In Wirklichkeit führen Debatten, Diskussionen und Meinungsaustausch zwischen verschiedenen politischen Ansichten höchstens zu Kompromissen, selten aber zu tatsächlichen Einigungen. Ich mag sie deshalb nicht als überflüssig bewerten, die Hoffnung auf die Entdeckung echter Gemeinsamkeiten und daraus resultierenden Konsequenzen für Gesellschaft und Politik habe ich jedoch aufgegeben. Denn bei allen größeren demokratisch orientierten Parteien und ihren Wählerinnen und Wählern (ich klammere die völlig Verwirrten und Spinner absichtlich aus) prallen weniger politische Haltungen als vielmehr Lebensentwürfe aufeinander, bei denen jedes Abrücken von den eigenen Positionen geradezu das gesamte eigene Leben in Frage stellt, ein Zustand, mit dem wir alle schwer klar kommen. Menschen sind mit verschiedenen Lebenshaltungen und -erwartungen aufgewachsen und leben diese, die Einen verteidigen so ihren Status Quo als ultimatives Ziel, andere wiederum treten für Veränderungen, im besten Fall Verbesserungen ein. Beide können en detail richtig und falsch liegen, doch so richtig verstehen werden sie sich wohl nie.
Wahlentscheidungen waren daher für mich (und sicher für viele andere) schon immer ein eigentlich irrsinniger Kompromiss, denn die Partei, von der ich mich wirklich vertreten fühle, gibt es nicht. Das liegt wahrscheinlich auch in der Natur der Parteien-Sache, denn immer wieder tauchen zwar Personen auf, denen ich meine Stimme geben würde, fast nie sind diese Personen aber Mitglieder in derselben Partei. Aber die Parteien sind es, die wir wählen sollen. Und deren Kommunikation unterscheidet sich gerade im Wahlkampf nur minimal und richtet sich zur Stimmen-Generierung nach dem größten aktuellen gemeinsamen Meinungsnenner.
Seit ich Wahlkämpfe verfolge, bleiben zum Beispiel Begriffe wie „Arbeitslosenzahlen“, „Arbeitsmarkt“ oder „Arbeitslosigkeit“ Kernworte fast jeder Kampagne oder Debatte. Wer die Arbeitslosigkeit senkt, ist der oder die Gute. Dabei hat mich schon als Jugendlicher verwundert, warum alle so scharf auf „Arbeit“ zu sein scheinen und so wenig nach Lebensinhalt fragen. Als wäre es eine Gnade des Staates, dass jeder im Land schuften darf, als wäre es erstrebenswert, moderner Sklave zu sein. Egal, was die Bürgerin oder der Bürger tut oder tun muss, um vom Lohn Miete und Essen bezahlen zu können: Hauptsache, es ist Arbeit, die bekanntlich kein Zuckerschlecken ist und daher auch immer etwas weh tun muss.
Seit ich Wahlkämpfe verfolge, spricht keine Partei das Thema anders an als völlig emotionslos und inhuman mit Hilfe von Zahlen. Niemand spricht die Tatsache aus, dass es auch in einem Land wie diesem immer eine mehr oder weniger hohe Quote von Menschen geben wird, die nicht arbeiten – weil sie nicht können oder wollen, weil sie gerade nichts passendes finden oder gerade nicht sicher sind, was sie mit ihrem Leben anstellen wollen. Wodurch sich die viel wichtigere Frage aufdrängt, wie ein Staat auf möglichst faire Art und Weise auch diesen Menschen ein lebenswertes Leben anbieten kann. Grundeinkommen, Entbürokratisierung und Re-Humanisierung der zuständigen Ämter, nichts davon taucht in politischen Gesprächen auf. Alle reden von Arbeit, niemand spricht von Aufgaben oder Lebensinhalten. Dabei wäre es auf lange Sicht und auch wirtschaftlich betrachtet enorm wichtig, darüber zu reden. Denn die Behauptung, dass niemand etwas tun würde, wenn er nicht dazu gezwungen wäre, bleibt ein Märchen, das man uns auftischt, um uns im Birth-School-Work-Death-Rhythmus zu halten. Das System hat System. Aber wie gesund könnte eine Gesellschaft sein, in welcher der Großteil der Bevölkerung einer Beschäftigung nachgeht, die er gerne ausübt und zusätzlich noch Aufgaben übernimmt, die der Allgemeinheit zugute kommen? Sehr gesund im wahrsten Sinne des Wortes, glaube ich.
Weiterhin ist das Angestelltendasein auch 2013 noch das Maß aller Dinge. Wir schuften ein paar Jahrzehnte in einem Job, den wir hassen, dann haben wir unser Recht auf Rente erworben (das andere wichtige Wahlkampfthema), und dann können wir endlich mal länger als zwei Wochen in den Urlaub fahren. Wenn wir noch leben.
Selbstbestimmte Arbeit, die Situation von Selbständigen, Kulturschaffenden, Kreativen und Künstlern, Menschen, die für wenig Lohn oder gar ohne Honorar anstelle von „echter“ Arbeit soziale Aufgaben übernehmen, vielleicht auch nur im Kleinen: Hinten anstellen, um euch geht es nicht. Ihr seid – wenn wir euch mögen – der Bonustrack zum Feierabend-Bier oder – wenn wir euch nicht mögen – nutznießende Zecken, die dem Staat auf der Tasche liegen. Geht erstmal richtig arbeiten. So wie wir.
Auch die Frage, warum Menschen, die in sozialen Berufen arbeiten oder anderen Menschen auf andere Weise helfen, noch immer zu den schlecht Bezahlten gehören, während andere nicht selten von Geburt an in einem System der jährlichen Millionen-Boni geradezu obszönen Reichtum anhäufen: Kein Thema im Wahlkampf. Die Frage nach sozialer Gerechtigkeit darf für das Wahlvolk nicht über das Versprechen sicherer Renten hinaus gehen.
Nein, das ist kein Sozialneid. Mir und meiner Familie geht es im Moment relativ gut. Und ich kenne tolle reiche und tolle arme Leute, ich bemühe mich, niemanden nach seinem Kontostand zu beurteilen. Ich glaube auch nicht, dass es die völlige Auflösung von Arm und Reich gibt und ich glaube nicht einmal, dass diese Auflösung notwendig ist. Aber ich bin sicher, dass wir mehr Gerechtigkeit schaffen und den zweifellos vorhandenen Reichtum des Landes und auch der Welt fairer verteilen können. Das muss man aber auch wollen.
Doch auch diese Grundsatzfragen: Selten ein Thema im Wahlkampf, und wenn überhaupt, dann nur auf der sehr polemischen Ebene, die je nach Einkommen der vermuteten Wählerschaft an eben jenen Sozialneid appelliert oder die Furcht vor dem eigenen Reichtumsverlust nehmen soll.
