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Na endlich: Ein Urheber mit radikalen Ideen

Fred Breinersdorfer ist nicht nur (Dreh)buchautor (sein bekanntester Film ist vermutlich Sophie Scholl – Die letzten Tage), sondern auch Anwalt – er kennt sich mit Urheberrechtsfragen daher aus verschiedenen Richtungen aus. Und er ist ganz offenbar ein kluger Kopf, denn in der SZ schlägt er nicht nur vor, den illegalen Film-Angeboten Konkurrenz zu machen, sondern – das ist sehr wichtig – er fordert auch radikale Maßnahmen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen.

Das Großartige an den sehr konkreten Vorschlägen von Breinersdorfer, der damals auch den etwas doofen Tatort-Autoren-Brief mitgezeichnet hatte, ist die Tatsache, dass seine Idee der Nutzung von Zwangslizenzen die Tore endlich für viele unterschiedliche Film- oder auch Musikportale öffnet, Portale, die (fast) von jedermann betrieben werden können, nicht nur von Marktriesen mit dem Geld und der Macht für exklusive Nutzungslizenzen.

Ich kann nicht abschließend beurteilen, ob das alles wirklich funktionieren könnte, bin aber gerade äußerst begeistert davon, dass die Debatte um eine neue Ebene und Herangehensweise erweitert wird.

Hier: Verschenkt meine Filme!

9 Kommentare

  1. 01

    Das sind wirklich interessante Ideen, auch wenn Herr Breinersdorfer das Modell sicherlich nicht durchgerechnet hat, ob es wirklich funktionieren könnte. Allerdings schätze ich seinen Mut und die Möglichkeit, in neue Richtungen zu denken.

    Was ich nicht ganz verstehe: Gäbe es eine staatliche Zwangslizenz, dann gälte diese wieder nur national, also für Deutschland in diesem Falle. Damit wäre dem Problem, dass nationale Lizenzverhandlungen geführt werden müssen, was furchtbar aufwändig und für den Nutzer in der Konsequenz unkomfortabel, nicht wirklich Abhilfe schaffen. Man würde sich zwar die Verhandlungen sparen, dennoch – was wäre dann mit ausländischen Produktionen? Bekommen die auch eine Zwangslizenz? Was passiert mit der Vermarktung deutscher Werke im Ausland, wo es keine Zwangslizenzen gibt? So richtig blicke ich da noch nicht durch.

  2. 02
    Speravir

    Siehe auch: Internet-Law (Thomas Stadler) – Zwangslizenz für Filme im Netz?

  3. 03

    Mit „radikal“ sind die Ideen (sind es überhaupt mehrere?) richtig eingestuft, finde ich. Allerdings verweist der Begriff „Zwangslizenz“, wie der erste Wortteil deutlich macht, auf eine eher suboptimale Lösung.

    Sind wir in der Urheberrechtsdiskussion inzwischen schon so weit, dass wir geringere Übel hochjubeln?

  4. 04

    Nun zahlen wir also alle round about 212 € Zwangsabgabe im Jahr für den Schwachsinn, den uns die öffentlich-rechtlichen „Sendeanstalten“ jeden Tag um Ohren und Augen pfeifen. Wenn schon die öffentlich-rechtlichen das Niveau ihrer überwiegenden Programminhalte am Wettbewerb mit den keinesfalls niveauvolleren privaten Rundfunkanbietern orientieren, dann sollten sie auch das kommerzielle Risiko dafür eingehen, und nicht weiterhin an Gebühren zahlende Menschen abwälzen.
    Der sog. Kulturauftrag und Alibiprogramme wie DLF oder D-Radio Kultur, Bayern 2 Radio usw. oder die Dritten TV Programme können ja gern noch über die Rundfunkgebühr finanziert werden.
    Der freiwerdende € Anteil kann für die Finanzierung einer „Verschenkungsaktion“ im Sinne von Fred Breinersdorfer genutzt werden.
    Natürlich ist der Kuchen nicht nur für Filmschaffende gut genug, sondern auch für Musiker, Buchautoren und andere, die ihre urheberrechtlich zu schützenden Werke in diesem Sinne pekuniär geschützt wissen möchten.

