tief verwurzelte Tradition, und zweitens können sich die meisten Frauen keine Ersatznahrung für die Babies leisten – weshalb ein mit Medikamenten unterstütztes Stillen mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen gegen Wunden hier eindeutig mehr Erfolg bringt als ein Stillverbot.
Stillende Mutter im Berea Hospital in Lesotho
Oder, wie es der Gobal Fund selbst mit Hilfe vieler Promis ausdrückt:
Together we can do great things.
Vielleicht nochmal dazu, warum wir Blogger hierher eingelanden wurden: Der Global Fond hat gerade die Kampagne Born HIV Free am Laufen, die sich auf eines der Ziele der Organisation fokussiert: Bis 2015 soll die Übertragung von HIV von Müttern auf ihre Kinder komplett eingedämmt werden. Die Kampagne selbst soll öffentlichen Druck generieren, damit die Geberstaaten ihre Budgets für den Fonds nicht kürzen, die sie spätestens bis zum 5. Oktober bekannt geben. Und wie Armin in den Kommentaren zum ersten Post bereits angemerkt hat, kann die Kampagne durchaus noch Unterstützung brauchen. Hier kann man für die Sache eintreten: Facebook Cause.
Ansonsten: Es war ein harter Tag, wir haben im Krankenhaus viele persönliche Geschichten HIV-positiver Mütter gehört und dann noch ein paar Waisenkinder in einer neu gebauten Unterkunft besucht. Mehr dazu bei nächster Gelegenheit.
Ich glaube hier ist jetzt ein grosses DANKE von mir angebracht. Jetzt kann ich (und hoffentlich auch viele andere) das ganze viel besser einordnen.
man redet inzwischen von entwicklungszusammenarbeit und nicht mehr von hilfe.
ansonsten sehr begrüßenswertes projekt, ich empfele dir einen abstecher nach semonkong oder nach thaba tseka und kauf dir so eine hirtendecke…
Hoffentlich passt sich der Global Fund nicht bald den internationalen Gepflogenheiten an. Die Konkurrenz wird kaum still halten, die hat viel zu verlieren.
Well … klingt gut. Wenn man bedenkt, daß die meisten großen NGOs 60-80% der Spenden für sich selbst verbraten und bei den Hilfsbedürftigen nur sehr wenig ankommt.
Hoffentlich fällt Global Fund nicht in dieselbe Falle … die des Selbstzwecks.
@#771485: So lief das mit meiner NGO in Indien…nur traurig das.
Weiterhin Hut ab Spreeblick, ich verfolge gespannt ;).
Den Ansatz finde ich bemerkenswert und hoffe, dass er nicht im Laufe der Zeit verwässert wird.
Wer Interesse hat kann ja mal hier (nicht kommerzieler Link) schauen: http://bit.ly/aEHDYa
Eine Spendenaktion zugunsten von Sequioa Helping Hands Deutschalnd e.V. . Diese Initiative ist aus einer Nachbarsschaftshilfe entstanden und betreut Projekte in Kenia.
Zu den geäußerten Sorgen, die Verwaltung könnte ebenfalls ausufern: Beim Global Fund müsste man sich vielleicht eher Sorgen machen, welche Projekte vom Board ausgewählt werden und welche politischen Interessen dabei eine Rolle spielen. Oder ob die Regierungen vor Ort, welche die Projekte ja schlussendlich tragen, schlecht arbeiten. Was aber ja in der zweijährlichen Evaluierung auffallen würde.
Aber die Sorge, dass die Verwaltung ausufert, ist denke ich unbegründet. Es ist einfach ein Grundsatz der Organisation, dass sie keinerlei Leute vor Ort postieren, und das Sekretariat hat laut Auskunft unserer Betreuerin hier vor Ort, Marcela Rojo, auch einen Aufnahmestopp. Solange die G-8-Staaten das Projekt unterstützen, wird das auch so weiterlaufen.
@#771477: Kann leider selber keine Abstecher planen, hier ist zwölf Stunden Programm angesagt … und danach ja auch noch Schreiben :)