Wahrscheinlich lässt der Wahlkampf als PR-Maschine kaum Details zu. Allerdings versucht es auch niemand ernsthaft, was die Frage nach der persönlich richtigen Wahl nicht leichter zu beantworten macht. Denn wenn es keine Partei gibt, die mir ernsthaft ihre Vision vom Zusammenleben präsentiert, sondern wenn alle stattdessen mit Platitüden und Versprechungen auf die Jagd gehen … dann darf ihnen erst recht nicht meine Stimme gehören. Das Gefühl, von allen Seiten belogen zu werden, kommt nicht von ungefähr.
Vielleicht bin ich eine Ausnahme, wenn ich eine Partei bevorzugen würde, die ehrlicherweise sagt, dass sie nicht versprechen kann, ob die Rente in zehn Jahren noch sicher ist, dass sie sich aber um Lösungen bemühen wird und dafür diese oder jene Ideen in die Waagschale der Experten werfen möchte. Vielleicht gehöre ich zu einer für die Politik uninteressanten Minderheit, wenn ich eine Partei bevorzugen würde, die mehr über das Leben spricht als über die Arbeit. Vielleicht ist es aber auch alles ganz anders und es gibt viele Menschen, die so ähnlich denken, und vielleicht gehen einige dieser Menschen daher gar nicht mehr wählen.
Genau betrachtet gibt es in diesem Wahlkampf eigentlich nur eine Partei auf dem Stimmzettel, die uns als Wählerinnen und Wähler ernst nimmt, und das ist Die Partei. Die Partei hält mich weder für humor- noch hirnbefreit, das allein ist anerkennenswert. Und wenn sie durchhält, wird sie irgendwann die 5%-Hürde überwinden, dessen bin ich sicher, während ich ernsthaft überlege, dabei schon schon in diesem Jahr behilflich zu sein.
Wie immer kann eine Wahlempfehlung auch im Jahr 2013 nur eine strategische sein, selbst wenn Twitter und Facebook seit Wochen voller scheinbarer Überzeugungswähler sind, die aber in vielen Fällen für die jeweils unterstützte Partei arbeiten (und dabei tierisch nerven).
Für mich und meinen kleinen Anteil wird es in diesem Jahr allein darum gehen, CDU und FDP zu verhindern. Die CDU deshalb, weil ich sie samt Kanzlerin als die arroganteste und ignoranteste Partei in Deutschland empfinde, die FDP, weil ich sie für Lakaien der Wirtschaft halte und weil ich nicht an die „Kraft der Märkte“ glaube (und ja, mir ist klar, dass meine Forderung nach mehr Aufmerksamkeit für Selbstständige der FDP durchaus zuspielt, trotzdem werde ich kein FDP-Wähler).
Obwohl ich sicher bin, dass sich CDU und SPD inhaltlich kaum noch unterscheiden, traue ich einigen Leuten in der SPD noch Erinnerungen an die sozialen und bürgerrechtlichen Aufgaben einer Regierung zu und halte die SPD daher für eine strategische Wahlmöglichkeit.
Die Grünen hatten in der Vergangenheit ein paar Mal meine Stimme, ich tue mich in diesem Jahr aus verschiedenen Gründen jedoch schwer damit. Die Grünen zeigen in ihrem unflexiblen und phrasenbelasteten Wahlkampf lauter vertane Themen-Chancen und schaffen einfach keine Neuausrichtung, obwohl die Piraten ihnen Tür und Tor aufhalten. Dennoch: Mit Blick auf Rot-Grün und weil ich auch hier einige Leute nach wie vor für fähig halte: Die Grünen könnten ein Kompromiss sein, wenn man über 40 Jahre alt ist und sich nicht für die SPD entscheiden mag. Ist man jünger, entscheidet man sich vermutlich eher für:
Die Piraten. Ach, die Piraten. Ich weiß, dass sie Politik „anders“ machen wollen und sympathisiere noch immer mit dieser wichtigen Herangehensweise, aber irgendwann interessiert mich dann schon, wie dieses „anders“ genau aussehen soll. Einer der Pluspunkte der Piraten, ihre hohe Digital-Affinität nämlich, ist gleichzeitig auch ihre Achilles-Ferse. Sehr viele aktive Piratinnen und Piraten schreiben ins Netz, nicht selten mit Piratenflagge auf dem Twitter- oder Blog-Profilbild, und obwohl ich weiß, dass natürlich nicht jede Einzelmeinung die der Fraktion widerspiegelt, bleibt mir beim Lesen einiger Artikel und Tweets leider oft genug das Essen im Hals stecken, wenn es nicht gleich wieder den Rückwärtsgang antritt. Da werden ernsthaft Berufsverbote für Heilpraktiker diskutiert (am Ende einigt man sich darauf, sie nur „nicht zu unterstützen“), da werden von offiziellen Piraten-Accounts absurdeste Verschwörungstheorien als erwiesene Wahrheit behauptet und beim Thema „Männer und Frauen“ muss ich zwar nicht jede Debatte der 70er Jahre neu durchleben und auch nicht jedes feministische Manifest unterzeichnen, aber was da so manchmal von einigen Herren mit Flaggensymbol kommt, ist einfach unter aller Sau. Insgesamt und verallgemeinert betrachtet scheint mir das Leben vieler Piraten einfach sehr weit weg von meinem zu sein. Piraten sind in meiner Wahrnehmung – auch hier verallgemeinere ich, tue ich ja bei den anderen Parteien schließlich auch – meist alleinstehend, oft noch in der Ausbildung, häufig kinderlos, und sie halten manchmal, aber auf eine ganz andere Art, Kultur leider auch nicht für erwähnenswerte Arbeit. Soweit das Klischee, das keinerlei Wertung darstellt, sondern nur aufzeigen soll, wieso ich glaube, dass sich die Piraten für einige meiner Lebensanliegen (noch) nicht besonders interessieren. Das ist nicht schlimm, denn somit bleiben sie für junge Wählerinnen und Wähler vielleicht eine Alternative. Wachsen können die Piraten nur an Aufgaben, weshalb ich es trotz aller Bedenken spannend fänd, sie im Bundestag zu sehen.
Ebenso wie Die Partei.
Ja, im Ernst.
Wieso?
Wieso nicht?
UPDATE Das ist etwas missverständlich und es kamen Nachfragen: Die Linke taucht in meinen Empfehlungen nicht deshalb nicht auf, weil ich sie zu den eingangs erwähnten Verwirrten und Spinnern zähle (damit meine ich nur den rechten Rand), sondern weil ich sie nicht einmal strategisch empfehle. Ich glaube den Versprechungen der Linken einfach noch weniger als denen der anderen Parteien, das ist die sehr kurze Fassung meiner Begründung. UPDATE In den Kommentaren noch eine etwas längere.
