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Dieser Artikel ist ein Leserbeitrag im Rahmen der Open-Spreeblick-Aktion.

Drogen

Immer wenn ich kiffe lebe ich mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart. Alles verschwimmt irgendwie und alles was ich mache ist so legendär, dass es in der Zukunft und der Vergangenheit gleichzeitig erzählenswert wäre.”

Er sieht mich an, glasige Augen, Kids von MGMT im Hintergrund. Ich habe schon immer an den Augen von Menschen gesehen, wenn sie auf Drogen waren. Ich blicke mich um. Tische, Menschen die ich schon seit Jahren kenne und Alkohol.

“Man ist das krass, ich habe vorhin Pilze genommen und jetzt fangen die Farben an zu verschwimmen!”

Meine Gefühle schwanken zwischen Euphorie und Wahnsinn. Ich weiß, ich bin selbst kein Kind von Traurigkeit, doch ich sollte etwas sagen.

 

“Ich nehme nicht zuviele Drogen, ich krieg mein Leben noch völlig auf die Reihe. Ich mein, ich habe bald eine Ausbildung und verdiene dann genug Geld um mir das alles leisten zu können.”

Ich bin nicht mehr in der Lage, mit irgendwelchen Argumenten gegen seinen Drogenkonsum zu halten. Der, der lange vor uns allen gekifft hat, schmeißt sich jetzt alles rein, was er kriegen kann. Ich habe nichts gegen Drogen, ich habe nur etwas gegen das, was sie aus Menschen machen können. Ich selbst hätte mein Leben gerne im Griff und mag den Kontrollverlust nicht. Ich möchte selbst bestimmen können, was ich wann sage und tue. Und doch, dieser Kontrollverlust hat manchmal etwas gutes: Er nimmt einen viel Arbeit ab. Ich habe mich letzten Samstag also total blamiert? Naja ich war ja auch total zu. Was, ich habe auf den Teppich gekotzt? Scheiß drauf, passiert halt wenn man betrunken ist. Ich habe ein blaues Auge? Na und, ich habe halt gelebt.

Ich sitze ruhig auf meinem Platz und beobachte den Rest der Anwesenden. Tausend Ideen kommen mir, doch ich schaffe es nicht, eine in meinem Kopf auszuformulieren. Ich bin müde. Ich werde angesprochen, und ich bin es leid mich ständig zu erklären. Ich bin unfreundlich, fies und arrogant. Diese Komplexität der verschiedenen Reize die im Moment auf mich einströmen kann ich nicht in Gefühlslagen einordnen. Mit jedem Lichtblitz den der Discolaser ausspeit springt meine Assoziationskette im Kopf hin und her. Ich überlege nach Hause zu gehen, würde jetzt gerne im Bett liegen, und von einem auf dem anderen Moment habe ich Lust zu tanzen. So geht das schon seit ein paar Stunden und ich kann nichts dagegen tun. Ich schwitze. Treffe alte Bekannte, und freue mich hier zu sein. Ich vergesse den restlichen Scheiß, den Stress den ich eigentlich haben sollte, und den nächsten Tag. Konzentriere mich nur auf den Beat, bis ich ihn regelrecht in mir spüre. Ich stelle mir die Frage, was das Leben für mich ist und komme zu dem Schluss, dass ich das noch irgendwann später herausfinden werde. Ich schiebe alles vor mir her, weil ich mich nur auf den Augenblick konzentrieren will. Sobald man anfängt sich nur auf einen einzigen Augenblick konzentrieren zu wollen, nimmt man die Umgebung total anders war. Ich sehe genau, dass sich der Kerl 2 Meter neben mir kaum noch auf den Beinen halten kann, dass sein Nachbar das Mädchen mit nach Hause nehmen will, und sich kaum noch halten kann, ihr endlich an den Arsch zu grabschen, dass das Mädchen ganz genau weiß was der Kerl will und nur darauf wartet, ihm endlich eine klatschen zu können und ich erkenne auch, wer nur so tut als wäre er betrunken um am nächsten Tag von seinen Aktionen ablenken zu können, und wer wirklich hacke ist. In solchen Momenten steige ich komplett aus, bin psychisch nicht mehr präsent, sondern springe von einem zum anderen Punkt. Beobachte eine Konversation nach der anderen und stelle mir die Geschichten dahinter vor.

Am nächsten Morgen wache ich verkatert auf und wünschte, ich könnte mich noch an die Hälfte der Gedanken der Nacht erinnern um sie niederschreiben zu können, doch das Einzige was übrig bleibt ist dieser Gehirnscheiß hier.