Mit Stolz präsentieren wir euch eine neue Rubrik:
Radio Spreeblick!
Den Anfang macht ein Interview mit niemand geringerem als Anders Wendin, dem Kopf von Moneybrother.
Die schwedischen Moneybrother wurden 2003, nach dem Split von Monster gegründet. In erster Linie ist Moneybrother die Person Anders Wendin, der mit seiner unglaublichen Stimme die Band auf sehr eigene Art musikalisch irgendwo zwischen Curtis Mayfield und Dexy’s Midnight Runners ansiedelt. Große Gefühle, große Musik.
Das Spreeblick-Interview mit Moneybrother fand heute, am 22.2.2005 telefonisch statt, vielen Dank nochmal an Gero von Burning Heart Records, der mir das Interview ermöglicht hat.
Ihr könnt das Interview im Original hier als MP3 runterladen, die Datei heißt sb_moneybrother.mp3 (8,7MB, ca. 10 Minuten).
Hier ist die Übersetzung:
Spreeblick: Zum ersten Mal habe ich deine Stimme bei einer Band namens „Monster“ gehört, und als ich einen schwedischen Freund nach der Band fragte, sagte er: „Oh, die haben sich aufgelöst. Schwedische Bands lösen sich immer auf, sobald sie erfolgreich werden!“ Stimmt das?
Moneybrother: (lacht kurz) Na ich weiß nicht, in unserem Fall hat sich Monster nicht aufgelöst, weil es zu harte Arbeit gewesen wäre oder sowas. Wir waren einfach keine guten Freunde mehr und es war unmöglich miteinander zu arbeiten.
SB: Aber einige Mitglieder von Monster sind doch auch bei Moneybrother, oder?
MB: Die Bläsersektion ist von Monster. Es ist schwer, wenn man Bläser in der Musik benutzen will. Einen coolen Gitarristen findet man überall, aber eine coole Bläsersektion ist schwer zu finden. Außerdem sind die Jungs meine besten Freunde und deshalb mache ich mit ihnen Musik. Sie sind außerdem noch sehr gute Sänger, derzeit nutze ich sie fast mehr als Sänger denn als Bläser.
SB: Ich habe das neue Album „To die alone“ noch nicht gehört, da es noch nicht raus ist, aber ich kennen natürlich „Blood Panic“ (das erste MB Album). Ich höre da viele Einflüsse, von Bob Marley über Curtis Mayfield bis zu Joe Strummer und The Clash. Stimmst du zu?
MB: Na klar. Moneybrother ist ein Mix der ganzen Musik, die ich zu Hause höre. Wenn man „Blood Panic“ hört, bekommt man einen guten Überblick über meine Plattensammlung zu Hause.
SB: Über das neue Album habe ich gelesen, dass es „dramatischer“ und „größer“ als der erste sein soll.
MB: Ja, das ist es. Wir haben das neue Album größtenteils in einem alten schwedischen Kino aufgenommen und hatten diesen riesigen Raum, in den wir alle Musiker gleichzeitig packen konnten. Die meisten Tracks sind live aufgenommen, mit Streichern und allem Drum und Dran, teilweise mit 11, 12 Leuten.
SB: Ich habe irgendwo gelesen, dass du als Theaterproduzent arbeitest, ist das richtig?
MB: Das habe ich einige Jahre lang gemacht, jetzt nicht mehr. Ich habe aber nicht wirklich Theaterstücke produziert, sondern eher „Spoken Word“ Zeugs und so, Sachen, die eher ein junges Publikum ansprechen als das gewöhnliche Theaterpublikum.
SB: Siehst du denn irgendwelche Schnittmengen bei deiner Theater-Arbeit und dem, was du mit Moneybrother machst?
MB: Ich denke, ich sehe einfach mehr Bühnen-Aufführungen als andere Musiker. Ich sehe mir eine Menge „Spoken Word“ und „Poetry Slam“-Sachen an und na klar, es beeinflusst mich einfach dadurch, dass ich es mir ansehe. Man kann sicher in meiner Liveperformance sehen, dass ich mit solchen Dingen zu tun habe. Viele der „Spoken Word“-Künstler sind wirklich gut darin, mit dem Publikum zu kommunizieren und viele Musiker sind das nicht. Für mich hat ein Live-Konzert aber viel mit Kommunikation zu tun, ich versuche, Geschichten zu erzählen. Und ich glaube, dabei habe ich mehr von solchen Bühnen-Performances gelernt als vom Ansehen anderer Rock’n Roll Bands.
SB: Für mich ist Moneybrother eine Art „Modern Soul“, ich schätze, da stimmst du mir zu, aber man hört auch eine Menge Punk-Attitude heraus. Hat für dich der Original-Soul, der 60s Soul auch etwas mit Punk zu tun?
MB: Ich weiß nicht… das Interessante an Moneybrother aus meiner Sicht ist, dass man da einen weißen Typ hört, der sein ganzes Leben lang Punk gemacht hat und jetzt versucht, Soul zu machen. Man hört diesen Kampf, diesen Versuch, Musik zu machen, die größer ist, als es eigentlich geht. Man hört auch manchmal, wie dieser Versuch scheitert. Das ist das Wunderbare an der Musik von Moneybrother, glaube ich. Für mich haben beide Musikstile, Punk und Soul, mit Gefühlen und ehrlicher Musik zu tun. Und ich habe immer Musik gemacht, bei der der Sänger viel schreit. Wenn man also den Punk raushören kann, dann ist das okay.
SB: Wer ist denn dann dein all-time Lieblingssänger?
MB: Ich weiß nicht, es gibt so viele gute Sänger. Es gibt ein paar Wilson Picket Stücke, in denen er wirklich mit voller Inbrunst („at the top of his lungs“) singt. Ich glaube, es ist sehr schwer, Wilson Picket zu übertreffen.