Steht „Die Linke“ in Deinem Wahlbezirk nicht zur Wahl?
Moin
hmmm, mal abgesehen davon, dass ich die Auslassungen der Piraten zum Thema Medizin als sehr gelungen betrachte (EBM statt Voodoo, um es kurz zu machen), finde ich schon, dass sich auch die großen Parteien unterscheiden. Vermögenssteuer, Spitzensteuersatz, Bürgerversicherung oder weiter Zweiklassenmedizin? Das sind schon Punkte, die oben im Text auch angesprochen werden. Der Spiegel (ja, ich weiß) hat das hier ganz nett gegeneinander gestellt:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestagswahl-2013-was-cdu-csu-fdp-gruene-linke-spd-wollen-a-923099.html
Natürlich ist mir auch klar, dass nicht alles, was im Wahlprogramm steht, auch umgesetzt werden wird. Aber immerhin steht bei einigen etwas drin, mit dem ich was anfangen kann…
Grüße
Der Dingens
Ich wähle Linke & Piraten.
@#815365: Doch, klar. Ich erwäge aber nicht, sie zu wählen, auch nicht aus strategischen Gründen, daher zumindest von mir keine Empfehlung.
@#815366: Ja, es gibt diese Unterschiede dann doch. Weshalb ich ja die SPD noch ertragen kann, die CDU nicht. :)
Der Unterschied zwischen SPD und CDU liegt darin, dass die SPD sich bewegt. Deshalb wurde sie ja abgewählt, während die CDU mit ihrer Politik des Nichtstuns und Reagierens bis mindestens 2017 wiedergewählt wird und immer die Merkel stellen kann.
Die Piraten können für Politik und Gesellschaft so was sein, wie die Grünen vor vielen Jahren, die damals auch eine monothematische unprofessionelle Gurkentruppe waren. Und sie haben extrem viel verändert in Deutschland, lange bevor sie in Regierungen waren. Die anderen Parteien sind heute nur deshalb auch alle irgendwie grün geworden. Wenn diese Art von Agenda-Setting den Piraten gelingt, dann haben sie es in den Bundestag verdient, finde ich
@#815368: Interessehalber: Was schließt für dich aus die Linke zu wählen? (Bei anderen Parteien wie AfD oder MLPD kann ich mir das selbst zusammenreimen).
@#815371: Sekundiere f. Nicht weil ich fanatischer Partei-Anhänger bin, sondern eher im Gegenteil: Ich würde sehr gerne Protestwählen, aber ich trau mich nicht so richtig dieser Partei meine Stimme zu geben… Vielleicht helfen mir ja deine Beweggründe, zu entscheiden ob die auch für mich relevant sind.
@#815370: Die Grünen waren alles andere als monothematisch. Eher im Gegenteil. Wikipedia sagt dazu z.B. „Wesentlich getragen wurde die Parteigründung von der Ökologie-, der Anti-Atomkraft-, der Friedens- sowie der Frauenbewegung. Die politische Bandbreite reichte von den K-Gruppen im Gefolge der Studentenbewegung der 1960er Jahre bis zu konservativen Umweltschützern.“
Ein weiterer Punkt ist, dass all diese Strömungen bereits von ihrer Natur aus politisch waren. Die Piratenpartei verhält sich teilweise politisch so naiv, dass ich das Gefühl hab eine Horde Techniker lernt gerade im Crash-Kurs Politik. Ob solche Leute eine signifikanten Einfluss auf die Gesellschaft haben sollen… weissjanich…
Erst einmal danke für den Artikel. Ich finde das mit der Wahlempfehlung aus Gründen, die du oben ja beschreibst, schwierig. Irgendwie überbieten sich alle Parteien auf der Suche nach Antworten, die sich aber naturgemäß in aller Regel im Rahmen der als unhintergehbar betrachteten „Realität“ bewegen; dass es viel angemessener sein könnte, einfach mal Fragen zuzulassen, ohne gleich die Antwort aus dem Sack zu zaubern – das geht im Politik-Bussiness natürlich nicht.
So wechselt praktisch jeden Tag meine Meinung: Wählen gehen, nicht wählen gehen, SPD, Grüne, ja was? Hilfreich fand ich den Kandidatencheck auf Abgeordnetenwatch – wenn man sieht, welcher Kandidat aus dem eigenen Wahlkreis welche Position einnimmt und wieviel Mühe er sich gibt, diese Position gegenüber Abgeordnetenwatch zu begründen, ist das tatsächlich eine gute Orientierungshilfe: Letztendlich spreche ich ja nicht nur Parteien, sondern auch Menschen mein Vertrauen aus. Oder eben nicht.
Abgesehen von dem strategischen Moment, der am Sonntag auch eine Rolle spielen wird, finde ich es in diesem Jahr eine mögliche Strategie, Kandidaten zu wählen statt Parteiprogramme. Vielleicht ist der Vertrauensvorschuss ja nicht völlig umsonst …
http://mariokeipert.de/2013/09/19/waehlen-gehen/
@#815371: Kurz (bin unterwegs, sorry): Ich glaube weder daran, dass die Ziele der Linken umsetzbar sind, so wie sie es vorgeben, noch glaube ich, dass sie diese Ziele ernst meinen. Ich halte einen Großteil der Aussagen für beinahe populistischer als bei anderen Parteien.
Mag ja sein, dass es auch Idealisten bei den neueren Parteien gibt. Ich unterstelle aber, dass sie inzwischen den Realos der Businessfront gewichen sind. D. H. es werden erst mal Firmen gegründet (und später eine Stiftung) über die dann der Staat besser abgemolken werde, kann und man so auch andere Parteimitglieder dann „finanzieren“ kann. Zusätzlich baut man sich dann ein Steuerschlupfloch, nach Vorbild der großen Konzerne. Das löst zwar keine Staatsprobleme, finanziert aber einigen ein Luxusleben. Eine Änderung oder positive Beeinflussung der Gesellschaft ist da natürlich nicht mal zweitrangig. Es wird auch nichts an den Rahmenbedingungen geändert, was dringend nötig wäre.
Und wie sieht es denn im Bundestag aus mit Oppositionsarbeit? SPD / Grüne haben bei FDP/CDU die Anträge mit durchgewunken.
