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Die Geschichte eines sehr, sehr reichen Mannes und seines Kampfes gegen sehr, sehr viele Blogger

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Bildquelle

Zwei Dinge braucht man, wenn man schon alles hat. Erstens einen Fußballklub. Und zweitens eine saubere Vergangenheit. Alisher Usmanov, in Usbekistan geborener russischer Oligarch, war gerade dabei, sich den ersten Wunsch zu erfüllen*, indem er seine Anteile an Arsenal London auf 21 % erhöhte, da kam ihm sein Wunsch nach einer sauberen Vergangenheit in die Quere.

Craig Murray, ehemaliger britischer Botschafter in Usbekistan schrieb mehrere Artikel, in denen er Usmanov als Kriminellen bezeichnete („Alisher Usmanov, potential Arsenal chairman, is a Vicious Thug, Criminal, Racketeer, Heroin Trafficker and Accused Rapist“). Zwar ist unbestritten, dass Usmanov zu Zeiten der UdSSR sechs Jahre im Gefängnis gesessen hatte, allerdings hatte er sich im Nachhinein als politischen Gefangenen bezeichnet. Seine Lesart war bisher auch von den Medien übernommen worden. Dies war nicht ganz freiwillig geschehen, hatten doch die Anwälte Usmanovs in einer Aktion, die Murray als „Preemptive-Strike“ bezeichnet, sämtlichen größeren Zeitungen Großbritanniens einen Brief zukommen lassen, in dem es hieß:

Mr Usmanov was imprisoned for various offences under the old Soviet regime. We wish to make it clear our client did not commit any of the offences with which he was charged. He was fully pardoned after President Mikhail Gorbachev took office. All references to these matters have now been expunged from police records . . . Mr Usmanov does not have any criminal record.

Murray zufolge ist diese Sichtweise jedoch unhaltbar. Vielmehr sei Usmanov von dem heutigen usbekischen Diktator lupenreinen Demokraten Islom Karimov begnadigt worden. Karimov wiederum ist – wie Murray schon 2005 im Guardian schrieb – einer der übleren Menschenschinder in einer an Menschenschindern nicht armen Region und ein Hätschelkind der demokratieliebenden US-Regierung.

Die schon so viele Demokraten zum Freund hatte. Wie den Schah von Persien, Saddam Hussain, Augusto Pinochet, Osama Bin Laden, um nur die demokratischsten zu nennen. Aber ich schweife ab.

Der Polit-Blogger Tim Ireland verlinkte die Artikel Murrays. Daraufhin beauftragte Alisher Usmanov die Anwaltskanzlei Schillings damit, die Artikel aus der Welt zu schaffen. Murray weigert sich jedoch, woraufhin sich die Anwälte Usmanovs direkt an den Webhost wandten, der die Beiträge schließlich löschte.

Das kann Geld also. Für Ruhe sorgen. Dachte Alisher Usmanov.

Meine Mutter sagte immer: „Geld macht nicht glücklich. Aber es beruhigt.“ Meine Mutter kannte das Internet nicht, das vielköpfige Ungeheuer. Innerhalb kürzester Zeit publizierten immer mehr Blogger Murrays Artikel. Hier sind sie verlinkt.

Jetzt konnten auch die Medien über den Fall Usmanov berichten, die vorher den Präventivmaulkorb Brief der Anwälte, der Usmanovs Sicht der Dinge darstellte, erhalten hatten.

Nun scheint es nicht ganz ausgeschlossen, dass es, um erneut meine Mutter zu zitieren, „Essig ist“ mit Usmanov und Arsenal. Denn wenn mein löchriges Gedächtnis mich nicht trügt, steht in den Statuten der englischen Premier League, dass man ein unbescholtener Bürger sein müsse, um einen Premier League Club zu besitzen. Und Unbescholtenheit geht nun einmal ganz schlecht zusammen mit einem Knastaufenthalt. Scheiß Internet.

Eine Chronologie der Ereignisse auf deutsch gibt es bei Swiss Metablog

[Dank an The Cartoonist für den Hinweis!]

* So nicht ganz richtig, siehe Kommentar

22 Kommentare

  1. 01
    mc bastard

    Meine Mutter pflegte immer „Aus die Maus“ zu sagen.

  2. 02
    BandGap

    Kann nicht mal jemand in Abrahmovitsch’ssss Vergangenheit kucken ob was war?

  3. 03

    „Ende Gelände“, sach ich ma. :-)

  4. 04
    schreibvieh

    Ach was, in der kurzen Zeit, in der Abramowitsch reich geworden ist hatte er gar keine Zeit, etwas Verbotenes zu tun.

  5. 05

    Hm, ob der Englische Fußball und die, die an diesem verdienen, Nein zu einem 5,5 Milliarden Dollar Investor sagen werden?

    Das sind nebeneinander aneinander gereihte $-Zeichen auf ca. 30 Millionen 21″ Monitoren. Was wiederum etwa einem Monitor für 119 Asiaten entspricht. Dadurch könnte die Beliebtheit des englischen Fußballs und somit die nicht geringen Einnahmen in Asien erheblich gesteigert werden. Und Schlussendlich ist die (monetär) wertvollste Fußballliga einerreichbar.

    P.S. Auch Wikipedia (zumindest in Engl.) berichtet hierüber bereits. Nicht über die Monitore aber über die Manipulation.

  6. 06
    corax

    Abramowitsch (war/ist) schlauer, er ist Gouverneur von Tschukota am Arsch der Welt, fährt zweimal im Jahr da hin und sorgt mit „eigenem“ Geld dafür, dass es von dort keine „bad news“ gibt. Damit hat er Ruhe vor Putin.

