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Real life sound design

Mein Wecker (so selten ich ihn auch benutzen muss, ich hab schließlich Kinder) weckt mit diesem uns allen sicher bekannten sehr hohen, künstlichen Ton, immer vier kurze Signale in Reihe, dann eine kurze Pause, dann wieder die vier Töne in Reihe. Die Lautstärke steigert sich mit der Zeit.

Unsere Waschmaschine meldet das Ende des Waschvorgangs mit einem ähnlichen Ton, diesmal sehr lang, dafür nur einmal.

Der Trockner hingegen wiederholt die hohe Frequenz in unregelmäßigen Abständen, bis man ihn endlich abschaltet.

Der Backofen hat einen Timer, der beim Eierkochen praktisch sein kann. Der oben beschriebene Ton taucht nach Ablauf der voreingestellten Zeit wieder auf, in diesem Fall ziemlich penetrant in einer langsam wiederholten Sechserreihe. Dann längere Pause. Wiederholung.

Die Mikrowelle, ein gut gemeintes Geschenk von Schwiegerpapa, das ausnahmslos nur zum Aufwärmen genutzt wird, benutzt genau den gleichen Ton in der sich wiederholenden Dreier-Version, allerdings noch einmal lauter und fieser als die übrigen Geräte.

Unser Wagen meldet sich ohne Pause ebenso in dieser Frequenz, wenn man wahlweise den Gurt nicht angelegt hat und trotzdem rollt oder das Licht angelassen hat und die Tür öffnet.

Viele Mobiltelefone schreien in ähnlichen Tönen nach ihrem Ladegerät, sobald der Akku nachlässt, Anrufbeantworter melden das Ende einer Nachricht (und weisen darauf hin, dass der Anrufer jetzt sprechen darf), jedes Gerät im täglichen Umfeld, dass auch annähernd als „elektronisch“ zu bezeichnen ist, benutzt scheinbar diesen fiesen, ekligen Ton.

Ich weiß, ich weiß, das sind diese kleinen Dinger, Piezos heißen sie, glaube ich, die inzwischen vermutlich einen Wert von 0,001 Cent pro Stück haben und sicher gesetzlich vorgeschrieben sind.

Hat sich schon jemand mit den Spätfolgen für eine Gesellschaft beschäftigt, die andauernd und überall mit diesen in beinahe allen erwähnten Fällen nicht abschalt- oder veränderbaren Frequenzen beballert wird? Gut kann das nicht sein, mir geht’s auf alle Fälle erheblich auf den (Achtung! Witzig!) Wecker.

Dabei hat uns doch die Vergangenheit eine viel besser klingendere Zukunft versprochen! Eine Welt voller schmeichelnder Klänge, die unsere Ohren nicht pieksen, sondern streicheln. Geräte, die subtil auf sich und ihre Funktionen hinweisen und um unsere Aufmerksamkeit bitten, statt uns anzuschreien wie ein Radiosender mit der Zielgruppe „14 bis 24“.

Wie freundlich erscheint einem das nicht gerade überhörbare Geräusch eines Star Trek Communicators. Und selbst wenn sie ob ihres Alters etwas angekratzt wirkt: Die Tür in der gleichen Serie hatte ganz klar viel mehr Charme als meine Mikrowelle. Auch wenn ich keine Ahnung mehr habe, was das hier für ein Star Trek-Sound war: Für eine freundlichere Waschmaschine würde er genügen.

Ich würde bestimmt auch von solch einem Wecker aufwachen (oder ebenso wenig) und meine Güte, der Trockner wäre so auch unüberhörbar, aber nicht ganz so langweilig.

Ich sollte meinen Newton wieder auspacken, den besten PDA, der je gebaut wurde. Und der freundlichste war er auch. Wenn ich einen Vorgang schloss, hörte sich das auch so an, das „Blättern“ in den Notizen wurde zurückhaltend begleitet und wenn ich mal einen Fehler gemacht hatte, klang das nicht gleich, als hätte ich eine Atombombe gestartet. Selbst sein Alarm war ein netter Hinweis und kein aurales Spucken.

Jaja. Früher klang alles besser. Sogar die Zukunft.

11 Kommentare

  1. 01

    Du scheinst ja ein sehr „ohral“ orientierter Mensch zu sein.

    Aber: auch früher gab’s schließlich schon „Die Maschine mit dem ‚Bing'“.

  2. 02
  3. 03
    Peter the man without hair

    Der besagte Ton gehört zu diversen Tasten, die immer dann gedrückt werden mußten, wenn etwas in den Bordcomputer (Trotz Spracherkennung!) eingegen werden mußte. Bevorzugter Vorgang war das aktivieren des Transportsystems. (Beamen!)

  4. 04

    Newton, mein Newton!

  5. 05

    Wie wahr, wie wahr… gut beobachtet… reminds me of my Newton in my desk…

  6. 06

    … Sounddesigner aller Welt lest diesen Hilferuf alltagsgeplagter Ohren.

  7. 07

    Also für ersteres würde ich einen Radiowecker als Alternative vorschlagen. Mit so einem Pieps-Gerät oder einem Old-School-Klingelwecker konnte ich noch nie leben. ;)

  8. 08

    PC-Speaker sollten auch verboten werden.
    Diese Pieptöne gehen einfach auf den Wecker

  9. 09
    niob

    irgendwie musste ich unwillkürlich an jamba denken…
    wahrscheinlich bieten die bald *klingeltöne* für alle elektrogeräte an ;)

  10. 10

    Also ich bin einer der Menschen die sich grundsätzlich nur von Radios oder MP3-fähigen Handys wecken lassen. Ein rasselnder, fiepender, klingelnder oder krähender Wecker kommt bei mir morgens garnicht in die Tüte. Es muss ein wohltuendes (oder wenigstens erträgliches) Geräusch sein sonst steigen die Kosten für Crash-getestete-Wecker rasch ins unermeßliche. Aber im Gegensatz zu den meisten hier bin ich recht froh über die künstliche Umsetzung von Signalen.
    Ich will in keiner Gesellschaft leben in der Elektronikfirmen die Copyrights auf Vogelstimmen haben.

  11. 11
    Volker

    Wegen dieses „genialen“, universalen Piezo-Alarms hatte schon in den 80ern eine Firma in Japan die automatischen Transportroboter (fahrerlose Elektrokarren) statt mit einem Piepser (wie man sie von rückwärtsfahrenden Müllautos her kennt) jeweils mit einem kleinen Ghettoblaster ausgestattet – jeder mit einem anderen Pop-Hit.

    Macht dann auch Dialoge möglich wie: „He – da ist ‚Like a virgin‘ schon wieder in ‚Born in the USA‘ reingefahren, wir müssen bei dem mal die Software prüfen“.