Prism / BKA vs. Tunesien und Ägypten / PRISM / Drohnen wurden in der Form durch welche Anfragen bekannt und öffentlich gemacht? Richtig, durch die Linke. Auch das mit den 100.000 für DRM in der Bibliothek – Die Linke. Rüstungsexporte Sarin nach Syrien etc. ? Welche Partei? Usw. usf. Da kommt von den anderen nämlich nichts, weil die Interessenlage anders ist und immer bleiben wird. Ach ja der Strompreis wird nicht nur zum Januar um insgesamt 40 % gestiegen sein, sondern nächstes Jahr dann nochmal um 30 %. Dabei verrottet gleichzeitig die Netzinfrastruktur, wie bei der Bahn die Gleise. Mögliche Gegenmaßnahmen wären dazu z. b. ie Auflösung der Energiekommission sowie der so „superliberalen“ Strombörse. Preisfrage: Welche Partei würde auch nur den entsprechenden Versuch wagen?
Und jetzt sage ich mal das Wahlergebnis Voraus. CDU und FDP werden weiteregieren, zur Not als Minderheitsregierung unter Toleranz der AFD (die hoffentlich trotzdem nicht reinkommt). Sollte Steinbrück es noch schaffen, mindestens noch 10 % mehr, als bisher rauszuholen, wovon ich nicht ausgehe, dann wird es eine große Koalition geben, was schon den bestmöglichsten Wahlausgang dieser Wahl repräsentiert und daher unwahrscheinlich ist.
Zudem wird wenig bedacht, dass in Deutschland Routinen vor Möglichkeiten kommen und D daher auch Stammwählerland ist.
Bayernwahl mitbekommen?
@#815372: Ich hab mich noch nicht entschieden, wen ich wählen werde. Für die Linke sprechen – finde ich – drei Punkte:
1. Leisten sie im Parlament weit mehr als SPD und ein wenig mehr als die Grünen eine ganz gute Kontrollfunktion. Wenn ich bei Netzpolitik oder Tagesschau.de lese – und das die ganzen vier Jahre über -, dann las ich oft von Anfragen der Linken. Zuletzt etwa der Verkauf von Chemikalien, die auch zur Sarin-Herstellung genutzt werden können, an Syrien unter Schwarz-Rot und Rot-Grün… In manchen Bereichen – wie beispielsweise den Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder der Bankenrettung – erfüllen sie eine Troll-Funktion, in dem sie einfach kategorisch alles ablehnen – schlicht, weil sie nichts zu verlieren haben. So funktioniert keine vernünftige Politik und von so einer Partei will ich nicht regiert werden, aber es ist gut, wenn es im Bundestag auch Widerspruch gibt.
2. Eine Linke im Bundestag macht – so wie es die Grünen mit Umweltpolitik getan haben – die anderen Parteien sozialer. Ich glaube nicht, dass hätte diese Partei bei der letzten Bundestagswahl nicht ein derart hohes Ergebnis erzielt, dass SPD und Grüne Wahlprogramme gemacht hätten, wie sie es taten.
3. Die Linke könnte – im allerbesten Fall – als Combo-Zerstörer fungieren und – zusammen mit starken Grünen – sowohl Schwarz-Gelb, Rot-Grün als – im optimistischsten Fall – Schwarz-Rot unmöglich machen. Dies würde uns in eine Situation führen, in der politische Entscheidungen tatsächlich im Parlament getroffen werden müssten und nicht bei Koalitionsverhandlungen oder Spitzentreffen im Hinterzimmer.
Allerdings sprechen auch einige Gründe gegen die Linke (wie, dass man ihr keine erstzunehmende Politik zutrauen könnte). Ich bin dagegen in der angenehmen Position, dass die Spitzenkandidaten in meinem Heimatbundesland recht kompetente Leute sind (vor allem im Vergleich zur hiesigen SPD) und die örtliche Kreiskandidatin durch ihre Jahrzehntelange Arbeit im Bundestag sehr großes Vertrauen bei mir aufbauen konnte. Trotzdem: Linke wählen ist irgendwie… eklig und hat so was protestwähliges und extremistisches und ich muss echt noch mehrfach darüber schlafen.
Die Partei hat das einzige Wahlplakat, was diesen Wahlkampf auf den Punkt bringt und dabei inhaltlich noch alle anderen in die Tasche steckt.
Allein schon deswegen werd ich da mein Kreuz machen.
Lieber Johnny,
ich lese seit Jahren nun schon mit meistens großer Begeisterung deine Beiträge, aber diese Begründung der Auslassung der Linken halte ich für eine große Enttäuschung. Bitte leg mal deine wirklichen Gründe dar, denn deine jetzige Begründung disqualifiziert dich eigentlich nur.
Die Partei halte ich natürlich auch für sehr gut. Leider ist sie nicht überall vertreten.
Ich verstehe ehrlich gesagt gar nicht, dass/warum man Die Partei wählt. Ja, es ist eine mal mehr, mal weniger lustige Satire auf Wahlkampf, auf Politik(er), auf Wahlplakate und so weiter. Und das Besondere an dieser Satire ist, dass sie sogar bis zum Stimmzettel geht. Wenn ich die Satire besonders gelungen finde, gibt es unterschiedliche Wege, wie ich das belohnen kann – Aufmerksamkeit schenken, Buch/Film/T-Shirt kaufen, Facebook-Fan werden, Titanic abonnieren. Aber dafür meine Stimme bei der Bundestagswahl hergeben?
Mein Eindruck ist leider, dass die Die-Partei-Wähler die Wahlplakate und Wahlwerbespots nicht als die Spitze des Eisbergs „Politik“ sehen, sondern dass sie das als den Hitparaden-Schnelldurchlauf missverstehen: Wenn diese Plakate und diese Spots zu Wahl stehen, dann wähle ich halte den lustigsten.
Aber vielleicht kann mir das ja mal jemand erklären, der vorhat, Die Partei zu wählen. (Für jedes „Ey, Du nimmst das alles viel zu ernst.“ wird übrigens vier Tapirbabys ertränkt.)
Hi,
meine Gedanken dazu:
Zu den Linken schrieb ich ja bereits etwas. Ich möchte noch ergänzen, dass ich sie auch wähle, weil es mir wichtig ist, diese Partei als Ärgernis der anderen zu sehen. Ich erinnere hier nur an die Wahl bzw. Nichtwahl von Lothar Bisky zum stellv. Bundestagspräsidenten…
Auch wundert es mich, wie sehr hier die Meinungen auseinander gehen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Leute schon bei dem Wort „Kommunismus“ Pickel kriegen. Leute, die ein freies Internet fordern. Internet ist ein Kommunikationsmittel. Kommu – da ist es wieder. Die sogenannten „Net-nerds“ fordern ja eigentlich eine kommunistische Kommunikation… und damit sind sie bei den Piraten falsch, denn die Piraten haben, wie Jonny bereits beschrieb, aufrgund von „meist alleinstehend, oft noch in der Ausbildung, häufig kinderlos“ nicht viel mit Kommunen zu tun.
Dann will ich noch sagen, dass ich den Artikel aber größtenteils gut finde. Das hätte eigentlich an den Anfang gehört – sorry.
