Oder: Wieviel Pop braucht mein Kopp?
Freitag Abend, Postbahnhof, Moneybrother in Kleinbesetzung, leider ohne die grandiose Bläser-Sektion, immerhin aber mit dem Saxofonisten der so schön tanzt, dem Gitarristen im Hintergrund, dem fast regungslosen Keyboarder, dem furiosen Skinhead-Drummer und natürlich mit Anders und Patrick, die bereits eben jene Räume verzauberten, in denen nun diese Zeilen entstehen.
Große Gesten, große Worte, große Songs; eine Seelen-Gala mit einer inzwischen so professionell ausgebauten Titel-Dramaturgie (Psssst … UND LOS! … und Psssst … und nochmal LOS!), dass die Jungs im Zirkus landen könnten, wenn sie das noch zwei Jahre weiter so machen. Werden sie aber nicht, dazu sind Schweden zu schnell gelangweilt, nächstes Jahr gibt es eine Monster-Reunion-Tour und ganz sicher arbeiten alle Musiker bereits an zwölf weiteren Projekten.
Irgendwo zwischen Dexy’s Midnight Runners und Nick Cave pendelt sich Moneybrother mit genau dem gleichen Lächeln und Grinsen ein, mit dem der (männliche) gequakte Zwischenruf „Moneybrother I love you!“ aus dem Publikum schallt. Von allen Seiten gefordertes Pathos, leidenschaftliches Spielen nicht nur der sondern auch mit den Liedern und dem Drama, der Pose, der Dynamik des echten Songs.
Spaß haben ganz ohne Reue und ohne das blöde Gefühl verarscht worden zu sein, wenn man z.B. am darauf folgenden Sonntag 100 Euro bezahlt hat um beim öffentlichen, anderthalbstündigen Robbie-Williams-Videodreh mit Unterstützung von T-Mobile und Pro7 und was weiß ich wem noch alles als Statist dabei sein zu dürfen.
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Bücher kaufen, im Buchladen, nicht im Netz. Input.
Pinocchio, eine Neuauflage mit unglaublichen Bildern von Roberto Innocenti, grausam und zum Weinen und wunderschön.
Zum ersten Mal Dead@17 entdeckt (ich kaufe mir unbekannte Comics nach den Titeln und den Logo-Designs), urbane Jugendprobleme erwartet und von Gott und Teufel überrascht worden. Good vs. Evil, wie es sich gehört.
Vielleicht wird das neue Spreeblick-Design schwarzweiß.
Wenn jemand Matias Faldbakken heißt und Bücher mit dem Titel The Cocka Hola Company schreibt, ist das erstmal ein gutes Zeichen, wenn es um einen Haufen Loser geht, die sich mit einer Porno-Produktion über Wasser halten, ein noch besseres. Der Vergleich mit Houllebecq mag Mitschuld daran tragen, dass ich erst bei Seite 70 und bisher nicht wirklich mitgerissen bin. Abwarten. Da geht noch was. Vielleicht.
Bei Fup von Jim Dodge braucht man nicht zu warten, man schlägt es auf und ist mittendrin bis man gut zwei Stunden später fertig ist. Zumindest mit dem Lesen. Für das Auswendiglernen braucht man etwas länger, denn jeder Satz ist ein wertvolles Zitat-to-go und will erinnert werden. Fantastisch, empfehlenswert, bitte kaufen und lieben. Ich will eine Ente.
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Kino am Nachmittag hat Vorteile: Es ist leer und noch hell, wenn man rauskommt. Etwas leer war ich nach Charlie und die Schokoladenfabrik auch, ich weiß zwar jetzt endlich, wo Veruca Salt ihren Namen her haben, aber die wie immer famosen LSD-Kulissen von Tim Burton, das wie immer beeindruckende Spiel von Johnny Depp und die wie immer brilliante Musik von Danny Elfman (der sich diesmal sogar mit hübschen Kinderliedchen im Oingo-Boingo-Stil austoben durfte) reichten nicht für einen guten Film. Nach der Hälfte der Story beginnen die leidigen Hollywood-Erklärungen und auch die Eichhörnchen reißen’s nicht mehr. Fürs Auge des Tim-Burton-Fans sicher ein Fest (das Haus!), aber nicht reingehen, wenn man schon etwas müde ist. In den Film, nicht das Haus.
Gewinner nach Punkten: Fup. Fup Duck. Fuk Dupp. Get it?
Ente gut, alles … nee, der ist zu flach.
Fup gibts übrinx auch wunderbar vorgelesen von Harry Rowohlt.
Ähm ja. Und in einer liebevollen Ausgabe mit Zeichnungen von Atak.
Fukk Dup von den Kurdern und den Dorfmeistern. Du erstaunst mich immer wieder. Und Tim Burton war ja auch schonmal besser, Big Fish war ja schon für seine Verhältnisse blöd und die Schokoladendings schau ich mir gar nicht erst an. Ich freu mich aber schon ganz doll auf The Corpse Bride.
Fup liegt schon geraume Zeit zum Lesen bereit. Irgendwann werd ich es wohl mal schaffen.
Bei der Schokoladenfabrik ging es mir so ziemlich genauso, aber ich mochte die Musik nicht. Und Johnny war auch schon besser.
PS.: Big Fish fand „™ne schöne Geschichte.
The cocka hula company gibt´s als Hörbuch gesprochen von Rocko Schamoni, Julia Hummer, Das Bo und anderen Symphaten. Deutschlandradio Kultur hat mir Ausschnitte vorgespielt, die ich lustig fand.
Und weil Rocko und die anderen Symphaten noch viel reicher werden sollen, reiche ich den Tip an dieser Stelle mal weiter.
Das Hörbuch ist ebenfalls bei Random erschienen.
Warum waren die meisten Gäste bei Moneybrother eigentlich alle so jung? Ich hätte nicht gedacht, dass die Band bei Teenies so gut ankommt.
Oder bin ich schon so alt? Kann nicht sein, hat nämlich tierisch Spaß gemacht – trotz wegen der ganzen Melancholie.