  5. 05
    Alex

    In der Tat radikal, wirft die Idee doch so nebenbei für einen Einzelfall, nämlich die Auswertung der Rechte an Filmen, die komplette Wertschöpfungskette über den Haufen. Klingt charmant, nur macht ein solcher Kontrahierungszwang der Urheber (?) oder Rechteinhaber (?) wirklich Sinn? Es geht aus meiner SIcht an der Realität vorbei, dass wir hier nicht den Urheber als Verfügungsberechtigten haben, sondern einen Konglomerat aus Urhebern, Banken (die die Filme finanzieren), Filmförderanstalten und sonstigen Beteiligten, die entweder finanziell oder tatsächlich an der Produktion beteiligt sind. Alle diese Berechtigten, sollen nun (mit einer deutschen Insellösung) über den Kamm geschoren werden? Auf der anderen Seite, warum sollte ein Distributor (für den physischen und/oder digitalen Vertrieb) noch Garantiesummen bezahlen (die i.E. die Produktion mit finanzieren (oft schon im vorhinein) dies auch weiterhin tun, wenn er sicher sein kann, dass nach einem Zeitpunkt X der Film überall verfügbar ist. Warum sollten aufstrebende Aggregatoren, wie die SvoD-/PayVoD.-Dienste für solche Titel (oder Pakete von Titeln) noch Minimumgarantien zahlen, um die Titel (exklusiv für einen bestimmten Zeitraum) auswerten zu können? Warum sollte dann ein Fernsehunternehmen für die linearen Free-/PayTV-Rechte noch etwas zahlen, müssten die dann nicht auch mit in den Kreis der Berechtigten? Oder, warum sollten sich generell solche Unternehmen noch an der Produktion beteiligen, verlieren sie doch ihr sonst zustehenden (exklusives)Nutzungsrecht?`Das mag alles in Teilen Sinn machen, wenn es um öffentlic geförderte Inhalte geht, in dem Moment aber, wo privates Geld (aus welchen Beweggründen auch immer) involviert ist, passt das nicht. Und, muss dann nicht in letzter Konsequenz das gleiche Rechte / der gleiche Zwang auch für Komponisten, Texter, Photographen etc. eingeführt werden, auch deren Inhalte werden illegal, aber mit guten Geschäftsmodellen, verbreitet? Mir scheint die Lösung eher dahin zu gehen, die gesetzlichen Voraussetzungen (und auch das Verständnis) dafür zu schaffen, dass Aggregationen (Amazonas, Germanys Gold…) zulässig gemacht werden und gleichzeitig die Frage der Finanzierung der illegalen Angebote durch Werbung etc. gestoppt wird. Aber im ersten Fall müsste die Medienordnung überdacht werden und im zweiten Fall müsste man tatsächlich tiefer in die Systematik der Finanzierung dieser Seiten eingreifen (und sich im Zweifelsfall mit den großen internationalen Werbenetzwerken anlegen)…das ist allerdings beschwerlich…

  6. 06

    Es wäre toll mal einen neuen Ansatz zu dem Thema zu sehen und wie wir ja auch schon bei einigen Bands jetzt in der letzten Zeit gesehen haben, kann das Verschenken eines neuen Albums über das Internet auch eine sehr große Mediale wirkung erzielen…

    Mir ist aber immer noch das Konzept der Piraten, mit der Kulturflatrate im Kopf hängen geblieben. Welches ich nach wie vor Favorisieren würde.

  7. 07

    @#815884: Die Kulturflatrate hätte einen Vorteil: Es wäre ein mehr oder weniger konstantes Einkommen für Musiker o.ä. Ich halte das Abrechnungssystem für schwierig, aber das müsste man mal im Detail durchgehen, ob es ein besseres System als bei der GEMA geben könnte. Sonst landet man wieder bei der Pauschalentlohnung für große Künstler oder zumindest fehlt die Zuordnung, und das hielte ich für suboptimal.

    Was ich ebenfalls für bedenkenswert halte, ist die geringe Entlohnung, die bei solchen Flatrates herausspringt. Man sieht es bei Modellen wie Spotify, Simfy, rdio etc. – der Anteil, der am Streaming beim Künstler landet ist extrem gering. Man kann das begründen weil keine Eigentumsrechte übertragen werden, sondern nur temporäre Nutzungsrechte für die Dauer des Streams, allerdings springt bei einem sogar recht erfolgreichen Song oder Album bei vielen Künstlern nicht viel raus.

    Das Verschenken eines Albums hilft einerseits einem kleinen Künstler, bei dem Leute unsicher sind, ob sie das Album wirklich kaufen sollen. Aber auch nur dann, wenn er durch wieder mediale Multiplikatoren dadurch Bekanntheit generieren kann. Es kann aber auch ein großes Risiko darstellen. Große Bands dagegen haben natürlich einen großen Vorteil, sie können ihre Bekanntheit nutzen, um Generosität zu zeigen. Das bringt wiederum Sympathien und somit Verkäufe für später, so zumindest die Theorie. Ob sich das mittelerfolgreiche Bands (oder Einzelkünstler) leisten können, möchte ich in Zweifel ziehen, lasse mich aber gern davon überzeugen, wenn man ein gutes Argument oder gute empirische Daten hat.