Abgesehen davon fühle ich mich als Erzieher auch ein bißchen gebauchpinselt…
Ich denke außerdem, dass folgendes ein wenig anders ist:
„Aber wie gesund könnte eine Gesellschaft sein, in welcher der Großteil der Bevölkerung einer Beschäftigung nachgeht, die er gerne ausübt und zusätzlich noch Aufgaben übernimmt, die der Allgemeinheit zugute kommen?“
Umgekehrt müsste es sein: Zuerst kommen die Aufgaben für die Allgemeinheit und dann kommt die eigene Beschäftigung.
Ich beobachte, auch gerade in den Kitas, immer eine Erziehung zum Ich.
Sozial ist das, was Arbeit schafft, sozial ist das, was Würde schafft… haha, die haben nichts kapiert. Sozial ist das, was sozial ist. Und sozial bedeutet: die Gemeinschaft betreffend.
Deshalb ist es auch absurd zu behaupten, wir lebten in einem Sozialstaat. Es ist ein Kapitalstaat im Kapitalismus. Wenn ich zum Sozialamt oder zum Jobcenter gehe und sage „Hey, Sozialstaat, sei mal sozial, schaff mir mal ne Gemeinschaft! Ich will ne Großfamilie, ich will ne Nachbarschaftsgemeinschaft…“ – da komme ich nicht weit, außer vielleicht in die Klappse. Der Staat gibt nur Geld, mehr nicht. Von daher sehe ich da nicht viele Möglichkeiten. Und in funktionierenden familiären Gemeinschaften funktioniert unser Wirtschaftssystem nicht, welches freie Arbeitskräfte braucht. Heutzutage wird von mir erwartet, dass ich meienr Arbeit hinterher ziehe – die Zerstörung der Großfamilien beginnt mit der Industrialierung im großen Stil.
Wenn man jetzt mal in noch existierende soziale Gesellschaften schaut (wie es zum Beispiel hier getan wird: Kinderalltag : Kulturen der Kindheit und ihre Bedeutung für Bindung, Bildung und Erziehung / Heidi Keller. – Berlin [u.a.] : Springer, 2011 (2011)), dann stellt man fest, dass hier dem Ich, der EIGENEN Entfaltung ein bedeutend geringerer Stellenwert zugemessen wird, dass diese Gesellschaften wirklich sozial sind, weil sie soziales Handeln fördern. und eben nicht nur Geld verteilen. Ob Geld nun gerecht oder ungerecht verteilt wird – selbst mit einer Grundsicherung wäre es immer noch nur Geldveteilung…
Ja, ich sehe schwarz. Nein, wir leben nicht in einer Hölle, aber wir müssen die Folgen unseres Ich-Fetischismus‘ tragen: Dazu gehör nach obiger Quelle:
– Asozialität mit all seinen Folgen,
– Manipulierbarkeit: Wir brauchen beispielsweise ständig lächelnde Gesichter. Wie oft höre ich das schon in der Kita bei den Kleinen, wenn die Eltern sagen „Und jetzt will ich ein Lächeln sehen, wo ist das Lächeln… obwohl das Kind gerade (zurecht!) heulen möchte, weil es in fremde Hände gegeben wird. In der Kita wird das Kind dann anschließend mit summenden piepsendem und total überdrehtem Scheiss zugebombt. Und immer lächeln! Wer das nicht glaubt, der möge mal Gebärdensprachler beim Reden sehen. Die können es sich nicht leisten, ihre Mimik zu verstellen, weil sie die zur Kommunikation brauchen. Wenn die nichts sagen, sehen die (für unsereiner) unfreundlich aus. Aber sie sinds nicht. Sie sind neutral. Es sind wir, die so verpeilt rumrennen, weil uns an jeder Stelle, auf jedem Plakat, an jeder Kasse jemand entgegen lächelt (natürlich wieder gespielt bzw. gequält wie die Kinder in der Kita). Von daher: Auch hier sind die Linken für mich immer noch am wählbarsten, weil man dem Gysi ansieht, wie schwer ihm das Lächeln fällt. Der ist eben nicht so eine retouchierte Grinsebacke wie die Merkel. Und auch nicht möchtergernforsch-blickend wie dir Piraten.
– Objektfixierung (das wird in oben angegebener Quelle genau erläutert. Kurz gesagt: Wir suchen Ersatzbefriedigung in Objekten, weil wir soziale Bedürfnisse nicht befriedigen können. Das geht los bei den Kuscheltieren der Kinder und zieht sich dann so durch bis ins Erwachsenenalter. In intakten afrikanischen Großfamilien haben die Kinder weder Kuscheltiere noch Spielzeuge und… es verlangt sie auch gar nicht danach, weil sie nämlich sozial genug Kontakte haben und weil sie auch handlungsmäßig voll ausgelastet sind.)
So, jetzt bin ich ein bißchen abgedriftet, aber gerade jetzt beschäftigt mich das wieder.
Aber ansonsten: Sehr guter Artikel!
Gruß, detlef
Gut berüllt Detlef, aber viel zu viel. Versuche das auf ein paar Sätze herunter zu brechen und Du hast 3 Wähler mehr.
@17 Alex -> Schau mal wer dahinter steckt. Das sind nicht irgendwelche RTL Comedians die ständig In B Ihr Unwesen treiben und die planen auch keine Comey Street aus dem Reichstag zu senden. Nutze doch einfach eine beliebige Suchamschine und schau‘ mal, was los ist, wo die Partei eingezogen ist.
Ich möchte gern in einer Sache widersprechen: Ich glaube nicht daran, das die Mehrheit der Menschen derzeit wirklich eigenständig nach Selbstverwirklichung suchen will und kann. Dazu steckt alle viel zu fest im System drin.
Künstlerisch affine Menschen dominieren nun nicht gerade die Republik, auch wenn Sie in Deinem (und auch meinem) Bekanntenkreis die Mehrzahl bilden mögen. Ich bin überzeugt, dass sich die allermeisten nach einem sicheren Angestellenverhältnis und der „sicheren“ Rente Sehnen, und im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern haben wir ja sogar noch diese relative Sicheheit. In Spanien ist sicher mehr Raum für alternatives Denken, hier bei uns herrscht Spießigkeit.
Und deshalb will eine Mehrzahl Merkel, die genau das verkörpert. Genügsamkeit, ordentliches Einfügen, Strebsamkeit, und wer das nicht so macht (Griechenland), wird gewissenhaft gemaßregelt.
Das kommt an! Immer noch!
Arbeit, das deutsche ein und alles…
Das dauert noch Jahre und braucht vermutlich auch bei uns einen Zusammenbruch, bis da alternative Gedanken und Parteien eine Chance haben.