SB: In Deutschland bekommst du viel Support von Frauen wie Charlotte Roche und Sarah Kuttner und du spielst im März in Berlin bei einer Sarah Kuttner Veranstaltung. Da spielen unter anderem auch The (International) Noise Conspiracy. Habt ihr schonmal zusammen gespielt?
MB: Oh ja, mit Noise Conspiracy haben wir schon drei oder vier Tourneen gemacht, ich kenne sie also ziemlich gut und ich freue mich sehr auf den Gig. Charlotte Roche habe ich einmal getroffen und sie ist wirklich sehr klasse. Sarah Kuttner habe ich ein paar Mal getroffen. Das sind wirklich coole Frauen, denen ich sehr dankbar bin, sie scheinen einfach wirklich Musik zu mögen! Ich wünschte wirklich, es gäbe viel mehr von ihnen, so richtig wichtige Medienleute in allen Teilen der Welt, die einem so verbunden sind. Ich bin ihnen sehr dankbar, auch wenn ich gar nicht richtig weiß, woher das alles kommt.
SB: Wenn wir schon beim Thema Frauen sind: Du schreibst viel über Liebe. Bist du derzeit verliebt?
MB: (seufzt) Hach, ich weiß nicht… Nein, natürlich nicht. Aber… Ich benutze ja nur Themen. Liebe ist so ein starkes Gefühl. Wenn man verliebt ist, lebt man einfach mehr, als wenn man nicht verliebt ist. Ich versuche, das zu benutzen. Man kann über so viele Dinge singen, wenn man über Liebe singt, über so viele verschiedene Aspekte.
Auf dem neuen Album, das du noch nicht kennst, sind fast nur Lovesongs, aber sie handeln doch von so vielen unterscheidlichen Themen. Es ist ein Lovesong, wenn man darüber schreibt, wie man nach Hause kommt und seine Freundin mit einem anderen Mann im Bett erwischt, aber es ist auch ein Lovesong, wenn man darüber schreibt, wie man an einem Samstag Abend ausgeht und sich Frauen anschaut. Es gibt so viele verschiedene Gefühle, über die man schreiben kann.
Ich schreibe nicht wirklich ein Tagebuch, ich mache nur Musik, aber dennoch stammen viele der Themen natürlich aus meinem eigenen Leben.
SB: Findest du, dass es manchmal hilft, unglücklich zu sein, wenn man Songs schreibt?
MB: Na wenn man aufwacht und so deprimiert ist, dass man sich am liebsten umbringen möchte, dann fässt man wohl keine Gitarre an. Wenn ich allerdings zu glücklich bin, möchte ich auch nicht zu viel Zeit mit meiner Gitarre verbringen. Ich muss mich zum Schreiben also irgendwo in der Mitte befinden.
Prima Johnny. Das wird noch astreines podcasting wie bei Bret Fausett:
http://www.internet.pro/
wo derzeit leider nichts drauf ist, aber vor kurzem die Grammy Nominees vorgestellt wurden, und zwar gerade die, die man nirgendwo hört.
Ich kämpfe noch mit Podcasting, weil: Ladet ihr wirklich knappe 10MB runter? Automatisch als Feed?
wow, schönes interview!
freu mich schon aufs album….
moneybrother is so toll…
ich krieg das neue album zum geburtstag und ich freu mich schon
schönes interview!
Bitte nicht podcasten. Denkt doch auch mal an die Armen, die vor lauter toller Glasfaser mit ISDN auskommen müssen. Ich glaube Podcast ist eine echte Zugangshürde. Jetzt wird das Surfen nicht mehr vom Lesen-Können abhängig sein – sondern vom passenden, weil DSL-versorgten Wohnort. Will das wirklich jemand?
wow – gerade Gestern den Clip von „They’re Building Walls Around Us“ gesehen und festgestellt das es ein cooler Song mit nem coolen Video ist – und nu schreibste was drüber
@glowinginthesun: Naja, man kann ja seinem Client immer noch sagen ob man Podcasts automatisch laden will oder nicht. Allerdings bin ich dem Thema gegenüber auch erst richtig aufgeschlossen seitdem ich DSL habe (trotz Glasfaser).
Im Moment halte ich Podcasts für eine prima Idee, aber nicht zwingend das nächste große und vor allem notwendige Ding. Wer das Interview auf seinem MP3-Player will, bekommt das auch selbst dort hin.
@max: Hast ja Recht, aber ich fürchte eher, dass manche Inhalte dann nur noch als Podcast verfügbar sind. Nachdem Motto: Warum noch mal tippen, wenn ich’s gerade aufgenommen habe!? Sogesehen schneidet man sich ja dann selbst von seinem Publikum ab?! Naja, im Moment bin ich da eher skeptisch – aber ich pass meine Meinung auch an veränderte Fakten an.
Podcasting ist völlig optional. Bloß weil ein RSS-Feed „ženclosure“-Elemente hat, wird niemand dazu gezwungen die Files automatisch runterzuladen. Wer aber eine solche Automatisierung gerne möchte, hat dank dieser Elemente die Möglichkeit dazu. Deswegen werten „ženclosures“ einen Feed auf; negatives kann ich daran beim besten Willen nicht finden. +1 für Spreeblick-Podcasting.
wow ein sehr schönes Interview. Wirklich gute Fragen mit interessanten Antworten.
To die alone ist für mich jetzt schon DAS Album 2005.
ich bin so ein oldschool-hanswurst. freut euch über glasfaser und dsl; ich höre moneybrother per cd und schreibe dies her per analog modem, gruß gruß und gruß