  7. 07

    Haha. Domm gloffe, däd I sage.
    Doch nicht alles scheiße. Mal sehen, obs am Ende wieder Tote gibt. Demnächst lässt Putin Panzer vor London aufrollen.

  8. 08
    Markus

    Wie war das noch mal mit Taksin, dem gestürzten Thailänder der jetzt auch in der Premier League investiert und ausserdem Präsident des Thailändischen Profigolfvereins ist?

  9. 09

    Craig Murray ist auch derjenige, der den Artikel über die angebliche Terrororganisation „Usbekische Dschihad Union“ verfasst hat (Link hier, führt z.Z. ins leere). Infos zur Webseitensperrung auch bei Indymedia UK. Infos zu Craig und der „Dschihad Union“ auch hier. Und ein alter Artikel Craigs für den Guardian. Darin schreibt er recht eindrücklich, dass genau diese Gruppe komplett gefakt ist und im Auftrag des o.g. „lupenreinen Demokraten“ Anschläge gegen die Bevölkerung verübt hat. BTW was ist eigentlich mit unseren 3 Terrorverdächtigen? Sind die jetzt angeklagt? Sind die „Untergetauchten“ Personen gefasst? Gab es je eine Bedrohung? Auch wenn wir alle nicht an Verschwörungstheorien glauben wollen (siehe der Bericht hier zur ZDF Berichterstattung) so ist das alles doch recht komisch und viele, viel zu viele Fäden werden im Dunkel gezogen.

  10. 10
    alex.

    Ui, Arsenal-Content bei Spreeblick! Wer hätte das gedacht!

    Aber ein paar kleine Anmerkungen und Korrekturen müssen doch sein:

    Usmanov geht es eigentlich nicht darum wie Abramowich einen Fußballklub zu besitzen. Er sieht das nur investiver Sicht. Er hält Arsenals Aktien für stark unterbewertet und der gestern veröffentlichte Finanzbericht, der Arsenal als zweitreichsten Klub Europas ausweist
    (siehe hier: http://www.kicker.de/news/fussball/intligen/startseite/artikel/370219/), gibt ihm in der Hinsicht auch recht.

    Auch würde er im Fall der Fälle Arsenal nicht persönlich übernehmen, da sein Aktienpaket nicht ihm selbst gehört sondern der Red&White-Holding. Diese Holding wäre also die juristische Person, die den Klub übernehmen würde und da sie erst Anfang Mai gegründet wurde, ist sie auch, wie gefordert, „unbescholten“.
    Zumal der Chairman der Holding, David Dein, im Fußball und für Arsenal im besonderen kein Unbekannter ist. Er war jahrelang Vice-Chairman des Arsenal-Boards und Vorsitzender der G14 (der Interessenvertretung der 14 reichsten europäischen Fußballklubs). Dein verließ Arsenal im Streit Anfag des Jahres, da er sich im Board mit seinem Vorschlag, Arsenal an den Finanzinvestor Stan Kroenke zu verkaufen, nicht durchsetzen konnte.
    Nachdem seine Versuche, Arsenal zusammen mit Kroenke zu übernehmen, scheiterten, verkaufte er seine Anteile (ca. 14%) an Usmanov, der dafür die Red&White-Holding gründete und Dein als Chairman einsetzte.

    Damit ist die Übernahmegefahr für Arsenal trotz des Verkaufsmoratoriums, zu dem sich alle Boardmitglieder verpflichteten, noch lange nicht gebannt. Und die unheilige Allianz aus Insider Dein, dessen Ziel es ist, endlich Arsenal-Chairman zu werden und Usmanov, der nur aus viel Geld noch viel viel mehr Geld machen will, stellt dabei die größte Bedrohung da…

  11. 11
    Malte

    @ alex.
    danke, hab’s ergänzt:)

  12. 12

    Ach ja, und die Lawyer heißen „Schillings“! Da hängt noch ein „s“ dran.

  13. 13

    Murray schrieb auch einiges über die freundschaftlichen Beziehungen der Bundesregierung zu dem lupenreinen Demokraten Usbekistans. „murray german government uzbekistan“ in Google eintippen, da kommt dann viel zum Vorschwein.

  14. 14

    Wann endlich kümmert sich mal einer dieser superreichen Russen um die Herta? Mit ausreichend Kapital sollte sich aus dem Verein doch auch eine national und international zugkräftige Mannschaft mit enormem Vermarktungspotenzial machen lassen, oder?

  15. 15
    Jan(TM)

    Ich hatte beim lesen der Überschrift schon gefürchtet, es geht um die Abrechnung mit einer blogbekannten Kunstfigur.

  16. 16

    Und wenn Du bei Gelegenheit auch das „Arsenal London“ in einfach „Arsenal“ abaendern koenntest waere das auch was schoenes. Man schreibt ja auch nicht „Schalke 04 Gelsenkirchen“ oder „St Pauli Hamburg“.

  17. 17
  18. 18

    Witzige Geschichte. Ein PR-Disaster, angezettelt von Anwälten, die sich zwar auf Medien und Kommunikation spezialisieren, aber wenig Ahnung von der Funktionsweise der öffentlichen Meinung haben:

    It“™s more powerful to say to a journalist — „that“™s defamatory“ than „that“™s wrong“ and to know what rights you have.

     

  19. 19

    Ohne Link auf http://www.chickyog.net/2007/09/20/public-service-announcement/ ist dieser Beitrag einfach nicht komplett. Dieser Blogger war es, der den Massenprotest gegen die Löschung der Sites von Murray, Ireland etc. ausgelöst hat und auch weiterhin alles Wissenswerte zum Thema sammelt.