Ich wähle übrigens Grün, also ebenfalls spießig, aber mir ist halt die Umwelt-und Energieproblmatik zu wichtig, als sie unfähigen Leuten zu überlassen.
Starker Artikel.
Was die Wahrnehmung von Lebensentwürfen abseits des Standard-9-to-5-Angestelltendaseins betrifft, ist das von der Piratenpartei propagierte (und interessanterweise in den 90ern von der FDP mal als Bürgergeld bezeichnete aber zeitweilig wieder in Vergessenheit geratene) Grundeinkommen glaube ich ein guter Ansatz.
Tut mir furchtbar leid Johnny, aber irgendwie konnte ich mich beim lesen dieses Artikels nicht erwehren immer wieder an diesen Artikel zu denken: http://www.huffingtonpost.com/wait-but-why/generation-y-unhappy_b_3930620.html
Kurze unsortierte Anmerkungen.
Ein Berufsverbot für Heilpraktiker fände ich auch sehr gut. Während Ärzte, die außerhalb der annerkannten Regeln der Kunst arbeiten mit einer Strafanzeige rechnen müssen, dürfen Heilpraktiker mit erwiesenermaßen wirkungslosen Methoden ihren Kunden auf betrügerische Art das Geld aus der Tasche ziehen. Was wirkt, findet immer den Weg in die Schulmedizin.
Die Ideen zum BGE klingen nur auf den Blick verführerisch. In der Konsequenz fürchte ich aber eine Auflösung gesellschaftlicher Solidarität. Wer das Prinzip der Gegenseitigkeit abschafft, löst die Gemeinschaft auf. Was ist schlecht daran, wenn sich nur Arbeit lohnt, die einem anderen nutzt? Geld ist doch nur ein Werkzeug, mit dem ich ausdrücke, was ich bereit bin dafür zu tun, dass Du etwas für mich tust.
Deine negative Sicht der FDP ist verständlich angesichts der medialen Schieflage gegenüber dieser Partei. Persönlich habe ich in den letzten Monaten gegenteilige Erfahrungen gemacht. Ich habe FDP-Politiker als nachdenklicher und aufrichtiger als die aller anderen Parteien erlebt. Ihr Beharren darauf, dass Sozialpolitik nicht nach ihrer Motivation, sonder nach ihrer Wirkung beurteilt werden muss, unterscheidet sie deutlich von den anderen, die fleißig ignorieren, dass Mindestlöhne nur denen helfen, die heute schon mehr verdienen. Ich habe noch keinen FDPler getroffen, der sagt, Märkte würden alles regeln. Aber sie ignorieren nicht einfach die Wirkung von Angebot und Nachfrage, während alle anderen so tun, als könnte man Knappheit mit Preisregulierung lindern.
Was SPD, Grüne, Linke und in Teilen auch die CDU als sozial gerecht anbietet, ist am Ende doch vor allem Sozialkosmetik.
@#815389: Muss dir nicht leid tun, der Artikel beschreibt nichts anderes als die altbekannte Midlife-Crisis, oder? Davon bin ich sicher nicht frei, obwohl noch keine Harley bestellt ist. :)
@#815385: Dank für das ausführliche Feedback und die Ergänzungen! Ich weiß solche langen Kommentare sehr zu schätzen.
@#815383: Es ist mehr als Spaß. Man macht das nicht nur aus Ulk so lange. Siehe auch Kommentar 19 …
@#815381: Tut mir leid, dass dich das enttäuscht, dann werden die folgenden Sätze sicher noch gemeiner wirken … wobei mich auch interessieren würde, warum man Die Linke wählt, ich bin ja lernfähig. Die korrekt erwähnte Tatsache, dass sie immer mal wieder ein gut gesetzter Dorn im System sind, akzeptiere und respektiere ich, das genügt mir aber nicht.
Mir kommt Die Linke leider vor wie die CDU mit anderer Zielgruppe, nämlich dem sich ungerecht behandelt fühlenden Ostdeutschen. Schuld an allem sind „Die Reichen“ und Gerechtigkeit erhält man nach dem Robin-Hood-Prinzip. So wird das – speziell und massiv im Osten, durch den ich gerade mal wieder ein paar Tage lang durchgefahren bin – dargestellt: Wir geben euch mehr Geld, und das holen wir uns bei den Bonzen. Dann führen wir eine so eine Art Demokratischen Sozialismus ein, arbeiten weniger, haben mehr Geld, fahren kostenlos Bahn, exportieren keine Waffen mehr, führen keine Kriege und machen keine Schulden, und nebenbei passen wir aber auch auf, dass nicht zu viele Ausländer die Ausbildungsplätze besetzen, obwohl unsere Grenzen natürlich für alle offen sind …
Ich habe ein paar auch hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der Linken sprechen können und muss leider sagen, dass mir das, was in kurzen Gesprächen rüber kam, noch mehr nach Rückwärtsgang klang als bei den „etablierten“ Parteien. Ich neige ja auch hin und wieder zu einer „die da oben“-Denke, aber ich weiß, dass es so einfach nicht ist. Aber man kann damit gut Stimmung machen und Stimmen fangen und meiner Meinung nach tut das Die Linke sehr bewusst so.
Und zuletzt nur aus dem Bauch heraus: Ich traue Frau Wagenknecht keine drei Meter über den Weg. Und von Gregor Gysi, den ich für einen sehr guten Redner halte und der mich auch immer mal wieder beeindruckt, war ich äußerst enttäuscht, als ich vor vielen Jahren einmal in einer Talkrunde mit ihm saß. Ich hatte mich auf ein interessantes Gespräch gefreut, Pustekuchen. Der Mann hörte nicht zu, interessierte sich allein für sich und seine Sätze, und er kam mir die ganze Zeit (vor, während und nach dem „offiziellen“ Gespräch) vor wie ein mit stolz geschwellter Brust herumlaufender Gockel. Ich fand ihn nach wie vor schlau, aber auch sehr albern. Das ist sicher ein bisschen unfair, denn es ist eine Weile her und vielleicht hatte er einen komischen Tag, aber so kam es mir halt vor, und solche Eindrücke prägen. Im Ernst: Ich habe Leute von der SPD, den Grünen, den Piraten und auch von der CDU getroffen, die mir in kurzen Gesprächen „echter“, „ehrlicher“ und vor allem interessierter vorkamen und nicht so von sich selbst eingenommen.
Das sind meine Gründe, Die Linke nicht zu wählen.
Jetzt du. :)
@#815392: Ebenso: Danke. Speziell die persönlichen Eindrücke von Kontakten mit Partei-Vertreterinnen und -Vertretern finde ich immer wieder spannend zu lesen.
Aber bei dem Satz „Was wirkt, findet immer den Weg in die Schulmedizin“ musste ich doch lachen, sorry. Den Weg in die Schulmedizin findet nicht zuletzt das, was Umsätze bringt. Und obwohl ich kein Eso bin und grundsätzlich der Wissenschaft vertraue, halte ich sie nicht für allwissend und finde es falsch, Heilpraktiker generell als Scharlatane abzutun (und alternative Heilmethoden als Unfug). Auch Wissenschaft kann irren und nicht erst einmal wurden alte Erkenntnisse durch neue überholt, das ist normal und richtig, weshalb ich es für gefährlich halte, die Schulmedizin als Non-plus-ultra anzusehen.
Gestern gab es übrigens einen spannenden Beitrag bei ARTE:
http://www.arte.tv/guide/de/043980-000/fasten-und-heilen
Berufsverbote sind zudem ein Feld, auf dem sehr, sehr vorsichtig ackern sollte, finde ich, und diese so scheinbar leichtfertig zu fordern, schafft bei mir kein Vertrauen. Es gibt zudem sicher viele andere Berufe, über die man vorher nachdenken könnte, wenn man darüber spricht, wer Leuten auf betrügerische Art das Geld aus der Tasche zieht, oder?
Das Thema „Arbeit statt Leben“ ist wichtig aber ich denke nicht, dass wir da von den Parteien zu viel erwarten sollten. Wählen für eine sozialere Gesellschaft, selbst-in-die-Hand nehmen für ein besseres Leben.
7 Ideen für ein Leben mit keiner oder zumindest weniger Arbeit:
http://www.7ideas.org/questions/wie-kann-ich-ohne-arbeit-leben/
Vielen Dank erstmal für das Lob der Partei Die PARTEI.
Ansonsten lässt Du mich mit dem Ausgangsbeitrag ratlos zurück. Hättest Du geschrieben, dass Du Robbenbabys eigentlich ganz schmackhaft findest – ich wäre nicht überraschter gewesen, als bei der Wahlempfehlung „SPD“.
Der erste Deutsche Angriffskrieg nach WW2? Rot/Grün – Mit Jockel als Aussenminister.
Eine beispiellose Umverteilung von unten nach oben? Rot/Grün – (Agenda 2010, Hartz4, Senkung der Steuerquote in Deutschland von 23 auf unter 20 … und, und, und … )
Dass die Merkeljahre das alles noch einen Zacken schlimmer machten (und dass Mutti weg muss), bedeutet nicht, dass die SPD noch in irgendeiner Form die Arbeiterklasse, den kleinen Mann, oder wie immer man das jetzt nennen soll, repräsentiert. Sie versteht es einfach nur meisterhaft, den Anschein zu erwecken, dem wäre noch so.
Besagte Umverteilung kann man jetzt natürlich geschichtsvergessen als simple „die-da-oben-wir-da-unten-Denke“ abtun, wie Du es machst.
Genau so, wie das Totschlagargument „die fordern erstmal alles, weil sie ja eh wissen, dass sie nicht Gefahr laufen, es praktisch umsetzen zu müssen“ … wie Du es machst.
„We are 99 procent“, „Occupy“, „Attac“ – das alles müssen demnach Bewegungen sein, die völlig an Dir vorbeigegangen sind (oder schnell unter „die doofen Zonis“ abgelegt wurden).
Wenn ich mich umgucke, dann kümmert sich keine politische Richtung momentan so sehr darum, Licht in das unüberschaubare Finanzdickicht zu bringen, wie die Linke (damit meine ich jetzt nicht nur besagte Partei, sondern ebenso oben genannte Organisationen, aber z.B. auch NGO’s wie Green Budget Germany).
Die Linken schlagen sich mit sperrigen Dingen wie dem der Hedge-Fonds und der Tobin-Tax herum, Organisationen wie Attac veranstalten Schulungsabende damit, dass Banken- und Investmentgeschäft zu erklären ( … und glaub mir, dass sind anstrengende Abende für jeden, der nicht BWL studiert hat) – während die großen Parteien für irgendwelche „Es muss wieder ein Ruck durch dieses Land gehen“-Reden bekannt sind … oder Street Credibility durch „Hätte, hätte, Fahrradkette“ und den Stinkefinger zu sammeln versuchen.
Das bringt sicher mehr Aufmerksamkeit – hat aber nichts damit zu tun, was in den letzten 12 Jahren in unserem Land wirklich von Belang war – und auch in Zukunft sein wird. Die Leute haben schon immer mehr auf einfache Lügen, als auf komplizierte Wahrheiten vertraut. Das waren früher „die Türken, die hierherkommen um uns unsere Arbeit wegzunehmen“ – jetzt sind es „die Griechen, die zuhause – aber im Euro – bleiben, um uns unseren Wohlstand wegzunehmen“.
Leicht enttäuscht
Mart
Mensch Johnny, du lieferst ja hier einen Rundumschlag.
Die „Piraten“ oder die „Partei“ im Bundestag. Das ist ähnlich wie damals mit den Grünen, als die dort noch im Pullover rumliefen und die Schlipsträger verunsicherten. Spätestens seitdem sie ebenfalls mit Selbststrangulation (Schlips) erschienen, war das bisschen grün-symbolische „Anarchie“ im deutschen Bundesspießertag gegessen.
Natürlich gehen wir alle zur Wahl, das ist sicher. Da kann man wenigstens nichts auf die Mütze kriegen, von den Bullen, wie wenn wir auf ne Demo gehen würden.
Aufmischen heißt das Motto. Obwohl die Utopie der beiden P-Parteien noch ne Weile Utopie bleiben wird, bis sie als Joker ins Spiel gehen. In diesem Sinne, you’ve got the choice again, next sunday ;-)
@#815386 und @#815395: Was Die Partei bislang bewirkt hat, ist ja relativ schnell recherchiert: Die Partei ist– abgesehen von Hochschulgruppen – bislang nur in die Lübecker Bürgerschaft (also das Stadtparlament) eingezogen (da gibt es keine Fünfprozenthürde). Der neue Abgeordnete wirkt in diversen Porträts (z. B. http://www.cicero.de/berliner-republik/die-partei-ploetzlich-abgeordneter/54841) nicht unsympathisch, aber dass der nun groß etwas bewirkt, ist ja eher nicht zu erwarten. Wer es nicht „nur als Jux“ sehen will, kann es ja gern auch als Kunstprojekt sehen. Cicero beschreibt das schön: ein Panzer aus Ironie.
@#815398: Enttäuschung, weil ich nicht Die Linke wählen werde. Hm.
Wenn aber gerade am Ende das Beispiel mit „den Türken“ und „den Griechen“ kommt: In welche Kerbe hat denn Frau Wagenknecht gehauen, als sie darüber sprach, dass wir keine Auszubildenden aus dem Ausland holen sollten? Nicht in die gleiche? Mir geht das leider bei der Linken oft so. Sie sagen so was (keine ausländischen Lehrlinge, erstmal die Deutschen), gleichzeitig aber „wir sind für offene Grenzen, jeder ist hier willkommen“. Ja was denn nun? Und wie?
Ich akzeptiere ja, dass einige Kommentare sicher sind, dass Die Linke als einzige etwas bewegen will (nach links natürlich, über rechts brauchen wir nicht zu streiten, denke ich). Aber bitte akzeptiert auch, dass ich da einfach nicht so sicher bin.
Occupy, 99% etc. hatte nichts mit „Zonis“ zu tun, soweit ich es verfolgen konnte, hat die Bewegung ihren Ursprung u.a. in den oft verhassten USA. Und ich würde Die Linke nicht mit NGOs etc. gleichsetzen.
Die Wahlempfehlung SPD steht da nur, weil man dann nicht CDU wählt (vlt aber leider auch doch, wenn uns die große Koalition droht …).
Nee, primär: Enttäuschung, weil Du die SPD wählen willst! Ich kann mir in meinem Kopf auch 100 Parteien zusammenbasteln, die mir besser als die Linken passen würden … die SPD ist nicht darunter. Wer SPD wählt, wählt bestenfalls Stillstand/Lethargie (große Koalition).
Mann! Du warst doch mal Punk! Kann doch nicht angehen, sowas …
Bei der „Partei“ denke ich immer an die Partei in Island. Soweit ich das mitbekomme, sind die sehr zufrieden dort mit ihren Comedians im Parlament.
Dass du die Linke nicht wählen willst muss man natürlich respektieren. Ich finde es auch schade. ;P Aber die Argumentation finde ich jetzt doch etwas seltsam-
du bist dir ’nicht so sicher‘ dass sie die Dinge so umsetzen können wie sie sagen und wählst dafür dann lieber eine Partei bei der du eigtl nur ’sicher‘ sein kannst, dass der ganze Mist weitergeht wie bisher?
Mir ist es im Prinzip egal wer was wählt; hauptsache es kommt mal wieder Leben und Alternative in die Bude- selbst wenn das durch die (mir extrem unsympathische) AfD geschehen würde. Die aktuellen Politiker/Parteien werden nichts mehr bewegen. Dazu sitzen sie viel zu alt, geil, fett und geifernd in ihrer Macht- und Ideologiesoße. (sry 4 polemik) Aber selbst wenn die Linke genauso ist und es total verkacken würde, hätte man wenigstens mal was anderes versucht als das ständige „Weiter so!“ Nach Schröder fühle ich mich von SPD/Grün einfach nur verarscht. Sie kommen mir nur noch vor wie Schauspieler, das Vertrauen ist futsch. Und wer braucht schon Leute, die es höchstens ein bisschen weniger schlecht machen? Nett ist die kleine Schwester von .. dann doch gleich CDU.
Zu Wagenknecht: ich weiss nicht welche Rede du jetzt meinst, aber so wie ich es verstehe, geht es eher darum, dass momentan allerorts ein künstlicher Fachkräftemangel herbeigeredet wird, um sich dann schön billige Fachkräfte aus dem Ausland importieren zu können. Die dann hier zu Hungerlöhnen (die die Deutschen zu Recht nicht akzeptieren würden) arbeiten und in ihrer Heimat einen Braindrain verursachen. Diese Plätze fehlen den Deutschen dann selbst und die Löhne (Stichwort z.b. Altenpflege) gehen noch weiter runter. Deshalb kann die Lösung nicht sein, dass man absichtlich immer mehr Ausländer (zum Arbeiten) reinholt und im Endeffekt alle darunter leiden. Deswegen muss man ja aber keine Grenzen dicht machen, sondern die Arbeitsbedingungen müssten allg besser werden.
Stattdessen werden die armen Länder fröhlich weiter ausgebeutet und wir gleich mit .. symbolisches Arbeitsangebot für 5000 Spanier .. ich würde lachen wenn es nicht so traurig wäre.
@#815405: Aber da steht doch gar nicht, dass ich die SPD wählen werde, da steht gar nicht, wen ich wählen werde. Nur, welche Entscheidungen ich verständlich finden kann, um Merkel abzusägen. Aber du hast ja recht: Wird vermutlich doch nur die große Koalition werden, finde ich auch nicht gut.
Dein letzter Satz hat mich zum (freundlichen!) Lachen gebracht, weil er so gut aus dem Bauch raus kommt … ich verzweifle doch auch oft an mir selbst. Ja, das Herz schlägt natürlich links, es kann die SPD nicht mehr reinsten Gewissens gut finden, ist enttäuscht von den Grünen, kommt noch nicht so recht klar mit den aktuellen Piraten, aber traut Der Linken halt auch nicht über den Weg. Ist es dann nicht am meisten Punk, gar nicht zu wählen (weil: Scheiß drauf) oder eben Die PARTEI?
Falls es dich etwas versöhnt: Die SPD wird es bei mir nicht werden.
*freut sich gerade*
Nix für ungut, die Piraten haben mir eine zu große Schnittstelle mitFDP und Grünen. Nur als einzige sozialliberale Partei möchte sie sich nicht positionieren. Aber Glück im Unglück: Die neue Schulhofcd ist da!
@ Alex 29, Was kann ich dafür, das Ihr gegen Mama und Papa, die mit Techno, Grunge und Deathmetal aufgewachsen sind, nur eine Chance mit Bausparvertrag und Anzug habt? Aber auch die Pubertät endet mal.
Ich werde Piraten wählen… nicht weil ich es ihnen unbedingt zutraue, sondern einfach um unser „2 Parteiensystem“ ins wanken zu bringen.
FDP, Linke, Grüne sind auch keine alternative.
Die AFD würde ich mir auch im Bundestag wünschen, dass erhöht den Druck noch mehr.
Die etablierten Parteien regieren eben am Volk vorbei… ich gönne den Politikern ihre Pension nur dürften Sie nach dem Sie im Bundestag waren keine Arbeit mehr annehmen… ich sag nur Schröder, Fischer, Koch…
Danke! Das spricht mir aus der Seele!
Die Piraten sind keine schlechte Wahl, z. B. deshalb: http://mensch-im-internet.de/die-piraten-eine-offene-ergaenzende-partei
Was für eine Offenbarung Johnny! Kleinbürgerlich, besitzstandswahrend und doch sooo anders. Das ist nicht Punkrock! Geh CDU wählen, da machst Du
nichts falsch. Unglaublich.
Mist aber auch,
jetzt kann ich meine Wahlentscheidung nicht mehr revidieren. Der Brief ist schon abgeschickt. Naja
Geht bitte alle wählen, nutzt Euer Grundrecht,
da es ansonsten nur die extrem Rechten tun.
Alles Gute